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Charaktertiefe sinnvoll aufbauen

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Beitrag von USS Nelame Fr 18 März 2011 - 2:52

Immer wieder lese ich in Geschichten platte, langweilige und sogar oberflächliche Charaktere, die ich mit dem "Max Mustermann"-Klischee durch den Kakao ziehe. Was mir persönlich missfällt bringt mich aber jetzt auch zum Nachdenken und nach mehreren Tagen bin ich immer noch nicht zu einer sinnvollen Antwort gekommen, weshalb ich diese Frage nun an euch weiter gebe als erste von einer Reihe von Fragen, die mir zum Thema Schreiben auf der Seele brennt:


Was macht eigentlich einen gelungenen Charakter aus?


Bestimmt kennt ihr auch das Gefühl, einen Roman oder eine Geschichte zu lesen, in dem euch die Charaktere einfach nicht warm werden. Wo sie oberflächlich oder gar langweilig wirken und keinerlei Leben aufweisen. Und dann gibt es immer wieder diese Ausnahmen. Die Bestseller-Figuren, von denen ich jetzt extra keine benennen will, weil ich die Diskussion möglichst offen halten möchte.

Was unterscheidet eine gelungene Figur von einer nicht gelungenen? Was ist besonders wichtig für einen guten Charakter in einer Geschichte? Sowohl schreibtechnisch, als auch stilistisch, als auch inhaltlich, als auch charakterlich?

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Beitrag von Seido Fr 18 März 2011 - 5:56

Das ist eine gute Frage, auf die ich auch keine richtige Antwort parat habe, sondern nur mein subjektives Empfinden wiedergeben kann.

Da ich im Dark Fantasy/Science Fiction/Psychopathen-Bereich schreibe sind meine Charaktere meißtens eins: unmenschlich oder nicht normal in der Birne. Oft auch beides.
Kein Wunder also, dass gerade ich mich mit der Frage beschäftigen muss, wie ich einem menschlich denkenden Leser diesen Charakter interessant machen soll.
Das schaffe ich auf eine recht ungewöhnliche Weise: Weder fange ich an mich in den Charakter hineinzuversetzen, noch beschreibe ich ihn als würde ein Mensch ihn betrachten, sondern ich verinnerliche den Charakter und seine Abnormalitäten so sehr, dass er ein Teil meiner Psyche wird.
Das ist ein langwieriger Prozess, der nur selten klappt. Bis dato "sitzen" in meinem Hirn tatsächlich nur 2 Charaktere, und das bei gut 7 Jahren, die ich intensiv an den oben genannten Genres arbeite.

Ich glaube das klingt ziemlich krank und bedarf einer Erklärung: man kennt die Hollywood-Darstellung von Shizophrenie sicher. Ein Glöckchen klingelt, und plötzlich wird aus dem braven Mädchen vom Hof nebenan eine Mörderin. Alles klar.
So ist das natürlich nicht. Eher so, dass ich manchmal bei alltäglichen Dingen einen Gedankengang aus der Sicht eines dieser beiden Charaktere denke. Einer von denen ist übrigens Bahk, mein netter Waldgott.
Eine typische und nun bewusst sehr flach dargestellte Situation in der das auftritt wäre zum Beispiel, wenn ich irgendwo jemanden mit seinem Hund treffe und ohne erkennbaren Grund denke "lein den Hund ab oder stirb."
Das dauert einen Sekundenbruchteil und im nächsten Moment bin ich like "wtf?!", aber es ist ein Zeichen, dass ich in dem Moment als Bahk gedacht habe. Ich versetze mich also nicht in den Charakter, sondern für kurze Momente denke ich mit dem Verstand dieses Charakters - ich scheue mich davor zu behaupten ich "bin" der Charakter- ; und das macht mMn aus ob man diesen Charakter mit interessanter Tiefe darstellen kann.

Man muss fähig sein die Welt aus dessen Sicht wiederzugeben. Man muss dafür sorgen, dass der Leser beim Verfolgen der Zeilen glaubt, in die Gedankenwelt des Charakters einzutauchen.
So kann man auch ohne jemals über die Vergangenheit der Figur zu erzählen einen tiefen Charakter erschaffen, den Dinge antreiben, der eine Weltanschauung vertritt, der Vorurteile hat und und und...
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Beitrag von USS Nelame Fr 18 März 2011 - 7:51

Sehr interessante Darstellung, aber wie setzt du das dann in der Geschichte um? Also - wie erschaffst du die Tiefe deines Charakters für den Leser?

