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Interner Schreibwettbewerb "Schiffbruch"/"Eingesperrt!"

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Interner Schreibwettbewerb "Schiffbruch"/"Eingesperrt!" Empty Interner Schreibwettbewerb "Schiffbruch"/"Eingesperrt!"

Beitrag von Faraday Do 28 Mai 2009 - 23:24

Neben "Schiffbruch" könnt ihr jetzt auch noch zum neuen Thema "Eingesperrt!" kreativ tätig werden.
Ich hoffe, dass jetzt ein paar mehr Beiträge eintrudeln und wir den Wettbewerb bald abschließen können.

Bedingungen sind diesselben wie immer. Zur Not nochmal in die Regeln gucken Zwinkern

Einsendungen per PN oder Mail (scriptorium-schreibforum@web.de) an mich.

Einsendeschluss ist jetzt unumstößlich der 30. November 09.

Viel Spaß!


Zuletzt von Faraday am Do 8 Okt 2009 - 0:49 bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet

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Interner Schreibwettbewerb "Schiffbruch"/"Eingesperrt!" Empty Re: Interner Schreibwettbewerb "Schiffbruch"/"Eingesperrt!"

Beitrag von Faraday Fr 12 Jun 2009 - 4:09

Glück im Unglück

Ich schaute mir den genauer an, so wie er da vor mir saß und versuchte
das Feuer anzuzünden. Seine langen Finger bohrten sich in den Sand,
wenn etwas nicht nach seinem Willen war und doch sagte er nichts. Seit
wir nun hier waren, schwieg er und das schon seit zwei Tagen. Ich
wusste er hasste mich und das wahrscheinlich zu recht. Ich hasste mich
auch für das was ich getan habe. Ich wollte doch einfach nur unsere Ehe
retten. Ich wusste auch dass es echt fies und gemein von mir war Ihn
auf das Schiff zu locken. Doch als ich erfahren habe, das er eine
andere liebte und Sie ein Kind von Ihm erwartete, das was ich Ihm nie
geben konnte und er mich deswegen verlassen wird, konnte ich es nicht
anders als Ihn in diesen Moment zu hintergehen. Ich starrte auf das
Meer was uns hergebracht hat und fragte mich für ein Moment ob es doch
Schicksal war, denn das war auch wirklich ein Moment den dann setzte er
sich neben mir und sagte gerade das was ich dachte.
„ Meinst du es war Schicksal, das wir nun hier gelandet sind?“
Ich
schaute Ihn an, er zeigte keinen Hass und er war auch nicht verbittert,
eher gleichgültig. Er stand auf und warf einen kleinen Kieselstein in
das Wasser. Dann redete er weiter: „ Weißt du vielleicht gibt’s doch da
einen Gott der über alles Bescheid weiß.“ Ich lächelte etwas und
antwortete: „ Ja, vielleicht.“
Er drehte sich zu mir um und sagte:
„ Ich werde etwas Holz sammeln gehen, und vielleicht auch ein paar
Früchte, wir sollten etwas essen.“ Ich nickte und er ging davon.
Ich
traute meinen Gedanken nicht, denn es schien so ob er noch Sorgen sich
um mich machte oder sowas wie Leidenschaft empfand. Ich versuchte mich
an den Namen von der jungen Frau zu erinnern, die nun sein Kind
erwartete.
Dann erinnerte ich mich daran, wie sehr ich noch vor
ein paar Jahren, mir ein Kind gewünscht habe, doch leider war es mir
nicht möglich und adoptieren wollte ich nicht. Wir waren nun schon seit
15 Jahren verheiratet und ich zum ersten Mal in meinem Leben, hatte ich
wirklich Angst allein zu sein und zu bleiben. Ich hatte Angst, dass er
zu Sophie geht, so hieß Sie. Zu Ihr und seinem Kind. Insgeheim hoffte
ich noch, dass es nicht sein Kind war, das Sie Ihm das einfach nur
andrehen wollte und am Ende merkte ich das dies meine Wünsche waren,
nur damit er nicht geht.

