Vampire-Das RPG IV

"Wenn Ärger mich stoppen würde wäre ich schon längst nicht mehr da", erwiderte Damion leichthin mit einem Schulterzucken. Ihre Warnung überging er einfach. Sie würde ihre Meinung schon ändern, wenn sie erst mal unterwegs waren. Immerhin war sie eine seiner Töchter. Und nicht mal Ruby konnte der Jagd wirklich widerstehen. Ohne auf weitere Einwände zu warten packte er Jess Handgelenk und zog sie mit sich aus der Gruft.

Jael musste derweil gar nicht großartig suchen um Damions Spur zu finden. Die Zeitung des Tages sagte alles. Ganz vorne auf der ersten Seite prangte die Frage, wer für zwei ziemlich grausame Morde verantwortlich gewesen war. Wie er Damion kannte war das nur die Spitze des Eisberges, die anderen hatte er nur mit mehr Umsicht beseitigt. "Man sollte meinen er wüsste langsam, dass Mülltonnen keine geeigneten Orte sind", murmelte er missgelaunt für sich. Es dauerte einen Moment, bis ihm wieder einfiel, dass er in dieser Stadt nicht dafür verantwortlich war Damions Aktionen wieder auszuglätten. Gut, strenggenommen in London auch nicht, aber dort blieb es immer an ihm hängen. Mit Matthew würde er allerdings reden müssen. Blieb nur zu hoffen, dass das seine Situation nicht noch verkomplizierte.

„Du hast doch echt einen Knall“ Damion hatte seiner Tochter gar keine große Wahl gelassen und sie im Nu mit sich gezogen. Aus der Gruft und aus dem Friedhof hinaus, hinein in die Stadt und in eine zwielichtige Bar. Wie hätte es auch anders sein können.
Wenigstens trug Jess etwas, mit dem sie sich durchaus in der Bar sehen lassen konnte: Jeans, ein schwarzes Top und eine Lederjacke.
In der Bar war es stickig und voll, obwohl es noch relativ früh war, aber scheinbar gab es heute ein paar günstige Angebote, die einige Menschen angelockt hatten.
Jess sah sich im Raum um und lehnte sich dann zu Damion hinüber.
„Wir schnappen uns jeweils einen, trinken und gehen dann wieder, klar? Ich will hier nicht für mehr Aufsehen sorgen, als nötig. Und wir bringen niemanden um“, setzte sie leiser hinzu.
„Ich kann keine Schlagzeilen gebrauchen“

Rubina stand sehr lange vor ihrer Tür, die eine Hand auf der Klinke und mit der anderen hielt sie Jaels Hemd. Die Flecken waren draußen und mit einem Föhn hatte sie es rasch wieder getrocknet. Das war allerdings der leichtere Teil gewesen. Jetzt stand sie vor der Tür und versuchte genug Mut zusammen zu kratzen, um ihr Zimmer zu verlassen.
Auch auf die Gefahr hin, Damion über den Weg zu laufen.
Es verging bestimmt gut eine halbe Stunde, bis sie letztendlich die Klinke hinunter drückte und die Tür aufschob. Ruby trat mit dem Hemd nach draußen und schloss die Tür hinter sich wieder.
So weit so gut... Musste sie nur noch zu Jaels Zimmer kommen, ohne ihrem Erschaffer zu begegnen.

Sarkastisch sah Damion seine Tochter an und zog leicht eine Augenbraue in die Höhe. "Egal wo du bist, du erregst Aufsehen", sagte er und tatsächlich lag das Augenmerk vieler Gäste bei ihr. "Ich glaube nicht, dass ich irgendetwas dagegen tun könnte, außer allen die Augen ausreißen, die zu intensiv gucken." Mit einem erschreckenden Grinsen sah er im Zwielicht der Bar umher, als suche er schon sein erstes Opfer.

Der Zeitungsartikel hatte Jael nicht gerade optimistisch gestimmt, was Damions Zurückhaltung betraf. Wenn das nur die Spitze des Eisberges war, dann würde der Rest erstrecht Wellen schlagen in ihren Kreisen. Ob er ihn wohl dazu überreden könnte nach London zurück zu fliegen? Er hatte hier ja eh nichts zu suchen, außer sein eigenes Vergnügen. "Träum weiter", murmelte er leise, während er seufzend die Tür zu seinem Zimmer öffnete.

