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Sprachskepsis

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Beitrag von Liesel. Fr 27 Nov 2009 - 10:59

Das haben wir jetzt in der Schule durchgenommen und mich hat's zum Nachdenken angeregt.
Wie weit reicht die Sprache? Was kann sie ausdrücken? Drückt sie überhaupt Wahrheit aus oder ist sie nur eine leere Hülle.
Ich denke, vor allem für schreiberisch aktive Menschen wie uns ein interessantes Thema!

Ich habe des öfteren solche Momente, in denen ich einfach denke: Das ist so außergewöhnlich, so schön, so gefühlvoll, so traurig, so unfassbar...da gibt es keine Worte für. Man versucht irgendetwas rauszupressen aus sich, aber es kommt nichts. Und wenn doch, nur unvollkommen, nicht annähernd so, wie es wirklich ist, wie man es fühlt.

Wie sind da eure Meinungen und Erfahrungen?

Liesel.


PS: Das passt doch gut zur Philosphie, oder nicht?! :moin:
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Beitrag von Kotoba Fr 4 Dez 2009 - 4:10

Ich finde schon dass das gut in den Philosophie Bereich passt ^^

Aber wenn es recht ist, versuche ich das ganze noch ein bisschen zu Erweitern und zwar mit deiner ersten Frage: Wie weit reicht Sprache?

Ich nehme jetzt einmal das beste Beispiel das es dafür gibt, was mir als aller erstes in den Kopf gesprungen ist als ich die Frage gelesen habe: 1984
Dort gibt es etwas das im Deutschen (oder zumindest in meiner Übersetzung) mit NeuSprech bezeichnet wurde. Dort wird die Sprache auf ein Minimum reduziert, sodass das Sprechen sich wie ein kryptischer Code Fetzen anhört. Doch der höhere Sinn dieser neuen Sprache ist die Auslöschung von weiterführenden Gedanken. Den wenn es solche Begriffe wie Freiheit, etc. nicht mehr gibt, nicht im Sprachgebrauch nicht im Gedanklichen Sprachgebrauch, dann hört dieser Begriff schon fast auf zu existieren.
Das könnte man in die Diskussion mit einbeziehen ^^

Das Sprache nur eine leere Hülle ist, das kann manchmal der Fall sein. Wenn jemand über etwas hochkompliziertes referriert, kann es für einen die Erlösung sein, eine Informationsflut oder ein Auslöser für Gefühle, wogegen es für manche Menschen, die es vielleicht einfach nicht verstehen, nur eine leere Hülle darstellt. So kommt es doch meiner Meinung nach auf den Menschen der spricht oder schreibt (Vorgeschichte, Ausdruck, Geschick mit Worten) und den Menschen der hört oder liest (Wissen, Informationen, Aufmerksamkeit) ob nun die Worte ihre gewollte Wirkung entfalten, diese sogar übersteigen oder gar nicht herauskommen.

Das man solche Gefühle nicht ausdrücken kann liegt wohl eher an der limitation der Wörter, da man sprichwörtlich keine Worte dafür findet. Gäbe es spezielle Worte die diesen Zustand, dieses Gefühl ausdrückt, würde es eben solche Worte geben ^^
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Beitrag von USS Nelame Sa 5 Dez 2009 - 3:36

Ja, das ist ein Thema, das genau hier rein gehört und wo ich mich auch direkt zu äußern möchte.


Die Sprache hat leider so unglaublich viele Grenzen, dass es mir jetzt schon generell sehr schwierig erscheint, dass man mit ihr das ausdrücken kann, was man mit Musik, mit Bildern oder mit irgendeiner anderen Kunst ausdrücken kann. Der Zugang zu etwas Größeren, Künstlerischen kann mit der Sprache nur gelingen, wenn man aufhört, sie wissenschaftlich oder grammatikalisch zu betrachten und anfängt, den Ausdruck eines jeden Wortes selbst zu begreifen und zu fühlen. Im Prinzip muss man erst einmal, bevor man anfangen kann, in einer Sprache zu schreiben, diese Sprache noch einmal komplett neu lernen, bevor man mit ihr Kunst ausdrücken kann.

Ein ganz simples Beispiel: Die Sprache hat zwar Worte für das Instrument Geige - aber sie ist unfähig auf nur einen einzigen Ton dieses Instrumentes genauso ausdrucksstark zu beschreiben, wie der Ton dann selber in Wirklichkeit ist.

Die Sprache ist meiner Meinung nach nur ein mattes, trübes und mit Missverständnissen behaftetes Abbild dessen, was wir uns unter der Realität vorstellen. Sie kennt Worte für vieles und ist doch so karg und leer, wie ein ausgetrunkener Becher Wein.

Das Thema Wahrheit ist dann noch ein ganz ganz anderes - da die Sprache so viele Wörter für ein und dasselbe besitzt ist es unglaublich einfach, allein über die Variation mancher Wörter zu manipulieren, falsche Eindrücke zu wecken und gar zu lügen, ohne dass andere es merken. Faktisch gibt es in der Sprache keine Wahrheit, sondern nur Interpretationen der selben, wobei der Spielraum einer jeden Interpretation so weit geht, wie die Fantasie des Menschen, der spricht.
Und dazu kommt dann auch noch, dass jede Sprache anders ist. Die deutsche Sprache zum Beispiel ist unglaublich kalt, präzise aber gefühlslos und schon fast langweilig, wenn ich sie mit Japanisch, Arabisch, Französisch oder Englisch vergleiche. Es geht sogar so weit, dass ich hier behaupte, dass man nur dann in der Lage ist, Wahrheit oder auch Gefühle über Sprache einigermaßen auszudrücken, wenn man alle Sprachen dieser Welt (und wenn es im Universum noch andere Sprachen gibt, dann auch diese) beherrscht.

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