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Mutant High-Hintergrundgeschichten

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Mutant High-Hintergrundgeschichten Empty Mutant High-Hintergrundgeschichten

Beitrag von Sandfloh Fr 29 Mai 2009 - 1:38

Chi und ich haben damit begonnen, und wenn es euch überkommt: Schreibt doch einfach die Hintergrundgeschichte zu eurem Chara! =)

Bisherige Hintergrundgeschichten:


-Alexei


-Javier

-Vallery

-Brás


-Hannah

-Kea

-Jasper

-Caleb


-Dahlia


Zuletzt von Sandfloh am So 16 Okt 2011 - 9:44 bearbeitet; insgesamt 7-mal bearbeitet
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Mutant High-Hintergrundgeschichten Empty Alexei's Geschichte Teil I

Beitrag von Sandfloh Fr 29 Mai 2009 - 1:41

Die Geräusche der Menschenmenge bildete ein ebenso angenehmes Hintergrundgeräusch, wie das Rauschen der Blätter im Baum über ihm. Die Unterhaltungen bildeten selbst ein Rauschen, das immer wieder vom Schreien und Lachen der Kinder übertöt wurde. Immer wieder mischten sich die Geräusche des Sprungbrettes und das Eintauchen eines Körpers ins Wasser mit ein. Genau die Art von Geräuschkulisse, die er so liebte. Mit geschlossenen Augen lag er in der Sonne und genoss die Wärme auf seiner Haut. Der Wind, der über seinen noch immer feuchten Körper strich ließ ihn immer wieder schaudern, aber die Sonne ließ die Gänsehaut schnell wieder verschwinden. Seine Haare klebten ihm noch in nassen Strähnen auf der Stirn, aber auch die würden bald von Sonne und Wind getrocknet sein.
Neben ihm, nur eine Handbreit entfernt lag Peter, sein bester Freund, in der selben Stellung und ließ sich trocknen. Natürlich wusste er das Peter sich neben ihn hingelegt hatte, er wusste auch, das es ausreichen würde seine Hand nur ein Stück nach rechts zu schieben, um sich zu vergewissern, dass Peter noch da war, aber all das brauchte er gar nicht. Er wusste, dass Peter da war, spürte es, auf eine sehr subtile Art und Weise. Das Band, das zwischen ihm und Peter bestand war etwas, dass beide nicht erklären konnten aber beide als gegeben ansahen. Sie waren beste Freunde, mehr als das, Brüder, ohne in irgendeiner Form miteinander verwandt zu sein. Jeder hatte seine eigene, ihn liebende Familie, und doch war kein Familienmitglied wichtiger als der Freund. Mochten die Eltern noch so sehr schimpfen und sagen, sie sollten weniger Zeit zusammen verbringen und mehr Zeit mit ihren schulischen Aufgaben, nichts konnte die beiden lange von einander weg halten, das war ein stille Übereinkunft.
Alexeis Mund verzog sich zu einem Grinsen, wenn sie noch länger hier liegen bleiben würden, dann würde Peter bald einschlafen, er war nicht der Typ, der lange irgendwo stehen, liegen oder sitzen konnte ohne von Müdigkeit überwältigt zu werden und einzuschlafen. In der Schule war er wirklich kein Ass, viel zu langes Sitzen und langweiligem Gerede zuhören, sagte er immer, aber im Sportunterricht glänzte er. „Weshalb er wahrscheinlich ein Sportstipendium bekommt, was man von dir nicht sagen kann.“, hatte Alexeis Mutter gesagt und ihm die Nase wieder in seine Bücher gesteckt. Peter war jemand, der ständig in Bewegung sein musste, dabei war er ein einfach gestrickter Charakter, einmal einen Weg gefunden oder eine Meinung gefasst ließ er sich nicht mehr davon abbringen. Das mochte Alexei so an Peter, er war der Dreh- und Angelpunkt seines sprunghaften Charakters. Alexei hatte das Talent sich in Schwierigkeiten zu bringen und Peter das Talent, ihn dort wieder heraus zu holen. So unterschiedlich die beiden auch waren, sie ergänzten sich perfekt.
Alexei rollte sich auf seinen Ellenbogen und Peter schlug die Augen auf.
„Noch schlafe ich nicht.“, sagte er und sah Alexei böse an, der lachte laut. Einmal mehr hatte Peter erraten was in seinen Gedanken vorging.
„Es hätte aber nicht mehr viel gefehlt, nicht wahr?“, fragte er und zwinkerte Peter zu. Ein schelmisches Grinsen erschien auf dessen Gesicht und übermut blitzte in seinen Augen auf.
„Bereit zur nächsten Runde?“
Alexei musste nicht antworten Unisono sprangen sie auf und stürmten in Richtung Beckenkante, von wo aus sie sich mit viel Gebrüll in die kühlen Fluten stürzten. Zwar brachte ihnen das einen Rüffel der Badeaufsicht ein, aber sie hatten ihren Spaß gehabt. Grinsend tobten sie durch das Wasser, tauchten sich gegenseitig unter und rangelten mit einander, bis sie wieder völlig außer Atem auf der Wiese lagen und die warme Sonne genossen.

„Was hältst du eigentlich von der Sache?“, fragte Peter, als sie sich auf dem Weg nachhause befanden.
Alexei warf ihm einen Seitenblick zu und ließ einen fragenden Laut erklingen.
„Welche Sache?“, setzte er dann hinzu. Manchmal kam Peter auf Themen zurück, die sie vor Stunden verlassen hatten, das machte es manchmal etwas schwer ihm zu folgen.
„Na, diese Mutantensache.“
Alexei lachte und wedelte mit der Hand.
„Was soll schon damit sein?“
„Das soll welche geben, die können dir ihren Willen aufzwingen oder dich einfach mit Schockwellen platt machen.“
Alexei grunzte abfällig.
„Ich glaube nicht allen Gerüchten, die im Umlauf sind.“, für ihn war das Thema damit erledigt. Mutanten, dass er nicht lachte.
„Es sind aber keine Gerüchte, es gibt sie wirklich und sie sind eine Gefahr für die Menschen.“, rief Peter eindringlich. Es regte ihn auf, das Alexei es auf die leichte Schulter nahm. Der warf ihm einen langen Blick zu.
„Ehrlich Pete, bist du schon jemals einem begegnet?“
Peter blinzelte.
„Wem begegnet?“
„Na, einem Mutanten, wenn du so viel Angst vor ihnen hast, dann musst du doch auch einen Grund dafür haben.“
Peter presste die Lippen aufeinander und starrte zu Boden.
„Ich hab keine Angst vor ihnen, aber es sind Freaks, sie gehören nicht hier her!“, stellte er trotzig fest. Alexei lachte leise.
„Ich glaube, deine Mutanten sind sicher auch nicht froh über das was sie können, wenn soviel Feindseeligkeit ihnen entgegenschlägt. Außerdem, hast du das Gefühl von außen kontrolliert zu werden?“, er machte eine kurze Pause und sah Peter spöttisch an. „Siehst du. Ich persönlich glaube erst an Mutanten, wenn ich einen mit eigenen Augen sehe.“
„Die Biester verstecken sich ja!“, murmelte Peter. Alexei verdrehte die Augen, ließ das Thema aber auf sich beruhen. Eine Weile liefen sie still neben einander her, dann fischte Peter eine Zigarette aus seiner Jacke, die er lässig um die Hüften geschlungen hatte, und zündete sie an. Alexei verzog angewidert das Gesicht.
„Damit machst du dir die Lungen kaputt.“
Diesmal verdrehte Peter die Augen. „Wie oft willst du mir das noch sagen?“
„So oft, bis du damit aufhörst.“
Lachend schüttelte Peter den Kopf. Alexei wusste, dass er auf verlorenem Posten stand, es gefiel ihm trotzdem nicht, dass Peter angefangen hatte zu rauchen.
„Lass das bloß deine Eltern nicht erfahren.“
Peter zuckte lässig mit den Schultern. „Die rauchen doch selbst.“
„Als ob es dadurch besser wird!“, fauchte Alexei wütend, dann winkte er ab. „Deine Sache, ich misch mich da nicht ein. Aber denk an eins, wer mit 12 Kettenrauche ist, der liegt mit 30 im Grab.“
„Oder schon früher.“, lachte Peter. Alexeis Kehle krampfte sich zusammen und ein ungutes Gefühl machte sich in ihm breit. Er griff nach Peters Arm und drückte fest zu.
„Sag so was nicht.“, sagte er leise und eindringlich. Peter zog die Augenbrauen zusammen und musterte Alexei, dann nickte er langsam. Über so was machte man keine Scherze.

Peter saß rauchend auf der niedrigen Mauer, die das Sportfeld umgab. Alexei saß auf dem Boden und rollte den Fußball mit einer Hand hin und her. Die Sonne verschwand hinter den Bäumen und warf lange Schatten auf die beiden Jungen, keiner von ihnen machte Anstallten aufzustehen und sich nachhause zu begeben, obwohl beide wussten, dass sie schon längst erwartet wurden.
„Du hast dieses Mal gar nichts gesagt.“, sagte Peter und beendete damit die Stille zwischen den beiden. Alexei sah zu ihm hoch und grinste leicht.
„Nein, hab ich nicht.“
„Es sind nur zwei Wochen.“, erinnerte Peter ihn leise, ohne das Lächeln zu erwidern. Alexei seufzte und sah wieder zu, wie er den Ball hin und her rollte.
„Ich weiß.“
„Unser Flugzeug wird schon nicht abstürzen.“
„Weiß ich auch.“, murmelte Alexei. Dann riss er sich zusammen und grinste Peter an.
„Fliegen ist immerhin die sicherste Art zu reisen, nicht wahr? Und außerdem kann ich meinen Geburtstag dann endlich mal in Ruhe feiern. Ferien, ganz für mich alleine.“ Es kostete ihn viel Selbstbeherrschung das Grinsen aufrecht zu erhalten, aber an Peters kurzem lächeln und dem leichten schütteln des Kopfes konnte er erkennen, dass er ihn nicht reinlegen konnte. Er biss die Zähne fest aufeinander und sah wieder dem Ball zu.
„Es sind nur zwei Wochen.“, flüsterte Peter über ihm, als wollte er sich selbst Mut zusprechen.

Mit ruhigen und kräftigen Zügen schwamm Alexei eine Bahn nach der anderen im ansonsten leeren Schwimmbad. Es war bewölkt und ein leichter Nieselregen fiel schon den ganzen Tag vom Himmel. Sieben Tage waren rum, nur noch sieben Tage, bis Peter wieder da war und sie gemeinsam die restlichen Ferien verbringen konnten. Noch mal sieben langweilige Tage, in denen Alexei nichts tun konnte als ins Schwimmbad gehen. Er Atmete so aus, dass es einem Seufzer so nahe wie nur möglich kam, ohne das Schwimmen zu unterbrechen. Wieder konzentrierte er sich ganz auf sich, seinen Schwimmstil, die Atmung und auch auf das Wasser. Irgendwas war anders heute, ein Gefühl, dass er nicht richtig zu fassen bekommen konnte, je länger und intensiver er darüber nachdachte, desto unbestimmter wurde das Gefühl, als würde es sich verflüchtigen. Langeweile, sagte er sich selber, nichts anderes als pure Langeweile. Alexei beendete die Bahn und sah zur Uhr auf. Seit einer Stunde zog er seine runden durchs Becken, seine Mutter erwartete ihn zu Essen, als musste er wohl oder übel nachhause. Er warf einen letzten Blick über das leere, trostlose Becken und musste sich eingestehen, dass er auch nichts zurückließ, dass es wert wäre hier zu bleiben. Mit der Leichtigkeit jahrelanger Übung zog er sich an der Kante aus dem Becken und lief, im kalten Wind fröstelnd, in die Umkleidekabinen.
Seine Mutter sah ihn besorgt an, als er durch die Tür trat und ein kurzes „Bin wieder da.“, durch den Flur rief. Sie trocknete sich die Hände an der Schürze ab, die sie immer trug, wenn sie Hausarbeit erledigte. Sie hatte also das Essen schon fertig und hatte angefangen abzuwaschen, stellte Alexei fest und fragte sich kurz, ob er jetzt Vorwürfe zu hören bekommen würde, weil er nicht da gewesen war um zu helfen. Er warf seinen Rucksack neben die Schuhe zu Boden, die Sachen würde er später zum Trocknen aufhängen, streifte die Schuhe ab und legte seinen Schlüssel zurück in die dafür vorgesehene Schüssel, dann erst sah er seine Mutter wieder an und wartete ab.
Sie trat auf ihn zu und sah traurig auf ihn herab, dann fuhr sie ihm mit einer Hand durchs Haar.
„Du hast dir die Haare schon wieder nicht getrocknet, bevor du nachhause gekommen bist, du wirst dich noch erkälten.“, sagte sie leise und ließ ihre Hand auf seinem Kopf.
„Maa, es Regnet draußen, es hätte gar nichts gebracht, wenn ich sie geföhnt hätte.“, erwiderte er in einem Tonfall, der ganz klar darauf schließen ließ, wie oft sie dieses Gespräch schon geführt hatten.
„Es hat den ganzen Tag geregnet, du hättest dir eine Jacke mitnehmen können, anstelle nur im T-Shirt loszugehen.“
Sie ließ ihre Hand sinken und sah ihren Sohn streng an. Auch sie war die ständig im Kreis verlaufende Diskussion langsam satt. Alexei zuckte die Schultern und wich ihrem Blick aus.
„Mir ist nicht kalt. Was gibt es zu Essen?“, setzte er nach einer kurzen Pause hinzu und sog prüfend die Luft ein, um vom Thema abzulenken. Seufzend gab seine Mutter nach.
„Manchmal glaub ich, dass du dich umbringen willst. Beschwer dich nicht bei mir, wenn du eine Lungenentzündung bekommst.“
Alexei setzte sein Kleine-Jungen-Lächeln auf und blickt unschuldig zu ihr hoch. Streng schüttelte sie den Kopf, konnte sich aber doch ein Lächeln nicht verkneifen.
„Seh zu, dass du in die Küche kommst, dein Vater will endlich essen!“
Sie gab ihm einen kleinen Klapps auf den Hinterkopf und schob ihn in die Küche.
Alexei saß alleine in seinem Zimmer und sah sich einen Film an, den er schon auswendig kannte. Er hatte keine Lust gehabt bei seinen Eltern zu bleiben und eine Dokumentation zu sehen, allerdings lief auch nichts anderes im Fernsehen, das ihn interessierte. Blicklos verfolgte er den Film, ohne zu registrieren, was eigentlich geschah, etwas nagte an seinem Unterbewusstsein und forderte seine Konzentration. Etwas, dass er nicht bestimmen konnte. Als wäre etwas da, dass ihn auf sich aufmerksam machen wollte. Ein bisschen wie Pete, dachte er und schüttelte dann energisch den Kopf. Diese Gedanken brachten ihn nirgendwo hin, er konzentrierte sich auf den Film, nur um kurze Zeit später wieder von diesem nagenden Gefühl abgelenkt zu werden. Vor seinem inneren Auge entstand das Bild einer Tür, vor der jemand stand und anklopfte, nur, dass Alexei die Tür nicht finden konnte um sie aufzumachen um zu sehen wer da war. Seufzend schaltet er den Film ab und versuchte sich stattdessen mit einem Buch abzulenken. Auch das gab er nach kurzer Zeit auf. Er war nie ein interessierter Leser gewesen, aber heute las er die Zeilen ohne die Worte aufzunehmen. Irritiert lief er durch sein Zimmer und wühlte hier und da in seinen Sachen rum. Irgendwas musste doch sein. Er hatte mal gehört, dass es Menschen gab, die merkten, wenn jemand, der ihnen nahe stand starb, ob etwas mit Peter passiert war? Alexei lachte leise und war wütend auf sich selbst. Er glaubte nicht an solchen Humbug, außerdem, er zögerte leicht in Gedanken, die Richtung lief viel zu sehr auf ein Glauben an diesen Humbug hinaus. Trotzdem, es fühlte sich nicht an, als würde ein Teil von ihm fehlen, sonder so, als wollte ein Teil von ihm, der versteckt war endlich raus. Das Gefühl von Richtigkeit bei dieser Feststellung überraschte ihn etwas. Was zum Teufel sollte er den versteckt haben, dass jetzt raus wollte? Die Tür, an die geklopft wurde erschien schemenhaft vor ihm, um sich dann gleich wieder zu verflüchtigen. Er verzog seinen Mund zu einem sarkastischen Grinsen. Die Richtung schien ja richtig zu sein. Er fragte sich, ob er langsam verrückt wurde, einen Raumkoller bekam, vor lauter Langeweile durchdrehte. Seufzend schmiss er sich aufs Bett und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Seine Decke war in blauen und weisen Tönen gestrichen, die eine Form von Wellenmuster ergab. Mit ein bisschen Phantasie konnte er sich vorstellen, auf dem Beckenboden zu liegen und zur Wasseroberfläche zu schauen. Als Kind hatte er Stunden damit verbracht zur Decke zu blicken und sich vorzustellen er wäre im Wasser, seine Mutter hatte sie auf seinen Wunsch hin so gestrichen, heute wusste er nicht mehr, warum er ausgerechnet dieses Muster und diese Farben hatte haben wollen. Er liebte diese Decke, aber vielleicht war es langsam an der Zeit seiner Mutter zu sagen, dass er etwas erwachseneres haben wollte. Aber nicht mehr heute, vielleicht morgen, sagte er sich und starrte weiter die Decke an.