Er kam zurück mit ein paar Bananen
und Feigen, sowie etwas Holz, der Abend war gerettet. Er lächelte mich
an und sagte: Ich hoffe die finden uns, wenn die überhaupt suchen. Ich
zeigte darauf keine Reaktion, denn ich wusste wieso er wieder zurück
will. Wenn nach mir gehen würde, so würde ich auch gerne hier bleiben,
gut hier fehlten ein paar technische Geräte, so wie Strom, Herd,
Dusche, aber abgesehen davon gefiel mir hier. Doch er und das wusste
ich genau, will zurück zu Sophie. Ich wusste es einfach wenn wir wieder
daheim wären, würde er mich verlassen.
Ich schaute Ihn an und fragte
mich ob es meine Schuld war das er sich eine andere gesucht hat, den
nach meinem Empfinden, setzte ich Ihn unter Druck was Kinder betraf und
in den letzten Jahren, war er immer weniger zuhause, ich hätte es
wissen sollen, das er eine andere hat, aber ich war mit meinem Geschäft
beschäftigt und dann andere Sachen und zum Teil war ich sogar froh wenn
er irgendwo unterwegs war.
Falls doch irgendwie zuhause gewesen war, so fing ich immer Streit an, wodurch er dann einfach ging.

Am
nächsten Morgen schlief ich länger, als in letzten paar Tagen. Ich
fühlte mich so wohl und wieder jung wie ein 18 Jähriges Mädchen. Erst
als ich aufgewacht war stellte ich fest dass es nur ein Traum war. Ich
schlug meine Augen auf und sah wie er an dem Feuer irgendwas gebraten
hat und es roch richtig angenehm und in diesem Moment fing mein Magen
zu knurren an ob ich seit Wochen nichts gegessen hätte.
„ Guten
Morgen, Schlafmütze!“ Sagte er fröhlich. Ich setzte mich auf und sah
Ihn genauer an, es schien so ob er gute Laune hätte.
Ich lächelte
etwas und fragte Ihn was nur mit Ihm los ist. Er grinste über beide
Ohren und kam auf mich zu nahm meine beide Hände in seine und zog mich
an sich und flüsterte mir ins Ohr: „ Ich habe uns ein Frühstück gemacht
und es gibt gebratener Fisch und Kokosmilch und jetzt musst du sagen,
das ich der „beste Ehemann der Welt bin“.“ Nun lachte er laut und ich
nickte nur.
Ich war immer noch verwirrt warum er auf einmal meine Nähe wollte, aber ich versuchte mir keine Hoffnungen zu machen.
Ich
habe mich endlich entschieden Ihm zu sagen was ich getan habe, mein
Schlechtes Gewissen plagte mich. Ich musste Ihm einfach sagen, auch
wenn er mich danach definitiv hassen würde.

Ich glaube so einen
leckeren Fisch habe ich noch nie gegessen, mir war auch ein Rätsel wie
er Ihn gefangen hat. Er schien so glücklich und gut gelaunt zu sein,
dass ich dadurch fast auch glücklich wurde. Ich wüsste aber auch dass
ich jetzt und hier mit Ihm reden müsste.
„Thomas.“ Fing ich an. „
Ich muss mit dir über etwas reden.“ Sagte ich beschämt, ich starrte den
Sand an und wühlte da mit meinen Fingern rum. Er sagte nichts. Es war
still. Ich schaute voller Angst Ihn an und er grinste. Ich verstand
nicht warum er den so grinste. Ich fuhr dann fort.
„ Ich möchte mich bei dir entschuldigen, dass du hier bist.“
Nun
lachte er. Ich verstand gar nichts mehr. Wieso lachte er bloß?! Ich
starrte Ihn an und er setzte sich neben mir und nahm meine Hand, dann
sagte er: Liebe Judith, du musst dich bei mir nicht entschuldigen, du
kannst ja nicht dafür das wir hier fest sitzen.“
Aber er irrte sich, ich konnte was dafür und ich musste Ihm endlich sagen.
Ich
zog meine Hand zurück und sprang auf und schrie fast: „ Doch, irgendwie
schon! Ich habe dich auf das Schiff gelockt, nachdem ich erfahren habe
das du eine andere hast.“ Jetzt lachte er nicht mehr. Er sah mich nur
an. Er stand auf und stand in gleicher Höhe mit mir und sagte: „Du hast
mich nicht hintergangen! Ich wusste das du auf diesem Schiff bist, aber
du hast das ganze auch falsch verstanden.“
Ich war fassungslos! „Ich habe es falsch verstanden?“ Hinterfragte ich.
„ Ja. Hast du! Sophie ist nicht meine Geliebte. Sophie ist meine Tochter.“
Jetzt
war ich total fertig. Tochter? Er hat eine Tochter? Jetzt packte mich
die Wut. Ich wollte so sehr ein Kind haben und er hat eine Tochter?
Mir
war danach Ihm eine zu klatschen, das er mir das nie gesagt hat. Dann
fing er an sich zu entschuldigen, aber ich hörte Ihm nicht mehr zu.
Ich sah ein Schiff, was direkt auf den Strand zukam. Ich sagte nur: „Schau mal ein Schiff!“