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Beitrag von tuana Fr 18 März 2011 - 12:40

Naja, ich habe da ein paar Dinge:

-eine Vergangenheit, die in der Gegenwart das Denken und Handeln des Protagonisten beeinflusst

-ein innerer Komplex z.B. die innere (ethische) Stimme gegen ein Rachegefühl o.Ä.

-Taten, die nicht alle moralisch vollkommen zu rechtfertigen sind bzw. sich im Graubereich befinden

-eine besondere Leidenschaft/ein besonderer Hass

-eine Vorstellung, die sich als unwahr erweist oder zerstört wird

Die aufgezählten Dinge hängen natürlich alle zusammen. Ein Held/eine Heldin, der/die immer nur tut, was selbstlos und rechtens ist, finde ich furchtbar langweilig.
Außerdem sollte ein Charakter im Laufe der Geschichte einen (emotionalen) Wandel durchmachen, der durch die Geschehnisse der Story begründet werden kann.
Ein bisschen Psychologiebücher wälzen (bzw. Wiki missbrauchen), im Idealfall gesunder Menschenverstand (*husthust*) und eine gute Beobachtungs-, Reflektions- und Analysegabe sollte reichen, einen einigermaßen realistischen und interessanten Charakter hinzukriegen.
Der entsteht nicht über Nacht sondern entwickelt sich auch im Laufe der Zeit.

Aber absolutes No-Go: Super-Selbstlos, Super-Intelligent und natürlich Super-Gutaussehend (wird oft in einem Pseudo-Komplex des Protas versteckt, obwohl natürlich dennoch alle übrigen, gegengeschlechtlichen Personen von ebendieser optisch angezogen werden - jaah klar)

[Edit: Seido hat recht - man selbst ist der Prota bzw. der ist man selbst. Wenn ich an meinem Manuskript schreibe, bin ich Anea und sie ist ich. Ich habe ihre Geschichte, weiß wie sie "tickt" und handle dementsprechend - um es mit Stephen Kings Worten zu sagen "Die Figuren sind der Boss". Ihr Charakter bestimmt die Reaktionen und Handlungen.]

[Edit 2: Sicher ist es hilfreich sich einer Vielzahl von Genres zu bedienen, um diverse Phänotypen in die eigene Geschichte einbauen zu können. Zudem kann man natürlich immer auch reale Charaktere sich für fiktive etwas "umformen", um eine glaubhafte Person zu erschaffen - eines ist aber klar: Die Realität ist nicht der Feind des Autors sondern sein Freund - Alltag kann sehr inspirierend sein und darf nicht so einfach übergangen werden (nein, ich meine keinen öden Gleichtrott sondern eine überzeugende Welt zu beschreiben]
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Beitrag von Seido Fr 18 März 2011 - 22:39

Sehr interessante Darstellung, aber wie setzt du das dann in der Geschichte um? Also - wie erschaffst du die Tiefe deines Charakters für den Leser?

Ganz einfach. Durch diese gedankliche Verbundenheit mit dem Charakter fällt es mir extrem leicht, in seinen Kopf zu gucken.
Ich stelle mir dann beim Beschreiben einer Situation einfach vor, wie ich mich selbst in dieser Situation befinde. Will heißen, in die Geschichte an sich versetze ich mich hinein, aber ich stelle mir vor ich selbst wäre ein dort handelnder Charakter.
Der Rest kommt daher wie oben beschrieben. Ich denke mir die Situation oft, sehr oft. Und nach und nach sammle ich die Mosaikstückchen der Gedankenwelt meines Charakters auf Notizzetteln - von denen fliegen hier an meinem Rechner wöchentlich gut und gerne hunderte herum - bis ich der Meinung bin, ich habe genug notiert um seine Handlung in dieser Situation glaubhaft darzustellen.
Natürlich benutze ich nicht alles was ich aufschreibe, das würde schon allein ganze Bücher füllen. Ich picke die Dinge aus, die ich für den weiteren Verlauf der Handlung interessant finde, und baue das in die Geschichte ein.
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Beitrag von Neverman Mo 21 März 2011 - 8:25

Die einzigen Antworten, die jetzt kamen, waren Klischees ohne Ende...
Welcher Held hat keine traurige Vergangenheit? Welcher Held ficht keinen inneren Kampf aus? Welcher Held ist so stinknormal, dass es sich nicht lohnen würde, über ihn zu schreiben?