Zuletzt von Sandfloh am Fr 29 Mai 2009 - 2:08 bearbeitet; insgesamt 4-mal bearbeitet
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Mutant High-Hintergrundgeschichten Empty Alexei's Geschichte Teil II

Beitrag von Sandfloh Fr 29 Mai 2009 - 1:42

Er erwachte mit dem Gefühl, nicht zu wissen was es war. Benommen schüttelte er den Kopf um seine Gedanken zu ordnen und den Schlaf zu überwinden. Seine Hand, die er ausgestreckt hatte, wie um etwas zu greifen, ließ er wieder auf die Bettdecke sinken. Er hatte es fast gehabt, bis ihm einfiel, dass er nicht wusste, was es war. Der Frust, der daraufhin in ihm aufstieg hatte ihn geweckt. Enttäuscht setzte er sich auf und sah aus dem Fenster, die Sonne schien von einem strahlend blauen Himmel, ein Blick auf die Uhr sagte ihm, dass es erst sieben Uhr morgens war. Viel zu früh, er stöhnte leise. Jetzt hatte er einen viel zu langen, ungefüllten Tag vor sich. Das Gefühl der Enttäuschung verflüchtigte sich und auch die Notwendigkeit es zu finden ließ nach, aber immer noch nagte der Fehlschlag an ihm. Nur ein paar Sekunden mehr, dann hätte er es gehabt, da war er sicher, er hätte die Tür aufmachen können und gesehen was davor auf ihn wartete. Er fuhr sich durch sein wirres Haar und stand auf. Ändern konnte er nichts, also konnte er genauso gut aufstehen und sich eine Beschäftigung für den Tag suchen. Er streifte sich seine Sachen über und machte sich auf den Weg in die Küche. Sein Vater war schon auf arbeit und da er seine Mutter nicht sehen konnte, war sie bestimmt einkaufen. Unschlüssig stand er in der Küche. Er hatte keinen Hunger, aber den pelzigen Geschmack im Mund wollte er unbedingt loswerden. Er griff sich ein Glas aus dem Schrank und ging zur Spüle, um sich etwas Wasser zu holen. Die Tür, die er die ganze Zeit versucht hatte zu finden, wurde plötzlich mit Gewalt von außen aufgestoßen, als das Wasser aus dem Wasserhahn zu laufen begann. Taumelnd wich er zurück und lies das Glas fallen, das am Boden in tausende Splitter zersprang. Zitternd versuchte er seine Gedanken zu ordnen, zu verstehen, was gerade passiert war, noch immer passierte, aber das Etwas, das von draußen geklopft hatte und jetzt drinnen war, machte es ihm schwer sich zu konzentrieren. Es war da, überall, er konnte es mit jeder Faser seines Körpers spüren, aber immer noch wusste er nicht, was es war. Es hatte keine feste Form, es war einfach da, es ließ sich nicht festhalten und er konnte es auch nicht kontrollieren, es war gefährlich, irgendwie wusste es das, aber es war so vertraut, dass er keine Angst hatte, er kannte es und wusste, dass nichts passieren konnte, er konnte ja schwimmen. Verwundert riss er die Augen auf. Was hatte schwimmen damit zu tun? Seine Gedanken rasten hin und her, bis er sich mit Gewalt versuchte zu beruhigen. Innerlich gab er sich eine Ohrfeige und zwang sich dazu tief ein und aus zu atmen. Ein Schritt nach dem anderen, sagte er sich. Nur die Ruhe, Panik brachte ihn hier nicht weiter. Aber er hatte ja auch keine Panik, widersprach eine leise Stimme in seinem Hinterkopf, es gab nichts, vor dem er Panik haben musste. Gut, dass wir das geklärt haben, dachte er in einem Anflug von schwarzem Humor. Irgendetwas musste passiert sein. Seine Gedanken sprangen zu Peter und dem Gespräch über Mutanten. „Das soll welche geben, die können dir ihren Willen aufzwingen oder dich einfach mit Schockwellen platt machen.“, klang Peters Stimme durch seinen Kopf. Vielleicht waren die Worte ja gar nicht so falsch gewesen, was wenn irgendwo ein Mutant saß und sich einen Spaß daraus machte ihn hinters Licht zu führen? Bis jetzt hatte sich Alexei immer aus solchen Sachen heraus gehalten, er fand, dass die Medien und Menschen zu sehr übertrieben, so schlimm konnte es nicht sein, Mutanten waren ja doch irgendwie nur Menschen, oder nicht? Alexei bekam Angst, was wenn wirklich einer draußen vor der Tür stand und Alexei alles nur vorgaukelte. Er riss die Augen von den Splittern am Boden hoch und wollte durch das Fenster über der Spüle nach draußen sehen um sich davon zu überzeugen, dass niemand hineinsah und grinste, aber so weit kam er nicht. Sein Blick blieb am Wasserhahn hängen, aus dem noch immer das Wasser lief. Das war es, das angeklopft hatte. Das Wasser! Deswegen schwimmen, dachte etwas in seinem Hinterkopf, als er die Hand zitternd ausstreckte. Was hatte er eigentlich vor? Fragte die nächste Stimme und noch bevor er sich die Frage selber beantworten konnte hatte er auch schon eine kleine Kugel Wasser über seiner Hand schweben. Das Wasser reflektierte die Sonnenstrahlen von draußen und zeichnete helle Punkte und Linien an die Wände. Um die Kugel zu halten, musste das Wasser in Bewegung sein, und Alexei hielt es in Bewegung, auch wenn er nicht wusste wie. Fasziniert sah er dem langsam kreisenden Wasser in seiner Hand zu, während er geistesabwesend um die Scherben herum trat um den Wasserhahn abzustellen. Immer noch das Wasser betrachtend setzte er sich mit unterschlagenen Beinen auf einen der Stühle in der Küche. Er verlor jegliches Zeitgefühl, als er da saß und mit dem Wasser spielte. Er fühlte das Wasser, versuchte es in alle erdenklichen Formen zu bringen, lies es schneller Rotieren und langsamer. Eines stellte er fest, solange er ein Mindestmaß an Geschwindigkeit aufrecht erhielt, dann konnte er dem Wasser jede Form geben, die er wollte, er konnte es sogar schweben lassen, auch wenn er sich nicht erklären konnte wie zum Teufel er das machte.
Ein leiser Schrei weckte ihn aus seiner Abwesenheit. Seine Mutter stand in der Küchentür und starrte ihn Fassungslos an. Er strahlte über das ganze Gesicht und wollte gerade anfangen zu erzählen, als seine Mutter die Einkaufstüten fallen ließ und die Hände vor dem Mund zusammenschlug, um einen weiteren Schrei zu ersticken. Alexeis Lächeln erstarb, in den Augen seiner Mutter konnte er ein Wort ganz genau sehen. Mutant!
Angst spülte über ihn hinweg und er verlor die Kontrolle, das Wasser stürzte zu Boden und hinterließ eine Pfütze auf den weisen Fliesen. Angsterstarrt blickte er seine Mutter an und erwartete ihren Richterspruch.
Seine Mutter starrte ihn weiter aus weit aufgerissenen Augen an und murmelte „Oh mein Gott.“, während die Sekunden sich zu Minuten dehnten und Alexei immer verzweifelter auf irgendeine Reaktion von ihr wartete. Er konnte den Raum nicht verlassen, sie stand immer noch in der Tür, aber er wünschte sich nichts sehnlicher, als verschwinden zu können. Was, wenn seine Mutter ihn ablehnen würde. Siedendheiß fiel ihm Peter ein. Er durfte von all dem nichts erfahren! Gequält sah er seiner Mutter wieder in die Augen.
„Mama..“, flüsterte er und wusste dann nicht weiter. Was konnte er schon sagen um die Situation besser zu machen? Als wäre das der Startschuss gewesen, den seine Mutter brauchte stürmte sie plötzlich auf ihn zu. Erschrocken zuckte Alexei zusammen, als sie ihn hochriss und an ihre Brust drückte. Beruhigend strich sie ihm über den Kopf und hielt ihn fest. „Alles wird gut.“, murmelte sie wie ein Mantra, während sie nicht aufhörte ihn zu streicheln. Schluchzend klammerte er sich in ihr fest und ließ seinen Tränen freien lauf. „Es tut mir leid!“, schluchzte er, als er seine Stimme einigermaßen unter Kontrolle hatte. „Ich hab das nicht gewollt.“
„Shhh, alles wird gut. Es wird nichts passieren.“, sagte sie ruhig, aber er konnte hören, dass auch sie Angst hatte. „Keiner darf das wissen.“, sagte sie leise, dann schob sie ihn leicht von sich weg und sah ihm fest in die Augen.
„Das muss unser Geheimnis bleiben, hast du mich verstanden?“
Er nickte und wischte sich die feuchten Wangen trocken. Niemand würde etwas von ihm erfahren. Nicht einmal Peter. Er würde seinen besten Freund belügen, sie hatten noch nie Geheimnisse vor einander gehabt. Alexei hoffte, dass er gut genug Lügen konnte, damit Peter nichts bemerkte.

Er wusste genau, dass es falsch war, aber er konnte nicht anders, als seine Kräfte auszuprobieren und herauszufinden was er alles konnte.
Es war auch schwer diese neue Dimension zu unterdrücken, wenn sie von allen Seiten auf einen einstürmte. Er konnte das Wasser fühlen und es gab viel Wasser in der Gegend. Je besser er lernte damit umzugehen, desto selbstverständlicher wurde dieses Wahrnehmen für ihn, er musste sich nicht länger drauf konzentrieren, er wusste einfach, dass das Wasser da war. Allerdings traf er auf Grenzen, wenn es die Kontrolle betraf. Es war nicht einfach größere Mengen auf längere Zeit in Bewegung zu halten oder zu formen. Allein sein Ego, das keine Niederlage akzeptieren wollte, hielten ihn bei der Stange und ließ ihn immer und immer wieder die selben Sachen versuchen, bis er sie konnte.
Das Schwimmen war zu etwas ganz anderen geworden. Er fühlte sich im wahrsten Sinne des Wortes ganz wie in seinem Element. Je mehr Wasser ihn umgab, desto glücklicher war er. Wenn er alleine im Wasser war, probierte er auch dort Sachen aus. Die Neugierde war stärker als die Angst davor erwischt zu werden. Überrascht stellte er eines Tages fest, dass er sich unter Wasser treiben lassen konnte und eine Art Sauerstoffblase um seinen Kopf herum erschaffen konnte. Er konnte das Wasser von seinem Körper wegdrücken und schaffte damit einen Luftpuffer, der es ihm ermöglichte Unterwasser Luft zu holen. Er traute sich allerdings nicht herauszufinden wie lange die Luft anhielt, aus Angst, dass jemand dachte er sei am Ertrinken. Bei all diesen Versuchen verdrängte er immer sorgfältig seine Mutter aus seinen Gedanken. Die Blicke, die sie ihm manchmal zuwarf sprachen Bände, auch wenn sie ihn nicht hasste, ihr wäre es lieber gewesen, wenn er normal geblieben wäre, sie hatte Angst um ihn.

„Du bist anders geworden.“
Alexei sah Peter erschrocken an.
„Wie meinst du das?“
Peter zuckte die Schultern und Maß Alexei mit Blicken ab. Je länger er ihn ansah, umso mehr kniff er die Augen zusammen, als wollte er etwas entdecken, das hinter dem äußeren Erscheinungsbild lag. Ruhe, nur die Ruhe, ermahnte Alexei sich. Er wusste, dass er sich äußerlich nicht verändert hatte, dafür hatte er lange genug vorm Spiegel gestanden und sich angesehen. Er sah aus wie immer, auch wenn er sich anders fühlte. Peter blieb an seinen Augen hängen und sah ohne zu blinzeln in sie hinein. Alexei wurde abwechselnd heiß und kalt und er fühlte, wie sich Schweiß in seinem Nacken sammelte. Bloß nicht verraten, schoss es ihm durch den Kopf und der Schweiß verschwand, Gott weiß wohin er ihn geschickt hatte.
„Hattest du nicht mal blaue Augen?“, fragte Peter schließlich langsam.
Alexei riss die Augen auf.
„Wieso?“, verdattert sah er sich um, aber er konnte keinen Spiegel finden.
„Weil deine Augen gerade grau sind und ich hätte schwören können, dass sie gestern noch blau gewesen sind.“
Peter hatte recht, er hatte blaue Augen, aber wie kam er jetzt darauf, dass seine Augen grau waren? Er versuchte ein scherzhaftes Lachen, aber in seinen Ohren hörte es sich nervös an.
„Du spinnst doch.“, setzte er hinzu und schlug Peter gegen den Oberarm in der Hoffnung ihn ablenken zu können. Peter warf ihm einen fragenden Blick zu und Alexei zuckte mit mehr Selbstbewusstsein, als er hatte, die Schultern.
„Selbst wenn, Kinder ändern ihre Augenfarbe, noch nie gehört?“
Dieses Mal war er Peter der ungläubig lachte.
„Du spinnst wohl. Doch nicht mehr in unserem Alter!“
Das klingeln der Glocke beendete das Gespräch und rief sie zurück in den Unterricht. Seufzend stieß Peter sich von der Wand ab, er hatte absolut keine Lust die letzten zwei Stunden mit Mathematik zu verbringen, aber es half ja alles nichts. Er warf Alexei einen viel sagenden Blick zu, den dieser mit einem Lächeln erwiderte. Innerlich war Alexei jedoch noch nie so froh über eine Mathestunde gewesen.


Zuletzt von Sandfloh am Fr 29 Mai 2009 - 2:08 bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet
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Mutant High-Hintergrundgeschichten Empty Alexei's Geschichte Teil III

Beitrag von Sandfloh Fr 29 Mai 2009 - 1:45

„Jetzt wollen diese Missgeburten auch noch politischen Schutz!“, Peter stürmte in sein Zimmer und schmiss ihm eine Zeitung in den Schoss. Alexei rappelte sich schnell vom Bett hoch und griff nach der Zeitung.
„Wer?“, fragte er geistesabwesend, während er nach der Überschrift suchte, die Peter meinte.
„Die Mutanten!“, zische Peter voller Ekel und simulierte ein Schaudern. Alexei versteifte sich und schluckte hart. Zum Glück bemerkte Peter nichts davon, er dachte Alexei würde den Artikel lesen, der starrte jedoch nur die Überschrift an, zu verängstigt um weiter zu lesen. Ihm wurde wieder kalt und er wagte nicht Peter einen Blick zuzuwerfen, solange er nicht sicher war, dass er volle Kontrolle über seine Gesichtszüge hatte. Seit fast 2 Jahren lief das Versteckspiel schon und Alexei kam sich mit jedem Monat schlecht vor. Er verheimlichte seinem besten Freund, der ihm alles anvertraute, das größte Geheimnis. Mehrer Male hatte er mit dem Gedanken gespielt Peter alles zu erklären, aber Bemerkungen, wie die heute, hatten ihn immer dran gehindert. Alexei hatte Angst vor Peters Reaktion, wenn er herausfand, dass sein bester Freund zu den Missgeburten gehörte und es schon so lange vor ihm versteckte. Peter durfte nie erfahren, was los war aber Alexei wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war. Irgendwann musste ihm ein Fehler unterlaufen und dann ließ sich das nicht wieder ändern, dann wäre alles kaputt.
Er richtete den Blick auf Peter, der unruhig im Zimmer auf und ab wanderte und wünschte sich, seine Mutter würde Peter nicht immer ohne ihm bescheid zu sagen ins Haus lassen. Allerdings hatte er ihr nie gesagt was Peter über Leute wie ihn dachte, woher sollte sie es also wissen?
„Hast du nichts dazu zu sagen?“, fragte Peter aufgebracht, als er Alexeis Blick bemerkte.
„Ich..“, er unterbrach sich gleich wieder.
Peter schnitt aufgebracht mit der Hand durch die Luft.
„Du und dein Pazifismus! Sieh es doch ein, Mutanten gehören nicht hierher, sie sind eine Gefahr!“
„Peter, es sind immer noch Menschen!“
„Eben nicht! Sind sie eben nicht! Sie sind Waffen und eines Tages werden sie sich gegen uns richten!“
Der Hass, der aus jedem von Peters Worten klang, verschlug Alexei die Sprache. Glaubte er wirklich, was er da von sich gab? Und wenn ja, wie viele glaubten das selbe wie er? Langsam dämmerte ihm, warum seine Mutter ihm immer wieder einschärfte keinen Ton zu sagen. Plötzlich fürchtete er sich vor seinem Freund, er war sich sicher, dass Peter entdeckt hatte, was er war. Er unterdrückte den Gedanken und starrte Peter weiterhin an.
„Pete,“ fragte er nach einer Weile leise, „Hast du im Geschichtsunterricht letztens zugehört.“
Peters Stirn legte sich in Falten als er kurz nachdachte. Dann schüttelte er den Kopf.
„Das hier hat nichts mit Holocaust zu tun. Das ist einfach und allein Überlebensinstinkt. Wenn wir nichts unternehmen, dann überrennen uns diese Mutanten. Das, mein lieber, ist Biologie: Survival of the fittest! Und wir werden die stärkeren sein!“, Peter trat auf ihn zu und legte ihm die Hand auf die Schulter. „Wir werden nicht verlieren.“
Alexei schüttelte den Kopf und Peters Stirn umwölkte sich.
„Ich versteh dich nicht mehr.“, sagte er, als er von Alexei weg trat.
„Früher warst du anders, nicht so zögerlich. Leichter zu durchschauen. Du hast dich verändert, als ob du etwas vor mir verbirgst.“
Alexei schluckte nervös, öffnete den Mund und klappte ihn wieder zu, nicht wissend, was er sagen sollte.
„Du bist doch hoffentlich nicht schwul.“ Peter grinste ihn an und einen Moment hatte Alexei das Gefühl, alles sei wieder wie früher. Er lachte erleichtert und verneinte, froh dem Thema entkommen zu sein.

