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Therapeutisches Schreiben

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Therapeutisches Schreiben Empty Therapeutisches Schreiben

Beitrag von USS Nelame Di 1 Feb 2011 - 14:48

Immer wieder ist das ja ein Thema, das therapeutische Schreiben, zu dem man sehr unterschiedlich stehen kann.
Nun habe ich heute Abend einen Bericht im Fernsehen gesehen, in dem behauptet wurde, dass alles Schreiben in gewisser Weise Therapeutisch ist. Beispielsweise begegnen wir in unseren Geschichten manchmal Situationen, die durch Gefühle mit eigenen Erlebnissen aus unserem Leben verbunden sind. Sei es die Kussszene, die mit unserem ersten Kuss verbunden ist oder eine Gewalt- oder Folter-Szene, die für uns unbewusst mit Ereignissen aus unserer Vergangenheit geknüpft ist. Als Name wurde das Prinzip der "Rückholung" genannt und die "Projektion".

Jetzt ist meine Frage: Was haltet ihr von der These, dass ein Großteil aller Schreibarbeit im Prinzip therapeutisch ist?

Jetzt im Nachhinein, wo ich darüber nachgedacht habe, halte ich die These für plausibel, denn auf meinen Roman angewandt kann ich sie tatsächlich bestätigen. Die Reise als Sinnbild für die eigene Entwicklung oder die Charakterentwicklung als Sinnbild meiner eigenen Entwicklung... da gibt es viele Parallelen. Ist es bei euch ähnlich?

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Beitrag von Neverman Di 1 Feb 2011 - 15:56

Absolut plausibel und geradezu logisch. Ist unser ganzes Leben doch mit projezieren und reflektieren verbunden. Ob man ein Gemälde malt, ein Buch schreibt, oder Musik komponiert, sie trägt nicht nur unsere Note, sondern auch die Note unserer Umwelt in sich. Wäre das nicht so, wäre Kunst unpersönlich.
Von daher ist wahrer Autodidaktismus in gewisser Weise eine Lüge und auch das Schreiben einer Geschichte, die Nichts mit einem Selbst zu tun hat, unmöglich.
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Beitrag von Scrivatore Mi 2 Feb 2011 - 5:22

Ich kann das bestätigen und finde es auch gut so.
Ich habe vor ein paar Jahren eine Geschichte geschrieben, sie ging um ein Mädchen, dessen Eltern sich trennen, dessen Hund überfahren wird und ihre große Liebe findet. Ich gab sie meiner Oma zum lesen und sie fand viel von meiner persönlichkeit drinnen. Denn als ich sie schrieb, knisterte es in der Beziehung meines Vaters mit seiner Freundin (die ich sehr mochte), nach dem ich sie schrieb, mussten wir unseren Hund hergeben, das war vorher aber schon bekannt und ich träume von meiner großen Liebe.

Dass Schreiben therapeutisch ist, kann sogar die Therapeutin einer bekannten bestätigen. Denn diese hatte zu ihr mal gesagt, es bestehe nie die Gefahr, dass ICH depressiv werden könnte, weil ich alles mit meinen Texten verarbeite. Die Bekannte dagegen malt nur, aber selten und dadurch ist sie da rein gerutscht.

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Beitrag von Neverman Mi 2 Feb 2011 - 16:36

Mmmh, da ich Künstler bin, muss ich da einschreiten.^^
Sicher, Zeichner, maler, etc. haben Depressionen wie jeder andere Mensch auch, schreiben alleine ist aber kein Patentrezept. Den menschen geht es nunmal schlecht, diesen Gefühlen kreativ auf den Leib zu rücken, heißt nicht, dass es sofort funktioniert. Schriftsteller sind teilweise ihr ganzes Leben durch lange Depressionen geprägt und womöglich sind gerade deswegen einige ihrer Arbeiten gut.
Von daher sollte man den therapeutischen Sinn nicht überbewerten. Durch Kunst kann man sich mit sich selbst besser auseinandersetzen, was aber nicht heißt, dass alle Probleme dadurch gelöst werden.
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Beitrag von Laurentia Sa 19 Feb 2011 - 11:23

Für mich klingt die These echt vernünftig.
Natürlich können wir nur über Dinge schreiben, die sich nicht außerhalb unseres Horizonts befinden und wir damit sich etwas nicht außerhalb unseres Horizonts befindet, müssen wir in irgendeiner Form eine Verbindung dazu haben. Niemand wird bestreiten, dass man theoretisches Sachwissen irgendwann einmal gelernt hat. Aber auch Gefühle hat man nicht urinstinkt-mäßig in die Wiege gelegt bekommen, sondern muss jedes einzelne für sich selbst erfahren. Somit können wir also nur das wiedergeben, was wir selbst bereits am eigenen Leib gespürt haben. (Es sei denn, wir haben es irgendwo gelesen oder davon gehört, aber dann werden unsere Beschreibungen wohlmöglich unauthentisch.)

Ich weiß nicht, ob das jetzt direkt etwas mit "therapeutischen Schreiben" zu tun hat, aber vor jeder Nachhilfestunde lasse ich meine Schüler fünf Minuten lang schreiben - irgendwas, es wird hinterher nicht vorgelese oder herumgezeigt, hauptsache man schreibt durchgängig und hält dabei den Mund. Das tu ich nicht etwa aus Angst um mein Nervenkostüm (obwohl - auch), sondern viel eher weil die Kinder danach einen klaren Kopf haben und ihr Kurzzeitgedächtnis, also all die Dinge, die sonst in bahnbrechender Geschwindigkeit ausihnen rausgesprudelt wären, auf andere Art und Weise bereinigen können. Ja. Hat nicht mehr allzu viel mit der Ausgangsfrage zu tun, aber ist ein guter Tipp... ^^
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