Ich
stand neben der Kabine, welche uns zugeteilt war und dachte darüber
nach, was er mir gesagt hat. Naja, eigentlich sollte ich doch
erleichtert sein, dass er keine Geliebte hat und das diese Sophie
einfach nur seine Tochter ist, aber ich war nicht erleichtert, ich war
wütend und zwar sehr. Ich war so wütend das ich darüber nachdachte Ihm
selbst zu verlassen.
„Judith!“ Hörte ich mir eine bekannte Stimme. „ Ich möchte dir das erklären“ sagte er voller Reue.
Ich schaute Ihn an und sagte: „ Thomas, ich werde dich verlassen! Aber bevor ich das tue, erklärst du mir erst mal alles.“
Wir setzten uns in der Kabine hin, in die zwei Sessel die direkt am Eingang standen und er fing an zu erzählen:
„Als
ich grade mal 20 Jahre alt war und mein Abitur abgeschlossen habe, war
ich mit ein paar Freunden auf einer Party. Dort habe Tara
kennengelernt. Eine Austauschschülerin, sie war grade mal 17 Jahre und
es war Ihr letzter Tag, sie konnte unsere Sprache so schlecht, dass ich
zum Teil mit Ihr auf Französisch reden musste. Tara hat mir erzählt das
Sie am nächsten Tag wieder abreisen musste und wir haben einen schönen
Abend erlebt. Paar Monate Später bekam ich eine Nachricht von Ihr das
Sie schwanger wäre, sagte mir aber sie hat einen Freund, welcher denkt
das dieses Kind von Ihm wäre, wenn ich dann meine Tochter sehen wollen
würde kann ich das jeder Zeit tun. Ich mochte Tara, aber ich wollte Ihr
nicht im Weg stehen und außerdem fing ich auch grade zu studieren an,
da war mir nur recht das Tara so eine Entscheidung getroffen hat.

Vor
ein paar Jahren kam Sophie nach London zu studieren. Sie besuchte mich
und erklärte mir, dass Ihre Eltern vor 3 Jahren gestorben sind und Sie
meine Leibliche Tochter ist. Ich habe ihr sofort geglaubt. Seit dem
haben wir uns oft getroffen, ich wollte dir das alles sagen, wusste
aber nicht wie. Denn ich wusste ja, wie das war als wir uns so sehr
Kinder gewünscht haben. Ich dachte du wirst das nicht ertragen.
Er
stand auf und schaute aus dem Fenster und sagte: „ Dann vor ein paar
Monaten, sagte mir Sophie, das Sie ein Kind erwartet und wird demnächst
heiraten. Ich war so glücklich. Vielleicht deswegen hast du gedacht ich
geh dir Fremd.“
Dann drehte er sich um und sagte:“ Es tut mir leid,
dass ich dir das verheimlicht habe. Aber, ich weiß nicht irgendwas
fehlte mir in meinem Leben und als Sophie schwanger wurde, wusste ich
auch was, doch ich hätte dich nie im Leben verlassen, dafür liebe ich
dich zu sehr. Sophie ist nur meine Tochter, bitte glaube mir.“
Ich
stand auf und umarmte Ihn, ich war glücklich und auch wenn er nichts
gesagt hat, so liebte er mich. Da gab’s keine andere Frau und das
schönste an der ganzen Sache wir hätten bald ein Enkel, auch wenn keine
eigene Kinder.
„Bitte verzeih mir. Ich liebe dich über alles!“
Flüsterte ich. Er sah mir in die Augen und küsste mich, sowie früher
als wir noch ganz frisch verliebt waren.
Und jetzt freuten wir uns beide auf unser Zuhause, wie noch nie.

