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Die Austauschbarkeit des Individuums

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Die Austauschbarkeit des Individuums Empty Die Austauschbarkeit des Individuums

Beitrag von Paoment Sa 2 Jun 2012 - 12:52

Neulich hatte ich eine interessante Unterredung mit einer Freundin von mir. Mir gings mal wieder dreckig, was in letzter Zeit häufig vorkommt, und wir unterhielten uns gerade darüber, dass ich scheinbar für niemanden auf der Welt etwas wert bin und auch niemand überhaupt etwas von mir wissen will. Meine Ansichten.
Sie erwiderte darauf nur, ich müsse mich mit dem Gedanken abfinden, dass alle Menschen als Individuen austauschbar seien. Sie meint das so: Ein Mensch braucht allein zwischenmenschliche Beziehungen. Wie und mit wem er diese auslebt, ist jedoch egal. Also sagt sie, dass die Person völlig unwichtig ist, das einzige, was zählt, ist die Beziehung.
Ich kann mich ihrem Standpunkt nicht ganz anschliessen, aber bin mir eigentlich recht unsicher, was ich jetzt denken soll.
Was denkt ihr?
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Beitrag von Anyanka Sa 2 Jun 2012 - 22:29

Ich denke, das ist eine ziemlich vereinfachte Version der Realität, die deine Freundin da anführt. Sicherlich braucht der Mensch zwischenmenschliche Beziehungen und wenn er keine Wahl hat, baut er diese eben zu den Menschen auf, die da sind. Aber wenn er die Wahl hat, wird er sich die Individuen suchen mit den die Beziehungsqualität am höchsten ist. Sollte er zumindest, wenn er nicht gerade unter irgendwelchen Komplexen leidet, die ihn dazu veranlassen zu glauben er hätte keine Beziehungen verdient, die ihm gut tun.

Ich habe nicht so viele zwischenmenschliche Beziehung in meinem Leben. Natürlich die, die durch Familienbande automatisch da sind. Aber auch da ist es mir nicht egal mit wem ich zusammen bin. Der Eine tut mir gut, der andere weniger. Die wichtigsten Beziehung außerhalb der Familie - meine kleine Familie - sind wohl mein Freund und meine beste Freundin. Und die sind defintiv nicht austauschbar.

Mit meiner besten Freundin hatte ich mich auch schon so zerstritten, dass es zum Bruch gekommen ist, aber wir haben uns einfach zuviel bedeutet, um den Bruch entgültig sein zu lassen. Wäre es egal mit welchen Individuum diese Freundschaft besteht, dann hätten wir uns sicher nicht die Mühe gemacht und uns wieder zusammengerauft.

Generell würde man sich einfach abwenden, wenn es in einer Beziehung zu Problemen käme, wenn das Individuum nicht wichtig ist. Ist es aber.

Oder noch ein viel besseres Beispiel: Eine andere Freundin, hätte dich vielleicht in den Arm genommen und dir gesagt, dass du wertvoll für sie bist. Anderes Individuum, andere Beziehungsqualität, ergo ist das Individuum nicht einfach austauschbar.
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Beitrag von Paoment Sa 2 Jun 2012 - 22:54

Andererseits hätte es aber auch sein können, dass diese Freundin, die mir diesen Rat gegeben hat, eine völlig andere gewesen wäre. Es hätte sein können, dass ich mich nicht an meinem ersten Tag im Kindergarten neben sie gesetzt hätte sondern neben eine andere Person. Wir wären dann Freunde geworden, wir wären dann zusammen aufgewachsen und sie hätte mir dann den Ratschlag gegeben. Sie wäre dann eine andere Person, ich hätte aber trotzdem noch die gleiche Beziehung zu ihr.

Ich habe zwar zwischenmenschliche Beziehungen in meinem Leben, aber die meisten gehen mir nicht so nahe, dass man sie, nüchtern betrachtet, nicht austauschen könnte. Klar denke ich mir, ja die einzelnen Individuen sind wichtig für mich, es sind alles verschiedene Menschen und ich mag verschiedene Charaktereigenschaften an ihnen, aber wenn ich jetzt andere Menschen kennengelernt hätte, würde ich diese dann weniger mögen? Ich würde sie vielleicht wegen anderen Eigenschaften mögen, weil sie ja anders wären, aber ich würde genau gleiche eine Beziehung zu ihnen aufbauen.
Das hat mich in letzter Zeit recht nachdenklich gemacht.

