Vampire-Das RPG IV

„Klingt im Prinzip einfach“, gab Rubina mit einem schwachen Lächeln zurück, mit dem sie zu ihm hinüber sah. Sie hatte darauf geachtet, dass ihre Absätze nicht zu groß waren, um nicht am Ende ein gutes Stück größer als Jael zu sein. Größer als Männer zu sein, fand sie immer sehr verstörend.
„Aber bestimmt ist es nicht so einfach. Bei Damion habe ich manchmal das Gefühl, dass er sich kaum noch an sein früheres Leben erinnert. An sein erstes, richtiges, als sein Herz noch geschlagen hat. Ich habe ihn aber auch nie... wirklich deswegen gefragt. War nie sein Lieblingsthema“, sagte sie und zuckte mit ihren Schultern, auf der sich matt das Licht der Laternen spiegelte.
„Und irgendwie mag ich auch nicht ihm gegenüber von meinem erzählen. Nachdem er mein Leben ja erfolgreich beendet hat“, setzte sie mit nüchternem Tonfall hinzu. „Naja... Was machst du eigentlich? Ich meine, in deiner Freizeit? Uhm...wenn ich zu viele Fragen stellen, kannst du mir das auch sagen. Oder du stellst mir Fragen“, schlug sie vor und lächelte ihn schief an.

„Du hast sie also auch bemerkt“, wisperte Michael und lehnte sich dafür ein wenig zu Emlyn hinüber. „War zu erwarten, dass sie hier sein wird. Jemand wie sie, würde sich einen solchen Ball nicht entgehen lassen“, fügte er hinzu und lächelte schwach. Behutsam nahm er ihre Hand in seine und führte sie die Stufen der Treppe hinauf. Auf der Empore befanden sich nur wenige Vampire – sie waren an zwei Händen abzuzählen und waren weit verstreut, sodass er ihnen kaum Aufmerksamkeit schenkte.
„Also, wir haben hier noch freie Platzwahl – wo willst du hin? Oder möchtest du dich lieber an die Balustrade stellen und hinunter blicken?“

Dass Damion nicht gerne auf solche Fragen antwortete konnte Jael sich sehr gut vorstellen. Allerdings stimmte er ihr nicht so ganz zu. Damions Herz hatte bestimmt nie wirklich geschlagen. Nicht im übertragenen Sinne jedenfalls. "Nein, Damion ist da wohl wirklich nicht die richtige Adresse für solche Themen", stimmte er ihr trotzdem vollkommen unverfänglich zu. Nur um gleich drauf sie erstaunt anzusehen. Gerade hatte er ihr noch anbieten wollen, dass sie immer zu ihm kommen konnte, wenn sie reden wollte, nur wurde das gleich durch den Gedanken an seine Freizeit verscheucht. "In meiner Freizeit?", fragte er reichlich dumm und räusperte sich deswegen auch gleich. "Naja, ich.. lese." Dass das eine traurige Ausbeute war, war Jael durchaus klar, leider fiel ihm nichts besseres ein. Was tat er denn schon großartig? Hatte er überhaupt Freizeit?

Rubina spitzte die Lippen, schmunzelte und stieß ihn dann sanft mit der Schulter an. „Lesen ist doch toll. Und hey, wieso nicht die Ewigkeit dazu nutzen, sämtliche Bücher dieser Erde zu lesen? Ich lese auch gerne. Ich hatte eine Liste mit Büchern, die ich zu Schulzeiten unbedingt lesen wollte und... die habe ich in den letzten 35 Jahren alle gelesen. Aber es gibt darüber hinaus ja noch viele mehr“ Sie sah lächelnd zu ihm hinüber, sagte aber nichts, sondern sah ihn lediglich an. Nach einer Weile wandte sie sich jedoch wieder ab und ließ ihren Blick über den Garten schweifen. Der Weg, den sie entlang gingen, war anfangs noch von zurecht gestutzten Buchsbäumen gesäumt gewesen, ehe sie einer Reihe von Rosenbögen gewichen waren.
Diese führten direkt auf einen kleinen Platz zu, in dessen Mitte sich ein Springbrunnen befand.
„Glaubst du an Wunschbrunnen? Was gebe ich jetzt für einen Penny“