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Beitrag von Faraday Di 4 Aug 2009 - 1:03

Ok, es gibt eine weitere Verlänerung bis zum 31. August. Oder bis ich mindestens 5 Beiträge bekommen habe!

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Beitrag von Faraday Di 4 Aug 2009 - 20:53

Schiffbruch

Ein ungewohntes Element umspielte den stolzen und sagenumwobenen Rumpf der Snickers. Das allein gäbe nur einen verminderten Anlass zur Beunruhigung, wäre da nicht die enorme Geschwindigkeit, mit der dieses, dem oberen Teil des Schiffes wohl bekannte Element, dem normalsterblichen auch als Luft bekannt, vorbeizog. So segelte die Snickers recht vertikal taumelnd der Katastrophe entgegen. Nur größtes Heldentum vermochte nun noch das Unglück zu vereiteln und das sichere Ende des nahezu unvergleichlichen Massenprodukts abzuwenden. Angsterfüllt blickte Kapitän Marc aus dem Fenster, respektive Bullauge, und erkannte einen Stern am Firmament der Hoffnung in Form seines Erzeugers, der sich aufmachte zum Retter in der Not aufzusteigen. Gekonnt bremste er den Aufprall mit der Stirn, bevor der Ursprung so vieler glücklicher Stunden in der Badewanne auf dem Asphalt zerschellte. Kein väterlicher Schmerzensschrei konnte in Worte fassen, was Marc in diesem Moment empfand. Er sah seine Jugend an sich vorbei ziehen und fühlte sich erneut darin bestätigt, dass große Brüder scheiße und Väter zu nichts zu gebrauchen sind.

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Beitrag von Faraday Fr 13 Nov 2009 - 6:18