Gelangweilt saß er im Garten und sah dem Rasensprenger zu. Seine Eltern waren seine Oma besuchen und er hatte Sturmfrei dieses Wochenende. Sein Vater hatte ihm eingeschärft, dass er den Rasen sprengen sollte, bevor er der Hitzewelle zum Opfer fiel und seine Mutter hatte ihn beiseite genommen und eindringlich ermahnt den Rasensprenger zu nehmen und sich nicht selbst dran zu versuchen, dann hatte sie ihn umarmt und eine Kuss auf die Stirn gegeben und Alexei war das Gefühl der Endgültigkeit nicht losgeworden, als seine Eltern die Tür hinter sich schlossen und weg fuhren.
Er warf Blicke zu allen Seiten, die Nachbarn waren nicht zu sehen und die Seite zur Straße hin war von einer hohen Hecke verdeckt. Er ließ das Wasser tanzen, veränderte die Fallrichtung und versuchte sich darin, das Wasser Kreise und Spiralen schlagen zu lassen anstelle von Bögen. Ein rascheln in den Büschen schreckte ihn auf und mit klopfenden Herzen beobachtete er seine Umgebung. Das Wasser fiel wieder in seinen gewohnten Bögen, während Alexei versuchte Herr seiner Furcht zu werden. Hatte ihn jemand beobachtet oder war es nur Nachbars Katze gewesen, die durch die Büsche strich? Sekunden verstrichen, während Alexei auf den großen Knall wartete. Als nichts passierte lachte Alexei nervös. Es muss die Katze gewesen sein, dachte er. Mit einem Blick auf den Rasensprenger ging er wieder nach drinnen, Glück sollte man nicht ausreizen.
Er ließ sich auf dem Wasser treiben und blinzelte hoch zum wolkenlosen Himmel. Peter hatte vor einer halben Stunde angerufen und gefragt, ob sie sich im Schwimmbad treffen konnten. Alexei saß der Schreck immer noch in den Knochen und deswegen war er froh gewesen einen Grund zu haben das Haus zu verlassen. Das Schwimmbad lag ausgestorben da, für einen sonnigen Tag ungewöhnlich, für einen sonnigen Tag in den Ferien, wenn alle im Urlaub waren, eher nicht. Die Badeaufsicht hatte ihm kurz zu genickt und sich dann wieder anderen Aufgaben gewidmet, Alexei konnte schwimmen, warum also für eine Person das Becken bewachen?
Gelangweilt ließ er sich tiefer sinken und schuf den Luftpuffer um sein Kopf. Die Wellen brachen das Licht der Sonne und schickten es in welligen Streifen Richtung Boden. Alexei liebte dieses Spiel des Lichtes, achtete aber darauf, dass er seine Atemzüge zählte, um nicht ungewöhnlich lange unter Wasser zu bleiben. Ein Schatten legte sich über ihn und er erkannte Peter. Lächelnd wollte er sich aufrichten als Peter an ihn ran trat. Danach ging alles so schnell, dass Alexei keine Zeit zum Reagieren blieb. Er hörte, wie etwas die Wasseroberfläche durchstieß und sah, wie hunderte von Luftblasen neben seinem Gesicht wieder nach oben strebten. Zwei Hände legten sich um seinen Hals und pressten fest zu. Einen Bruchteil einer Sekunde war Alexei zu überrascht, er verlor seine Konzentration und das Wasser schlug ihm über Mund und Nase zusammen. Panisch versuchte er die Hände von seinem Hals zu lösen, er bekam keine Luft und das Wasser drang in seine Nase ein und verstärkte das Gefühl noch. Er trat und schlug um sich, ohne, dass es einen scheinbaren Effekt hatte. In seiner Verzweiflung entfesselte er Kräfte, von denen er nicht wusste, dass er sie hatte. Sein einziger Gedanke war, aus dem Wasser zu kommen um wieder Luftholen zu können. Das Wasser um ihn herum verschwand donnernd und er prallte hart auf den Beckenboden. Hektisch schnappte er nach Luft während er zitternd da lag. Jeder Atemzug tat seiner geschundenen Lunge weh, aber langsam konnte er wieder klar denken, der Schleier verschwand aus seinen Gedanken und ließ eine Frage zurück: Warum hatte Peter das getan? Es war Peter gewesen, das was Alexei klar, dafür konnte er keine Ausrede finden. Aber warum? Ihm fiel das Rascheln im Gebüsch wieder ein, ob Peter ihn gesehen hatte? Langsam richtet er sich auf, ihm war schwindelig, aber Peter musste noch irgendwo hier sein, er konnte sich nicht in Luft aufgelöst haben und die Badeaufsicht würde auch nicht mehr lange auf sich warten lassen. Er brauchte einige Sekunden, bevor sein Gehirn das Bild, das er sah, verarbeitet hatte. Peter saß ihm gegenüber zusammengesackt am Boden der Beckenkante. Mit unsicheren Schritten näherte sich Alexei ihm und ließ sich neben ihm auf die Knie sinken.
„Peter?“, seine Stimme klang unsicher und brüchig, aber Peter reagierte nicht. Zögernd streckte Alexei seine Hand nach ihm aus und berührte Peter an der Schulter um ihn zu schütteln. Die Berührung reicht aus, um Peter aus dem Gleichgewicht zu bringen. Alexei packte zu, bevor er auf dem Boden aufschlug, Peters Kopf mit einer Hand abstützend. Sein Blick blieb an der Wand hängen, eine Blutspur zog in einem Bogen drüber. Alexei fing wieder an zu zittern, er fühlte etwas warmes und klebriges an seiner Hand, traute sich aber nicht nach zusehen. Zitternd saß er da und hatte nur Augen für das Blut, bis etwas auf sein Knie tropfte und er erschrocken hinab sah. Über seinen Arm lief Blut und tropfte vom Ellenbogen auf sein Knie. Langsam zog er seine Hand unter Peters Kopf hervor und betrachtete geschockt die rote Flüssigkeit, die seine Hand bedeckte und zum Teil den Arm hinunter gelaufen war. Er sah Peter an, kleine Rinnsale aus Blut, liefen ihm von Nase und Augen aus über die Wangen, als würde er Weinen. Ein Schluchzen blieb ihm in der Kehle stecken, als er panisch nach einem Puls bei Peter tastet und nichts finden konnte. Er schüttelte Peter, in der Hoffnung, dass er die Augen aufschlug, dass er ihn anlächeln würde, alles als einen schlechten Scherz darstellen würde, aber etwas in ihm flüsterte ihm immer lauter zu, dass sein Freund tot war, dass er ihn umgebracht hatte. Tränen liefen ihm unbemerkt über die Wangen und vermischten sich mit dem Regen. Er sah zum Himmel und wunderte sich kurz, wann das Wetter umgeschlagen war. Die kalten Tropfen fielen auf sein Gesicht und bildeten einen merkwürdigen Kontrast zu den warmen Tränen. Mit beiden Händen fuhr er sich durch das Gesicht und vermischte damit Blut, Tränen und Regen. Etwas in ihm war gestorben, er fühlte, dass etwas ganz bestimmtes fehlte und dieses etwas war alles woran er denken konnte. Er bemerkte nicht, wie er auf die Füße kam und hatte keine Ahnung, wie er nachhause kam, bis er sich vor dem Spiegel wieder fand. Einige Blutspuren hatten den Regen überlebt und zogen helle Streifen durch sein Gesicht. Panik überwältigte ihn wieder, als er langsam seine Blutbefleckten Hände ansah. Verzweifelt spülte er die Hände immer wieder ab, aber er wurde das Gefühl des Blutes an ihnen einfach nicht los. Er hatte seinen Freund auf dem Gewissen, sein Blut klebte an seinen Händen. Nein!, schrie etwas in seinem Inneren, er hatte das nicht gewollt, er hatte ihn nicht umgebracht, das Wasser war Schuld! Er lachte hysterisch, als er seinen Sündenbock fand. Genau das war es, das Wasser war schuld, er hatte das nicht gewollt.
Weinend sank er in sich zusammen und rollte sich auf dem Vorleger zusammen.
Draußen herrschte Dunkelheit als er wieder zu sich kam, die Tränen waren auf seinen Wangen getrocknet und gaben ihm ein etwas steifes Gefühl, er ignorierte es. Blind lief er durch die Wohnung in sein Zimmer. Kein Gedanke regte sich in ihm, während er wahllos einige Klamotten in seinen Rucksack steckte und sein Taschengeld aus seinem Versteck im Schrank nahm. Leise, als würde er verhindern wollen jemanden zu wecken verließ er das Haus und schloss ab, den Schlüssel versteckte er unter der Fußmatte, er hatte nicht die Absicht jemals wieder zurück zukehren.


Zuletzt von Sandfloh am Fr 29 Mai 2009 - 2:09 bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet
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Mutant High-Hintergrundgeschichten Empty Javiers Geschichte Teil I

Beitrag von Sandfloh Fr 29 Mai 2009 - 1:47

Es war bereits früher Abend, doch noch immer schwebte die warme Luft wie eine Dunstglocke über dem Armenviertel von Buenos Aires. Zwischen den schrägstehenden Wellblechhütten tollten Kinder herum, abgemagerte Hunde durchwühlten den Müll auf den Straßen auf der Suche nach etwas Essbarem. Der Lärm des Tages nahm langsam ab, doch noch immer war die Geräuschkulisseimmens laut: Schreiende Kinder, Straßenlärm und mitunter auch Pistolenschüsse und Angstschreie.
Unter diese Geräusche mischte sich nun der erste Schrei einer neugeborenen Kindes, gefolgt von einem Schreckensschrei der Mutter.
„Mein Gott!“, keuchte die Hebamme. Sie hielt das neugeborene Kind mit ausgestecktem Arm von sich, während seine Großmutter mit zittigen Fingern ihren Rosenkranz festhielt. „Heilige Maria, Mutter Gottes, was ist mit ihm?“
Als würde sie sich erst jetzt entsinnen, dass sie neugeborenes Baby auf dem Arm hatte, hielt die Hebamme es in eine Schüssel mit warmem Wasser und wusch es vorsichtig. Dann hüllte sie es in ein großes Handtuch. „Es ist ein Junge“, stellte sie nüchtern, fast sachlich fest, „möchtest du ihn halten?“
Die Großmutter schüttelte erschrocken den Kopf und schickte weiter Stoßgebete gen Himmel, und so gab die Hebamme der weinenden Mutter das kleine Bündel.“Warum?“, schluchzte sie und schloß die Augen, „warum schenkt Gott uns erst unseren langersehnten Sohn, um uns dann gleich wieder zu bestrafen?“ Sie zwang sich, die Augen zu öffnen und ihren Sohn anzusehen. Seine Augen waren geschlossen, die winzigen Hände zu Fäusten geballt. Sie strich mit einem Finger vorsichtig über seine Haut. Sie war kalt. Und grün.

Der kleine Junge lag zusammengerollt auf seiner Pritsche, als die Tür geöffnet wurde. Er blinzelte heftig, als das spärliche Sonnenlicht ihn blendete. „ Javier! Ich bins“, hörte er die vertraute Stimme seine älteren Schwester Noemi sagen, „Zeit für deinen Unterricht!“
Begeisterung machte sich auf seinem Gesicht breit, als Noemi den kleinen Schemel, den er als Tisch hatte, zum Bett zog. „Heute üben wir lesen!“ Noemi legte ein altes, abgegriffenes Buch auf den Schemel, „aber zuerst machen wir ein bisschen Licht, die kleine Kerze reicht bei weitem nicht aus!“ Nomi schloss die Augen und begann Sekunden später, in einem sanften Licht zu glühen.
„Das ist so toll!“, sagte Javier begeistert, „Wann bringst du es mir bei?“ Noemis Gesichtsausdruck wurde traurig. „Das kann ich leider nicht, Javier. Das ist mein spezielles Talent. Genauso wie du an der Decke entlangkrabbeln kannst.“ Sie wuschelte ihm durch die schwarzen Haare. „Aber die Leute dürfen das nicht wissen, verstehst du? Es gibt böse Leute, die dir wehtun wollen, nur weil du anders bist. Und wenn sie wüssten, dass ich auch anders bin, würden sie mir auch wehtun. Deswegen darfst du niemandem sagen, was ich kann, nicht einmal Mamá oder Papá, versprochen?“ Der kleine Junge nickte eifrig. „Gut, dann lass uns mit Lesen anfangen, schließlich willst du doch bis zu deinem sechsten Geburtstag das Buch durchhaben, oder?“ „Ja!“ „Gut, dann lass uns anfangen…“
Zwei Stunden später klappte Noemi das Buch zu. „Wir sind noch gar nicht fertig!“, beschwerte sich Javier und stupste seine Schwester an, doch sie hieß ihn, still zu sein.
„Ich bin müde, Javier, wir werden morgen weiterlesen, ja?“ Javier nickte mürrisch, rutschte auf dem Bett nach hinten und zog die Knie an. Sein kurzer Eidechsenschwanz schlag sich um seinen Körper. Noemi strich ihn sanft über die Wange. „Morgen lesen wir weiter, versprochen. Sie beugte sich vornüber und küsste Javier auf die Stirn. „Schlaf gut, kleiner Bruder.“
Sie klemmte das Buch unter den Arm und liess das Leuchten erlischen. Nur das flackernde Licht der Kerze blieb übrig und warf gespenstische Schatten auf Noemis Gesicht, als sie die ausgetretenen Stufen hinaufstieg, die im Grunde nicht viel mehr waren als Absätze aus festgetretener Erde. Sie öffnete die schräg stehende Tür, schenkte Javier ein letztes Lächeln und liess dann die Tür zu seinem fensterlosen Kellerloch ins Schloss fallen.

Die Tür wurde so heftig aufgestossen, dass sie an die Wand schlug. Javier zuckte erschrocken zusammen, als Noemi die Treppe runterhastete und ihm ein Decke zuwarf. „Zieh die über!“ Ihre Stimme klang schrill. „Was? Aber…?“, Javier sah sie verwirrt an.
„Zieh die Decke über! Du musst nach oben, du musst raus!“ Noemi lief auf ihm zu und warf die Decke über seinen Kopf. „Ich muss…raus?“ Javier erstarrte, doch Noemi zog ihn an der Hand Richtung Tür. „Aber ich darf nicht raus, du hast es selbst immer wieder gesagt!“
„Vergiss was ich gesagt habe, hör auf das, was ich jetzt sage!“ Noemi zog ihn weiter, und jetzt verstand Javier, was sie meinte: Er hörte die Schüsse. Die Drogenkriege waren bis zu ihnen vorgedrungen. Er erwachte aus seiner Erstarrung und lief hinter Noemi die Treppe hinauf. Im Haus sah er seine Mutter, die ihn entgeistert anstarrte. Wann hatte er sie das letzte Mal gesehen? An seinem letzten, also zehnten Geburtstag? War er wirklich schon ein halbes Jahr her? War ihr Gesicht schon immer so eingefallen gewesen? Wo war Vater?
Noemi zog Javier die Decke tief ins Gesicht, sodass sie ihn komplett einhüllte, und zog ihn nach draussen. Das Sonnenlicht tat in seinen Augen weh, und die ungewohnten Gerüche brannten scharf in seiner Nase. Und die Schüsse, die immer lauter knallten. Immer wieder zuckte erschrocken zusammen.
„Pass auf Javier.“ Noemi blieb stehen, drehte sich zu ihm um und ging in die Hocke. „Du musst hier weg. Lauf da lang.“ Sie deutete auf eine Gasse. „Immer geradeaus, so lange du kannst, raus aus der Stadt. Ein Stück weiter ist ein kleiner Wald, dort wartest du auf mich, hast du verstanden?!“ Javier nickte zögerlich. „Und vergiss nicht: Nimm niemals, unter keinen Umständen die Decke vom Kopf. Halt deinen Schwanz nah an den Körper gedrückt und rede mit niemandem!“ „Was ist mit dir?“, fragte Javier und Tränen rannen über sein Gesicht, „Ich hab Angst, lass mich nicht allein!“
„Shhh, ist ja gut!“ Vorsichtig strich Noemi ihm über die Wange, „ich werde nachkommen, versprochen! Und jetzt lauf, mi corazón!“
Oh sich ein letztes Mal umzusehen begann Javier so schnell zu rennen, wie er konnte. Immer weiter, über Müllberge und durch enge Häuserschluchten, so weit ihn seine Füße tragen konnten. Immer weiter. Die Schüsse schienen immer näher zu kommen, doch er lief weiter. Auch als er die Stadt verlassen hatte, hielt er nicht an. Über den lehmigen Boden rannte er immer weiter, bis er das Wäldchen sah. Er rannte zwischen die Bäume und blieb schließlich erschöpft stehen. Seine nackten Füße waren aufgekratzt und blutig, als er erschöpft zusammensackte und die Decke enger um sich schlang. Hier sollte er auf Noemi warten. Also wartete er. Doch Noemi kam nicht.
Erst als es bereits dämmerte, traute sich Javier aus dem Wald hinaus. Die Stadt schien ruhig, die Schüsse waren verstummt. Vielleicht hatte Noemi ihn bis jetzt einfach nicht finden können, ja, das musste es sein! Schließlich war er auch grün, also konnte sie ihn wohl schlecht erkennen, oder?
Also setzte sich Javier an den Rand des Wäldchens, versteckte sich unter der Decke und wartete auf Noemi. Doch sie kam nicht. Statt ihr sollte jemand ganz anderes ihm begegnen.
Javier hörte ein Auto näherkommen und machte sich noch kleiner unter der Decke. Ein Auto fuhr an ihm vorbei, doch ein zweites direkt danach blieb mir quietschenden Reifen stehen. Lehm spritzte gegen Javiers Decke, und er zitterte, als er hörte, wie auch das andere Auto stehenblieb, und jemand ausstieg. Dumpfe Schritte näherten sich ihm, und er hörte eine raue Stimme sagen: „Was haste denn da gefunden, Bernando?“
Javier zitterte immer stärker als er merkte, wie jemand die Decke anhob. Er machte sich klein, und wagte es nicht, hochzuschauen, als kalte Luft üder sein Haar blies. „Oh, das hier wird dir gefallen, Rogerio..“, sagte eine krächzende Stimme direkt über ihm.
Weitere Schritte näherten sich Javier, und er fühlte, sie sich vier Augen regelrecht in seinen Hinterkopf bohrten. Er riskierte einen kurzes Blick aus seinen gelben Augen nach oben und sah in die Gesichter zweier Männer. Einer von ihnen hatte ein rundes, speckiges Gesicht, das ein ungepflegter Dreitagebart zierte. Der andere hatte ein kantiges, markantes Gesicht, doch viel auffalender waren die Tätowierungen, die sich über sein Gesicht zogen. „Hey Junge“, sagte der Fettsack, der Stimme nach zu urteilen war er Rogerio, „wie heisste denn?“
Javier blieb stumm und fixierte die beiden ängstlich. „Komm Junge, ich hab nich den ganzen Tag Zeit, sagste mir deinen Namen oder was?“ „Javier.“ Seine Stimme war dünn unzittrig, und der Fettsack quittierte es mit einem dröhnenden Lachen. „na siehst, war das so schwer, oder was?“ Er beugte sich zu Javier hinab. „Also Javier, wie siehts aus? Brauchste ne Mitfahrgelegenheit?“
Ängstlich schüttelte Javier den Kopf. „Ich soll hier warten..“ „Ach, und wie lange wartest du schon?“, fragte der Tätowierte, Bernando. „Lange..:“
„Na dann kommt der auf den du wartest wohl nicht mehr, also steig ein!“ Javier schüttelte immer noch den Kopf und machte sich noch kleiner. „Junge“, begann Rogerio, „es wird bald dunkel, und als Kind allein kanns ganz schön gefährlich werden, also komm mit. Wir sind ein Zirkus, du magst den Zirkus bestimmt, oder?“ Javier hob den Kopf leicht an. „Ich weiss nicht, ich war noch nie in einem Zirkus…“
Erneut das gröhlende Lachen. „Na dann wird’s aber allerhöchste Zeit, Kleiner. Denn bei deinem Aussehen passt du perfekt in den Zirkus! Also komm.“
Rogerio hielt ihm seine teigige Hand hin, und Javier ergriff sie und liess sich aufhelfen. „Alter, du hast ja einen Schwanz, dass wird ja immer besser!“, stellte Bernando fest und präsentierte eine Reihe schlecht gepflegter Zähne. „Komm, stieg ein, Kumpel!“
Etwa zwei Stunden später saß Javier auf einer behelfsmäßigen Pritsche in einem Zirkuswagen. Er war furchtbar müde, doch konnte nicht schlafen. Stattdessen drückte er die Nase an der Scheibe platt, um die Sterne besser bewundern zu können. Noemi hatte sie ihm so oft beschrieben, doch die Realität war noch tausendmal schöner. Sein Herz tat weh, als er an Noemi dachte. Warum war sie nicht gekommen? Hatte sie ihn vergessen? War sie…
Javier dachte den Gedanken nicht zu Ende, sondern verkroch sich unter seine Decke, machte sich so klein wie möglich und schlief schnell ein.