Es gibt nur ein einziges Zauberwort, dass als Antwort auf deine Frage gelten kann:
Authentizität.
Die gängigen Max-Mustermann-Heroes wurden schon (nicht namentlich) erwähnt, aber es läuft eben immer nach diesem Schema ab. Hauptsächlich rechtschaffen, wohlproportionierte Schwächen, leicht schizophren und eine Affinität zu weiblichen Helden und Gutmenschentum.
Deine Frage lautet eigentlich: Wie schreibt man authentisch?
Eine Figur, die authentisch geschrieben ist, nervt nicht. Man kann sie verstehen, auch wenn sie einem selbst nicht gefällt. Schlechte Bücher sind solche, in denen die Charaktere nur so tun, was sie eben tun. Gut ist gut und Böse ist Böse. Wenn selbst jemand sich traut ein wenig Teppichkantentiefe reinzubringen und das Prinzip umkehrt, kommt im Endeffekt oft trotzdem dasselbe raus: Gut ist gut, Böse ist böse. Eine authentische Figur ist für mich eine Figur, die handelt, spricht und denkt wie es andere Menschen tun. Ein Grund, wieso der Fantasy-Roman für mich ein totes Genre ist. Null Innovation, nur Geschwafel und Unrealismus. Die Sprache ist falsch, die Darstellung in den meisten Fällen ein Zerrbild der tatsächlichen Zeit und die mühsam eingestreuten Fantastereien immer dasselbe. Ich denke, dass authentisches schreiben, wie malen und musizieren eine einfache Sache der Übung ist. Wie schnell man zu dieser Profession gelangt, ist abhängig vom Talent.
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Beitrag von USS Nelame Mo 21 März 2011 - 8:38

Neverman schrieb:Es gibt nur ein einziges Zauberwort, dass als Antwort auf deine Frage gelten kann:
Authentizität.
Ja, genau das ist ein Punkt, auf den ich hinaus will. Natürlich gehört zu einem Charakter auch ein Hintergrund, Tiefe, eine (Vor)Geschichte und so weiter. Aber mindestens genauso wichtig ist, wie man so etwas schreibt. Und da wurden bisher in diesem Thread noch gar keine Anhaltspunkte gegeben. Dabei ist doch gerade das so immens wichtig.

Wie erzeuge ich durch das Schreiben eine Charaktertiefe? Wie eröffne ich seine Vorgeschichte dem Leser? Wie stelle ich einen 08,15-Charakter so interessant da, dass man mit ihm einen ganzen Roman durchhält?

Das alles sind Punkte, auf die ich persönlich zum Beispiel in letzter Zeit viel mehr achte, als auf das Charaktersetting selbst. Dadurch ist es mir erst aufgefallen. Aber genauso bleibt die Frage, wie man diese handwerkliche Seite noch mehr ausbauen kann. Was überhaupt dazu gehört.

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Beitrag von Neverman Mo 21 März 2011 - 9:42

Ja, darauf habe ich auch keine wirkliche Antwort.^^
Genauso könnte man fragen, wie man naturalistisch malt, oder eine imposante klassische Sinfonie komponiert. Es gelingt einem, oder nicht, man kann es nicht zwangsläufig durch Übung erreichen, es ist eine Sache der individuellen Genialität.
Womöglich kommst du durch die Gedanken, die du dir darüber machst, schon sehr nahe an den Zenit dieser Dinge heran, wie weit man darüber nachdenken kann. Die andere Seite ist die Praxis, denke ich. Nicht überlegen, wie man einen authentischen Charakter einführt, sondern wie die Geschichte einen Charakter authentisch erscheinen lässt. Denn erst durch Handlungen und Geschehnisse, gewinnt dein Charakter die Farbe, die er benötigt. Wie bei einem großen Gemälde oder einer Sinfonie ist es nicht dieses kleine Element, dass alles bestimmt, sondern die Gesamtheit der Dinge, die die kleinen Sachen so genial erscheinen lässt.
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Beitrag von USS Nelame Mo 21 März 2011 - 9:58