Wasserfunke

Reglos trieb er im Wasser umher, während seine Augen starr die dunkeln Wolken über ihm verfolgten. In regelmäßigen Abständen spülten kleine Wellen über sein Gesicht hinweg und nahmen ihm kurz Atem und Sicht. Schon lange hatte er aufgegeben an dieser Situation etwas zu ändern, nur Sekundenbruchteile, dann wäre alles wie vorher und er konnte den nächsten Atemzug tun, bevor das Wasser wieder kam. Wieso gegen die Situation ankämpfen, wenn er nichts ändern konnte? Das seichte Schwappen der Wellen, dass durch seinen Körper lief, hatte er schon lange ausgeblendet, auch daran konnte er nichts ändern, die Wellen hoben ihn an und ließen ihn auch wieder fallen, egal wie sehr er sich dagegen gewehrt hatte. Wie lange er trieb, das hatte er vergessen, es konnten Minuten sein, in denen er erst die Wolken anstarrte, genauso gut konnten auch schon Tage oder Wochen vergangen sein. Zeit war relativ. Alles was war, war hier. Die Wolken über ihm, das Wasser in seinen Augen, die Luft in seinen Lungen und die Kälte in seinem Körper. Schon vor langer Zeit hatte das Zittern aufgehört, jetzt war ihm nur noch kalt und schwer. Seine Arme und Beine fühlten sich an, als bestehen sie aus Eis und wären schwer wie Blei. Sie hätten ihn schon lange unter Wasser ziehen müssen, hätten ihn schon lange von diesem Treiben befreien sollen, aber nichts geschah. Reglos lagen auch sie neben ihm und trieben durch das sacht bewegte Wasser. Selbst hätte er den Willen gehabt, er hätte sie nicht bewegen können, er wusste, dass sie da waren, aber auf eine eigenartige Art und Weise, als wären es fremde Gegenstände, die ihm jemand in die Hand gedrückt hatte, ohne ihm zu erklären, wie er sie benutzen könnte.
Der Takt der Wellen wurde anders, irgendwie kürzer, energischer. Er starrte weiterhin in die Wolken, ohne sich zu bewegen. Was sollte schon passieren? Das Wetter schlug wieder um, die Wellen würden rauer werden, würden das nächste Opfer suchen, das sie in die Tiefe ziehen konnten, mit Glück würde er dazu gehören, müsste nicht weiter in dieser endlosen, blauen Wüste treiben, aus der es kein entkommen gab. Dieser wunderbaren Wüste, die nicht aus Sand, sondern aus Wasser bestand und gerade deshalb soviel todbringender war. Wasser, das man nicht trinken konnte war weitaus grausamer, als überhaupt kein Wasser. Und doch sehnten sich viele nach dieser endlosen Wüste. Dieser scheinbaren Unendlichkeit, die sich um einen herum erstreckte, sobald man sich weit genug vom sicheren Land entfernt hatte. Diesem Blau, das kein Ende nehmen wollte und doch nur den Himmel über sich reflektierte. Ein Trugbild, das war er, der Ozean. Ein wunderschönes und zugleich todbringendes Trugbild. Es weckte die Sehnsucht nach der Weite und zugleich lockte es einen auf eine Reise ohne Wiederkehr. Das sanfte Lächeln, das einem die Wellen, die sacht an den Strand rollten entgegenbrachten, verwandelte sich auf hoher See, wo kein rettendes Land in Reichweite war, in eine grausam grinsende Fratze, die einen ohne Mitleid verschlang. Wozu also gegen das Unvermeidliche ankämpfen, er würde untergehen, wie alle anderen auch, es war nur eine frage der Zeit, bis sich die sanfte Liebkosung der kleinen Wellen wieder in die rauen und schmerzhaften Krallen des Sturmes verwandelten. Nur eine Frage der Zeit.
Etwas Festes schob sich unter seinen Kopf, etwas raues, körniges, und die Wellen schlugen nicht mehr über ihm zusammen. Die Haltung empfand er als unangenehm, er trieb nicht mehr, sonder lag, aber nur mit Kopf und Schultern, auf einem festen Untergrund. Land, wie er sich erinnerte. Sicherer Untergrund.
„Es gibt hier also nicht nur Treibgut“, sagte eine raue Stimme und eine Silhouette nahm ihm die Sicht auf die Wolken. Er blinzelte und seine Augen fingen an zu Brennen und zu tränen.
„Schon gut, Junge, ich werde dir nichts tun. Aber wir sollten verschwinden, bevor die anderen Treibgutjäger hier auftauchen. Sie haben es nicht gerne, wenn Überlebende von Schiffen auftauchen. Manchmal erheben diese Anspruch auf einen Teil der Ladung und plötzlich stehen die harmlosen Sammler als Diebe da. Nein, nein, Überlebende haben sie gar nicht gerne“, redete der Mann, mittlerweile hatte er ihn als solchen erkannt, munter weiter, während er ihn behutsam anhob. Schmerz schoss durch seine kalten Glieder, die er nur wenig bewegen konnte.