Zuletzt von Sandfloh am Sa 30 Mai 2009 - 5:06 bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet
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Beitrag von Sandfloh Fr 29 Mai 2009 - 1:47

„Bewundern sie den unglaublichen ECHSENJUNGEN!“ Ein Raunen ging durch die Menge, als Javier hinter dem Vorhang hervortrat und auf die lausig zusammengeschusterte Bühne trat. Mittlerweile was das Programm reine Routine, ein paar akrobatische Übungen, Jonglieren, sich anschauen lassen. Javier genoss die Aufmerksamkeit, doch heute war etwas anders. In der hintersten Reihe waren einige finster aussehende Jungendliche, die ihn wütend anfunkelten. „Hey, Freak!“, rief einer und Javier hielt inne, „Zeig mal, was du drauf hast!“
In der selben Sekunde zog er eine Pistole und schoss auf Javier. Die Menschenmasse stob panisch auseinander, Javier warf sich nach unten, spürte jedoch einen stechenden Schmerz an der rechten Hand. Weitere Schüsse ertönten, und dann hörte er Bernandos wütende Stimme und einen röchelnden Laut. „Verpisst euch, ihr kleinen Dreckskerle, oder ich mache Hackfleisch aus euch!“ Als Javier aufsah, prügelte Bernando gerade auf den Schützen ein, während die restlichen Jungs sich aus dem Staub machen. Javiers Blick glitt nach unten auf seine Hand und seiner Kehle entfuhr ein Schrei. Sein Finger war weg! Er war weggeschossen worden!
Doch bevor er irgendetwas sagen konnte, spürte er ein heftiges Ziehen in seiner Hand. Er stöhnte vor Schmerzen laut auf, den Blick panisch auf die Hand gerichtet. „Scheisse!“, hörte er Bernando fluchen, der zu ihm gelaufen war. Das Ziehen wurde immer stärker und Javier wand sich regelrecht. Entgeistert bemerkte er, wie aus dem blutigen Loch in der Hand ein Fingerknochen hinauswuchs und bald von Sehnen, Fleisch und grüner Haut bedeckt wurde. Und plötzlich hörte der Schmerz auf.
Javier starrte genauso ungläbig wie Bernando auf seinen Ringfinger und versuchte, ihn zu bewegen. Mühelos bog und streckte er ihn. „Du hast es drauf, Kleiner!“, lachte Bernando, zog ihn am T-Shirtkragen auf die Füße und klopfte ihm auf die Schulter. „Ich wusste nich, dasste sowas auch drauf hast!“ „Ich ehrlich gesagt auch nicht!“, gab Javier kleinlaut zu, immernoch von seinem Finger fasziniert, „ich auch nicht…“
Seit diesem Vorfall wurden die Vorkehrungen für die Auftritte strenger: Verdächtige Personen wurden vorher überprüft, und größere Städte gemieden, doch die Anfeindungen nahmen trotz aller Vorkehrungen stetig zu. Immer öfter musste Javier erleben, wie Leute ihn beschimpften, und ihn sogar mit Lebensmitteln oder Steinen bewarfen. Er musste seine Auftritte abbrechen oder sogar absagen und blieb in seinem Zirkuswagen, der ihn mittlerweile an das Kellerloch erinnerte, das 10 Jahre lang sein Zuhause gewesen war. Doch im Gegensatz dazu war er diesmal nicht zufrieden. Er wusste, dass das Leben auch anderes zu bieten hatte. Und so dachte er beim Einschlafen oft an die kurze Zeit, in der er von den Leuten bewundert und nicht bedroht worden war.

„Rogerio will mit dir reden, Kleiner!“ Verwundert sah Javier von seinem Buch auf. Bernando stand in der Tür, und er sah nicht zufreiden aus. „na komm, beweg dich!“
Rasch stand Javier auf und eilte im Dunkeln zu dem Wagen, der Rogerios Büro enthielt. Zaghaft klopfte er die Tür, und von drinnen ertönte die altvertraute Stimme. „Komm rein!“
Instinktiv machte sich Javier klein, als er den Wagen betrat, denn irgendetwas stimmte nicht, er erkannte es an Rogerios Gesichtsausdruck. „Setz dich, Junge!“ gehorsam liess Javier sich auf den Stuhl fallen. Rogerio beugte sich zu ihm rüber, und auf seiner glänzenden Stirn bildeten sich tiefe Sorgenfalten. „Folgendes: Du bist nu knapp zwei Jahre bei uns, und wir ham dich immer gut behandelt. Oder?“ Javier nickte stumm.
„Aber langsam wird’s zu gefährlich, dich hier zu behalten. Die Leute wolln nix mit dir zu tun ham. Mit Mutanten.“ „Mutanten?“, flüsterte Javier unhörbar, es war das erste Mal, dass er dieses Wort hörte.
„Jedenfalls, unsere Einnahmen sinken, und…“ Rogerio sah auf und verzog das Gesicht. „guck mich nich so an, Junge, mir gefällt das auch nich, aber wir müssen dich hierlassen. Du kannst nicht mehr mitkommen!“
Javier nahm die ganze Situation wie durch einen Schleier wahr. Auch wie Bernando und Rogerio seine Sachen aus dem Wagen nahmen und sie etwas abseits der Autos hinstellten. Er sah die Rücklichtern nach, wie sie am Horizont immer kleiner wurden, während er bewegungslos dastand.
Die Nacht war kalt, sehr kalt. Javier zitterte unter derselben Decke, unter der er sich damals versteckt hatte, als Bernando ihn fand. Erschrocken bemerkte er, wie seine Arme und Beine taub wurden. Er konnte sich kaum noch rühren, erstarrte zu der kauernden Gestalt unter der Decke.
Ein Rascheln aus dem unterholz liess Javier aus seinem leichten Schlaf aufschrecken. Da kam jemand! Javier wollte aufstehen, weglaufen, doch seine Gliedmaßen gehorchten ihm nicht. Sein Atem ging schnell und flach, während das rascheln immer näher kam. Verzweifelt versuchte er, sich zu rühren, doch seine Muskeln gehorchten nicht. Er nahm die Umrisse einer Person wahr, sie stand vor der Decke und das Licht einer Taschenlampe schien durch den Stoff. Die Person streckte eine Hand aus, packte die Decke und zog sie weg.
Eine Frau in einem seltsamen schwarzen Aufzug sah ihn an. Doch noch aparter war ihr schlohweisses langes Haar, das in krassem Gegensatz zu ihrer dunkleren Haut stand. „Keine Sorge!“, sagte sie, ihr Stimme klang sanft und beruhigend, doch sie sprach Spniasch mit einem starken Akzent, „mein Name ist Storm, ich bin hier um dir zu helfen. Ich bringe dich an einen Ort, wo du sicher bist. Einen Ort für Leute wie uns. Komm mit.“
Javier musterte die Frau. Sie schien die Wahrheit zu sagen, doch er konnte sich noch immer nicht rühren. „Kann…nicht!“, brachte er zwischen den starren Lippen heraus.
„Ich verstehe“, sagte die Frau und lächelte verständnisvoll, „ich hole jemanden, der dich trägt, keine Sorge, dir geschieht nichts.“
Storm verschwand im Unterholz und kehrte kurze Zeit später zurück. Neben ihr ging ein Mann in einem ähnlichen Anzug. Seine Haut war viel heller als ihre, und er trug eine seltsame Art Sonnebrille mit roten Gläsern. „das hier ist Cyclops, er wird dich hochheben, ist das okay?“
„Okay“, flüsterte Javier. Cyclops hob ihn schienbar mühelos und trug ihn in seiner kauernden Haltung durch den Wald. Die regelmässigen Schritte hatten auf Javier eine einschläfernde Wirkung und er döste weg. Er wachte erst auf, als ein seltsames blaues Licht ihn blendete. Verschlafen öffnete er die Augen und erblickte einen riesigen, dunkelgrauen Jet, der auf einer großen Grünfläche stand.
Cyclops brachte ihn an Bord, während Javiers weitaufgerissenen Augen alles musterten. Er wurde auf einen Stuhl gesetzt und in viele warme Decken eingeschlagen. Langsam wurde ihm wärmer, und das Gefühl kehrte in Arme und Beine zurück. Er versuchte, sie zu bewegen, und es funktionierte, wenn auch unter großer Anstregung.
„Du bist wechselwarm, darum konntest du dich nicht bewegen!“, hörte er plötzlich eine tiefe Stimme in seinem Kopf sagen. Erschrocken zuckte er zusammen und sah sich verwirrt um, bis sein Blick auf einen Mann fiel, den er zuvor nicht bemerkt hatte. Er saß in einem der anderen Stühle, und lächelte ihn freundlich an. Sein Gesicht war ebenmäßig, er hatte keine Haare und seine blauen Augen sahen Javier mit einer Mischung aus Güte und Neugier an.
„Hallo Javier, mein Name ist Professor Charles Xavier.“ Sein Spanisch war fehlerlos, und, was noch viel verwunderlicher war, seine Stimme war identisch mit der in seinem Kopf!
„Wer sind Sie? Wie haben Sie das gemacht? Ich hab sie in meinem Kopf gehört!“, sprudelte es aus Javier heraus. Der Mann lächelte und hob die Hand. „Bitte nicht so schnell, ich verstehe dich kaum!“
Er sah direkt in Javiers Augen und dieser hörte erneut seine Stimme im Kopf: „Ich bin ein Mutant, genau wie du. Viele Menschen fürchten sich vor uns, aber ich habe einen Ort für uns. Wo wir sicher sind. Eine Schule für Mutanten. Storm und Cyclops gehörten auch zu meinen Schülern. Möchtest du mitkommen?“
Javier nickte eifrig, und der Professor lächelte erneut. „Schnall dich an.“ Nach einem kurzen Gerangel mit den Gurten saß Javier festgeschnallt im Sitz. Storm liess die Turbinen an, und Javier zuckte erschrocken zusammen. „Ganz ruhig, keine Angst!“, hörte er die Stimme des Professors in seinem Kopf sagen. Javier atmete tief durch und versuchte, sich zu entspannen.
„Gut so, wie wäre es mit etwas Ablenkung?“ Javier nickte, doch grub gleichzeitig die Nägel in die Armlehnen. „Wunderbar, ich werde dir etwas über die Schule erzählen, und was du machen kannst, wenn du einmal groß bist. Hast du schonmal von den X-men gehört?“ Javier schüttelte mit kanppen Bewegungen den Kopf. „Gut, dann hör zu…“
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Mutant High-Hintergrundgeschichten Empty Vallerys Geschichte Teil I

Beitrag von Robyn Mo 8 Jun 2009 - 5:17

Jaaa, ich habe endlich angefangen ^.^ Leider fehlt noch ein ganzes Stück, aber das wird umgehend eingereicht, sobald es fertig ist Zwinkern

Vallerys Geschichte


Es war zehn nach Drei als Vallery ächzend die Türe mit einer Hand auf schob und somit endlich zu Hause war. Den heutige Schultag konnte man im Grunde auch komplett aus diesem Jahr streichen, so, als hätte es ihn nie gegeben. Ganz einfach. Der Grund für ihre miese Laune war die Arbeit über Politik, die sie heute zurück bekommen hatte. Zusammen mit diesem abnormalen, heißen Wetter, welches sie nach Luft ringen ließ, wurde dafür gesorgt, dass aus dem harmlosen Donnerstag ein Tag zum Verdrängen, zum Wegwerfen wurde. Völlig demotiviert beschloss sie erst einmal etwas zu trinken, zu essen und dann... ja dann vielleicht ein paar Zeitschriften zu lesen. Hausaufgaben konnten warten.
Vallery pustete sich eine blonde Strähne aus dem Gesicht, pfefferte den Rucksack in eine Ecke, warf die Türe mit dem Fuß zu und schlurfte dann in die Küche des Hauses.
Sie war mal wieder alleine daheim. Ihr Vater, ein geschäftiger Firmenmanager, hatte zurzeit allerhand zu tun, verdiente jedoch dementsprechend gut.
Ihre Mutter dagegen war Köchin in einem vier Sterne Hotel, das im Zentrum der Stadt lag.
Es war außerdem eines der bekanntesten Kaliforniens.
Ja, in dieser Familie war irgendwie jeder irgendetwas besonderes... nur sie nicht, zumindest nicht wenn man nach ihren Noten ging.
Seufzend öffnete sie den Kühlschrank und holte sich erst einmal eine Flasche Wasser heraus, nur um diese kurz darauf wieder hinein zu stellen, um sich dann doch noch für die Apfelsaftschorle zu entscheiden, die direkt daneben gestanden hatte.
Erst als Vallery den Kühlschrank wieder schloss bemerkte sie den Zettel, der mit einem Magneten daran befestigt war.
Hey Süße,
ich habe dir gestern Abend noch eine Lasagne gemacht,
die du nur aufzuwärmen brauchst.
Dad und ich gehen heute Mittag etwas gemeinsam Essen, weswegen du ruhig alles aufessen kannst.
Ma

„Ist klar“, brummte Val, riss ihn vom Kühlschrank und versenkte diesen im Müll unter der Spüle. Im Grunde könnte sie ihn auch hängen lassen, es würde keinen Unterschied machen. Morgen würde wieder eine Notiz ihrer Mutter am Kühlschrank hängen. Die Worte waren wie an jedem Schultag dieselben – nur das Essen änderte sich und hin und wieder auch die Farbe des Zettels. Davon jedoch abgesehen, war alles wie immer.
Aus einem Schrank holte Val noch ein Glas und einen Strohhalm, ehe sie sich endlich etwas einschenkte.
Mit der linken Hand wedelte sie sich emsig Luft zu, da es in der Küche furchtbar warm war. Anscheinend hatten ihre Eltern am frühen Morgen vergessen gehabt, dass Fenster zu öffnen.
Daher prallte die Sonne mit all ihrer Wärme nun schon vermutlich seit sechs oder fünf Stunden durch die Küchenfenster. Dies hatte den Effekt, dass sich Vallery so vor kam, als säße sie in einer Sauna.
„Verdammte Hitze! Was gebe ich nur für etwas Eis!“, raunte sie müde und wirbelte mit ihrem Strohhalm durch die Apfelsaftschorle. Nachdem sie sich jedoch an den Tisch gesetzt hatte und somit, ihrer Meinung nach, zu weit von der Tiefkühltruhe entfernt hatte, die direkt neben dem Kühlschrank stand, ließ sie ihr Gesicht langsam sinken.
Schlichtweg: Sie war zu faul, um sich Eiswürfel zu holen. Außerdem war sie sich nicht einmal sicher, ob überhaupt welche da waren – weshalb also einen unnötigen Weg, eine unnötige Bewegung machen? An sich war doch die Hitze an allem Schuld!
Es klirrte und der Saft in ihrem Glas gluckste und gluckerte. Überrascht schaute sie auf, als sie an dem Röhrchen auf einmal Eiswürfel entdeckte.
Verwirrt musterte Vallery diese und fragte sich, ob sie vorhin beim Herausholen der Flasche bereits Eis ins Glas getan hatte.
So musste es wohl gewesen sein, dachte sie, zuckte mit der Schulter und genoss die Eiswürfel, die sie, nachdem sie ausgetrunken hatte, zerkaute.
Schon viel besser!


„Und? Was denkst du, bekommst du von deinen Eltern zum Geburtstag? Macht ihr irgendetwas besonderes?“, fragte Lisa, ihre beste Freundin, mit der sie in einem Eiscafé saß.
Vallery, die gerade genüßlich einen Löffel voll mit ihrem Lieblingseis in ihrem Mund verschwinden ließ zuckte mit den Schultern. „Das übliche. Wir gehen vermutlich mal wieder in dem Restaurant des Hotels essen und ... wer weiß...“
Ist mir auch egal. Es wird mal wieder etwas total teures sein, das mich möglichst lange beschäftigt, damit ich nicht bemerke, wir wenig Zeit sie für mich haben.
Im Nu hatte sie ihre zwei Kugeln Eis aus Frust vernichtet, während Lisa noch bei ihrer ersten war.
„Ich glaube... ich brauche noch eine Ladung“ Val schob den Stuhl zurück und stieß dabei gegen einen Jungen. „'Tschuldige“, brummte sie und wollte an ihm vorbei, doch dieser versperrte ihr den Weg.
„Was denn noch? Ich habe mich doch entschuldigt!“, raunzte sie ihn unfreundlich an.
An solchen heißen Sommertagen, ohne ihre Dosis von mindestens drei Kugeln Eis konnte sie einfach nur sehr schwer freundlich und geduldig bleiben.
„Mann o Mann, da scheint aber wer geladen zu sein. Geht das denn nicht ein wenig freundlicher an diesem wunderschönen Sommertag?“
Vallery blinzelte gegen die Sonnenstrahlen an, um das Gesicht dieses Deppen zu sehen.
„Wunderschöner Sommertag? Das ich nicht lache! Die Hitze ist unerträglich!“
Mit der Hilfe ihres Ellenbogen schob sie sich schließlich an dem Fremden vorbei und stampfte Richtung Eistheke.

Neben ihren zwei Eiskugel, beide Vanille, hatte sich auch noch ein Glas Wasser geholt, mit denen sie nun zurück an ihren Platz, zu Lisa, stiefelte. Wesentlich ruhiger, als auf ihrem Hinweg – zumindest so lange bis sie zwei Jungen entdeckte. Einer, dunkles, kurzes Haar, saß frech grinsend neben Lisa und plauderte mit dieser in einem lässigem Ton. So etwas machte er anscheinend öfters. Und Lisa ging auch noch voll darauf ein! Boh!
Noch schlimmer war jedoch der, welcher am Tisch lehnte. Er war recht groß, hatte blondes Haar und ein amüsiertes Grinsen auf den Lippen.
Anhand seines weißen Hemds wusste sie, dass er es gewesen war, der sie vorhin an gerempelt hatte, bzw. den sie an gerempelt hatte.
„Ah – Nervenfutter, hm? Ich hoffe doch, wegen der Hitze und nicht meinetwegen“, kommentierte er grinsend und deutete dabei auf die zwei Kugeln Vanille.
„Seit wann bedeutet, jemanden anzurempeln, dass er sich zu einem setzen darf?“, warf sie ihm lediglich an den Kopf und stellte mit einem lauten Klirren den Eisbecher auf den Tisch, das Glas noch in der linken Hand haltend.
„Wieso? Ich sitze doch gar nicht, ich stehe. Anscheinend scheint die Hitze sogar dein Sehvermögen zu beeinträchtigen“ Er lachte, was Vallery schier zur Weißglut trieb. Ihre Finger krallten sich um das kalte Glas, als ihre Augen wütend in die seine funkelten.
Blaue Augen strahlten ihr entgegen, ebenso ein weißes, makelloses Lächeln.
Wäre sie nicht so in Rage, hätten sie sicherlich dafür gesorgt, dass sie weiche Knie bekommen hätte – so jedoch, wandte sie sich mit einem 'Tss' von ihm ab.
„Und du? Schlägt dir die Hitze auf den Verstand? Zisch endlich ab. Und nimm deinen Freund mit!“
Sie setzte ihr Glas an, in der Hoffnung, dass ein wenig kaltes Wasser ihre Nerven beruhigen könnten.
Doch nichts war – kein Wasser. Ungläubig setzte sie das Glas wieder ab und starrte in dessen Innern.
Tatsächlich, statt des Wassers befand sich darin lediglich ein großer Eisklumpen.
Okay, ganz ruhig, Val. Heute wollen wohl alle dich auf die Palme bringen. Schön! Was es wohl ist? Versteckte Kamera? Die Komediefalle? Oder die Rache von jemanden? Schnaubend setzte sie dazu an zurück zur Theke zu gehen. Dabei bemerkte sie jedoch nicht, das der Junge neben Lisa aufgehört hatte zu reden. Denn in diesem Augenblick, als Vallery sich ein frisches Glas Wasser holte, warfen sie sich bedeutende Blicke zu. Das Glas mit dem Eis hatte sie zuvor auf dem Tisch abgestellt.
„Und du? Auf welche Schule geht ihr?“, fragte Lisa, um der Stille ein Ende zu bereiten.
Der dunkelhaarige Typ wandte sich, wieder mit dem frechen, schiefen Lächeln um.
„Och, wir sind nicht von hier. Unsere Schule ist recht unbekannt. Winzig und recht billig und so- Deine Freundin – wie heißt sie nochmal?“
„Vallery“, entgegnete Lisa und schaute ein wenig verwirrt drein. „Also, mein Kumpel hier und ich würden gerne mit euch in eine Disko oder so. Am besten wenn es kühler ist, sodass deine Freundin keine Ausrede mehr für ihre miese Laune hat. Sollen wir unsere Nummern tauschen?“
„Klar – warte. Vals Nummer kann ich ihm geben, wenn er will. Sie ist eigentlich nicht so... gereizt. Es liegt einfach am Wetter. Sie mag mehr kalte Temperaturen. Ihr habt sie also auf dem völlig falschem Fuß erwischt.“
Gerade als Nate Valls Nummer einsteckte, kam diese wieder und starte Lisa an.
„Lisa“, sagte sie bedrohlich und war im Nu wieder bei ihnen am Tisch.
„Du hast den doch nicht jetzt im Ernst unsere Nummer gegeben!?“
„Mann, Vall, jetzt reg dich doch mal ab. Die sind nett! Und Jared-“
„Danke“, fiel der Junge neben ihr hastig dazwischen und stand auf.
„Und weil wir so nett sind und wir nicht riskieren wollen, dass hier gleich die Fetzen fliegen, gehen wir lieber. Hat mich gefreut, Lisa“, dieser Jared zwinkerte ihr zu.
„Abregen? Das sind Idioten – okay, der da vielleicht nicht, aber er hier! Um nichts auf der Welt, würde ich mich mit dem freiwillig abgeben! Er ist ein Idiot!“
„Woha, du kennst mich doch noch nicht einmal! Es sei denn, du meinst eine halbe Stunde reicht dafür aus, um jemanden kennen zu lernen. Wenn ich dir ein Tipp geben könnte, du solltest wenigstens versuchen, ein wenig netter zu sein. Ein wenig mehr Freundlichkeit ist eigentlich nicht zu viel verlangt“ Die zwei Kugel Vanille hatte sich in der Zwischenzeit in eine Vanillepfütze verwandelt.
„War-“ Vallery wirbelte zu ihm herum, wobei sie vergaß, dass sie ihr zweites Wasserglas in den Händen hielt, das sich in diesem Augenblick gefährlich senkte.
„Achtung!“, rief Jared alarmierend und ließ Vallery zusammen zucken.
Die Warnung war jedoch alles andere als notwendig gewesen. Schon wieder befand sich lediglich nur Eis in ihrer Hand, weswegen sie, zu ihrem Bedauern, kein Wasser über sein weißes Hemd geschüttet hatte. Aber wie konnte das sein? Eis? Bei dem Wetter? Sie hatte es die ganze Zeit in ihrer Hand gehabt – und vorhin, als sie es bekam, da war noch eindeutig Wasser darin gewesen! Sprudel!
„Nate“, zischte es hinter ihr. „Nate, wir sollten gehen“
Der blonde Junge vor ihr setzte sich in Bewegung.
„Man sieht sich“, flüsterte dieser leise und ging mit seinem Kumpel davon.
Beide tauchten sie nur wenige Sekunden später im Gemenge der einkaufenden Meute unter.
Verwirrt auf jede nur mögliche Weise stand Vallery da. Langsam stellte sie das zweite Eisglas auf dem Tisch ab. War sie das gewesen? Hatte sie das Wasser eingefroren. Die Eiswürfel zu Hause, war sie das auch gewesen?
Ihr fiel ein Artikel in der Zeitung ein, den sie vor ein paar Wochen einmal gelesen hatte.
Über Mutanten. Menschen mit sonderbaren Kräften. Fähigkeiten.
Sie hatte nicht alles gelesen, weil es zu uninteressant war. Als ob es sowas geben könnte...
Lisa stand von ihrem Stuhl auf. „Vallery? Hey, ist dir nicht gut? Du bist so blass. Val?“
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Mutant High-Hintergrundgeschichten Empty Vallerys Geschichte Teil II

