Schreiben ohne oft verwendete Worte

Hey,

ich arbeite schon seit längerem an einem kleinen Projekt, in dem es darum geht, Worte weg zu lassen, die man oft verwendet und diese durch andere zu ersetzen. Zum Beispiel das Wort "sein" in jeder seiner Zeitform. Als Beispiel:

"Sie ist Christin,"

wird zu

"Sie gehört dem Christentum an."

Ich hoffe, ich kann verständlich machen, wie das gemeint ist. Mit der Zeit habe ich immer mehr Wörter wegfallen lassen. Am Anfang war es tatsächlich nur "sein" in jeder seiner Zeitform, momentan sind es "sein", "irgendwie", "haben" etc. pp.

Ziel dieses Projektes ist es, eine Geschichte ohne all diese Wörter zu schreiben, sie aber qualitativ trotzdem auf einem hohem Nivue zu halten, sprich es so zu gestalten, dass das Fehlen dieser Wörter nicht auffällt. Natürlich geht hierbei dieses einfache Losschreiben nicht so einfach von der Hand, aber desto länger ich an diesem Projekt sitze, desto mehr habe ich gemerkt, wie sich mein Stil im allgemeinen verändert hat, auch wenn ich an "normalen" Geschichten sitze. Meiner Meinung nach eine positive Veränderung, weshalb ich es als schönes Training betrachte und auch als Weiterentwicklung.

Jetzt wüsste ich von euch gerne, ob ihr so etwas selbst schon einmal gemacht habt und wenn ja, wie ihr damit klar kamt. Außerdem wüsste ich gerne, was ihr über ein derartiges Projekt denkt.
Ihr werdet gewiss mal die eine oder andere Geschichte ohne "sein" zu lesen bekommen. Aber seit gewiss, dass ich euch nicht vorwarnen werde (sonst wäre das Expermient ja verfälscht.)

Gruß
Nakyo

"Irgendwie" lasse ich inzwischen ganz weg. Mir ist aufgefallen, dass das ein Wort ist, das besonders gerne von Schreibanfängern benutzt wird, aber bei erfolgreichen Autoren wird es meist nur sparsam verwendet. (Wörtliche Reden zählen natürlich nicht.) Man braucht das auch nicht, denn entweder ist es so oder es ist nicht so. Im Alltag verwendet man das Wort eben, weil man manches nicht so "brutal direkt" sagen will, aber in einer Geschichte braucht man nicht so rücksichtsvoll zu sein.

Wörter wie "ist/war", "er/sie/ich", "und" usw. kann man auf Dauer kaum vermeiden. Manchmal formuliere ich schon Sätze um, wenn es sich allzu sehr häuft (in mehr als zwei Sätzen direkt hintereinander), aber eben nur dann. Ansonsten kann das Gebilde auch leicht zu "künstlich" wirken, wenn man so was allzu krampfhaft vermeidet.

Solche Wörter habe ich auch, die ich im Moment zum Großteil rausstreiche. Da möchte ich meine Favoriten "während", "meinte" und "plötzlich" nennen, die zwar schöne Wörter sind, aber in Masse irgendwann nicht nur negativ auffallen, sondern auch die Handlung behindern. Und mein Wortschatz an Synonymen ist mittlerweile groß genug, als dass ich solche Schnitzer vermeiden kann. Darauf kommt's in einer rein technischen Überarbeitung ja im Prinzip an: Genau dasselbe zu erzählen, wie vorher, nur in anderen Worten

Also ich habe dieses Problem auch. Allerdings hab ich nicht typische Worte, die ich immer wieder verwende. Ausser natürlich denen, die man automatisch oft braucht. Eben ich, ist, und solche Sachen halt.
Bei mir ist es von Geschichte zu Geschichte unterschiedlich. Einmal verwende ich z.B. "gerade" ganz oft, und bei einer anderen Story kommt dann so was wie "Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz". Ich weiss nie, welches Wort ich wo häufig verwende.

und @ nelame: Meintest du nicht Synonym?

edit: Hab ganz vergessen, auf deine eigentliche Frage zu antworten. Ich finde die Idee, mal etwas auf die Wortwahl und die Wortwiederholung zu achten. Allerdings finde ich es nicht gut, das Wort ganz zu verbieten. Du könntest es auch einfach etwas bewusster gebrauchen.