Aber natürlich stimmt es, dass alle Menschen individuell und einzigartig sind und der Verlust eines solchen Menschen kann nicht im klassischen Sinn "ersetzt" werden.
Da stimme ich dir zu.
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Beitrag von Anyanka Sa 2 Jun 2012 - 23:06

Ich denke nicht, dass man zu verschiedenen Menschen die gleiche Beziehung haben kann. Alleine schon wenn du unterschiedliche Menschen aus unterschiedlichen Gründen magst, ist die Beziehung doch anders. Und selbst wenn sie gleich ist, ist sie nicht die Selbe. Ich finde das einfach zu undifferenziert.

Es gibt natürlich auch bei mir Menschen für die ich ein ähnliches Gefühl habe, aber dennoch ist es nicht das gleiche Gefühl.

Beziehung sind doch keine Linien auf dem Papier. Die haben so viele Facetten. Als Mensch neigt man vielleicht dazu bestimmte Beziehungsmuster zu haben, aber ich denke auch das ist etwas, was man durchbrechen kann.
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Beitrag von USS Nelame So 3 Jun 2012 - 0:33

Doch, ich verstehe die Ansicht deiner Freundin und teile sie auch bis zu einem gewissen Teil, denn:
Die meisten Menschen sind für mich die Bezeichnung "Individuum" nicht wert. Wer ist denn wirklich individuell? Etwa die zig Millionen graue Masse Typen, die alle nur irgendwelchen gesellschaftlich, modisch, politisch oder kapitalistisch diktierten "Gesetzen" nachjagen?
Was ist heutzutage noch individuell daran, dass man studiert, oder dass man einen Job ergreift, oder wie man sich anzieht oder was man überhaupt tut? Wer sticht heutzutage noch aus der Masse hervor, lebt sein eigenes Leben oder schafft es sogar, andere zu inspirieren? Außer ein paar wirklich herausragenden Künstlern doch niemand mehr.

Nein, Individuum wird man durch seinen Charakter und seine Fähigkeit, frei und mündig nachzudenken. Eben nicht alles zu akzeptieren, was man einem zumutet und sein Leben selbstbestimmt zu leben. Und das alles zu entwickeln gelingt nicht vielen Menschen.
Paoment, dass es dir schlecht geht und du Depressionen hast ist das sicherste Zeichen dafür, dass du eben anders bist, als all diejenigen, die ich hier bisher genannt habe. Denn das bedeutet, dass du mit der Situation, wie sie ist, nicht zurecht kommst und dich nicht mehr verstellen magst oder kannst. Ein sicheres Zeichen dafür, dass du auf dem Weg zu einem echten Individuum bist, denn du machst dir mehr Gedanken über dein Leben, den Sinn deines Lebens und deiner Wertigkeit, als andere.
In letzter Zeit streben meiner Ansicht nach wieder mehr Menschen danach, einen echten, individuellen Charakter zu entwickeln und das würde sie auch wirklich einzigartig und wertvoll machen. Das, was unersetzbar ist, ist nun mal der Charakter des einzelnen. Und derjenige, der es schafft, bei dieser Entwicklung auch mal über den Tellerrand der Schule, der Ausbildung, des Studiums, des Berufs, der Familie, der Freunde und gegebenenfalls auch der Religion hinaus zu schauen und sich mehr Gedanken, als nur die über das eigene Geld, Aussehen oder den eigenen Vorteil zu machen, der wird unersetzbar, weil er damit die Chance ergreift, an Erkenntnissen, an Wissen, Freiheit und (heutzutage wirklich eine Seltenheit) an Weisheit zuzunehmen.

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Beitrag von Anyanka So 3 Jun 2012 - 0:56

Vielleicht muss man sich auch mal die Mühe machen hinzusehen, um die Individualität von Personen zu erkennen? Ich fände es irgendwie schade, Menschen abzuurteilen, weil sie einfach versuchen zu leben. Auch wenn sie das vielleicht wie viele andere tun, sind sie nun einmal nicht viele andere, sondern nur sie selbst.

Zwar finde ich es auch bedenklich, dass die Zahl psychischer Erkrankungen stetig zunimmt - das ist für mich ein sicheres Zeichen, dass in unserer Gesellschaft irgendwas nicht stimmt - aber ich würde das jetzt nicht als eine Art "Auszeichung" hinstellen für besonderen Individualismus.