Neverman schrieb:Genauso könnte man fragen, wie man naturalistisch malt, oder eine imposante klassische Sinfonie komponiert. Es gelingt einem, oder nicht, man kann es nicht zwangsläufig durch Übung erreichen, es ist eine Sache der individuellen Genialität.
Was für ein Blödsinn. Ich komponiere jetzt an meiner dritten Symphonie. Und es ist einfach. Jeder könnte das. Man kann alles lernen, am meisten durch Übung. Ich denke, mit meiner zweiten Symphonie und meiner Tondichtung aus 2009 ist mir der Durchbruch gelungen, was das Handwerk angeht. Es sind ganz einfache, technische Dinge, die es zu beachten gilt und dann natürlich Thema, Melodie, Instrumentation und so weiter... Genau das Selbe Prinzip auch beim Schreiben. Zugegeben, das Handwerk ist das Eine und der wirtschaftliche Erfolg das Andere. Aber wenn das eine passt, ist das andere greifbarer.
Ich halte nichts davon, alles immer auf Talent zu schieben. Tallentiert sind wir alle, sonst würden wir uns nicht für das Schreiben interessieren. Aber man kann das Schreiben lernen. Genauso, wie das Komponieren. Man kann alles lernen. Die Frage ist, ob es sich für die Ideen lohnt, die man hat. Und ich für mich denke, dass es das tut.

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Beitrag von Neverman Mo 21 März 2011 - 10:06

Vielleicht interpretierst du das Wort Talent anders als ich. In meinen Augen ist Talent ausschlaggebend dafür, wie schnell man Fortschritte macht und wie weit man in der Profession kommt. Wenn du meinst, es sei sehr einfach und schnell durch Übung zu erreichen, gehe ich einfach mal von einem gewissen musikalischem Talent aus, oder von maßloser Selbstüberschätzung (hab ja noch nix gehört).
Nein, ich denke nicht, dass das Blödsinn ist.
Ich wollte auch weniger auf Talent hinaus, sondern eher auf die Zwangsläufigkeit des Versagens, wenn man versucht, etwas zu erzwingen. Gelingt es dir, etwas geniales zu schreiben, komponieren, zeichnen, wenn du es willst? Ich glaube nicht. Ich halte die Inspiration für einen ausschlaggebenden kreativen Anschub, der benötigt wird, um etwas gutes zu schaffen.

EDIT: Üben kann jeder. Aber zwei Menschen mit denselben Stiften, demselben Papier und derselben Zeitspanne, die ein und dasselbe Objekt malen, werden am Ende ein anderes Ergebnis, eine ganz andere Lernentwicklung vorweisen. Für mich ist Talent ebenso wie Kunst Leidenschaft. Leidenschaft in dem Gebiet, dass einen fasziniert. Leidenschaft beim üben, gesteigerte Konzentration und eine gewisse Affinität, die einem, wie natürlich, zu gewissen Dingen hinzieht. Und manche haben das und manche nicht. Das ist Talent.
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Beitrag von Seido Mo 21 März 2011 - 17:54

Die einzigen Antworten, die jetzt kamen, waren Klischees ohne Ende...

Meine subjektive Wahrnehmung und mit ziemlicher Sicherheit nahezu einzigartige Empfindung über die Darstellung von Charakteren ist ein Klischee?
Tuanas Aufzählung, in der sich tatsächlich Punkte befinden die du selbst später als Eigenschaft eines gelungenen Charakters aufzählst sind Klischee?
Du hast gerade so einen Riesenfail hingelegt, das ahnst du gar nicht.

Es gibt nur ein einziges Zauberwort, dass als Antwort auf deine Frage gelten kann:
Authentizität.

Vielleicht ist dir beim Lesen meiner Posts entgangen, dass es genau darum geht. Die Gedanken meiner Charaktere authentisch darstellen. Daher weise ich dich noch einmal explizit darauf hin.

Bevor man versucht sich als den Wichtigtuer schlechthin hinzustellen, indem man anderer Leute antworten durch den Dreck zieht, sollte man die Postings der anderen User lesen und verstehen. Ich bezweifle, dass du auch nur den ersten Punkt getan hast.
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Beitrag von Ockzor Di 22 März 2011 - 1:05

Scheinbar gab mein Werk den Impuls für diese Diskussion. Die Kritiken will ich jedoch erst nach Abschluss der Runde kommentieren.

Nur so viel: Tiefe ist eine Ausdehnung. Genau wie Länge. In einer Kurzgeschichte von vielleicht 2000 Wörtern wirklich komplexe Charaktere einzubauen ist recht schwer, erst Recht in Kombination mit einer aufwendigen Handlung. Im besten Fall kann man Andeutungen machen, welche ein großer Teil der Leserschaft dann überliest, bzw. anders interpretiert.