Beitrag von Robyn Di 9 Jun 2009 - 9:38

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Das war der Tag, an dem sich endlich gezeigt hatte, dass auch Vallery etwas 'Besonderes' war.
Leider in einer völlig anderen Art und Weise, wie sie es sich vorgestellt hatte. Sie wurde nicht besser in Mathe oder in Wirtschaft, noch in Sport. Sie konnte nun Wasser in Eis verwandeln.
Der dunkelhaarige Junge, Jared, meldete sich bereits nach zwei Tagen bei Lisa, um sich mit ihr zu verabreden. Vallery stattdessen bekam einen Anruf erst nach fünf Tagen, jedoch nicht von diesem Nate, sondern von einem Professor.
Es folgte ein Besuch und ein Gespräch mit ihr und ihren Eltern. Der Professor unterrichtete an einer Schule, an der man Kinder mit 'besonderen', geradezu sehr speziellen Fähigkeiten, lehrte.
Mit anderen Worten, eine Schule für sie und ihresgleichen.

Vallery wusste nicht, ob sie sich darüber freuen sollte, dass ihre Eltern erstaunlich gut mit der seltsamen Nachricht umgingen, oder ob sie sauer sein sollte, weil ihre Eltern endlich einen Grund hatten, kein schlechtes Gewissen mehr ihr gegenüber zu haben, da sie nun auf ein Internat gehen sollte. Eines aber stand fest: sie mussten sich nicht mehr um sie kümmern, nichts kochen, nichts für sie waschen oder bügeln, keine Zeit mit ihr verbringen. Vielleicht war es so fast am besten.
Ihre eisblauen Augen fuhren über das riesige Hauptgebäude, das sich vor ihr auftat.
Zugegeben, das Gelände war nicht schlecht. Groß, grün. Ganz nett.
Dennoch fand sie es hier schrecklich. Ihre Freundinnen, Lisa zum Beispiel, musste sie in Kalifornien zurück lassen. Hier kannte sie niemanden! Bis auf zwei Ausnahmen, an die sie in diesem Augenblick nicht dachte.
Mit größter Mühe trug sie ihre drei Koffer, zwei Taschen und ihren Rucksack, sowie vier Tüten zu ihrem Zimmer hinauf, welches man ihr zugeteilt hatte. Den Schlüssel war ihr am Eingang gereicht worden, gleich nach der Führung übers Gelände und der Übergabe diverser Papiere, darunter auch ein Stundenplan. So weit schien irgendwie alles normal. Relativ.
Zumindest waren die Zimmer normal. Vielleicht ein wenig zu klein, aber normal.
Nach fünf Stunden, die Zeit für das Mittagessen nicht mitgezählt, brauchte sie, um alles einzuräumen. Ernsthaft, alles hatte irgendwie, Vallery fragte sie noch immer, wie das möglich gewesen war, seinen Platz gefunden. Vom Einräumen erschöpft, ließ sie sich aufs Bett fallen.
Eine winzige Pause war ihr jedoch nicht vergönnt.
„Klopf, klopf!“, raunte es und ein Junge schaute zur Türe herein. „Kennst du mich noch? Ich bins, Jared. Wir haben uns bei der Eisdiele getroffen und-“
„DU!?“, sofort setzte sich Vallery auf und blickte dem Jungen erstaunt ins Gesicht.
„Du bist auch hier? Warte... dann... ward ihr die beiden, die mich hier angeschwärzt haben? Herzlichen Dank auch!“, warf sie ihm säuerlich vor, klang jedoch nur halb so böse, wie sie es sich wünschte.
„J-Jaaa... aber hey, was hätten wir tun sollen? Es war, man könnte sagen, unsere Pflicht der Schule Bescheid zu geben. Du hättest am Ende noch jemanden zur Eissäule erstarren lassen und das wäre nun wirklich nicht vorteilhaft für dich gewesen“
„Hm. Hm“, machte Vallery einsichtig und ließ sich wieder zurück aufs Bett sinken. Einen Moment lang herrschte Ruhe, ehe sie sich erneut aufsetzte.
„Ist er auch hier?“ Ihre Betonung auf dem 'er' war nicht einmal ansatzweise zu überhören.
Jared grinste sie an. „Nate? Klar, ist der hier... und wenn ich ehrlich bin, ich stehe hier nur wegen ihm. Er wusste, dass du heute ankommst und hat mich nun sozusagen... als eine Art Vorhut voraus geschickt. Nate steht da hinten um die Ecke und traut sich nicht, dir gegenüber zu treten.
Du weißt schon, wegen dem Wetter – draußen ist es viel zu warm, 'sie ist gewiss schlecht gelaunt.
Ihr jetzt zu begegnen würde an Selbstmord grenzen'. -in ein offenes Messer rennen- oder so. Das hat er gesagt“
Vallery winkte grinsend ab. „Ach was... ich bin heute viel zu müde und ausgepowert, als das ich noch fies sein könnte. Was nicht heißt, dass ich hier kein Messer bei mir habe“ „Uhh... ich verstehe schon“ Jared lehnte sich gegen den Türrahmen und schaute sich von dort aus im Zimmer um. „Was soll ich ihm also ausrichten?“
„Es tut mir Leid“
„Wie?“ Ein wenig überrumpelt schaute er sie an. „Im Ernst? Oder habe ich was an den Ohren“
Müde lachend schüttelte Vallery ihre blonde Mähne und stütze sich mit ihren Armen aufs Bett ab.
„Nein, mir tut es wirklich Leid. Ich war schlecht gelaunt, er war... ich weiß nicht – was war das? Wollte er witzig sein? Zumindest hat mich das zusätzlich in meiner schlechten Laune unterstützt –kurz um: vergessen wir den Tag“
„Also eine Art Neuanfang, ja?“ Jemand hatte von hinten Jareds Arm gepackt und ihn kräftig von der Türe weggezogen. An seiner Stelle trat Nate, der blondhaarige, blauäugige Junge, der, jetzt, da sie ihn mal genauer betrachtete, richtig gut aussah.
„... Einverstanden. Ein Neuanfang an einer neuen Schule, das hört sich doch gut an“
Sie stieß sich seufzend vom Bett und ging ihm entgegen.
„Ich bin Vallery Valentine und nicht frostfrei“, lachend reichte sie ihm ihre Hand.
„Nate Morrison und ich bin nicht stubenrein“, erwiderte er ernst und sorgte dafür, dass Vall ihre Hand wieder zurückzog. „Scherz!“ Er lachte, ergriff behutsam und bestimmend zugleich ihre Hand.
„Ich bin nicht immer zu sehen. Ich kann mich unsichtbar machen, wann immer es mir danach beliebt“

Je mehr Zeit Vallery auf der Schule verbrachte, umso mehr gewöhnte sie sich an sie. Und immerhin, bereits nach zwei Monaten hörte sie auf, andere anzugaffen und die Wörter 'Wow. Krass. Abgefahren', zu formen, wenn sie deren Kräfte zur Show stellten.
Dank Nate und Jared lernte sie eine Menge Leute innerhalb der ersten Wochen kennen, was ihr andererseits einige Probleme bereitete, denn sie konnte sich längst nicht alle Namen merken.
Nach den ersten fünf hatte sie dann die wichtigsten bereits im Kopf und sich erfolgreich eingelebt.
Das Training für die Spezialfähigkeiten war das einzige, was sie nicht ausstehen konnte.
Die Kontrolle nicht zu verlieren, war für Vallery die Hürde schlechthin.
Nate tröstete sie darüber oft hinweg. Noch war kein Meister vom Himmel gefallen, vor allem keiner, der mir nichts dir nichts Wasser zu Eis verwandeln konnte.
Was seiner Meinung nach viel cooler war, als Wasser in Wein zu verwandeln.
Vallery kam nicht ohnehin zu gestehen, dass in den paar Monaten ihre Zuneigung und ihre Gefühle zu Nate wuchsen. Es war seine lockere, herzliche und witzige Art, die sie verzauberten. Er sprühte immer vor guter Laune und riss damit meistens andere um ihn herum mit.
Am Tanzball, am Ende des Schuljahres, war es dann endlich so weit. Sie beiden gingen gemeinsam hin und Nate hatte ihr dafür sogar extra ein super schönes, blaues Kleid geschenkt.
Und während 'Time of my life' gespielt wurde und sie beide tanzten, da hörte sie die Worte von ihm, nach denen sie sich so sehr gesehnt hatte. Er gestand ihr mit seinem schönsten Lächeln und den schönsten blauen Augen der Welt seine Liebe.
Seit diesem Tag an war für sie einfach alles perfekt. Die Lehrer waren ertragbar, ihre Kräfte, ach, das ging schon irgendwie, das Leben, die ganze Welt, sie war, so lange er bei ihr war, perfekt.


„Hat hier irgendjemand Nate gesehen? Ich suche ihn schon den ganzen Tag! Und an sein Handy will er auch nicht gehen“ Vallery stampfte schmollend in den Aufenthaltsraum und ließ sich an einem Platz am Fenster nieder. Seit der Pause hatte sie ihn nicht mehr gesehen und nach den letzten paar Schulstunden war er wie vom Erdboden verschluckt.
In der Ferne konnte man eine dunkle Wolkenwand erkennen, die der Schule stetig näher kam. Sie würde binnen weniger Minuten das Schulgelände verdunkelt haben.
„Ich weiß, wo er ist“
Wie von der Tarantel gestochen wirbelte Vallery herum und fasste Jared, der zwei Plätze hinter ihr saß ins Auge. „Nur habe ich leider versprochen, es dir nicht zu sagen“, fügte er mit einem breiten Lächeln hinzu und schlug darauf gespielt die Augen nieder, als ob es ihm Leid tun würde.
„Dann sag es jemand anderen und der kann es dann mir sagen – dann kann er dir wenigstens nicht vorwerfen, du hättest dein Versprechen nicht eingehalten“
„Ich betrüge doch nicht meinen Kumpel! Nein, nein, ich werde schweigen, wie ein Grab. Du solltest das von einer anderen Seite sehen. Auf diese Weise wird es eine noch viel tollere Überraschung“
„Überraschung? Was für eine Überraschung kann jemanden so lange beschäftigen?“
In diesem Augenblick kamen ein paar andere Schüler herein, die sich lautstark unterhielt und auf ein paar Sitzkissen niederließen.
„Das frage ich mich auch... eigentlich wollte er schon wieder da sein“, murmelte Jared leise und schaute auf die Uhr. „Merkwürdig“

Müde blätterte Vallery in ihrem Geschichtsbuch herum und laß sich ein paar Dinge über das Mittelalter durch, als Jared neben ihr abrupt aufstand. „He, wa-“
„Schau mal!“, flüsterte er ihr leise zu, ohne seine übliche, lockere Haltung. Alarmierend tat sie es ihm gleich und beugte sich zum Fenster hin. Draußen auf dem Schulgelände stand ein Polizeiwagen, auf dem der Regen erbarmungslos trommelte. Nicht weit davon entfernt, im Hauseingang, unterhielten sich zwei Männer in langen Mänteln, vermutlich die Polizisten, und zwei der Lehrer.
„Was wohl los ist? Hast du eine Idee, Jared?“
„Hm?“, er schaute sie blinzelnd an und steckte sein Handy weg. „Was hast du gefragt?“
„Die da – warum denkst du, sind sie da?“
„Keine Ahnung – schon vergessen? Ich kann einen Pfeil aus Luft pflücken – aber keine Gedanken lesen“ „Hm“, gab Vallery nur zurück und winkte ab. „Ist klar“
Die Türe öffnete sich hinter ihnen ein weiteres Mal. „Vallery, Jared“
Beide drehte sich erstaunt um und blickte in das Gesicht von Herrn Wagner.
„Man wünscht, mit euch zu sprechen“
Irritiert schaute Vallery von ihm zu Jared, doch der kniff nur misstrauisch die Augen zusammen.
Wusste er etwas? Hatten sie beide etwas angestellt? Eine schlechte Arbeit vielleicht? Hatten ihre Eltern sich gemeldet? Oder-
Zeit, um weiter nachzudenken, blieb ihr nicht, denn Jared packte sie bereits am Arm und zog sie aus dem Raum.
Was dann geschah, sah Vallery manchmal noch in ihren Träumen, wie Kurt sie zum Professor und zu den Polizisten führte. Sie sollten sich setzen und nahmen nur zögerlich Platz in zwei Ledersesseln.
'Es tut mir Leid euch sagen zu müssen, dass' – mit diesem Satz hatte es angefangen und die Katastrophe eingeläutet. Wenn sie an diese Worte und den Blick in den Augen des Professors dachte, läuft ihr noch heute ein Schauer über den Rücken.
'Nate, Herr Morrison, er hatte einen Autounfall. Er war auf dem Weg hier her, als er in das Gewitter kam. Ein Lkw-Fahrer auf der Nebenspur verlor die Kontrolle über seinen Wagen und raste in Nates PKW. Durch einen glücklichen Zufall konnte er jedoch gerettet werden.
Ein Zeuge hatte sofort im Krankenhaus angerufen und einen Wagen zur Unfallstelle beordert.
Er liegt auf der Intensivstation – es steht kritisch um ihn. Er wird die nächsten fünf Stunden nicht überstehen.

Auf der geschäftigen Intensivstation in der Nähe des Stadtzentrums hatte sie ihn das letzte Mal gesehen. Nur wenige Minuten, nachdem sie eingetroffen waren, starb Nate. Er erlag an seinen Verletzungen. Vallery erkannte ihn kaum wieder, als er so leblos vor ihr lag.
In keinerweise glich er dem blonden, fröhlichem Engel. Ihn so leblos zu sehen, tot, von diversen Wunden überzogen, ließ Vallery innerlich zusammen zucken.
Es war schwer für sie zu begreifen, doch als sie es dann tat, erkannte sie, dass mehr gestorben war.
Ein Teil von ihr war ebenfalls gestorben.
Die Beerdigung war ruhig verlaufen. Abgesehen von dem Schluchzen und Räuspern mancher Schüler. Es wurde eine Rede gehalten, der Sarg wurde in das Grab hinunter gelassen, Erde und Blumen wurden hinunter geworfen und dann – dann wurde er zugedeckt.
Vallery trug ein schwarzes Kleid mit einer schmalen, schlichten Schleife, welche im Wind wehte.
Wie betäubt ließ sie die Beerdigung von statten gehen, lauschte den Worten, der Rede, den Liedern und verabschiedete sich schließlich von ihm am Grab.
Das hatte sie sich zumindest vorgenommen. Richtig Abschied nehmen konnte sie jedoch nicht von ihm, das sollte ihr erst zwei Monate später gelingen.
Bei dem Begräbnis entdeckte Vallery sogar Nates Mutter und seinen kleinen Bruder, beide mit Tränen in den Augen. Von seinem kleinen Bruder hatte Nate ihr ein paar Mal erzählt. Chris war sein Name.
Er hatte dieselben blauen Augen wie Nate.
Tränen stiegen in Vallerys Augen und sie versuchte ein Schluchzen zu unterdrücken.
Wieso? Wieso...

Eine Frage, auf die sie bisher keine Antwort gefunden hatte. Doch sie lernte mit der Zeit mit dem Schmerz und der Trauer umzugehen und kehrte langsam in ihr altes Leben zurück, indem nun jedoch ein großes Loch klaffte. Ein Loch, das sich vermutlich nie ganz schließen wird.


Zuletzt von Robyn am Sa 13 Jun 2009 - 21:18 bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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Beitrag von Schreibsel-Chi Do 11 Jun 2009 - 22:05

heul
Armer Nate...