„Was natürlich weniger Aufsehen erregend wäre“, raunte Jess sarkastisch und warf ihrem Erschaffer einen dazu passenden Blick zu. „Ich für meinen Teil, weiß aber, wie man seine Spuren verwischt, mein Lieber. Also. In einer Viertelstunde wieder draußen vor der Bar. Das sollte reichen“ Sie schnippte ihm mit einem charmanten Lächeln gegen die Brust und verschwand dann im nächsten Augenblick in der Menge.
Sie gesellte sich zu ein paar Kerlen, die scheinbar ihren Junggesellen Abschied feierten – die perfekte Beute für sie. Mit ein paar Augenaufschlägen und einem verführerischen Lächeln lockte sie einen von ihnen ziemlich schnell weiter abseits, wo sie ihn dann bezircen konnte.

Es war vermutlich eine Schande, dass Rubina so durch die Gänge schlich, obwohl sie viel schneller am Ziel sein könnte. Doch so huschte sie förmlich durch den Korridor und tippelte auf ihren Schuhen durch den Gang. Ausnahmsweise mal welche ohne Absatz.
Gerade als sie um die Ecke bog, entdeckte sie Jael vor seinem Zimmer. Und weit und breit keinen Damion. Das war Anlass genug, dass Rubina nun doch beherzt einen Zahn zu legte.
„Hey“, sagte sie, als sie auf einmal hinter ihm stand und hob lächelnd das Hemd hoch.
„Es ist sauber“

"Spaßbremse", rief Damion Jess leise hinterher, aber sie würde ihn hören, das wusste er. Schon viel besser gelaunt folgte er ihrem Beispiel und wandelte durch die Menge. Das Leben um sich pulsieren fühlen war etwas, das er ganz besonders mochte. Vor allem, den Moment in dem er sich eines dieser Leben rauspickte und es jagte.

So tief in Gedanken versunken hatte Jael nicht bemerkt, dass sie sich näherte und zuckte zusammen. Kurzzeitig nahm er eine Verteidigungshaltung ein, entspannte sich aber sofort, als er sie erkannte. Ein warmes Lächeln legte sich über seine Lippen. "Danke. Du hättest dir gar nicht so viel Mühe machen müssen", antwortete er und nahm ihr das Hemd ab. Einen Moment standen sie sich schweigend gegenüber, bevor Jael sich zusammenriss und die böse Frage stellte: "Wie geht es dir?"

Jess hatte den Kerl mit auf die Toiletten gezogen, was sonst nicht ihre Art war, aber in dieser Bar war es der einzige Ort, wo sie mal eben ungesehen an die Kehle des Typen gehen konnte.
Dieser ließ sie ruhig gewähren, vollkommen in ihrem Bann, während sie von seinem Blut trank.
Jess achtete dabei genau darauf, wie viel sie trank und hörte dann rechtzeitig wieder auf. Anschließend stellte sie bei dem Kerl den schwarzen Kragen wieder hoch und zupfte ihn so zurecht, dass man den Biss nicht sah.
„Und jetzt feier mit deinen Kumpels weiter. Aber geh es ruhig an. Sonst kippst du noch aus den Latschen“, sagte sie und tätschelte seine Wange, bevor sie die Toilette wieder verließ.

„Prima. Sehr gut. Ich bin das blühende untote Leben“, antwortete Rubina, hörbar sarkastisch und lächelte bitter. „Mit anderen Worten... Wie gestern. Vielleicht ein bisschen besser als gestern Abend, aber auch nicht sonderlich viel besser“, versuchte sie zu beschreiben und zuckte etwas verloren mit den Schultern. Ruby war heilfroh, dass er sie vorhin nicht gesehen hatte und auch nicht in ihren Gedanken lesen konnte, denn sonst hätte sie sich bestimmt geschämt.
„Danke nochmal. Für gestern. Du warst... sowas wie der Silberstreifen in dem ganzen Chaos“, sagte sie und lächelte matt zu ihm auf.