Mir widerstrebt es auch, nur Menschen als individuell zu betrachten, die auf irgendeine Weise berühmt sind. Individualismus, heißt doch nicht, dass einen jeder kennt. Und manche Menschen wirken eben im Kleinen. Das heißt aber nicht, dass sie keine wertvollen Individuuen sind.
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Beitrag von Paoment So 3 Jun 2012 - 1:49

Ich verstehe euch beide. Oder zumindest denke ich, ich verstehe euch, man kann nie jemanden hundertprozentig so verstehen, wie er etwas meint, dafür ist unsere Sprache zu ungenau.

Ich fühle mich nicht, besonders, weil ich Probleme habe, Nelame. Ich hätte ehrlich gesagt lieber keine. ich bin nicht gerade erfreut über meine Depression und dass sie mich gar auszeichnet, das lasse ich nicht zu. Ich bestehe aus mehr als nur aus Depressionen und das soll auch so bleiben. Logisch mache ich mir in meiner momentanen Situation mehr Gedanken über michselbst und in diesem Punkt muss ich dir zustimmen, das macht Leute individuell. Sich aus der Masse erheben (wenn auch nur in Gedanken) und versuchen, sein eigenes Leben zu leben, so wie man will und nicht so, wie die anderen es von einem verlangen.
Diesen Punkt habt ihr beide angesprochen und ich finde ihn enorm wichtig. Ich verstehe meine Freundin schon so insofern, dass ein Mensch immer Beziehungen hat und ob die jetzt mit Person A oder Person B sind, ist einerlei. Es entsteht immer eine Beziehung. Ob diese die gleiche wäre, sei dahingestellt, aber es entsteht eine Beziehung. Menschen führen halt Beziehungen.
Aber man muss sagen, dass auch das Individuum, mit der man die Beziehung aufbaut, einen Einfluss hat. Auf die eigene Person, auf die Zukunft... Ich zum Beispiel wäre nie, wenn meine Freundin nicht gewesen wäre, auf diese Schule gekommen, an der ich jetzt bin und eigentlich die schönste Zeit meines Lebens verbringe. Zum ersten Mal darf ich ICH sein, muss mich nicht verstecken. Und da stimme ich dir wieder zu, Nelame. Es macht zuerst mal unglücklich, man selber zu sein, weil man nicht nur auf positive Resonanz stösst. Aber es ist sicher besser, als einfach in der Bedeutungslosigkeit zu versinken...
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Beitrag von USS Nelame So 3 Jun 2012 - 2:44

Anyanka schrieb:Vielleicht muss man sich auch mal die Mühe machen hinzusehen, um die Individualität von Personen zu erkennen? Ich fände es irgendwie schade, Menschen abzuurteilen, weil sie einfach versuchen zu leben. Auch wenn sie das vielleicht wie viele andere tun, sind sie nun einmal nicht viele andere, sondern nur sie selbst.
Falsch, ich beurteile die Menschen nicht daran, wie sie versuchen zu leben, sondern wie viele Gedanken sie sich darüber gemacht haben, wie sie leben. Ganz einfache Frage zum Beispiel: Wer erklärt sich denn freiwillig in dieser Welt bereit, ohne Geld zu leben? Wer kommt überhaupt auf die Idee, dass es ein Leben ohne Geld geben könnte?
Weitere Fragen wären: In wie fern können sich diese Menschen in andere hinein versetzen?
Wie benehmen sie sich, wenn sie Extremsituationen ausgesetzt werden?
Wie reagieren sie unter Stress?
Welche Prioritäten setzen sie im Leben? (Wenn da unter den ersten dreien z.B. "Familie", "Geld" oder "Ruhm" vorkommen, handelt es sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit um stereotype Individuen).

Zwar finde ich es auch bedenklich, dass die Zahl psychischer Erkrankungen stetig zunimmt - das ist für mich ein sicheres Zeichen, dass in unserer Gesellschaft irgendwas nicht stimmt - aber ich würde das jetzt nicht als eine Art "Auszeichung" hinstellen für besonderen Individualismus.
Eine Auszeichnung ist es nicht, denn dann wäre es ja was Positives. Es ist viel mehr ein Zeichen, dass man mit dem, was die Gesellschaft einem als Individualität verkauft, nicht zurecht kommt oder richtiger Weise nicht als echte Individualität erkennt.
Es ist viel mehr ein Zeichen, dass man den falschen Weg identifiziert hat, aber den richtigen nicht kennt. Die Auszeichnung beginnt da, wo man selber in der Lage ist, sein Leben zu leben und dabei uneingeschränkt glücklich wird.