(Kleine Anmerkung: Geborgen werden nur Gegenstände und Tote. Ziehst du jemanden lebendig aus einem Wrack, dann nennt sich das retten.^^)
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Beitrag von Robyn Sa 13 Jun 2009 - 21:20

Oh, okay, ich habs geändert, danke =)
Mir ist aufgefallen... ich habe vergessen zu erwähnen, weswegen Nate in der Stadt war:
Er wollte nämlich Vallery ein Armband zum zweijährigen schenken,
an dem Anhänger in From von Eiskristallenhängen und noch einer, in dem etwas eingraviert ist

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Beitrag von Sandfloh Sa 13 Jun 2009 - 22:17

TRAAAURIG! *schniiief*

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Beitrag von Robyn Sa 13 Jun 2009 - 23:00

Ich liebe solch dramtischen und traurigen Geschichten ^^°
Nächstes Wochenende widme ich mich mal der Geschichte von Brás, die wird auch schön traurig =D

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Mutant High-Hintergrundgeschichten Empty Brás Geschichte Teil I

Beitrag von Robyn Mo 22 Jun 2009 - 6:06

Brás Geschichte

„Qué- Qué es? Es saludable?“ (*Was- Was ist es? Ist es gesund?), erklang die brüchige Stimme von Mariá Mendes Almer, die vor wenigen Sekunden Mutter geworden war. Sie sah nur noch verschwommen, kämpfte gegen die Müdigkeit in ihr an und versuchte die Kopfschmerzen zu verdrängen. Völlig erschöpft reckte sich leicht ihre Arme in die Richtung, in der sie ihre Amme vermutete.
Sie hörte ihr Baby schreien, jetzt wollte sie nur noch hören, ob es gesund ist.
„Es ist ein Junge... und er ist gesund...“, kam es zögerlich. Ihre Amme war schon seit Jahren in ihrem Beruf tätig, hatte jedoch noch nie etwas vergleichbares erlebt. Sie hatte der Mutter den Rücken zu gedreht und bekreuzigte sich bereits das fünfte Mal.
„Un chico? Tengo un hijo? Bien... milagroso. Mi hijo...mi Brás“ (*Ein Junge? Ich habe einen Sohn? Gut... wunderbar! Mein Sohn... mein Brás)
Mariá schloss mit einem Lächeln auf ihren Lippen ihre Augen, ohne sich darüber bewusst zu sein, dass sie diese nie wieder öffnen würde. Ein Aneurysma, so stellte man später fest, war die Ursache ihres Todes.
Dennoch gab man selbst nach dieser Erkenntnis etwas anderem die Schuld für den Tod Mariás.
Dieses etwas, war das Neugeborene, der Sohn der Spanierin. Äußerlich sah er eigentlich aus, wie jedes andere Baby, wenn da nicht diese kleinen Hörner auf seinem Kopf wären.
Ein Teufelskind, el niño de diablo, so nannte man ihn.
Sein Vater mied ihn, war einer von jenen, die ihn nicht bei seinem Namen nannte und befahl schließlich der Amme ihn irgendwo auszusetzen. Ein solches Monster wolle er nicht in seinem Hause haben, dies wäre nicht sein Sohn.
Draußen bewahrte die Schwester Mariás Brás rechtzeitig vor dem Schlimmsten. Sie nahm ihn der Amme ab und brachte das Neugeborene zu einem Waisenhaus, zwei Stunden von seiner Heimat entfernt. Das war das einzige, was sie für ihn tun konnte, da sie selbst sich davor scheute, ihn bei sich zu haben.
Auf diesem Weise fand Brás den Weg zu Paola. Sie war eine der Angestellten im Waisenhaus und kümmerte sich um ihn, als wäre er ein ganz normales Kind. Eben das, was er in den Augen der anderen nicht wahr. Sie war es auch, die ihm schreiben, lesen und ein wenig rechnen bei brachte.
Der einzige Grund, weswegen Brás es dort aushielt, neben all den Hänseleien, die er im Laufe seines Lebens dort einstecken musste.

Er war gerade Mal zehn Jahre alt, als er bereits das verlor, was er sein Zuhause nannte. Ein paar Jungen aus der Nachbarschaft brannten des nachts das Waisenhaus an und da dies ein altes Haus war in dem viel mit Holz gearbeitet wurde, brannte es nahezu komplett ab.
Der schuldige dafür? Das war natürlich er wieder, der Sündenbock. Vor diesen Anschuldigungen schützte ihn Paola so gut es ihr nur möglich war.
Sie wurden vorübergehend in einer Kirche untergebracht, in die er nur durfte, da Paola seine Hörner vor den Nonnen versteckte. Eines der anderen Kinder verpetzte ihn jedoch und als es zu Konflikten kam, rannte er davon. Brás hatte es satt, immer für alles schuldig gemacht zu werden und Paola da immer mit hinein zu ziehen, obwohl sie doch nur nett und behilflich sein wollte.

„Bleib stehen, du Monster! Los! Da vorne kommst du ja doch nicht weiter!“, höhnte Paos Stimme durch die Gasse, die Brás entlang rannte. Sie folgten ihm seit wenigen Minuten, wollten einfach nicht von ihm ablassen. Warum können sie mich nicht in Frieden lassen? Mit der linken Hand fasste er sich an die Stirn. Schon wieder hatte er solche Kopfschmerzen, während er geradezu fühlen, spüren konnte, was sie von ihm dachten, was sie fühlten. Sie hatten Spaß, waren Schadenfroh und fanden das alles total aufregend. Keuchend blieb Brás stehen, stützte sich von der Wand ab und konnte zwei Jungen zügig näher kommen sehen.
„Lasst mich in Ruhe! Verschwindet!“
„Und dann? Am Ende brennst du auch noch die Kirche ab, du Bastard!“, warf ihm Juan vor, der älteste der beiden. Er war bereits fünfzehn und hielt, zu Brás' Überraschung, eine Säge in der Hand.
Ehe er schalten konnte, stürzte sich Pao bereits auf ihn, versetzte ihm ein paar Schläge und zwingte ihn zu Boden. Indessen ging Juan mit erhobener Säge auf Brás zu.
„Dann sägen wir dem Teufel doch mal die Hörner ab...“

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Mutant High-Hintergrundgeschichten Empty Re: Mutant High-Hintergrundgeschichten

Beitrag von Robyn Mo 22 Jun 2009 - 10:28

„Nooo! Juan! Pao! Por favor!“ Brás versuchte sich aus Paos Griff zu befreien, doch dieser hielt ihn erbarmungslos mit seinem Körpergewicht auf dem Boden. Panisch schaute er sich um, suchte verzweifelt nach jemanden, der ihn vielleicht hören oder sehen konnte.
Dann setzte Juan bereits an und trieb das Sägeblatt durch eines der Hörner.
Ein Schmerzensschrei gelte durch die Straßen, verscheuchte Ratten und Katzen in der Nähe, lockte jedoch keinen Retter für den armen Jungen an.
Tränen rannen ihm über die Augen, sein Schreien und Brüllen kam ihm nur noch deutlich leiser, krächzender über die Lippen. Je tiefer Juan schnitt, umso schwächer fühlte er sich.
Ein weiterer Zug und er hörte, wie etwas dumpf zu Boden fiel.
Brás wusste, nun würde Juan an dem nächsten ansetzen und Wut kroch in ihm auf.
Was hatte er nur getan, das man ihn ständig auf diese Weise behandelte? Was hatte sich Gott dabei gedacht, ihn Hörner zu geben? War dies seine Strafe? Für was? Für was? - das fragte er sich immer wieder. Mit seinen letzten Kräften wehrte er sich noch einmal und stemmte sich gegen Pao, der deutlich Mühe hatte, ihn weiter fest zu halten und dann... fiel er zu Boden.
Es folgte das Klirren der Säge, die zu Boden sauste.
Juan stolperte ein paar Schritte zurück, schaute ängstlich, panisch drein, fing an zu weinen.
Pao neben ihm lag auf dem Boden, starrte nur noch mit ausdruckslosen Augen zum Himmel.
Mit den Augen hin und her starrend, beobachtete Brás die beiden.
Was war passiert?
Wimmernd fiel Juan auf die Knie und fing urplötzlich an zu lachen, gefolgt von einem Schmerzensschrei und einem belustigendem Glucksen.
Es war, als würde alle zehn Sekunden seine Stimmung wechseln, als würde sich seine Gefühlslage ständig ändern.
Schwankend stand Brás auf und irrte durch die Straßen.
Nach drei Wochen suchte man Brás auf und bot ihm einen Platz an Xaviers Schule.
Dankbar, wenn auch ein wenig misstrauisch und skeptisch nahm er an. Schlimmer konnte es eigentlich nicht mehr kommen.

In der Zwischenzeit erfuhr Brás, dass beide, so wohl Pao, als auch Juan in der Psychiatrie eingeliefert wurden. Plötzliche und ständig sich ändernde Stimmungsschwankungen waren der Grund. Mit anderen Worten, sie waren nicht mehr ganz dicht. Sie reagierten kaum noch auf äußerliche Eindrücke, waren in einer eigenen Welt abgetaucht. Pao erhängte sich. Juan leidet noch heute unter dem, was Brás Wutausbruch und der Verlust seiner Kontrolle verursacht hatten.
Professor Xavier hatte ihn darüber aufgeklärt, dass er es gewesen war, das dies immer wieder passieren könnte, wenn er seine Kräfte nicht im Griff hatte. Er schwor sich daraufhin, es nie wieder so weit kommen zu lassen. Niemand sollte leiden. Nur all zu gut wusste er, wie sich das anfühlte und darauf sollte jeder verzichten können. Sie würde schon sehen, irgendwann würde man ihn anerkennen, ihn so nehmen, wie er war und er würde versuchen, andere vor jeglichen Schmerz oder Leid zu bewahren, so gut wie nur möglich.

---
Paola, die mit den anderen Kindern ein neues Zuhause, ein neues Waisenhaus fand, schrieb ihm einst einen Brief, als er ihr mitgeteilt hatte, wo er absofort sein würde.
Sie schrieb ihm, was sie über ihn wusste, erzählte von seinem Vater, der ihn nicht gewollt und befohlen hatte, ihn auszusetzen. Von seiner Tante, die ihn ins Waisenhaus brachte, von seiner Mutter, die ihm diesen Namen gegeben hatte und verstorben war.

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Mutant High-Hintergrundgeschichten Empty Hannahs Geschichte Teil I

Beitrag von Dina So 28 Jun 2009 - 6:57

Ich habe mal Hannahs Geschichte geschrieben. Sie ist leider etwas lang geworden - Sorry >.< Werde gleich mal eure Geschichten lesen!!



„Verdammt noch mal, immer wieder das gleiche Problem!“, fluchte ein ziemlich deformierter, riesiger Mann, der mit Putz und Staub bedeckt war und griff nach einem großen Besen, mit dem er die Reste der ehemals stattlichen Tür zusammenfegte. Zwei riesige Arme schwangen den Besen mit so heftigen Bewegungen, dass auch dieser schließlich in kleine Stücke zerbarst.
„Himmel noch mal!“, schrie der Riese wütend auf und stampfte mit großen Schritten in die Küche. Bei jedem Schritt vibrierte das ganze Haus. Nach jedem Augenschlag wirkte er noch größer und noch deformierter. „Ich sage schon seit Jahren, dass wir Stahltüren brauchen!“
„Papa!! Papa!! Papa!! Du bist wieder da!“
Ein kleines Mädchen mit langen, braunen Haaren lief lachend die Treppe runter und sprang fröhlich an seinem Bein hoch - sie reichte ihm grade bis zum Unterschenkel.
Das Gesicht ihres Vaters hellte sich auf und er lachte schallend. Das war sein kleines Mädchen! Hier stand er als Monster vor ihr und fluchte so laut, dass andere Menschen sofort die Flucht ergriffen hätten und sie lief strahlend auf ihn zu. Ihr war gar nicht bewusst, wie schnell er sie mit der kleinsten Bewegung töten könnte.
„Hannah!“, brummte er sanft aber doch ermahnend und erinnerte sie damit an die Regel, dass sie ihm, wenn er in dieser Gestallt war, nicht zu nahe kommen durfte.
„Aber Papi!!!“, schmollte diese enttäuscht. Ihre Augen sahen ihn traurig, aber gleichzeitig bettelnd an, während sie ihre kleinen Hände um sein enormes Bein schlang. „Ich hab doch gar keine Angst. Für mich bist du gar nicht unheimlich.“
Da lachte ihr Vater abermals auf und wurde dabei immer kleiner. Sein Gesicht nahm normale Formen an, Arme und eine schwollen ab. Nach einigen Sekunden sah er wieder aus, wie ein ganz normaler Mann im mittleren Alter. Nur sein Anzug und die teuren Schuhe waren zerrissen. Doch das kümmerte ihn nicht. Grinsend breitete er die Arme aus und hob die kleine Hannah herzlich in seine Arme.
„Du darfst niemals dein Lachen verlernen, Hannah.“, sagte er mit einem warmen Unterton und drückte sie sanft an sich. „Damit vertreibst du alles Schlechte in anderen Menschen!“
Hannah legte den Kopf schief und sah ihn unverständlich an.
„Alles Schlechte?“, fragte sie neugierig nach, doch der Vater lachte abermals und schüttelte den Kopf.
„Das verstehst du schon früh genug.“, erklärte er dann bestimmt und setzte sie ab. Das Gesicht des kleinen Mädchens verfinsterte sich und wurde ernst, fast so, als würde sie angestrengt über etwas Wichtiges nachdenken. Dann plötzlich hellte es sich wieder auf und sie strahlte ihren Vater glücklich an.
„Okay!“

Es war ein schöner Tag für Hannah. Ihr Vater und ihre Mutter waren beide von einer langen Reise zurückgekehrt. Sie hatten den ganzen Tag miteinander verbracht und am Abend zusammen gegessen. Als es dunkel wurde, brachte ihre Mutter, eine zarte, wunderschöne Frau, sie ins Bett. Während Hannah in die weiche Decke gekuschelt war, saß ihre Mutter neben ihr auf der Bettkante und sah lächelnd auf sie herab.
„Und, was möchtest du heute sehen?“, fragte die Mutter mit einer hellen, perlenden Stimme. Hannah musste gar nicht erst überlegen. Ihr Gesicht hellte sich sogleich auf und sie strahlte ihre Mutter freudig an.
„Den Himmel!“, erklärte sie bestimmt. Ihre Augen strahlten in freudiger Erwartung. Eine Sekunde Später hatte sich ihr Zimmer in den dunklen Sternenhimmel verwandelt. Hannah lag mittendrin. Die Abermillionen von Sternen ließen sie verstummen.
„Glaubst du, das ich das auch mal kann, Mama?“, fragte sie nach einigen Minuten und streckte ihre Hand nach einem Stern aus. Wie immer griff sie ins Leere.
„Vielleicht.“, lautete die ruhige Antwort der Mutter. Hannah nickte und wünschte sich ganz fest, irgendwann auch andere mit solch tollen Bildern erfreuen zu können. Doch bevor sie diesen Wunsch laut äußern konnte, war sie eingeschlafen.
Langsam verschwand die Illusion und der Sternenhimmel wurde wieder zu einem Kinderzimmer. Lautlos verließ die Mutter das Zimmer.
„Schläft sie, Moonstar?“, fragte ihr Ehemann lächelnd und sah von der Zeitung auf. Die junge Frau lächelte und nickte. Mit einer eleganten Bewegung setzte sie sich auf seinem Schoß.
„Wir sind nicht auf einer Mission. Du kannst mich ruhig beim Namen nennen, Steve.“, erklärte sie dann lächelnd und streichelte sanft über seine Wange. Steve grinste entschuldigend.
„Entschuldigung, Aina.“, flüsterte er und gab ihr einen Kuss.
„Hannah wünscht sich, Illusionen zu erschaffen.“, bemerkte Aina, nachdem sie eine Weile geschwiegen hatten. Ihr Gesicht verriet nichts darüber, was sie davon hielt. Auch Steve schwieg einen Moment.
„Glaubst du, sie ist auch so wie wir?“, fragte er schließlich tonlos und seufzte. Er hasste seine Mutation nicht, doch sie hatte ihm das Leben nicht gerade leicht gemacht. Auch Aina seufzte.
„Ich weiß es nicht. Xavier hat ja gesagt, dass dazu noch nicht genug Nachforschungen stattgefunden haben.“
„Ich wünschte, sie würde für immer unser kleiner Sonnenschein bleiben.“
„Ja, das wünsche ich mir auch. Aber irgendwann wird sie die Welt so sehen, wie sie ist. Ungerecht. Ich hoffe, dieser Tag kommt nicht so früh.“
Es folgte wieder langes Schweigen.

***

„Nun, ihr wolltet etwas bereden?“, fragte die warme Stimme des Professors, während er Hannah und ihre Eltern freundlich anlächelte. Hannah blickte ihn ehrfürchtig an. Sie war jetzt sieben und es war das erste mal, dass sie den Professor richtig sah. Obwohl er mit seinem Rollstuhl in dem riesigen Wohnzimmer nicht richtig reinpasste, strahlte er eine Autorität aus, die Hannah verstummen lies. Sie hatte schon so viel von ihm gehört. Für ihre Eltern war er sowohl Vorbild als auch Heldenfigur. Staunend betrachtete sie sein freundliches Gesicht.
„Ja.“, bestätigte die Mutter mit ihrer sanften Stimme. „Hannah müsste bald in die Schule gehen. Allerdings…“
Sie hielt eine kleine Pause und sah dann Hannah an.
„Schatz, geh doch mit deiner Nanny spielen.“, ihre Stimme war liebevoll, lies aber keinen Einwand zu. Enttäuscht rutschte sie vom Sofa und ging aus dem Raum. Hinter der Tür verweilte sie ein wenig und lauschte, wie ihre Mutter fortfuhr:
„Die Schulen hier in der Nähe sind alle sehr… mutantenfeindlich. Wir haben uns deshalb entschlossen sie Zuhause zu unterrichten.“
Der Professor nickte verständlich und wartete darauf, dass Hannahs Mutter fortfuhr.
„Du hast uns damals schon mit einer Nanny geholfen. Sie ist übrigens perfekt.“, erklärte Aina und lächelte bei dem Gedanken an die junge Frau mit den vier Armen, die sich gleichzeitig um Hannah und um die Wäsche kümmern konnte.
„Das freut mich sehr.“, bemerkte der Professor. „Ich nehme an, ihr hättet gerne meinen Rat bezüglich eines Lehrers?“
Hannahs Eltern nickten synchron.
„Ich kenne ein paar ausgezeichnete Lehrer, die sich freuen würden, die kleine Hannah zu unterrichten. Das wird also kein Problem sein.“, fuhr der Professor fort. Steve und Aina lächelten ihn dankbar an. Bevor er weiter redete, fixierte er die Tür, hinter der Hannah stand.
Lauschen ist keine nette Eigenschaft.
Hannah schrie erschrocken auf, als die Stimme des Professors in ihrem Kopf ertönte. Mit klopfendem Herzen lief sie die Treppen rauf und verschwand hinter Holly, ihrer Nanny.
„Was ist denn?“, fragte diese erstaunt und streichelte mit einer Hand über Hannahs Kopf, während die anderen drei bügelten und Wäsche zusammenlegten.
„Nichts!“, murmelte Hannah und vergrub die roten Wangen in ihren Händen.