Das musste aber eine ziemlich lange Liste gewesen sein, wenn sie 35 Jahre gebraucht hatte um sie zu lesen. Schmunzelnd blinzelte Jael, während er Rubinas Blick erwiderte. Ein wenig erstaunt war er dann allerdings doch, als sie einfach wegsah. Was er erwartet hatte konnte er nicht sagen, aber irgendetwas anderes. Instinktiv steckte er die Hand in die Tasche, auf der Suche nach seiner Geldbörse. Die er natürlich nicht mithatte. Zum ersten Mal verfluchte er sich, dass er nie Kleingeld lose in der Tasche mit sich herum trug. Blinzelnd fragte er sich gleich drauf, wieso eigentlich.
"Nein. Glaube ich nicht", antwortete er leise, worauf er ein lachen nicht unterdrücken konnte. "Und ich glaube unser Gastgeber hätte es auch nicht gerne, wenn wir anfangen Münzen in seinen Brunnen zu werfen."

„Sicher? Kleinvieh macht auch Mist“, entgegnete Rubina leichthin und zwinkerte ihm zu. „Stell dir vor, das würde jeder seiner Gäste machen? Also, davon könnte er sich dann schon etwas kaufen, wenn du mich fragst. Er kann davon zwar nicht die Stromrechnung bezahlen... aber ein paar Zeitschriften, eine Schachtel Zigaretten und eine Packung Kaugummis sind allemal drin“ Sie lachte selbst über ihre Worte, da sie wusste, wie unsinnig es war, sich als Vampir Zigaretten zu kaufen. Oder Kaugummis.
„Vielleicht gehe ich später hier noch einmal vorbei. Wenn ich einen Penny aufgetrieben habe. Nur um es auszuprobieren. Schaden kann es ja nicht. Der Gastgeber macht mich wohl kaum einen Kopf kürzer, weil ich Geld in seinen Brunnen geworfen habe“, raunte sie, löste sich von Jael und trat mit ein paar wenigen Schritten auf den Springbrunnen zu.
Dieser hatte einen breiten Rand, sodass man sich darauf niederlassen konnte, doch Rubina hatte da so ihre Skrupel wegen ihres Kleides, auch wenn sie sich gerne ans Wasser gesetzt hätte.
„Gibt es etwas, was du dir wünschen würdest? Wenn du wüsstest, es würde sich erfüllen?“, fragte sie neugierig und sah von dem Wasser zu Jael hinüber. „Würdest du dir wünschen, deinen Freund zu finden?“

Jael stimmte in das Lachen mit ein und trat neben Rubina, um mit ihr zusammen in das dunkle Wasser zu sehen. Er zuckte nicht zusammen, als sie ihre letzte Frage stellte. Nicht einmal mit einer Wimper, aber schweigend verschloss sich sein Gesichtsausdruck. Was er sich wünschen würde? Da gab es nicht viel. Casey würde irgendwann von alleine zurück kommen, hoffte er jedenfalls. Bis dahin musste er sich eben in Geduld fassen. Ganz zu Anfang hatte er sich gewünscht zu vergessen, hatte aber gelernt mit seinen Erinnerungen zu leben. Aibreann zurück bekommen und sei es nur für fünf Minuten, zusammen mit seinem Leben. Ein Wunsch, den er nie im Leben laut aussprechen würde. Auch aus Angst, dass er danach nicht mehr weiter gehen könnte. "Ist es nicht Sinn eines Wunschbrunnens, dass das Geld im Wasser liegen bleibt?", fragte er leise, nachdem das Schweigen sich scheinbar endlos ausgedehnt hatte.