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Beitrag von USS Nelame Di 22 März 2011 - 2:30

Geist schrieb:Scheinbar gab mein Werk den Impuls für diese Diskussion. Die Kritiken will ich jedoch erst nach Abschluss der Runde kommentieren.
Ich hatte schon länger vor, Diskussionen dieser Art zu starten, ich hätte diese Diskussion auch unabhängig von deinem Beitrag gestartet, allerdings zu einem späteren Zeitpunkt. Dein Beitrag hat lediglich den Anlass geliefert, diese Diskussion als erste von einer Reihe von Diskussionen zu starten, die ich in nächster Zeit noch eröffnen werde.

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Beitrag von Paoment Di 22 März 2011 - 8:09

Okay, da hat sich ja eine brennende Diskussion ausgebreitet^^ Very interesting.
So back to theme!
Ein tiefer Charakter ist natürlich recht schwer hinzukriegen. Meiner Meinung nach neben Dramaturgie einer der schwierigsten Aspekte des Schreiberlingentums.
Ich denke, ein Charakter muss einfach authentisch sein. Man muss ihm abkaufen, dass es ihn wirklich geben könnte. Dabei macht es keinen Unterschied, ob es ein Nachtelf oder ein 0815-Typ ist. Daher würde ich zum Beispiel Nevermans Aussage, Fantasy sei tot. Käse, es gibt auch dort schwarze Schafe der Chara-Gestaltung, das stimmt. Aber die gibt's in jedem Genre. Eben so viele Werke haben wirklich interessante Charaktere, die auch in die Tiefe gehen, wie man so schön sagt.
Ich wüsste nicht, warum das in Fantasy anders als in anderen Genres sein sollte. Die Probleme sind die selben, nur die Kulisse ist eine andere.
Aber zurück zum eigentlichen Thema.
Eben, authentisch muss ein Chara sein. Ich hasse nichts mehr, als wenn eine Person unglaubwürdig rüberkommt. Furchtbar so was. Sie darf den grösste Arsch der Welt verkörpern, solange ich ihr das abkaufe.
Ich denke, für den Autor ist dieses Reale die grosse Schwierigkeit. Du kannst deine Persönlichkeit nicht in verschiedene Personen teilen. Nur Seido, die olle Schizo-Braut kann das.
Deshalb braucht es sehr viel Übung, bis man authentische Charaktere hinbringt, es sei denn, man schreibt immer über sich selbst. Was man genau genommen ja auch immer ein bisschen tut, ist aber eine andere Geschichte.
Daher ist es recht schwer, tiefe Charas auszuarbeiten.

Konfus wie immer, aber ich hoffe, einige haben irgendwas verstanden^^

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Beitrag von Neverman Sa 26 März 2011 - 6:53

@Seido:
Mein Fehler.
Aber ja, ist es.
Und meine Vorstellungen sind es auch, alles ist ein gottverdammtes Klischee. Und das ist auch der Grund, wieso ich nicht mehr schreibe.
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Beitrag von Uzumaki Mo 11 Apr 2011 - 9:17

Für mich macht ein gelungener Charakter aus, dass er facettenreich ist, was bedeutet, dass er nicht immer auf eine Sache gleich reagiert, sondern dass er vielleicht im Laufe einer Handlung lernt, sich zu verändern, je nachdem, um was für eine Geschichte es sich dabei handelt..Auch, wenn er eine eigene Persönlichkeit hat, sollte er anderen zustimmen können, anstatt nur auf seiner Seite zu bleiben..
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Beitrag von USS Nelame So 1 Mai 2011 - 4:35

So, ich hatte vor langem ja mal diesen Thread gestartet, ohne zu sagen, wie ich Charaktertiefe aufbaue. Das möchte ich hiermit nachholen und drei Methoden vorstellen, die ich nutze, um Charaktere zu erschaffen:


1.) Die Geschichte in der Geschichte:
Kein Charakter fällt vom Himmel, Jeder wird geboren, hat eine Kindheit, Jungend und ein Alter der Erwachsenwerdung. Meine eigenen Erfahrungen in Therapie und Klinikaufenthalt haben mir dabei sehr gut zu verstehen gegeben, dass alle Aktionen, selbst die aus frühster Kindheit dazu beitragen, einen Charakter später zu formen. Wurde das Kleinkind von seinen Eltern geliebt? War es integriert in der Schule? Wie hat es gelernt, Beziehungen aufzubauen?
Das alles zeichnet sich später im Leben eines Menschen ab, oft gibt es feste Muster, die sich immer wieder wiederholen. Sei es die tragische Liebe, die darauf abzielt, den Schmerz von damals wieder wach zu rufen, weil die Kindsmutter im Alter von 2 Jahren gestorben ist. Oder die große Angst vor Verlust, weil sich im Alter von 5 Jahren die Kindseltern geschieden haben. Das alles sind wesentliche Details, die dazu beitragen einen Charakter zu formen und ihn tiefer bzw. realistischer wirken zu lassen.
Will man also einen guten Charakter erzeugen, egal ob in einer Kurzgeschichte oder in einem Roman, dann muss man über dessen Herkunft und Vergangenheit als Autor wenigstens eine Ahnung haben. Denn ob ich das habe, merkt später der Leser!