***

„Schläft sie?“, fragte Steve und lächelte seine Frau liebevoll an, während er den Arm um sie legte.
„Ja, wie ein Baby.“, antwortete Aina mit einer zarten Stimme. Sie schmiegte sich an ihn und genoss den Augenblick. Sie waren vor ein paar Stunden von einer langen Reise gekommen. Die Situation zwischen den Menschen und den Mutanten spitzte sich zu. Die Welt wurde zu einem unsicheren Ort. Doch in diesem Moment fühlte sie sich geborgen und beschützt, fast so, als könnte nichts und niemand ihre Familienidylle zerstören.
„Ich mache mir Sorgen um unseren kleinen Sonnenschein.“, bemerkte Steve schließlich und machte ein betrübtes Gesicht. Aina nickte, ihr Gesicht zeigte jedoch keine Emotion. Sie rief sich die schlafende Hannah ins Gedächtnis. Unterbewusst erschuf sie das Bild als Illusion. Sie war jetzt zwölf und immer noch so fröhlich und aufgeschlossen wie eh und je. Nichts konnte sie verschrecken. Die Illusion der schlafenden Hannah wechselte zu der Hannah, die heute Morgen strahlend die Treppen heruntergesprungen war, um ihren Eltern fröhlich quietschend um den Hals zu fallen. Steve lachte warmherzig als er diese Szene sah und drückte seine Frau ein wenig enger an sich.
„Sie ist unglaublich.“, murmelte er dann und versuchte nicht allzu sentimental zu klingen. „Ob sie wirklich glücklich ist?“, überlegte er nach kurzem Schweigen laut und sah Aina besorgt an.
„Sie hat keine Freunde…“, sinnierte diese weiter, als hätte sie seine Gedanken gelesen. Beide seufzten ausgiebig. Obwohl sie immer noch keine Anzeichen einer Mutation gezeigt hatte, wurde Hannah noch immer Zuhause unterrichtet. Holly war noch immer ihre Nanny, aber sie war kein Ersatz für echte Freunde. Die Kinder in der Umgebung verbreiteten Gerüchte um die Familie und weigerten sich auch nur mit Hannah zu reden.
„Sollten wir sie auf ein Internat schicken?“, fragte Steve schließlich und sah Aina nachdenklich an. Der Gedanke seine Tochter so weit wegzuschicken schmerzte ihn, aber er wollte, dass sie glücklich war.
„Und falls sie plötzlich doch noch Fähigkeiten aufweißt?“, antwortete Aina bekümmert. „Es würde ihr das Herz brechen, von anderen verstoßen zu werden.“
„Mhm…“
Hannah drehte sich um und schlich zurück auf ihr Zimmer. Nachdem ihre Mutter ihr Zimmer verlassen hatte, war sie aufgewacht, und wollte noch ein wenig bei ihren Eltern sitzen. Als sie jedoch gehört hatte, dass sie sich über sie unterhalten hatten, hatte die Neugierde über die Vernunft gesiegt und sie hatte sich hinter der Tür versteckt.
Mit klopfendem Herzen legte sie sich zurück ins Bett und starrte ihre Wand an. Noch vor wenigen Minuten war sie durch die Illusion ihrer Mutter voller Sterne gewesen. Jetzt war sie dunkel und kalt.
Ihre Eltern waren wegen ihr traurig. Sie quälten sich, nur weil sie keine Freunde hatte.
Mit einem Kloß im Hals versuchte sie einzuschlafen, konnte allerdings keine Ruhe finden. Alles woran sie denken konnte war, dass sie gleich morgen Freunde finden würde. Sie würde ihren Eltern nie wieder Sorgen bereiten…

Am nächsten Tag verließ Hannah schon ganz früh das Haus und machte einen Spaziergang zum nächsten Park. Dort ließ sie sich auf eine Bank fallen und kramte ein trockenes Stück Brot aus einer ihrer Taschen, welches sie zerbröckelte und mit dem Dutzend Tauben teilte, die Hannah schon erkannt hatten und ungeduldig mit den Krallen schabten. Seit zwei Jahren kam Hannah schon zu diesem Park, um die Tauben zu füttern. Sie waren zu ihren wichtigen Freunden geworden, ihnen erzählte sie alles.
Hannah lächelte die Tiere an, spürte jedoch nicht dieselbe Freude wie sonst.
„Ich habe Mama und Papa traurig gemacht.“, erzählte sie ihnen schließlich und streute erneut Krümel über den Boden. Die Tauben pickten gierig danach und kluckerten wohlwollend.
„Die sagen ich brauche Freunde.“, fuhr sie fort, während sie traurig in den sonnigen Himmel schaute. „Aber die anderen sagen alle, dass meine Eltern Monster sind.“
Ihre Augen füllten sich mit Tränen und bevor sie sich zusammenreißen konnte, rollten auch schon dicke Tränen ihre Wangen herunter und leises Schluchzen entfuhr ihrem Mund.
„Die anderen haben doch keine Ahnung!“
Hannah zuckte erschrocken zusammen, als sich plötzlich jemand neben ihr plumpsen ließ. Mit einer schnellen Bewegung wischte sie sich die Tränen weg und sah auf. Ein gut zwei Jahre älterer Junge grinste sie verschmitzt an. Seine Haare waren hell wie die Sonne und seine Augen strahlten wie Sterne. Auf dem Kopf trug er eine Cappy, seine Hose war übersät von Flicken.
„Wer bist du?“, fragte Hannah mit verheulter Stimme und starrte ihn erstaunt an.
„Tommy.“, antwortete er knapp und hob seine Cappy zum Gruß.
„Ich hab dich noch nie hier gesehen.“, stellte Hannah fest und sah ihn kritisch an. Tommy fischte einen Kaugummi aus seiner Tasche und kaute schmatzend auf ihm rum.
„Bin neu hier.“, antwortete er schmatzend und grinste Hannah wieder breit an. Hannah verkniff sich, ihm zu sagen, dass Schmatzen unhöflich war und drehte sich ein wenig weg. Er war ihr nicht geheuer.
„Was willst du?“, fragte sie schließlich etwas forsch und sah ihm prüfend in die Augen. Tommy lachte schallend auf und grinste dann breit.
„Ich kann dein Freund sein. So wie ein Großer Bruder.“, erklärte er freundlich und strahlte sie verschmitzt an. Hannah sah ihn nur unverständlich an.
„Mein großer Bruder?“, hakte sie nach und machte ein nachdenkliches Gesicht. Tommy nickte.
„Ich kann dich beschützen und wir spielen zusammen.“, erklärte er dann. Hannahs Gesicht hellte auf.
„Echt?“, fragte sie ungläubig. Tommy nickte lässig.
„Juhu!!“, Hannah sprang außer sich vor Freude auf und jubelte. Ihr erster Freund! Sie wollte schon immer einen großen Bruder! Strahlend machte sie einen Schritt auf Tommy zu, um ihm um den Hals zu fallen, aber er hob warnend eine Hand.
„Du darfst mich nicht anfassen. Das ist die einzige Regel.“, erklärte er mit ernstem Gesicht. Hannah stutzte einen Moment, war aber zu glücklich um sich über so eine Kleinigkeit Gedanken zu machen.
„Okay!!“, rief sie lachend und tanzte einmal im Kreis.


Zuletzt von Dina am So 28 Jun 2009 - 7:05 bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet
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Mutant High-Hintergrundgeschichten Empty Hannahs Geschichte Teil II

Beitrag von Dina So 28 Jun 2009 - 6:58

Teil 2

„Mama!!! Papa!!!“
Mit einem riesigen Knall stieß Hannah die Haustür auf und stürmte ins Haus. Steve und Aina stürmten besorgt in die Eingangshalle.
„Was ist los? Ist etwas passiert? Hat dir jemand was getan?“, rief der Vater besorgt und wurde bei jedem Schritt größer und deformierter. Hannah lachte schallend auf und schüttelte energisch den Kopf.
„Ich habe heute mit Tommy gespielt. Er ist neu hier und will mein Freund sein. Und mein großer Bruder. Er ist sooo toll. Er kann ganz schnell laufen und ganz hoch springen und wenn er sich anstrengt kann er Feuer machen und manchmal kann er Gedanken lesen und wenn es dunkel wird, dann kann er Licht machen und wenn ich Durst habe, dann kann er Wasser machen. Wenn es warm ist, macht er aus Wasser Eis und wenn er wütend ist, wird er so groß wie du, Papi! Seine Haare sind so hell wie die Sonne und seine Augen sehen aus wie deine Sterne, Mami!“
Während ihr Vater sie unverständlich anstarrte und in sich zusammenschrumpfte, lächelte ihre Mutter sie nachsichtig an.
„Das klingt aber nach einem sehr ungewöhnlichen Jungen.“, antwortete sie und strich über Hannahs dreckiges Gesicht.
„Wieso lädst du ihn morgen nicht zum Essen ein?“, fragte sie schließlich. Hannah strahlte ihre Mutter glücklich an und nickte energisch.
„Gut und jetzt ab in die Badewanne mit dir!“, lachte Aina und gab ihrer Tochter einen kleinen Schubs. Hannah rannte lachend die Treppen hoch und tanzte fröhlich ins Bad.
„Habe ich was verpasst? So einen Jungen kann es doch nicht geben.“, fragte Steve verwirrt und schaute seiner Tochter nachdenklich nach.
Aina legte eine Hand auf seine Schulter und lächelte dann nachgiebig.
„Oh doch, es gibt ihn. Xavier hat ihr letzten Monat doch von seiner Schule erzählt und wenn ich mich nicht irre, dann hat dieser Tommy auffällige Ähnlichkeit mit den Schülern.“, erklärte sie.
„Soll das heißen Hannah bildet sich diesen Tommy nur ein?“ Er starrte sie fassungslos an. Seine Tochter und ein unsichtbarer Freund? Sie war zwar etwas verplant, aber doch nicht geisteskrank!
Aina lächelte nur leicht. „Wir werden es ja morgen sehen.“

Beide staunten nicht schlecht, als am nächsten Tag wirklich ein Junge in die Küche schlenderte und die beiden höflich anlächelte.
„Guten Tag Herr und Frau Smith. Vielen Dank für die Einladung.“
Hannahs Mutter lächelte perplex zurück und streckte ihm die Hand hin. Tommy ging jedoch einfach daran vorbei und setzte sich auf einen Stuhl.
Steve warf Aina einen verwirrten Blick zu, diese lächelte aber nur.
Hannah setzte sich neben Tommy und plapperte munter drauf los. Sie freute sich, dass ihre Eltern sich endlich keine Sorgen mehr machen mussten.
Beim Essen kam die nächste Überraschung – Tommy aß nicht mit.
„Ich habe mehrere Allergien, deswegen darf ich nur bestimmte Lebensmittel essen. Es tut mir sehr leid.“, erklärte er und lächelte Hannahs Eltern demütig an.
Nach dem Essen begleitete die ganze Familie den Jungen zur Tür. Wieder hielt Aina ihm die Hand hin, aber er ergriff sie wieder nicht. Nachdenklich fixierte sie ihn. Irgendwas stimmte mit diesem Jungen doch nicht!
Sie trat einen Schritt auf ihn zu und machte anstallten, seine Schulter anzufassen. Tommy wich ruhig aus.
„Es tut mir leid, wenn andere Leute mich anfassen, dann sterbe ich.“, erklärte er, ohne mit der Wimper zu zucken.
„Mama!! Fast hättest du Tommy getötet!“ Hannah sah ihre Mutter anklagend an.
„Entschuldigung. Das wollte ich natürlich nicht.“, erklärte diese sofort, warf ihrem Mann allerdings einen nachdenklichen Blick zu. Steve zuckte nur mit den Schultern.

***

Es passierte einen Monat später. Hannahs Eltern hatten Professor Xavier eingeladen, damit er sich diesen höchst seltsamen Burschen mal ansehen konnte.
„Guten Tag, Tommy.“, begrüßte der Professor ihn, als er mit Hannah in den Raum spazierte.
„Guten Tag, Professor Xavier.“, antwortete Tommy höflich und setzte sich auf das Sofa. Der Professor legte den Kopf schief.
„Du hast von mir gehört?“, fragte er überrascht. Tommy nickte.
„Nun, Tommy, ich habe auch einiges über dich gehört.“, erklärte der Professor lächelnd und nickte Hannah freundlich zu. „Du scheinst ja ein sehr bemerkenswerter junger Mann zu sein.“
Tommy grinste verlegen. „Ja, das sagen meine Eltern auch.“
Der Professor schwieg eine Weile und schien nachzudenken. Hannahs Eltern warteten angespannt darauf, dass etwas passierte.
„Eines wundert mich jedoch.“, sagte er schließlich. „Warum denkst du nicht?“
Und dann passierte es – Tommy flackerte. Hannah sah ihn bestürzt an.
„Tommy!“, rief sie erschrocken und sprang panisch auf. Während er immer mehr flackerte und immer undeutlicher wurde, versuchte sie nach ihm zu greifen – sie griff jedoch ins leere.
„Tommy! Tommy! Tommy!“
Immer wieder rief sie seinen Namen, in der Hoffnung, er würde gleich wieder fröhlich grinsen. Doch wenige Sekunden später war er verschwunden. Hannah schrie ängstlich auf, Tränen liefen über ihre Wangen. Wütend drehte sie sich zum Professor um.
„Was haben Sie gemacht?!“, schrie sie verbittert und schluchzte laut auf. „Sie haben Tommy getötet!“
Der Professor schüttelte ruhig den Kopf. „Nein, Hannah. Das habe ich nicht. Tommy hat nie richtig gelebt.“, erklärte er ruhig.
„Was?“ Hannah hörte überrascht auf zu weinen und sah den Professor ungläubig an.
„Tommy war eine…“, setzte er erklärend an, wurde jedoch von Hannahs Mutter unterbrochen, die Hannah in ihre Arme zog und den Satz für ihn beendete.
„Er war eine Illusion, Schatz.“
Hannah schüttelte verwirrt den Kopf. „Aber warum hast du das getan, Mama?“
„Es war nicht deine Mutter, Hannah.“, erklärte der Professor weiterhin ruhig und lächelte Hannah an.
„Aber wer dann?“, fragte diese immer noch verwirrt und fassungslos. Sie konnte ihm nicht ganz folgen.
Nun lächelte der Professor sie warm und nachgiebig an.
„Du selbst warst es.“

***

„Hannah! Hannah, hörst du mich! Lass sofort die Schmetterlinge verschwinden und hör auf das was ich dir gesagt habe!“
Wütend stampfte ihr Vater mit dem Fuß auf und wuchs um einen halben Meter. Hannah kicherte fröhlich, ließ aber die Schmetterlinge verschwinden. Ihr Vater seufzte aufgebend. Es waren fast fünf Jahre vergangen, seit sie Tommy erschaffen hatte und es war kein einziger Tag vergangen, an dem sie nicht kurz an ihn gedacht hatte. Er war ihr einziger Freund gewesen und manchmal, wenn sie sich sehr einsam fühlte, dann ließ sie ihn heimlich erscheinen, um mit ihm zu reden. Er wurde dabei älter, genau wie sie selbst.
„So wirst du dich niemals verteidigen können! Willst du deine Gegner mit Blumen verjagen?“, keifte er ungeduldig, konnte sich allerdings ein Grinsen nicht verkneifen. Er konnte ihr einfach nicht böse sein.
„Hannah! Steve! Kommt endlich rein, Xavier ist da.“, rief plötzlich Hannahs Mutter von weiten. Hannah jubelte laut auf und lief erleichtert ins Wohnzimmer. Der Professor erzählte immer so spannende Dinge!
„Guten Tag, Professor!“, rief sie fröhlich und strahlte ihn an. Wenig später ertönte ein lautes Krachen, gefolgt von dem lauten Fluchen ihres Vaters.
„Diese verdammte Tür!“
„Hannah, hast du schon wieder deinen Vater geärgert?“, seufzte ihre Mutter und schüttelte tadelnd den Kopf. Hannah grinste unschuldig.
„Guten Tag, Xavier. Tut mir leid, dass ich dich so empfangen muss!“, brummte schließlich der Vater und verzog das deformierte Gesicht. „Was führt dich zu uns?“
Der Professor lächelte, zwinkerte Hannah unauffällig zu und erklärte dann mit ruhiger Stimme: „Ich würde Hannah gerne auf meiner Schule anmelden.“
Er hatte die Familie jetzt in jährlichen Abständen besucht, um ihnen das Angebot zu machen, Hannah auf seine Schule aufzunehmen. Doch Aina und Steve hatten es immer wieder abgelehnt, mit der Begründung, Hannah wäre nirgendwo so glücklich wie Zuhause.
Doch so langsam hatten sich die Dinge verändert. Hannah bekam ihren eigenen Kopf. Die Eltern konnten ihr nichts mehr beibringen. Sie brauchte Freunde.
„Na schön.“, brummte der Vater schließlich und drehte sich etwas weg, um nicht zu zeigen, wie schwer ihm diese Entscheidung fiel. Hannahs Mutter lächelte ihn aufmunternd an und legte eine Hand auf seine Schulter.
Hannah jubelte laut und fiel ihren Eltern um den Hals. Jetzt konnte sie endlich neue Leute kennen lernen und dann brauchten sich ihre Eltern nicht mehr um sie zu sorgen!
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Beitrag von Dina So 28 Jun 2009 - 8:21

Eure Geschichten sind so TOLL >,<
Ich musste bei jeder ein bisschen weinen. Armer Alexei T_T Armer Javier, arme Val, armer Nate, armer Bras T_T
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Beitrag von Robyn So 28 Jun 2009 - 8:45

Deine ist auch toll =)
Aber arme, einsame Hannah, gut das sie jetzt bei den anderen ist! Ohne sie würde doch der Sonnenschein fehlen ^.^

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Beitrag von Schreibsel-Chi So 28 Jun 2009 - 11:07

Genau. Arme Hannah.. Ich würd ja gerne wissen, ob sie Tommy immer noch "herauf beschwört". XD
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Beitrag von Dina So 28 Jun 2009 - 23:34

hehe abwarten ^^ Aber schön, dass euch die Geschichte gefällt. glücklich
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Beitrag von Sandfloh Mo 29 Jun 2009 - 8:31

„Kea, Schatz, beeil dich, du kommst zu spät zur Schule!“ Keas Mutter stand bereits mit der Schultasche in der Hand an der Treppe. Ihr Fuss wippte auf und ab, eine Geste, die ihre Nervosität ausdrückte. „Ganz ruhig, Schatz!“, hörte sie Keas Vater sagen, der sich gerade eine Tasse Kaffee in der Küche eingoss, „sie wird gleich da sein. Ich höre sie oben schon trampeln!“ Wie aufs Geheiß knallte oben eine Tür,
„Bin da, Mom!“ Kea polterte die Treppe hinunter, verlor auf der vorletzten Stufe das Gleichgewicht und fiel ihrer Mutter regelrecht in die Arme, die die Tasche zu Boden fallen liess und nach ihrer schlaksigen, 14-jährigen Tochter griff. Lachend half sie ihr wieder auf die Füße und hob dann die Tasche auf.
„Pass auf deine Füße auf, Kea, die machen was sie wollen!“, lachte sie und wuschelte Kea durch die halblangen, schwarzen Haare, während diese verlegen zu Boden sah, sich dann schnell ihre Tasche schnappte und nach draussen lief. „By Mom!“, rief sie schnell und stieg dann in den klapprigen, gelben Schulbus, der gerade vorfuhr. Mit noch immer hochrotem Gesicht liess sie sich neben ihrer Freundin Mia auf den harten Sitz fallen. „Na, wieder mal Probleme mit den Füßen gehabt?“, grinste Mia und Kea knuffte ihr gegen die Schulter. „Halt, au! Ich hab nix gesagt!“, lachte Mia und schließlich musste auch Kea grinsen. Egal wie peinlich Kea etwas war, und im Moment war ihr so ziemlich alles furchtbar peinlich, Mia schaffte es, dass sie darüber lachen konnte.
„Eigentlich hab ich Glück!“, dachte Kea und lächelte träumerisch, „die besten Eltern der Welt, eine tolle beste Freundin. Fehlt nur noch ein Freund…“ Als hätte sie es erraten, tippte Mia ihr gegen die Schulter. „Na, träumste wieder von deinem „Bald-Freund“?“, flüsterte sie und im nächsten Moment stimmten beide in ein halblautes Kichern ein.