Paoment schrieb:und @ nelame: Meintest du nicht Synonym?

Mist, du hast Recht
schnell mal editieren

Sowas sollte man in Texten natürlich auch vermeiden - die falschen Fachwörter verwenden

Oooh, das Problem ist mir sehr bekannt!
Ich habe ein Problem mit dem Verb "scheinen". Ich will es dauernd benutzen.

"Etwas an seiner Stimme schien wie gemacht für..."
"Er schien angespannt..."
"In diesen Stunden, die weder Nachmittag noch Abend zu sein schienen..."
"Die Stände schienen leicht verzerrt..."
"Er schien mindestens vierzig Jahre alt zu sein."

Usw., usw., ich habe noch fünfzig Beispiele aus meinem Roman. Bestimmt kann man da anders formulieren, aber ich ertappe mich ständig dabei Sachen "scheinen" zu lassen.
Mir SCHEINT, das ist wie "irgendwie" auch eines dieser abmildernden Worte. Oder? Irgendwelche Vorschläge gegen die Krankheit?

Bei Wörtern wie "sein" würde ich nicht so hart sein. Das sind eher Worte, die man überliest, weil sie unerlässlich sind und sowieso nur Hilfswörter. "Und" muss man schließlich auch ständig verwenden. Lieber ein ordentliches "sein" als krampfhaft mit breiten Formulierungen darum herumstelzen.

Lieber ein ordentliches "sein" als krampfhaft mit breiten Formulierungen darum herumstelzen.

This. Das mit dem Scheinen geht mir ähnlich, aber als charakterbeschreibungserfahrener Rpler lernt man rasch, sich das abzugewöhnen. Auf meinem Server wird man für ein Flag, in dem ein Charakter "scheinbar" so aussieht hart geflamed.

Ansonsten sind mir viele Worte egal. Wenn ich Begriffe wie "außerdem" verwende, versuche ich die nächste Stellung des Begriffs durch etwas anderes ("des weiteren" usw.) zu ersetzen. Gelingt mir aber nicht immer, und da ich bekanntlich meine Texte nur alle 100 Jahre korrekturlese flutschen mir manchmal solche Wortwiederholungen durch. Who cares.

Also falls jemand noch eine Seite braucht, auf der man nach dem Synonym eines Wortes suchen kann, oder jemand einfach mal wie Wörter fehlen, könnte ich euch den Wortschatz der Uni Leizig empfehlen.
Ich persönlich halte nämlich nichts von "verbotenen" Wörtern, weil es, wie schon oben erwähnt, das freie Schreiben hindert. Deswegen suche ich lieber nach Alternativen als meinen ganzen Stil krampfhaft zu ändern.
Man sollte so schreiben, wie man sich wohlfühlt, also sehe ich nichts schlimmes daran bestimmte Wortarten öfter zu benutzen, eben nur anders zu umschreiben.

Das Problem mit Wörtern wie während habe ich übrigens auch^^ Während und "sich" ach ja und nicken. Meine Personen nicken des Öfteren.
Allerdings finde ich, ist während ein Wort, das einfach sehr vielfältig verwendet werden kann und deswegen auch öfters in einem Text vorkommen darf.

absinthefreund schrieb:Ich habe ein Problem mit dem Verb "scheinen". Ich will es dauernd benutzen.

Ich habe es noch nicht als Problem wahrgenommen, aber das Verb mag ich auch. Wie wärs mit Eindruck erwecken, anmuten oder sich darstellen?


Das einzige, was ich bewusst versuche in der Verwendung eher gering zu halten ist "würde". Vereinzelt okay, vor allem wenn der Konjunktiv zu gekünstelt klingt.

Mir ist grad etwas aufgefallen.
Ihr habt mich mit euer Scheinkrankheit angesteckt
Ich schreibe gerade munter weiter und bemerkte, wie ich andauernd scheinen benutze...
tststs...
schlimme sache

Hehe, ging mir gestern auch so, Ente! Ich schrieb gerade friedlich an meiner Abschlussarbeit, da fiel mir plötzlich das dritte "schien" auf einer halben Seite auf. Ich hab dann "Eindruck erwecken" von Nafn hier geklaut