Eine misslungene Weihnachtsfeier (Theaterstück)...

von HexeHermione Do 22 Dez 2011 - 2:52

Nachdem mein selbst geschriebenes Theaterstück heute auf der Weihnachtsfeier unserer Schule mit Erfolg (!) aufgeführt wurde, habe ich beschlossen, es hier einzustellen. Und bitte nicht allzu hart mit der Kritik werden, gespielt wirkt es um einiges besser...
(Keine Ahnung ob es euch interessiert, aber hier ist die Besetzung:
Helga: Demm Groke
Bernadette: ich
Sigfried: meines Wissens nach Nicht-Scriptorium-User)

Eine misslungene Weihnachtsfeier

Personen:
Bernadette: egoistische alte Witwe, deren Familie tot ist
Helga: alte Witwe, Bernadettes Kontrapunkt
Enkel Sigfried: einziges noch lebendes Familienmitglied von Bernadette

Szene 1

(Bernadette und Helga sitzen sich gegenüber, stricken, hören Schlager)
Bernadette: (guckt von ihrem Strickzeug auf) So lange lebe ich nun schon auf dieser Erde und immer, immer ist mir dasselbe Pech widerfahren. Ich, die noch nie eine Familie hatte, die stets in Hunger und Armut gelebt hatte, die solch ein tragisches Ende haben wird.
Helga: Mir geht es auch nicht anders, Bernadette. Wir sind nun schon zwei alte Damen, nich'?
Bernadette: Mehr als das, liebe Helga, stets haben wir ein Schicksal geteilt, doch nun soll es ein Ende nehmen, ein tragisches Ende. Ich möchte nicht daran denken, wer von uns zuerst diese Erde verlassen wird und wie es danach weitergehen wird.
Helga: Fürchte dich nicht, Bernadette! Deine Familie wird auch ganz gut ohne dich auskommen.
Bernadette: Hüte deine Zunge, altes Weib! Ich, als Stammmutter der Familie, stelle immer noch das wichtigste Familienmitglied dar.
Helga: Das möchte ich ja nie und nimmer bestreiten, aber du bist alt, verkrüppelt, sitzt nur noch in deinem Sessel und strickst, wärend dein Neffe, wie heißt er doch gleich?-Sigfried, alles für dich erledigt. Und dann sagst du, du spielest eine in irgendeiner Form relevante Rolle für deine Gesellschaft?
Bernadette: (drohend) Das wirst du büßen, altes Weib!
Helga: (spöttisch) Oh, entschuldigt, die Herrschaften.
Bernadette: (geschmeichelt) Ach, wie schön, endlich jemand, der mir eine angemessene Portion Respekt entgegenbringt! Das tut sonst nur mein Enkel, Sigfried, mein letzter noch lebender Verwandter. Der Rest meiner Familie schmort bedauerlicherweise schon im Fegefeuer. Hach, wie schön, ich werde geachtet!
Helga: Verdient hast du das aber nicht.
Bernadette: Helga! Ich bin zu respektieren! Nimm dir ein Beispiel an meinem Enkel! Sigfried!!!
(Sigfried auf)
Sigfried: Was wünschet ihr, Herrin?
Bernadette: Da hast du's, Helga. Das nenne ich respektvoll und ehrfurchtsvoll! Du solltest dir mal eine Scheibe von dem Knaben abschneiden, das würde dir mal ganz gut tun.
Sigfried: Jawohl, Oma Bernadette.
Bernadette: (schreiend) Habe ich dir nicht beigebracht, mich mit "Herrin" anzureden? Schließlich bin ich eine Autoritätsperson! Stell mich doch nicht vor Helga bloß!
Helga: (kühl) Wer ist denn hier die Autoritätsperson? Etwa du? Wirklich, Bernadette, da solltest du noch mal gründlich in dich gehen.
Bernadette: (schreiend) Es reicht! Verschwinde, Gesindel!
(Helga steht auf)

Szene 2

Helga: (im Vorbeigehen zu Sigfried) Oh, lass dich bloß nicht von der alten Schachtel herumkommandieren, Bursche.
Bernadette: (schreiend) Das halte ich nicht mehr aus!
(Bernadette ab)
Helga: (erleichtert) Na, die sind wir loß! Bursche, wir werden jetzt erst mal die alten Sitten ändern.
Sigfried: (skeptisch) Meinst du wirklich? Womit beginnen wir denn?
Helga: Wir räumen ihren Sessel und ihr Strickzeug beiseite. So wird sie gezwungen, dir im Haushalt zu helfen. Dazu ist sie durchaus noch in der Lage, sie kann sich unmöglich mit schmerzenden Gliedern herausreden.
(Tragen den Stuhl von der Bühne)
Sigfried: Gut, das hätten wir. Puh, da kommt man ja richtig ins Schwitzen. (Zieht seine Jacke aus) Ich würde sagen, als nächstes fertigen wir ihr eine To-Do-Liste an.
(Schreibt es auf)
Helga: (ablesend, deutsche Aussprache!) To-Do-Liste.
Sigfried: Sie muss sich mal nützlich machen, das habe ich schon aufgeschrieben. Schließlich bist du genauso alt und in Topform.
Helga: (geschmeichelt) Naja...
(Bernadette schleicht hinter ihnen herum)
Bernadette: (murmeld) Unverschämtheit!
Helga: War da eben ein Geräusch oder spielt mir meine Hörgerät einen Streich?
Sigfried: Ich habe nichts gehört.
Helga: Du hast wohl Recht.
Sigfried: Ja, dann lasset uns mit der Liste fortfahren.
(Bernadette schleicht sich von hinten mit der Pistole an, "erschießt" Sigfried)
(Sigfried sinkt zu Boden, Theaterblut)
Helga: Oh, Bernadette, wie konntest du bloß solch eine Schandtat anrichten! Wirklich, einen arglosen Jungen, der sein Lebtag an nur Gutes tat, der nie gesündigt hatte! Aus dem Hinterhalt erschossen, das hättest du dich nie von virne getraut! Oh Bernadette, du Feigling, schämen sollst du dich!
Bernadette: Er hat es verdient! Also wirklich, hinter meinem Rücken schlecht über mich reden, über seine eigene Großmutter!
Helga: Wie kannst du bloß so etwas behaupten, wo er dich noch nicht mal so nennen darf! Du alte Egoistin, du...Das halte ich nicht mehr aus!
(Helga läuft fort, bleibt aber noch auf der Bühne)
Bernadette: Warte, Helga!
Helga: Niemals! Oh Bernadette, all die Jahre hast du mich schamlos ausgenutzt, aber wie eine Freundin behandelt! Mörderin! Ich hätte es wissen müssen!
Bernadette: Warte, Helga! Bitte! Es tut mir leid! (Fällt auf die Knie) Oh bitte, verzeih mir! So nimm doch meine Entschuldigung an! Ich...
Helga: Verschwinde, Gesindel!
(Helga läuft von der Bühne zwischen die Sitzreihen des Publikums)
Bernadette: Und das an Weihnachten. Erst erschieße ich meinen eigenen Enkel, nur aus Wut. Dann vertreibe ich meine langjährige Freundin, die einzige, die immer zu mir gehalten hat. Oh, wie dumm ich all die Jahre gewesen bin! Nie habe ich meine Familie zu schätzen gewusst, nie! Doch jetzt ist es zu spät. Jetzt bin ich ganz allein.

Ende