Niemand musste Hellseher sein um zu merken, wie mitgenommen Ruby immer noch war. Verständlicherweise. Mitleid würde ihr sicherlich auch nicht weiter helfen, die Situation vielleicht sogar nur noch verschlimmern. "Danke, es freut mich dir eine Hilfe zu sein", antwortete er ihr mit einem freundlichen Lächeln und einer kleinen Verbeugung. Sein Blick wanderte dabei zur Zimmertür, aber sie würde wohl kaum zu ihm herein wollen. "Hast du schon gefrühstückt?", fragte er stattdessen.

Damion aß auch eher hastig. Er hatte zu viel zu tun heute um sich großartig mit der Jagd aufzuhalten, wo er doch auch gestern so ausgiebig gegessen hatte. Deswegen stand er auch schon vor Jess wieder vor der Tür und wartete.

„Nein“, antwortete Ruby ungemütlich und schüttelte den Kopf. „Ich habe aber auch keinen Hunger...“, fügte sie erklärend hinzu und strich sich eine ihrer braunen Strähnen hinters Ohr.
Sie hatte das Gefühl, als würde sie für die ganze restliche Woche kein Essen mehr benötigen. Oder besser gesagt, Blut.
Rubina biss sich leicht auf die Unterlippe und sah sie unbehaglich um.
„Kann ich... kann ich rein? Ich befürchte nur, Damion könnte jeden Augenblick auftauchen und darauf bin ich gerade... nicht so...eingestellt“, sagte sie und räusperte sich.

„Sowas“ Jess sah überrascht auf, als sie draußen Damion bereits warten sah. „Ich hoffe, der oder diejenige lebt noch, wenn du schon so flott wieder fertig warst. Und nun? Was hast du jetzt vor?“, fragte sie neugierig. Ihr Abend war bisher nicht verplant – sie hatte ihn sich freigehalten, gespannt darauf, was sich heute noch so ergeben würde. Allerdings wollte sie auch nicht den ganzen Tag Babysitter für ihren Erschaffer spielen... Nicht alleine. Vielleicht sollte sie Ben fragen, überlegte sie belustigt, ließ sich davon aber nichts anmerken.

Überrascht sah Jael Ruby an. Nicht weil sie keinen Hunger hatte, sondern weil sie zu ihm rein wollte. "Ach. Ähm. Klar, bitte", sagte er, nach kurzem Zögern und öffnete ihr dann die Tür. Nach ihr folgte er ins Zimmer und schloss die Tür wieder hinter sich, wobei er sogar einen Blick über die Schulter warf, Damion hatte immerhin die Angewohnheit im unpassendsten Moment aufzutauchen. Tat er dieses Mal nicht. "Setz dich", bot er Ruby an, als er sich umdrehte und sie mitten im Raum stand. Währenddessen hängte er das Hemd in den Schrank.

"Ruby finden", antwortete Damion wobei er bewusst den Teil mit dem Überleben seiner Beute ausließ. Nein, er hatte niemand mehr umgebracht, aber Jess ein bisschen schwitzen lassen machte doch auch nichts. "Und was hast du vor? Tian Honig ums Maul schmieren?" Grinsend sah er sie herausfordernd an.

„Danke“, murmelte Rubina und trat langsam auf den Sessel zu. Sein Bett war so ordentlich gemacht, dass sie allein bei dem Gedanken, sich darauf zu setzen, ein schlechtes Gewissen bekam. Vor allem, kam es ihr auch irgendwie nicht korrekt vor.
„Ich... Ich glaube, ich muss hier weg. Ich weiß, dass ist vermutlich ziemlich überstürzt und impulsiv, aber... aber mit Damion weiter unter einem Dach zu wohnen, als wäre nichts gewesen... Ich weiß nur noch nicht wohin. Meine Geldsorgen haben sich auch nicht gerade von selbst aufgelöst. Leider“ Sie lehnte sich seufzend zurück.

„Nein. Fürs Erste habe ich das nicht mehr nötig. Wenn überhaupt ist es an der Zeit mir wieder Honig ums Maul zu schmieren. Aber ich habe durchaus das eine oder andere geschäftliche noch in der Stadt zu tun, das stimmt. Jedoch nicht heute. Heute ist mein freier Tag“, antwortete Jess lächelnd und sah darüber hinweg, was er nun geplant hatte. Ruby finden. Na toll. Will er das Mädchen schon wieder belästigen, nachdem er ihr gestern Abend erst das Herz gebrochen hatte.
„Willst du nicht vielleicht noch etwas warten? Die Arme ist bestimmt ziemlich fertig“