„Ja, ja, ich seh’ schon. Kalt bist du, wie der Tod und viel hätte dir bis dahin wohl auch nicht gefehlt. Aber wir kriegen dich schon wieder auf die Beine, keine Sorge, eine warme Suppe wird die Kälte aus deinen Knochen vertreiben“, sagte der Mann gutmütig und ein raues aber warmes Lachen ließ seinen Brustkorb erzittern. Kräftige Arme umschlossen seinen schmächtigen Körper und trugen ihn mühelos. Die warme Haut des Anderen brannte auf seiner eigenen, kalten und er schauderte. Dieser krasse Gegensatz zeigte ihm, wie kalt ihm war, wie sehr er sich der Temperatur des Wassers angeglichen hatte. Zugleicht weckte er aber auch den Lebenswillen seines Körpers. Als sei die Wärme der Funke gewesen, den sie brauchten, fingen seine Muskeln an zu zittern, dass ihm die Zähne schmerzhaft aufeinander schlugen.
„So ist gut, Junge, zitter’ du nur kräftig, dann wird dir auch bald wieder warm sein“, murmelte der Mann gedankenverloren und sah sich um, als wollte er sicher gehen, dass niemand sie dort war, der sie beobachten konnte.
„Dein Glück, dass ich so früh auf bin. Der Sturm hat aber auch getobt gestern, eigentlich wollte ich sehen ob ich Holz für mein Dach finde“, setzte der Mann hinzu und sah ihn nachdenklich an. „Nun ja, ich schätze mein Dach kann warten, die anderen werden es nicht unbedingt auf Holzplanken abgesehen haben, nicht, wenn sie etwas in den Kisten finden. Und ich kann immer noch rechtzeitig wieder hier sein. Langschläfer sind sie, alle miteinander. In meiner Jugend, da waren die Menschen noch anständig und ausdauernd, aber heute?“, er seufzte und lächelte dann. „Aber das sagen wohl alle alten Leute. Jetzt ruh’ dich aus, wir sind gleich da.“
Und als wäre die Worte ein Befehl gewesen, schloss er die Augen und versank in Schlaf.
*
Lange, lange nachdem die Reste des Schiffes vom Strand endgültig verschwunden waren, jeder noch so kleine Splitter der einst so kräftigen Planken unwiederbringlich im Sand verloren gegangen waren, als selbst die Treibgutjäger nicht mehr wussten, an wen sie den Inhalt der Kisten verkauft hatten, da weilte er immer noch mit dem alten Mann in seiner Hütte am Strand. Er lebte, von einem Tag zum Nächsten und zum darauf folgenden. Er schlief, er Aas, er arbeitete, er sprach und er lachte, wie jeder Mensch es tat. Er mochte den alten Mann, der, der ihm das Leben gerettet hatte und ihn bei sich aufnahm, obwohl er weder seinen Namen noch seine Geschichte kannte und selbst nachdem er alle erfuhr, was er zu erzählen hatte, behielt er ihn bei sich. Er vergaß die Geschehnisse in der Sturmnacht, wachte nachts nicht mehr schreiend auf und schnappte nach Luft, wie ein Ertrinkender. Er lebte sein Leben, so wie es kam und war dankbar für jeden neuen Tag.
Und doch sah der alte Mann, wie er manchmal fast gedankenverloren den Blick erst zum Himmel hob und ihn dann langsam, fast gegen seinen Willen, auf die blaugraue Weite des Ozeans richtete. Wie er abwesend den Blick nicht mehr lösen konnte und starr nur dem Lauf der Wellen folgte, bis ihn jemand ansprach und er mühevoll wieder in das hier und jetzt zurück fand. Das Lächeln, das dann über seine Lippen spielte, die Leichtigkeit seiner Worte, täuschte nur diejenigen, die nicht genau hinsahen, nicht jedoch den alten Mann.
Denn, wer einmal in die Hände diese wunderschöne blaue Weite gefallen war, den ließ sie nie wieder los. Und sollte es auch den Tod bedeuten.

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Beitrag von Faraday Mo 18 Jan 2010 - 9:50

Ok, irgendwie hat die Übernahme der Wettbewerbsidee aus dem alten Forum nicht so ganz funktioniert...

Trotzdem gibt es jetzt erstmal eine Auswertung, bevor ich etwas gänzlich Neues starte.

Wertungen wie immer per PN an mich und zwar bis zum 10. Februar 2010.

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Beitrag von Faraday Fr 5 März 2010 - 3:35

Gut- es ist zwar schade, dass beim letzten Wettbewerb in dieser Form kaum einer mehr mitgemacht hat, dafür bedanke ich mich aber doppelt bei Chi, die sowohl eine Geschichte geschrieben, als auch bewertet hat!

Und erkläre sie jetzt einfach mal zur Siegerin, ihre Geschichte "Wasserfunken" war wirklich am besten.

Du darfst dir ein Buch aus der Liste wünschen, falls da noch eins steht, oder einfach eine Überraschungsbüchersendung Zwinkern

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Beitrag von Schreibsel-Chi Sa 6 März 2010 - 9:54

o.O
Huh... Danke fürs Lob.^^
Ich schau mir die Liste in den nächsten Tagen mal an und geb dir dann bescheid.
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