Oha. Sie tat es schon wieder. Rubinas Lächeln verrutschte, woraufhin sie die Lippen stummen auf einander drückte. Sie hatte erneut zielsicher ein Fettnäpfchen erwischt. Das kam davon, wenn man Leute mit Fragen löcherte, wie sie es gerade mit diesem armen Kerl machte.
Aber obwohl sie merkte, dass das ein ein schwieriges Thema für ihn war, machte es sie noch neugieriger. Nur zu gerne wüsste sie, was ihn ihm vorging und was genau er sich nun wünschen würde. Was hatte er erlebt?
Doch Ruby hielt sich zurück und ließ von der Idee ab, weiter nach zu bohren.
„Hm... Doch. Doch, du hast recht. Aber ob sich der Besitzer darum schert? Wie heißt er eigentlich noch mal? Ich habe zwar Tage lang den Flyer mit mir herum getragen, aber auf seinen Namen habe ich nie sonderlich geachtet. Habe da manchmal so meine Probleme, mir die Namen zu merken“, gestand sie.

Nicht zufriedenstellend abgelenkt, das war Jael durchaus klar. Eine Welle von Zuneigung rollte über ihn hinweg, als Rubina trotzdem das Thema fallen ließ. Es war wirklich kaum zu glauben, dass sie von Damion erzogen worden war. Oder seine Erziehung war einfach nicht durchgreifend, was Jael durchaus zu glauben gedachte. "Xuedong Tian. Ist auch kein einfacher Name", antwortete Jael, wobei er den Blick auf dem Wasserspiegel hielt. Eine einfache Person war ihr Gastgeber auch nicht, aber kein Pate war das. In vielen Dingen war das amerikanische System komplizierte als das Britische. Und vor allem unbarmherziger. Jael wünschte Matthew alles Gute für seinen Widereinstieg, konnte die Besorgnis allerdings nicht ganz verdrängen. Es würde nicht einfach sein seinen Platz neben diesen Paten zurück zu fordern.

„Xu-was? Ach, du Donner“, stöhnte Rubina und verzog das Gesicht. „Ja, einfach ist wirklich was anderes. Xu-Xue-Xueda-o... Tian reicht hoffentlich“, beendete sie ihre Versuche und winkte lächelnd ab. Nun, wenigstens hatte sie jetzt einen Namen, selbst wenn der ihr kaum etwas sagte. Sie war schließlich erst seit wenigen Tagen in der Stadt und hatte sich bis dahin kaum mit anderen Vampiren und dergleichen beschäftigt.
Nachdenklich ging sich ein wenig in die Knie und lehnte sich nach vorne, um die Finger in das kühle Nass zu stecken. Für sie war das Wasser allerdings gar nicht so kalt – vermutlich besaß es und ihre Haut die selbe Temperatur.
Ihre Finger verursachten Kreise auf der Wasseroberfläche, auf der sich nur wenige Sterne spiegelten. Die meisten waren hinter Wolken verschwunden.
„Willst du eigentlich irgendetwas wissen? Oder fragen? Ich bekomme gerade ein schlechtes Gewissen, dass ich dich so... ausgequetscht habe“ Rubina lächelte schuldig zu ihm auf und zog ihre Hand wieder aus dem Wasser.

Jael betrachtete die Kreise, die Rubina im Brunnen verursachte. Wolken verdeckten die hellsten Sterne, aber das änderte kaum etwas daran, dass es dunkel war. Es waren einfach viel zu viel Licht in den Großstädten. Selbst London war in dieser Hinsicht ein Fluch. Es gab Nächte, in denen Wünschte Jael sich auf das Land zurück. Und am Besten noch um mindesten hundert Jahre zurück in der Zeit. Einen kurzen Moment schloss Jael die Augen und erinnerte sich an den klaren Nachthimmel.
"Du brauchst kein schlechtes Gewissen zu haben. Ich Antworte schließlich aus freiem Willen", antwortete er, öffnete die Augen und wandte sich dann um. Die Hüfte lehnte er gegen den Brunnenrand, wodurch er Rubina quasi gegenüber stand. "Es gibt da tatsächlich etwas, dass mich interessiert." Zögernd hielt er inne. Sicherlich wäre sie über die Frage nicht glücklich. Aber sie hatte schließlich drum gebeten. "Wieso bist du nicht mit Damion zu diesem Fest gegangen? Nur weil du mich zuerst gebeten hast?"