2.) Emotionen ohne Emotionen zu nennen:
Jeder normale Mensch hat Emotionen. Wieso also nicht auch eine Figur aus einem Roman? Die Wahrheit ist, dass die meisten Figuren Emotionen haben, der Autor diese aber schlecht oder gar nicht vermittelt. Denn damit der Leser diese erkennt, muss ich als Autor sie rein schreiben. Geschickt ist es dabei, das Prinzip "Show, don't tell" anzuwenden. Hat mein Charakter Angst ist es viel besser, wenn ich kurz mal beschreibe, wie seine Hände zittern, anstatt zu sagen "angstvoll blickte er drein".
Wie sieht denn seine Emotion aus? Das ist es, was ich immer präsent haben muss. Nicht, wie es sich anfühlt. Das kann auch interessant sein, insbesondere, wenn ich aus der Sicht des Protagonisten schreibe. Aber als Erzähler ist meine Aufgabe, das zu nennen, was wesentlich ist und so Atmosphäre zu erschaffen. Hat mein Charakter also Angst, lasse ich ihm die Hände zittern, ist er wütend, ballt er die Faust und fühlt er sich wohl, dann lasse ich ihn einmal lächeln. Das alles ist viel wirkungsvoller, als andauernd zu schreiben "jetzt fühlt er sich gut" - "gerade ist er voller Angst" - "am liebsten würde er vor Scham in den Boden sinken" etc.


Ich denke also bin ich:
Genauso, wie jeder Charakter Emotionen hat, hat auch jeder Charakter Gedanken und bestimmte Gedankenstrukturen, die ich als Autor gerne auch einmal aufgreifen darf. Denn sobald ich einmal beschreibe, wie mein Protagonist die Umwelt reflektiert, wird er glaubhaft und lebendig. Dabei ist es egal, ob ich ihn mal erwähnen lasse, wie hässlich er ein Bild findet, wie gerne er nun was zu trinken haben möchte, oder dass er eine andere Person scharf findet.
Wichtig auch hier: Show, don't tell.
Um also mal die genannten Beispiele aufzugreifen, will ich hier erörtern, wie ich es schreiben würde. Stellen wir uns vor, mein Protagonist steht in einem Museum und schaut sich gerade ein Bild an. Dann ist es geschickter, wenn ich in der Situation schreibe: "Diese Kombination aus grellem grün und mattem lila ist wirklich abscheulich" anstatt "Man, ist das Bild scheiße". Das hat gleich zwei Vorteile:
Erstens mein Protagonist erscheint gebildeter, weil er sich fundierte Gedanken macht. Und zweitens erhält auch der Leser dadurch eine gewisse Ahnung, wie das Bild wohl aussehen mag und kann selber entscheiden, ob er dem Protagonisten zustimmt, oder nicht.


Alle drei Methoden sind als Beispiele dafür gemeint, wie ich den Leser lenken würde und ihm einen Charakter näher bringe, ohne ihn dabei einzubauen in ein Bild, das ich ihm ohne Interpretationsraum präsentiere. Und vielleicht könnt ihr ja auch etwas damit anfangen glücklich

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Beitrag von Mailea Di 21 Jun 2011 - 5:38

Das wichtigste bei der Wie-Gedanken-realistisch-machen-Sache(und beim Charakter realer erscheinen lassen), ist denke ich, dem leser nicht das fertige Endprodukt hin zu klatschen:
Er beschloss noch zu warten.
Es wirkt viel authentischer, wenn man den Gedankenweg aufzeigt:
Als er die Wachen sah, überlegte er fieberhaft, ob es nicht besser wäre,sich noch bis zum Einbruch der Dunkelheit zu gedulden, da er plötzlich auch bemerkte, wie wenig Verstecke die weite Graslandschaft vor ihm bot.
Schließlich beschloss er,.noch zu warten.
Ein guter Weg, einen Charakter zu definieren, ist es auch, hin und wieder einfliesen zu lassen, wie seine Mitmenschen über ihn denken.
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