„Ich glaub ich leg mich gleich schlafen!“, murmelte Kea und rieb sich die Schläfen, „ich hab dröhnende Kopfschmerzen!“ Ihr Vater sah sie besorgt an. „Komm einmal her, Schatz!“, sagte er, und Kea durchquerte das gemütliche Wohnzimmer und liess sich neben ihrem Vater auf dem gestreiften Sofa nieder. „So, und jetzt halt kurz still.“ Ihr Vater massierte ihr kurz beide Schläfen und der Schmerz besserte sich schlagartig.“ „Tausend Dan, Dad, ich weiss nicht, wie du das machst!“ „Berufsgeheimnis!“, grinste ihr Vater, „und nun ab mit dir ins Bett, Kleines.“
„Zu Befehl, Gut Nachst Dad, gute Nacht Mom!“ Sie gab beiden einen Kuss und verkroch sich schnell in ihrem Zimmer. Trotz der noch immer nicht verschwundenen Kopfschmerzen schlief sie bald ein.
„Raus, raus, ich muss raus!“ Kea lief einen dunklen Gang hinunter. Sie hatte keine Ahnung, wer oder was sie verfolgte, aber sie wusste, dass sie ihm entkommen musste! Also rannte sie weiter, bis sie schließlich vor einem hohen Sicherheitszaun zu stehen kam. An ihr war ein „Vorsicht! Hochspannung!“-Schild angebracht und Kea sah oben die Blitze, die vom Zaun zur Elektroleitung übersprangen. Panisch sah sie sich um. Dieses Ding würde gleich da sein, sie musste über diesen Zaun! Kea atemete tief durch und griff nach dem Zaun. Kaum dass ihre Finger sich um das Metall geschlossen hatten, fuhr ein höllischer Schmerz durch ihren Körper…
Schreiend erwachte Kea aus ihrem Albtraum. Aber das konnte nicht die Realität sein! Im Zimmer schwebte eine riesige, grell leuchtende Kugel. Immer wieder lösten sich kleine Blitze auf dieser Kugel und schlugen krachend in Keas Zimmer ein. In Ihren Schrank, ihren Schreibtisch, ihre Lampe. Kea schrie entsetzt auf, als ein Blick keine 2 Meter neben ihr einschlug und ein weiterer auf sie zuraste. Doch der erwartete Schmerz bleib aus. Entsetzt starrte Kea aus ihre Handflächen, zwischen denen kleine Blitze hin und herzuckte. Oh Gott, sie hatte dieses Ding erschaffen?! „MOOOOM, DAAAD!“, kreischte sie panisch und schlug die Handflächen zusammen, um diesen Blitz verschwinden zu lassen.
Fast in der selben Sekunde schien die Lichtkugel zu zerspringen und Kea hielt schützend die Arme vors Gesicht. Eine immense Kraft warf sie nach hinten und sie fühlte brennende Hitze auf ihren Armen. Sekundenlang schien sie regelrecht zu schweben um dann so hart zu landen, dass es ihr die Luft aus den Lungen presste.Für Sekunden wurde ihr schwarz vor Augen.
„Mom? Dad?“ krächzte sie und öffnete vorsichtig ein Auge. Doch was sie sah, verleitete sie gleich dazu, es wieder zu schließen. Ihr Haus, oder besser gesagt, was davon übrig war, stand lichterloh in Flammen! Sie lag 30 Meter entfernt, ihre Handflächen waren übersät mit Brandblase. Es musste eine Explosion gegeben haben, die sie rausgeschleudert hatte. Aber wo waren ihre Eltern? Tränen liefen ihr über die Wange und verdampften aufgrund der großen Hitze sofort. „Mom…“, jammerte sie leise, doch ausser dem knisternden Feuer hörte sie nichts. Plötzlich der Lärm einer Sirenen. Jemand musste die Feuerwehr gerufen haben! Überglücklich stolperte Kea Richtung, doch plötzlich hielt sie inne. Sie hatte das Haus in Brand gesteckt! Das alles war ihre Schuld. Was, wenn die Leute es rausfinden würden? Was wenn Mom und Dad es hören würden? Würden sie sie noch wollen, jetzt wo sie einer der Freaks war, über die in den Nachrichten immer so viel berichtet wurde? Wie hießen sie, Mutanten? Ja, Mutanten!
Nein, niemand durfte es rausfinden! Die Sirenen kamen immer näher und auch die ersten Nachbarn kamen aus ihren Häusern. Niemand durfte sie sehen! Kea rappelte sich auf und rannte so schnell ihre nackten Füße sie trugen. Immer weiter, bis sie sich schließlich in einen leerstehenden Schuppen zusammenkauerte. Sie zitterte am ganzen Körper, sei es nun der Schock oder die Kälte, die allmählich ihren Körper hochkroch. „Das ist alles nicht passiert, das ist nur ein Albtraum, das ist alles nicht passiert, das ist nur ein Albtraum…“


Zuletzt von Sandfloh am Mo 29 Jun 2009 - 8:33 bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet

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Beitrag von Sandfloh Mo 29 Jun 2009 - 8:31

Es war kein Albtraum. Das war alles wirklich geschehen. Kea verkroch sich leise weinend in der hintersten Ecke des Schuppens, als sie ein lautes Poltern vernahm. Hier war noch jemand anderes, und er kam näher! Kea machte sich noch kleiner, und hörte mit Schrecken wie die Schritte näher kamen. „Hey, Kleine!“, hörte sie eine Stimme sagen, traute sich jedoch nicht, aufzusehen. „Du da mit den versengten Haare, ich rede mit dir!“
Kea riskierte einen kurzen Blick und sah in das Sommersprossen-übersäete Gesicht eines Jungen. Er konnte nicht viel älter als sie selbst sein, seine Klamotten waren abgetragen und dreckig.
„Die Kleine kann also hören!“ Er grinste sie an und Kea erkannte, dass ihm ein Schneidezahn fehlte. „Ich bin Gordon! Freut mich, deine Bekanntschaft zu machen. Wie heisste?“ „Kkkkea!“, stammelte Kea, und der Junge grinste erneut. „Freut mich, Kea! Biste von Zuhause abgehauen?“
Kea wusste nicht, wie sie ihm erklären sollte, dass sie ihr Elternhaus mit einer Kugel aus Blitzen in Brand gesteckt hatte, und so nickte sie nur stumm. „Das kenn ich!“, sagte Gordon, und seine Miene verfinsterte sich etwas, „komm, ich bring dich an einen sicheren Ort.“ Er hielt ihr seine schwelige Hand hin, odhc Kea wich zurück. „Komm schon, Kea, ich tu dir nichts. Ich zeig dir einen Ort, wo Kinder wie wir sicher sind. Schlag ein.“
Kea rappelte sich vorsichtig auf, schlug Gordons Hand jedoch aus, als sie an ihre blasenübersäeten Hände dachte. „Magst wohl keinen Kontakt, was?“, griente Gordon, „is okay. Komm mit.“
Gordon führte sie viele Strassen lang ins Herz von Boston. Das Industrieviertel. Immer wieder musste er anhalten, weil Kea barfuss ungleich vorsichtiger sein musste doch schließlich kamen sie vor einem verlassenen Fabriksgebäude an. Von aussen nicht mehr als ein großes Backsteinrechteck, hier und da von zerplitterten Fenstern durchsetzt. Gordon lief durch das kniehohe Gras, Kea auf seinen Schultern, damit sie nicht zufällig in eine Scheibe trat, und kam schließlich an einer Tür an, die verrostet in ihren verbogenen Angeln hing. Gordon setzte sie ab und führte sie die dunklen Gänge hinunter. „Willkommen im Ritz Carlton der Strassenkinder!“, sagte er lachend und bog unvermittelt rechts ab. Kea folgte ihm staunend, mittlerweile hatten sich ihre Augen an das fahle Licht gewöhnt und sie konnte Einzelheiten erkennen. Die alten Stahlträger, kaputte Fliessbänder, verrotende Holzkisten. Und Kinder. Überall saßen Kinder und musterten sie. Viele waren genauso alt wie sie, viele waren jünger. Gordon räusperte sich und seine Stimme hallte durch die hohen Räume: „Hey Leute, darf ich euch unser neuestes Mitglied vorstellen: Das ist Kea!“
Das Leben als Straßenkind war nicht einfach, aber Kea gewöhnte sich schnell daran. Betteln, Schnorren und gegebenenfalls Stehlen, als dass ging ihr bald in Fleisch und Blut über. Sie war einsame Klasse darin, sich Essen und Geld von Jungs zu erflirten. Die anderen Straßenkinder wurden wie eine Familie für sie. Gordon passte auf sie auf, erklärte ihr die Tricks, zeigte ihr die Gebiete von Boston, denen sie besser nicht zu nahe kam, wie das Rotlichtviertel oder die Drogenumschlagplätze. Letztere besuchte Gordon häufig selbst, aber Kea wollte es nicht ansprechen. Zu gross war die Angst, dass er sie rauswerfen würde. Und so versuchte sie, das beste auf ihrem Leben zu machen und hin und wieder, wenn alle schliefen oder niemand weit und breit zu sehen war, übte Kea, ihre Fähigkeiten zu kontrollieren. Kleine Blitze auf Ziele zu richten. Nur wenige wussten von ihrem Können, wie zum Beispiel Kayla oder ihr kleiner Bruder Ray, mit 5 Jahren das jüngste der Kinder. Ihm hatte Kea auch ihren neuen Spitznamen zu verdanken, Jubilee. Denn als Ray sie eines Tages dabei erwischte, wie sie kleine Blitze um sich tanzen liess, hatte er begeistert in die kleinen Patschehände geklatscht und gejubelt. Sein Schwester hatte ihn ärgerlich gefragt, wem das Gejohle gelte, auf englisch Jubilation. „Jubilation!“, johlte Ray begeistert, da er jedoch Probleme hatte, das komplizierte Wort auszusprechen, wurde schnell „Jubilee!“ daraus. Und immer, wenn seine Schwester es ihn erlaubte, ging er zu Kea um sie um etwas „Jubilee“ zu bitten, und Kea liess die Blitze tanzen. Kea hatte Kayla gebeten, nichts zu verraten, und sie hielt ihr Wort. Nichtmal Gordon ahnte etwas von Keas Talent. Zum Glück nicht.
Die Sonne war bereits untergegangen und Kea machte ihr Feldbett zurecht, als Gordon ins Zimmer gestolpert kam. Er starrte vor Dreck, seit 2 Tagen war er nicht dagewesen, und anscheinend hatte er die Zeit im Rinnstein verbracht. Sein dunkelbraunen Haare hingen in fettigen Strähnen in sein Gesicht, und an seinen Armbeugen entdeckte Kea frische, schwärende Einstichstellen. Er war also wieder auf Amphetaminen.
„Hi Kea!“, grinste er und sie erkannte, dass ihm zwei weitere Zähne fehlten. Er hatte sich also erneut geprügelt. „Ja, danke!“, erwiderte Kea trocken und drehte ihm den Rücken zu, um ihr Kissen aufzuschütteln. Als sie sich runterbeugte, um es hinzulegen, spürte sie plötzlich eine hand an ihren Hintern. Sie fuhr herum und Gordon stand grinsend vor ihr. „Weisste, mir ist schon in der Nacht, in der ich dich aufgegabelt hab, aufgefallen, wir hübsch du bist.“ Er rülpste laut und Kea verzog angewidert den Mund. Seine Pupillen waren groß wie Untertassen und musterten sie geirig.
„Lass das, ja?“, antwortete Kea genervt und drehte sich um um ihre Decke aufzuschütteln. „Du bist high.“
„Achja, bis ich das?“, fragte Gordon herausfordernd und umklammerte sie von hinten. „ein Junkie der high ist? Weisste, du solltest etwas netter zu mir sein, schließlich hab ich dir in der Nacht den Arsch gerettet.“ Sein Mund war ganz nah an ihrem Ohr und sie konnte seinen fauligen, alkoholisierten Atem riechen, „hab nichtmal gefragt, warum du mit abgesengten Haaren und im Nachthemd in einem Schuppe hockst. Du warst das, oder? Das Haus, das in der Nacht abgebrannt ist, das warst du, oder? Glaubst du, ich hätte den Artikel nicht gesehen, den du dir jede Nacht durchliest als wäre es die gottverdammte Bibel?“
Er begann, ihren Hals zu küssen, und Kea wollte sich am liebsten übergeben. „Lass mich los!“, sagte sie so ruhig wie möglich, doch sie zitterte am ganzen Körper. „Shh!“, flüsterte Gordon und verstärkte seinen Griff um sie. „Wenn du nicht nett bleibst, werde ich allen erzählen, wer du wirklich bist.“ Er küsste erneut ihren Hals, fuhr mit der Zunge über ihrr zitternde Haut. „Du bist ein Feuerteufel!“, hauchte er.
„Sei still!“, flüsterte Kea hilflos.
„Du hast das Haus deiner Eltern angezündet.“
„Sei still…“
„Du warst es. Du bist Schuld!“
„SEI STILL!“, kreischte Kea panisch, und im selben Moment zuckten Blitze auf ihren hilflos gefangenen Händen und zuckten Millisekunden später durch Gordons Körper. Er gab einen würgenden Laut von sich, brach sich auf Keas Schulter und fiel kraftlos zu Boden, wo er unkontrolliert zuckte. Kea beobachtete seine Krämpfe geschockt und für einen kurzen Moment war sie wieder das 14-jährige Mädchen, dass sieht, wozu sie fähig ist. Und erneut ergriff sie die Flucht. Sie stürzte zu ihrem Bett, kramte hastig ihre Sachen zusammen und floh, einen letzten, tränenverschleierten Blick auf Gordons jetzt leblosen Körper werfend.

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Mutant High-Hintergrundgeschichten Empty Keas Geschichte Teil III

Beitrag von Sandfloh Mo 29 Jun 2009 - 8:32

Erst fünf Blocks weiter kam Kea keuchend zum Stehen. Erst jetzt bemerkte sie das Erbrochene auf ihrer Schulter und kämpfte kurz selbst mit dem Brechreiz. „Hier!“, hörte sie plötzlich eine Stimme hinter sich. Sie wirbelte erschrocken herum und sah eine Frau vor sich. Sie war vielleicht 30, nicht viel älter und hatte flammendrote Haare In ihrer hand hielt sie ein Packung Taschentücher. „Wwer sind sie?!“, keuchte Kea und wich zurück. Ihre Stimme war so kraftlos, wie sie sich fühlte.
„Keine Sorge, ich tu dir nichts. Hier.“ Sie warf die Taschentücher zu Kea hinüber, die, im Versuch sie zu fangen, einige ihrer Sachen fallen liess. „Mist!“, fluchte sie halblaut, riss dann jedoch die Taschentuchpackung auf, erleichtert darüber, sich endlich diese Kotze abwischen zu können.
„Hör mir zu, ich bin gekommen, um dich an eine Schule zu bringen. An einen Ort für Leute wie dich. Und mich.“ Kea sah sie mit großen Augen an. „Sie sind auch eine…?“
Die Frau lächelte und in der nächsten Sekunde schwebte einer der Müllsäcke, die in der Gasse lagen, etwas einen Meter über dem Boden. Keas Augen wurden, wenn möglich, noch grösser. „Wie? Was?“, stammelte sie, doch die Frau lächelte nachsichtig. „Warum kommst du nicht mit, ich erzähle dir alles über diesen Ort. Es ist eine Schule.“
Kea seufzte. „Aber ich war so lange nicht mehr an einer Schule, besitmmt bin ich zu dumm für…“
„Nein, bist du natürlich nicht!“, erwiderte die Frau. „Komm mit!“
Kea warf die schmutzigen Taschentücher weg, klaubte ihre Sachen auf und ging zu der Frau, sie beschützend einen Arm um sie legte. „Mein Name ist übrigens Jean Grey.“
Zwei Stunden später lag Kea in einem weichen Bett in einem kleinen, aber gemütlichen Hotelzimmer. Sie war frisch geduscht und fühlte sich trotz der Erlebnisse von heute Nacht so sauber und gut wie scho lange nicht mehr. Die Frau, Jean Grey, hatte ihr von dieser fantastischen Schule erzählt, die fast zu shön klang, um wahr zu sein. Sie hatte ihr erklärt, dass sie sich für ihre Kräfte nicht schämen musste. Und doch lag Kea jetzt in diesem Bett und konnte nicht schlafen.
Seufzend drehte sie sich zur Seite, öffnete die Schublade ihres Nachtschränkchens und nahm ein gefaltetes Stück Papier heraus. Sorgfältig entfaltete sie es und las die mittleriweile verblassten Wörter des Artikels.

Familiehaus durch rätselhafte Blitze zerstört.

In der Nacht auf Montag brannte in einem von Bostons Vororten ein Einfamilienhaus bis auf die Grundmauern nieder. Zeugen gaben an, sie hätten Blitze gesehen, kurz bevor das Haus von einer Stichflamme fast vollständig zerstört wurde. Merkwürdig ist jedoch, dass in dieser Nacht keine Umwetter im Umkreis von 1 Kilometer vermeldet wurden. Eine Brandstiftung wird zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen, gilt aber als unwahrscheinlich.
Aus dem Haus wurden ein Ehepaar gerettet, Cai und Liang Wong (38 und 40), die mit schweren Brandverletzungen und Rauchvergiftung in das Deaconess-Gesundheitszentrum eingeliefert wurden, wo sie zur Zeit im künstlichen Koma liegen. Die gemeinsame Tochter, Kea Wong (14), konnte nicht gefunden werden, auch die Bergung eines Leichnams war bis dato nicht möglich. Wahrscheinlich ist, dass der Körper verbrannte. Ein tragisches Unglück, dessen Ursache jedoch weiter im Dunkeln liegt.


"Und auch immer liegen wird", dachte Kea, seufzte schwer und knipste dann das Licht aus, mit der Hoffnung, dass das Leben es von jetzt an etwas besser mit ihr meinen würde.


Zuletzt von Sandfloh am Sa 21 Aug 2010 - 5:45 bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet

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Beitrag von Dina Mi 1 Jul 2009 - 7:30

Och Mensch, noch so eine arme Sau traurig Aber toll geschrieben glücklich
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Beitrag von Robyn Fr 3 Jul 2009 - 21:09

*schluchz* *taschentuchHol* Das ist soo traurig =(
Arme Kea! >.<

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