Die Lippen schürzend blickte Rubina zu Boden, zupfte an dem Stoff ihres Kleides, sodass ihre Füße darunter zum Vorschein kamen, die in schwarzen Pumps steckten. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass er ihr jetzt diese Frage stellte, doch sich war auch nicht wirklich überrascht.
Damion fragte sich bestimmt dasselbe und war wahrscheinlich auch deswegen so stinkig.
„Auch. Aber nicht nur deswegen. Ich meine, als ich dich gefragt habe, meinte ich das ernst. Ich wollte mit dir hier her hingehen, weil du nett bist und ein anständiger Kerl! Und daran hat sich auch nichts geändert, nur weil Damion und ich wieder... besser miteinander auskommen“, antwortete sie und sah wieder zu ihm auf. „Wäre ich mit Damion hier, wäre es...anders. Wir würden nicht so viel reden“, fügte sie hinzu und seufzte schuldig und mit verkniffenem Lächeln.

Kein angenehmes Thema, wie Jael schuldbewusst feststellte. Es war sicherlich nicht seine Absicht gewesen Rubina ein schlechtes Gewissen zu bereiten, gleichzeitig konnte er nicht sagen, dass die Antwort ihn beruhigte. "Nein. Würdet ihr vermutlich nicht", stimmte er ihr leise zu. Das sie reden wollte war ihm klar, nur wollte sie es, ihren Worten nach, wohl lieber mit Damion. Vermutlich würde sie wirklich glücklicher machen, wenn dieser tatsächlich etwas zugänglicher wäre. So müsste sie nicht auf die 'anständigen Kerle' zurück greifen. Ein Lächeln erschien auf Jaels Lippen, das nur knapp seine Augen verfehlte. Ohne genauer darüber nachzudenken hob er die Hand, die er an ihre Wange legte, und strich mit dem Daumen sanft über ihren Mundwinkel, um ihre verkniffenen Muskeln zu glätten. "Fühl dich nicht gebunden", sagte er, ließ aber offen, was genau er meinte.

Schweigend blickte Rubina zu ihm auf, sah ihn unverwandt an, ohne zu blinzeln, wobei ihr Blick zusehends bemühter wirkte, ehe das Fragezeichen förmlich über ihrem Kopf erschien. „Uhm...was? Entschuldige, aber... das verstehe ich nicht. War das noch Englisch?“, fragte sie sicherheitshalber nach und sah ihn dabei ziemlich verzweifelt an, was ihr erst im nächsten Moment auffiel und sie lachen ließ. „Verzeih, aber... das musst du nochmal in einfache Worte packen, wenn ich das wirklich verstehen soll“, setzte sie nach, hatte aber bisher keine Anstalten gemacht, seine Hand wegzustreichen. Es war ihr nicht unangenehm, schließlich war Jael inzwischen durchaus etwas wie ein guter Freund.
„Also... was hältst du davon, wenn wir weitergehen und dann langsam wieder die Villa ansteuern?“

Ebenso verdutzt wie Rubina blinzelte Jael zurück und ließ seine Hand sinken. Hatte er sich so undeutlich ausgedrückt? Waren seine Worte nicht ganz klar gewesen. Es dauerte einen Moment, bis er wusste, was Rubina verwirrte, dann musste er lachen. ""Ach je. Das klang sehr altmodisch, oder?", fragte er, wobei er sich mit der Hand unter den Augen entlang wischte. "Ja, lass uns zurück gehen. Sonst verpassen wir noch den Empfang. Irgendetwas werden sie sich sicherlich ausgedacht haben", stimmte er ihr dann zu und stieß sich vom Brunnenrand ab. Ob Matthew wohl schon angekommen war?