Hin und her gerissen zwischen Widerspruch und dem Wunsch zu helfen stand Jael im Raum. 200 Jahre alt und immer noch keinen anständigen Ansatz um irgendetwas zu tun! Er wollte nicht, dass sie verschwand, immerhin hatte er sie gerade erst kennengelernt, aber er konnte durchaus nachvollziehen wieso sie weg wollte. Er hatte einen ganz ähnlichen Schritt in einer ähnlichen Situation getan. Dadurch hatte er kein Recht sie zu stoppen. Eigentlich.
"Ruby - Überstürze bitte nichts. Gib dir ein paar Tage, es wird sich sicherlich etwas ergeben", bat er leise.

"Ein Grund mehr sich zu beeilen. Den Zustand kann ich doch nicht so stehen lassen", erwiderte Damion grinsend. Jess Einwand hatte ihn nur bestärkt darin sich zu beeilen. Wenn sie wirklich so fertig war, dann könnte sie wohlmöglich sonst was tun! Und sie war ja schon so dicke mit Jael, nicht auszudenken!

Rubina zupfte an dem Saum ihres Oberteils herum und nickte Gedanken versunken. „Meinst du? Hm... Vielleicht. Ein paar Tage. Bis ich weiß, wohin. Und was ich tun kann“, sagte sie und sah dann mit einem matten Lächeln wieder zu ihm auf. „Danke. Dass du mir hilfst. Du musst mir unbedingt sagen, wie ich das wieder gut machen kann, bevor ich wieder gehe. Egal etwas, lass es mich wissen, ja? Und zögere nicht aus irgendwelchen Gründen. Du würdest mir damit ja auch einen riesen Gefallen tun. Sonst habe ich noch ewig das Gefühl, tief in deiner Schuld zu stehen“

„Damion... Du musst echt was über Frauen lernen. Auch nach über 200 Jahren“, raunte Jess seufzend und verdrehte die Augen. „Sag nachher nicht, ich hätte es nicht gesagt! Das Mädchen wird es dir bestimmt nicht so leicht machen. Nicht, wenn du ihr wirklich etwas bedeutet hast“ Und das hat er. Leider. Es war ihr förmlich ins Gesicht geschrieben gewesen, selbst wenn Jess damit nicht gerechnet hatte. Wie konnte man Damion ernsthaft lieben? Er war ein Idiot! Der zwar auch ab und an seine lichten Momente hat, aber er blieb dennoch in Sachen Liebe ein Mistkerl. Wie gestern erst bewiesen.

"Natürlich", antwortete Jael mit einem freundlichen Lächeln. Natürlich würde er das nicht, weil er sie nicht noch weiter belasten wollte. Alles womit sie ihm helfen könnte war eine Nummer zu groß für sie. Wenn er selbst nichts ausrichten konnte, wie sollte sie es dann können? Aber es würde ihr gut tun das Gefühl zu habe gebraucht zu werden. "Mach dir nicht zu viele Gedanken darum, du stehst nicht in meiner Schuld, nicht mehr als ich in deiner. Für die nette Begleitung gestern Abend."

Lachend legte Damion seinen Arm um Jess und zog sie Locker mit sich mit. "Ich habe sehr viel Ahnung von Frauen. Mehr als 200 Jahre Erfahrung." Schmunzelnd blinzelte er ihr zu und gab ihr gleich auch noch einen Kuss auf die Wang, einfach weil ihm danach war.

„Haha. Der war gut“, sagte Rubina trocken und ließ lediglich einen Mundwinkel nach oben zucken. „Für den gestrigen Abend... Das macht meine Schuld nur größer. Mal davon abgesehen, dass ich das Gefühl habe, dass du mich nie um einen Gefallen beten würdest, weil du einfach... keine Ahnung. Zu korrekt bist. Du... ich weiß nicht“ Sie zuckte mit den Schultern und überlegte, wie sie es ausdrücken sollte, in der Hoffnung, dass es nicht blöd klang.
„Naja, dass du niemanden etwas aufbürden würdest. Du bist... gut“, sagte sie und lächelte, bevor sie ernster fortfuhr. „Trotzdem! Ich kann dir bestimmt bei irgendetwas helfen! Und... wenn es nur sowas ist, wie das Zimmer zu streichen! Wenn man das hier überhaupt machen darf“