Mir widerstrebt es auch, nur Menschen als individuell zu betrachten, die auf irgendeine Weise berühmt sind. Individualismus, heißt doch nicht, dass einen jeder kennt. Und manche Menschen wirken eben im Kleinen. Das heißt aber nicht, dass sie keine wertvollen Individuuen sind.
Nein, da hast du mich auch falsch verstanden. Das war lediglich ein Beispiel für echte Individuen, das auch jeder nachvollziehen können sollte. Damit wollte ich nicht sagen, dass man berühmt sein muss, um ein Individuum zu sein, sondern nur, dass es bei Berühmtheit besonders auffällt, wie individuell man ist (oder eben nicht ^^).

Und es freut mich, wenn ich dir ein paar Ansatzpunkte geben konnte, Paoment.
Ich finde auch, letztendlich ist es egal, mit wem man eine Beziehung aufbaut, denn wichtig ist alleine die Beziehung selbst. Und als jemand, der weiß, was echte Liebe ist, kann ich inzwischen voller Überzeugung sagen: Man kann zu jedem Menschen eine Beziehung aufbauen, man kann sogar jeden Menschen lieben, wenn man nur will. Auf der Ebene werden sie alle gleich bedeutend, egal wie individuell sie sind, oder nicht, denn jeder hat auf seine Art und Weise Vor- und Nachteile, die eine jede Beziehung einmalig machen. Selbst bei achtmilliarden Menschen auf der ganzen Welt gibt es eine Beziehung nie zweimal. Es kann sein, dass sich die Formen der Beziehungen einander sehr ähneln, fast sogar angleichen. Aber es wird immer Unterschiede geben - und seien sie noch so gering.
Ich bin mir aber nicht sicher, in wie fern dieser Punkt noch mit der Diskussion über das Individuum zusammen hängt. Eigentlich sind das zwei verschiedene Punkte, würde ich sagen. Diese Diskussion versucht nur, sie miteinander in Verbindung zu setzen und das halte ich für bedenklich, wenn nicht gar falsch, denn wie ich schon festgestellt hatte: Dafür, dass eine Beziehung entsteht, ist der Grad der Individualität irrelevant. Die Individualität bestimmt meiner Meinung nach lediglich, wie die Beziehung auf Dauer geformt wird, oder wie interessant sie sich gestaltet.

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Beitrag von Anyanka Mo 4 Jun 2012 - 1:19

Nelame, ie Frage ist, kennst du alle Menschen so gut, dass du weißt welche Gedanken sie sich machen? Jemand kann ganz bieder leben, was aber nicht heißt, dass seine Gedanken nicht in eine ganz andere Richtung gehen können. Okay, beim Thema Geld bin ich ganz bei dir, aber hinter Ruhm kann auch ein exzentrischer Künstler stecken und Familie hat sowieso sehr viele Gesichter. Wenn du die Menschen erst beurteilst, nachdem du die Antworten auf deine Fragen hast, dann ist das natürlich in Ordnung.

Mir schien es so als würdest du die Selbstreflektion, die z.B. mit einer Depression einhergeht durchaus als etwas Positives betrachten. Ist es in dem Sinne ja auch, wenn man dadurch die ersten Schritte macht um aus dem Loch zu kommen. Für mich stellt sich halt nur die Frage, ob wir alle erst krank werden müssen, bevor sich irgendetwas an dem Weg ändert, denn die Gesellschaft bis jetzt eingeschlagen hat.

Berühmtheit sehe ich sehr zwiegespalten. Sie kann unter Umständen auch zeigen, wie angepasst man ist. Das sind dann irgendwann die Stars, die mit irgendwelchen Exzessen auf sich aufmerksam machen. Daher für mich kein so gutes Beispiel.

Man kann sogar zu einem Volleyball eine Beziehung aufbauen, wenn ich da an "Cast Away" denke. Und selbst dieser Ball wäre nicht durch einen anderen Ball zu ersetzen gewesen. Klar Beziehungen kann man viele haben. Es sind alles Beziehungen, aber ich sehe es halt nicht so, dass sie alle gleich sind. Und somit ist die Person mit der man die Beziehung hat, eben nicht unwichtig. Dazu muss die Person auch nicht besonders individuell sein, sondern einfach nur sie selbst. Es wird immer Kleinigkeiten geben und seien sie noch so klein, die diese Person auszeichnen und somit der Beziehung eine andere Richtung geben.