„Bestimmt. Ich frage mich nur, ob überhaupt alle Leute in diesen Saal passen. Groß ist er zwar... aber trotzdem. Ich kann mir nicht vorstellen, dass da alle gleichzeitig tanzen können“ Rubina rieb ihre Hände aneinander, wischte die Nässe weg und hakte sich dann lächelnd wieder bei Jael ein.
Andererseits konnte sie sich auch gut vorstellen, dass gar nicht alle tanzen wollten. Sicher nutzten manche Vampire den Abend um einfach neue Kontakte zu knüpfen, günstiger und gut zu speisen, oder lediglich in einem der Nebenzimmer ein wenig Spaß zu haben.
Sie wandten sich von dem Brunnen ab und gingen um diesen herum, den Weg weiter entlang, der einen Bogen machte und wieder zurück zur Villa führte.

Schweigend folgte Jael ihr den dunklen Weg entlang, wobei er das Knirschen des Kieses nicht beachtete. Er war sich nicht sicher, ob er Rubina darauf hinweisen sollte, dass es gar nicht so gedacht war, dass sich alle den ganzen Abend in dem Saal aufhielten. Vielmehr wurde damit gerechnet, dass sich einige gar nicht erst lange dort drin aufhielten. Ein Blick in ihr Gesicht verriet ihm, dass sie sich dessen bewusst war, also behandelte er ihre Frage als eine Rhetorische. "Es ist ein langer Abend, sicherlich wird jeder seine Chance zum Tanzen bekommen. Und wir sollten uns nicht beklagen, wir haben immerhin schon einen gehabt", sagte er mit einem leisen Schmunzeln.

"Balustrade klingt gut", lächelte Emlyn, die ihren Blick endlich vom Kronleuchter hatte loseisen können. Hier oben auf das Balustrade war es tatsächlich noch sehr leer und man hatte einen fantastischen Blick auf den gesamten Ballsaal. Interessiert sah Emlyn sich um und entdeckte nach einiger Zeit Mr. Murdoch, der mit seiner Frau über das Parkett zu schweben schien. "Ich hab mich immer gefragt, ob er wirklich blind ist", gestand sie flüsternd und lächelte kurz, "so souverän wie er sich bewegt. Sieh dir nur an, wie die beiden tanzen!"

„Stimmt. Und er hat mir gut gefallen, daher werde ich mich erst recht nicht beklagen“, gab Rubina zurück, lächelte und drückte kurz seinen Arm. „Du bist wirklich ein sehr guter Tänzer“ Das Kompliment war ehrlich gemeint, sie hatte es wirklich sehr mit ihm auf der Tanzfläche genossen.
„Beherrscht du denn auch...modernere Tänze? Wie sieht es mit zum Beispiel Discofox aus? Oder lateinamerikanische?“, fragte sie neugierig nach, während sie weiter den Weg entlang gingen. Es war seltsam, das sie scheinbar die einzigen waren, die bisher den Garten betreten hatten.

„Ja“ Michael stützte sich mit seinen Unterarmen auf die Balustrade, direkt neben Emlyn und blickte hinunter auf das Paar, von dem sie sprachen. Es war wirklich verwunderlich, wie leichtfüßig die beiden tanzten. Besonders, da man im Grunde annehmen konnte, dass Blinde bei weitem nicht so elegant tanzen konnten. Aber Matthew bewies ihnen das glatte Gegenteil und mit Jillian an seiner Seite waren die zwei ein echter Hingucker.
„Ich bin mir trotzdem ziemlich sicher, dass er blind ist. Aber... wenn jemand so lange ohne Augenlicht lebt wie er, lernt er, sich damit zurecht zu finden. So gut, dass man meinen könnte, dass er doch sieht“, antwortete er mit einem schiefen Lächeln, mit dem er zu ihr hinüber sah.
Sanft stieß er sie mit dem Ellenbogen an.
„Also, wenn es nachher ein wenig leerer auf der Tanzfläche ist, würde ich mich freuen, wenn ich dich zu einem Tanz überreden könnte. So hinreißend wie du aussiehst“

Die Frage brachte Jael doch leicht in Verlegenheit. Es gab viele Gründe, weswegen man nicht Up to date blieb, wie es so schön hieß. Wieso er moderne Tänze nie gelernt hatte, dafür gab es nur eine recht dumme Ausrede, die er lieber nicht aussprach. "Nun.. Nein. Ich hab nie neue Tänze gelernt. Dafür wirst du dir einen anderen Tanzpartner suchen müssen, fürchte ich", antwortete er mit einem entschuldigenden Lächeln. Und er verschwieg, dass Damion durchaus diese Tänze konnte, aus einer kleinen eifersüchtigen Neigung heraus. Er würde später beichten.