„Ew! Nein, ganz bestimmt nicht!“ Lachend wischte sich Jess mit der Hand über die Wange und boxte ihrem Erschaffer daraufhin in die Seite. „Du glaubst, du würdest uns kennen, aber die Wahrheit ist, du kennst uns nur so weit, wie wir es zu lassen“, entgegnete sie schnippisch.
„Geh es ruhig an. Mit einer Entschuldigung. Ganz ohne frivolem Blick und zweideutigen Sätzen. Das ist bestimmt das letzte, was sie hören will. Gleich nach dem letzten, was sie sehen will: Deinem Gesicht!“

Schuldbewusst verzog Jael das Gesicht. War er wirklich so leicht zu durchschauen? Rubina kannte ihn doch kaum und hatte trotzdem den Nagel auf den Kopf getroffen. Trotzdem fühlte er sich von ihren Worten auch irgendwie geschmeichelt, auf eine peinliche Art und Weise. Zum Glück ließ ihre letzte Aussage ihn lachen. "Ich glaube es ist nicht ausdrücklich verboten, aber da ich hier auch nur zu Gast bin und für kurze Zeit wohne, wird das wohl nicht nötig sein. Aber danke. Ich weiß das Angebot zu schätzen." Formvollendet verbeugte er sich vor ihr.

Damion wollte das gar nicht hören, diese Kleinigkeiten, die immer alles nur noch komplizierter machten. Verstimmt sah er Jess von der Seite an. "Und was soll ich deiner Meinung nach tun? Däumchen drehen und warten, dass sie von alleine zu mir kommt?"

Triumphierend gab Ben dem kleinen Zettel mit der handgeschriebenen Adresse einen Kuss. Da war er wie sein Erschaffer, wenn er etwas haben wollte, dann konnte er sehr hartnäckig sein, bis er sein Ziel erreichte. Den ersten Schritt hatte er geschafft, Josephin Cales Adresse hielt er in Händen, da war es nur noch eine Frage der Zeit, bis er auch sie hatte. Da war er sich absolut sicher.

„Ach“ Rubina lachte und winkte ab. Sie fand diese altmodischen Gesten von Jael sehr süß, gerade weil sie so altmodisch waren, dass sie eigentlich niemand mehr tat. Dabei verstand sie gar nicht, wieso. Es musste doch mehr Frauen als nur sie geben, die daran Gefallen hatten!
„Ich hoffe übrigens, dass ich dich nicht störe. Oder so. Also falls du vorhin wegen dem Frühstück gefragt hast, weil du Hunger hast, dann kannst du gerne gehen! Ich würde dich auch begleiten...oder... Ich weiß nicht. Kann mir vorstellen, dass Damion herum ätzt, wenn er uns sieht... Und es wäre doof, wenn du das abkriegst...“ Aber vielleicht war es Damion ja auch egal, mit wem sie abhing...

„Ich glaube, dann kannst du warten bist du schwarz wirst“, antwortete Jess und schnalzte belustigt mit der Zunge. „Nein, du wirst wohl schon auf sie zu gehen müssen. Wenigstens mit einer Entschuldigung. Ich hoffe, die hastest du bereits in deinem Plan mit eingesponnen. Denn ohne wird das ganz bestimmt nichts. Du musst dir vorstellen wie sie sich fühlt: Betrogen, verraten, du hast aus ihr eine Närrin gemacht, weil sie wirklich geglaubt hat, du, naja, wärst ihr treu. Oder wenigstens ehrlich zu ihr. Aber... vielleicht fängst du erst mal mit einer Entschuldigung an. Dann kannst du noch sowas anbauen, wie... Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist. Sie war es nicht wert – obwohl ich es natürlich wert war – und dass du es bereust. Vielleicht würde dann noch sowas passen wie, dass dir gestern Abend klar geworden ist, wie viel sie dir bedeutet und so. Naja. Sei kreativ, aber übertreib es nicht. Und erobere sie lieber später wieder. Lass ihr Zeit, dass zu verarbeiten“

Kopfschüttelnd richtete Jael sich wieder auf und ging zum Tisch hinüber, an den er sich lehnte. "Ich habe gegessen. Und was Damion angeht." Er lächelte schief und zuckte mit den Schultern. "Lass den mal meine Sorge sein." Wahrscheinlich würde er 'ätzend' sein, wie sie es so schön ausgedrückt hatte, aber er rechnete nicht damit, dass er einen furchtbaren Aufstand machen würde. Immerhin war er Schuld an der Situation.