Paoment, hat deine Freundin, denn auch diesen Schluss so gezogen, wie du es getan hast? Könnte es nicht einfach darum gehen, dass der Mensch einfach andere Menschen um sich braucht, um "normal" zu leben?
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Beitrag von USS Nelame Mo 4 Jun 2012 - 5:41

Anyanka schrieb:Nelame, ie Frage ist, kennst du alle Menschen so gut, dass du weißt welche Gedanken sie sich machen? Jemand kann ganz bieder leben, was aber nicht heißt, dass seine Gedanken nicht in eine ganz andere Richtung gehen können. Okay, beim Thema Geld bin ich ganz bei dir, aber hinter Ruhm kann auch ein exzentrischer Künstler stecken und Familie hat sowieso sehr viele Gesichter. Wenn du die Menschen erst beurteilst, nachdem du die Antworten auf deine Fragen hast, dann ist das natürlich in Ordnung.
Ich finde, jeder hat eine Chance verdient, sich zu beweisen. Wie soll man sonst andere beurteilen können, wenn man ihnen nicht einmal eine Möglichkeit gibt?
Wie sich die Menschen Gedanken machen, merkt man in der Regel an den Dingen, die ich zuvor schon genannt habe. Einfühlungsvermögen, Stressbewältigungstaktiken usw. ^^

Mir schien es so als würdest du die Selbstreflektion, die z.B. mit einer Depression einhergeht durchaus als etwas Positives betrachten. Ist es in dem Sinne ja auch, wenn man dadurch die ersten Schritte macht um aus dem Loch zu kommen. Für mich stellt sich halt nur die Frage, ob wir alle erst krank werden müssen, bevor sich irgendetwas an dem Weg ändert, denn die Gesellschaft bis jetzt eingeschlagen hat.
Ich fürchte sogar, wenn die Gesellschaft sich nicht von selber ändert, brauchen wir mehr, als nur einen Ausbruch von Gesellschaftskrankheiten. Da kann es dann gut und gerne auch mal zu einer Revolution oder gar einem Krieg kommen und das wird dann blutig. Also wenn wir es "nur" durch psychische Erkrankungen zur Veränderung schaffen, dann haben wir alle noch einmal Glück gehabt.

Berühmtheit sehe ich sehr zwiegespalten. Sie kann unter Umständen auch zeigen, wie angepasst man ist. Das sind dann irgendwann die Stars, die mit irgendwelchen Exzessen auf sich aufmerksam machen. Daher für mich kein so gutes Beispiel.
Ach Gott, es war ein Beispiel. Und natürlich gibt es auch Berühmtheiten, die stereotyper nicht sein könnten lachen
Aber gut - einigen wir uns darauf, dass es ein schlechtes Beispiel war Razz

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Beitrag von Chaosente Do 12 Jul 2012 - 8:53