"Danke für die Tipps. Großmama", antwortete Damion seufzend. Jaja, immer diese tollen Ratschläge, die brachten einen ja auch so viel weiter. Ruby hatte ihn so gewollt wie er war, also würde er sie auch auf seine Art wieder zurück bekommen.

Rubina folgte Jael mit den Augen, wobei sie ihn kurzzeitig musterte. Es war sicher nett von ihm gemeint, dass er sich um Damion schon kümmern würde – doch Tatsache war, dass Damion nicht nur vermutlich ein gutes Stück älter war, er war obendrein auch robuster ausgestattet. Jael müsste schon mit irgendwelchen Wunderkräften daher kommen, um Damion in die Knie zu zwingen.
Rubina lächelte ihn dennoch für seine gut gemeinten Worte dankbar an und zupfte ihr globiges Oberteil zurecht. „Du weißt nicht zufällig, ob es hier in dem Haus einen aktuelle Zeitung gibt, oder? Und wenn ja, wo ich sie finden kann?“

„Ich würde sie dir nicht geben, wäre ich nicht fest davon überzeugt, dass du es nötig hättest“, gab Jess nonchalant zurück und warf ihm einen längeren Blick von der Seite zu. Nach einiger Zeit wandte sie sich jedoch wieder ab und achtete stattdessen lieber auf den Weg. Schweigend.
Es dauerte noch einige Minuten, ehe sie auf die Straße bogen, in der sich das Gebäude der Superior befand.
„Hast du Ben gestern Abend eigentlich nochmal gesehen?“

Vorsichtig Misstrauisch zögerte Jael. Mit leicht zusammen gezogenen Augenbrauen musterte er Rubina und sagte schließlich: "Nein, tut mir leid. Das weiß ich nicht. Aber vielleicht hast du im Wohnzimmer Glück." Natürlich wusste er, dass sie in der Küche lag, da hatte er sie ja selber gefunden, aber bei den Nachrichten die heute darin standen wäre es wohl keine gute Idee, wenn sie einen Blick hinein warf.

"Ben?", fragte Damion und sah einen Atemzug fragend drein. Dann blitzte Verstehen in seinen Auge auf und er schüttelte den Kopf. "Wäre wohl auch nicht gut gewesen", fügte er als einzigen Kommentar hinzu. Wahrscheinlich wäre er sonst heute tatsächlich ein Kind ärmer.

„Im Wohnzimmer. Okay, danke. Da schaue ich dann nachher nach. Sonst werde ich einfach später nochmal raus gehen. Irgendwo gibt es bestimmt ein Kiosk, dass bis spät in die Nacht auf hat. Sonst such ich notgedrungen irgendwelche Spelunken auf, die müssten ja auch eine Zeitung haben“, gab Rubina zurück und lächelte Jael dankbar für seine Hilfe an.
„Ich weiß nicht...Also, ich würde es verstehen, wenn du Nein sagst, aber hast du Lust, mich nachher zu begleiten? In die Stadt? Oder hattest du heute noch etwas Bestimmtes vor?“, fragte sie vorsichtig und sah ihn hoffnungsvoll aus großen Augen an.

„Ich verstehe. Ich hoffe für dich, dass nicht noch mehr deiner Kinder hier aufkreuzen werden. Hast du eigentlich noch Kontakt zu ihnen? Also, zu den anderen?“, fragte Jess neugierig und betrachtete ihre Fingernägel, während sie vor der Tür des Gebäudes stehen blieben und sie darauf wartete, dass er die Tür öffnete.

Er hatte nichts vor. Jedenfalls nichts, wobei Rubina stören würde. Und bei dem Blick konnte er ihr eh nichts abschlagen. "Sicherlich begleite ich dich. Ich muss eh los und.. Naja, nicht wirklich was vor. Ich treff mich nur mit jemandem", antwortete er und lächelte ihr freundlich zu. "Gibt es einen bestimmten Ort an den du möchtest?"

Schulterzuckend ging er die kurze Treppe hinauf und öffnete die Tür, dann drehte er sich zu Jess um, um auf sie zu warten. "Hin und wieder läuft man ihnen über den Weg", antwortete er grinsend, wobei klar wurde, dass er damit auf Jess anspielte.

„Oh! Oh...nein, kein bestimmter Ort. Ich kann mich da auch anpassen. Aber... bist du dir sicher, dass ich da dann nicht stören? Also, wenn du jemanden triffst?“, hakte Rubina nach und rechnete schon fast damit, dass Jael jemand weiblichen trifft. Ein Date? Nein, da würde er Ruby bestimmt nicht mitnehmen. Auch nicht, wenn er Mitleid mit ihr hatte? Was er ganz bestimmt hatte...
Etwas unwohl rutschte sie auf dem Sessel hin und her. „Ich habe bei dir immer das Gefühl, dass du nur Ja sagst, weil du zu nett bist. Und nicht, weil du es wirklich so meinst...“

„Ach. Wirklich?“ Jess grinste breit und schüttelte amüsiert den Kopf, während sie ihm folgte. Neugierig sah sie sich nebenbei um und fragte sich, ob sie nicht vielleicht doch lieber im Eingangsbereich warten sollte. Andererseits könnte das arme Mädchen am Ende wirklich etwas Beistand gebrauchen...
„Meinst du denn, sie ist da? Vielleicht hat sie gestern Abend das Weite gesucht...“

In Jaels Lachen mischte sich ein ertappter Unterton. "Bestreiten kann ich das nicht, aber dieses Mal ist es wirklich ein ernst gemeintes Ja. Ich treffe nur jemanden um mit ihm - zu reden." Das kurze Stocken fiel gar nicht weiter auf. Schmunzelnd sah er sie an und blinzelte dann ein bisschen. Er kannte sich zwar nicht so großartig mit Frauen aus, aber eines wusste er, sie gingen nicht so aus dem Haus. "Ähm. Möchtest du dich noch umziehen?"

Lachend ließ Damion die Tür ins Schloss fallen und sah Jess triumphierend an. "Ohne Geld? Nein, sie ist auf jedenfall noch da", antwortete er und zog Jess grinsend an sich. "Wie ein Mäuschen in der Falle."

„Du willst gleich gehen?“ Rubina sah etwas überrascht drein, da sie eigentlich davon ausgegangen war, noch Zeit zu haben – andererseits fiel ihr ein, dass Jael gewiss eine grobe Uhrzeit mit seinem Treffen ausgemacht hatte. „Uhm. Klar. Ich...geh etwas aus meinem Zimmer holen“, sagte sie und nickte bekräftigend, blieb aber sitzen.
Ihr Blick huschte zur Tür hinüber, als würde sie erwarten, dass Damion direkt dahinter lauerte. Würde auch irgendwie zu ihm passen.
Rubina schluckte und stand auf, wobei sie sich an einem ungezwungenen und sorglosen Lächeln versuchte, mit eher mäßigem Erfolg.
„Dann... sagen wir, in einer Viertelstunde? Unten vor der Eingangstür?“

„Wow, Tiger. Mach mal halblang. Wenn sie uns so sieht, wird sie dir gepflegt eine scheuern“ Jess tätschelte Damions Oberkörper und schob sich dann von ihn weiter weg. „Im ernst... denk mal etwas mehr über dein Handeln nach. Am besten bevor du es ausführst“, setzte sie hinzu, wenn auch etwas leiser und unterdrückte ein Augenrollen. Im Geheimen wünschte sie ihrer Schwester, dass sie nicht noch einmal auf ihren Erschaffer herein viel. Die Kleine hatte gestern so süß gewirkt, die verdiente eigentlich etwas besseres...

"Oh! Das war keine Aufforderung. Ich hab noch Zeit. Nur wenn du jetzt los möchtest", antwortete Jael hastig, der sie nicht hatte aufscheuchen wollen. "Lass dir Zeit. In einer halben oder einer Stunde reicht auch noch."

Enttäuscht brummte Damion, ließ aber die Finger von Jess. In einem Punkt hatte sie definitiv recht: Es würde es ihm nicht leichter machen, wenn Rubina ihn so sah. "Wieso seid ihr Frauen nur immer solche Spaßbremsen?", seufzte er ausgiebig und schlug den Weg zu Rubinas Zimmer ein.