Ihr vermischt hier zwei Theorien, wenn ich das recht beobachtet habe. Da ist einmal die Theorie von Paos Freundin und dann die von Nelame.
Erstmal die Theorie von Paos Freundin (, die mir auch ein bisschen down erscheint, vllt ist sie nicht die richtige Ansprechpartnerin für solche Dinge, aber nicht meine Angelegenheit). Sie sagt: Alle Individuen können ausgetauscht werden ohne dass es die Menschen stören würde, da Beziehungen austauschbar sind, Hauptsache sie sind da.
Stimm ich absolut nicht zu. Wie könnte dann so etwas wie Liebe geschehen? Eine Liebe, die so stark ist, dass der eine Partner kurz nach dem anderem stirbt (wie das bei alten Leuten wirklich vorkommt), weil sie nicht ohne den anderen Leben können. Wenn ihr meint, das wäre eine Gewohnheit (also der Partner) ohne die sie nicht leben können, dann müssten ja alle sterben. Tun sie aber nicht, nur wenige. Die, die sich wirklich abgöttisch geliebt haben.
Und könnte man deine Mutter austauschen, Pao, Nelame? Ohne dass es euch was ausmachen würde? Würdet ihr dasselbe Verhältnis zu einer Frau haben, die nichts mit euch gemeinsam hat außer euch aufgezogen zu haben wie zu euerer Mutter?
Ich weiß es aus eigener Erfahrung. Ich habe durch Streit einen mir sehr wichtigen Menschen verloren. Und ich habe versucht es zu verhindern, ihn zurückzugewinnen. Warum hätte ich das tun sollen, wenn ich mir doch nur einen anderen aussuchen müsste? „Never mind, i´ll find someone like you?“ So einfach ist es eben nicht. Wir Menschen fügen uns Schmerzen zu, weil Beziehungen so innig sind zu manchen, dass sie nicht austauschbar sind. Nicht, wenn sie tiefgründig sind. Ich wüsste auch, dass ich zu einem andere Jungen, den ich vllt an seiner statt an dem Zeitpunkt kennen gelernt hätte nicht dieselbe Bindung aufgebaut hätte, weil er mich niemals so ergänzt hätte. Und dass ich auch keinen mehr finde, zu dem ich dieselbe Bindung haben werde. Vllt eine ähnliche, vllt auch eine noch bessere, aber nie dasselbe Gefühl.
Zu Nelames: Ich stimme dir zu, dass wir in einer sehr angepasstem Gesellschaft leben, aus der sich auch keiner traut auszubrechen oder nur sehr wenige. Aber dass du denkst du könntest bewerten, ob diese Menschen Individuen sind, finde ich etwas aufgeblasen.
Bedenke einmal was passiert, wenn du dich gegen das System stellst, weil es nicht dir entspricht. Du bist allein, du wirst fertig gemacht werden, ausgeschlossen und wirst Depressionen kriegen und dein Selbstwertgefühl vllt sogar verlieren. Davor haben viele schlicht und ergreifend Angst. Und das zu recht.
Viele sind zu feige das zu tun und auch wenn mich ihr Verhalten ankotzt, kannst du sie nicht bewerten. Sie trauen sich das einfach nicht öffentlich, aber vielleicht sind sie ja Zuhause oder bei anderen Menschen, die sie lieben anders? Zeigen sich von ihrer individuellen Seite. Das kannst du nicht wissen.
Angst ist es, was die Gesellschaft beherrscht
Ich selber schließe mich da nicht aus. Ich versuche auch durch das System zu kommen, aber immer noch meine künstlerische Art ausdrücken zu können. Und allein dieser Spagat kostet mich schon einen hohen Preis.
Vielleicht denkst du beim nächsten Mainstreamopfer, an dem du vorbei gehst einfach darüber nach, dass diese Person vielleicht nur Angst hat und dir und der Umwelt nicht genug vertraut, um ihr wahres Gesicht zu zeigen.

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Beitrag von USS Nelame Do 12 Jul 2012 - 12:13

Chaosente schrieb:Zu Nelames: Ich stimme dir zu, dass wir in einer sehr angepasstem Gesellschaft leben, aus der sich auch keiner traut auszubrechen oder nur sehr wenige. Aber dass du denkst du könntest bewerten, ob diese Menschen Individuen sind, finde ich etwas aufgeblasen.
Bedenke einmal was passiert, wenn du dich gegen das System stellst, weil es nicht dir entspricht. Du bist allein, du wirst fertig gemacht werden, ausgeschlossen und wirst Depressionen kriegen und dein Selbstwertgefühl vllt sogar verlieren. Davor haben viele schlicht und ergreifend Angst. Und das zu recht.
Liebe Chaosente.
Wieso muss ich etwas bedenken, was ich tagtäglich selbst in meinem Leben erlebe? Ich kenne die Konsequenzen, weil ich damit lebe! Weil ich sie auf mich nehme und darunter so sehr leide, dass es mich fast zerbricht.
Das sehr hohe Recht, andere also nach dem Maßstab ihrer Individualität zu bewerten (was so zunächst erst einmal überheblich klingt), verdiene ich mir dadurch. Mit viel Fleiß, Anspruch (an mich selbst) aber auch Schmerz und Verlust. Angst ist für mich kein Argument, denn das einzige Mittel, Angst zu besiegen, ist sich seiner Angst zu stellen. Ergo sind die Menschen, die sich ihrer Angst fügen automatisch schon einmal schwächer, als ich... zumindest in diesem Punkt.
Aber:
Viele sind zu feige das zu tun und auch wenn mich ihr Verhalten ankotzt, kannst du sie nicht bewerten. Sie trauen sich das einfach nicht öffentlich, aber vielleicht sind sie ja Zuhause oder bei anderen Menschen, die sie lieben anders? Zeigen sich von ihrer individuellen Seite. Das kannst du nicht wissen.
Deshalb bin ich auch der Ansicht, dass jeder mindestens zwei Chancen verdient hat. Und außerdem hat man viel mehr vom Leben, wenn man sich auf andere Menschen einlassen kann Zwinkern

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