„Nicht? Schade... Wenn es für dich in Ordnung ist, würde ich mir dann für die Tänze jemanden suchen. Also nicht für alle, nur für manche. Und bei so vielen Herren, wird sich hoffentlich wen finden lassen“, antwortete Rubina, deren Gedanken allerdings ebenfalls zu Damion hinüber wanderten. Sie wusste, dass er einige Tänze drauf hatte. Und das auch sehr gut.
„Kennst du hier eigentlich ein paar Leute? Ich meine... du warst ja schon einige Jahre hier. Lernt man da viele Vampire kennen? Es sieht zumindest so aus, als wäre der Großteil von allen Vampiren der Stadt hier“, sagte sie und nickte in Richtung der Villa, die immer näher kam.
„Ich kenne die meisten nur vom Sehen... ehrlich gesagt“

Da sie noch nicht lange in L.A. war überraschte es Jael nicht, dass sie die meisten nicht kannte. Eher überraschte es ihn, dass sie tatsächlich so viele gesehen und wiedererkannt hatte. "Einige kenne ich, wobei kennen vielleicht etwas stark ausgedrückt ist. Mit ein paar hatte ich geschäftlich zu tun, anderen bin ich privat begegnet. Wirklich kennen tut man doch eh die wenigsten", antwortete er ihr, dabei hielt er die Tür auf, damit sie eintreten konnte. Leider übersah er, dass Damion direkt hinter dieser wartete.
"Na, was habt ihr beiden denn so lange da draußen getrieben?", fragte er mit schneidender Stimme. Erschrocken fuhr Jael herum und wich einen Schritt vor Damions Blick zurück, bevor sich seine Schultern strafften und er sich selbst verbat auch nur noch einen Millimeter zurück zu weichen. Nicht vor Damion! Nicht wo er sich doch gar nichts vorzuwerfen hatte!

„Ja, vermutlich“ Rubina nickte nachdenklich und folgte Jael nach drinnen. Allzu weit kam sie jedoch nicht, da Jael zurück wich, im selben Moment in dem sie auch Damion im Schatten erkannte. Das war doch nicht zu fassen! Empört schob sie das Kinn vor und trat mit herausforderndem Blick hinter Jael hervor. „Was ich und Jael draußen gemacht haben? Im Garten?“, hakte sie nach und lächelte ihr 'Ich-wünsche-dir-meine-Highheels-in-den-Rachen'-Lächeln, ehe sie ihren Blick abwandte und scheinbar gleichgültig an ihm vorüber.
„Wir haben uns die Büsche näher angeschaut. Und die Sträucher. Was glaubst du denn, Damion!?“, setzte sie in einem gelangweilten als auch angenervten Ton hinzu, mit dem sie ihm vor allem verbal ganz bewusst in die Eier treten wollte.

Wütend bleckte Damion die Zähne. Rubinas Worte konnte man auch ganz anders verstehen. Oder genau so, wie sie gedacht waren. Jael hatte jetzt doch Probleme stehen zu blieben und Damions Blick fest zu erwidern. Es war allerdings auch schwer ruhig zu bleiben, wenn ein wesentlich älterer Vampir wütend einen Satz auf einen zu machte. Er schaffte es, sah aber reichlich nervös aus. Gott sei dank musste er nicht lange zittern, denn Damion erinnerte sich daran, dass sie zu Gast waren und sie sich an einige Regeln halten mussten. "Ich hoffe ihr habt sie wenigstens stehen lassen. Ich wäre ungerne verantwortlich dafür, dass ein Gärtner hier antanzen muss", knurrte er jetzt Rubina wütend an.

„Booah! Wie bitte!?“ Rubina schnappte lautstark nach Luft, selbst wenn sie diese schon seit Jahren nicht mehr brauchte und fuhr auf ihren Absätzen herum. Wütend starrte sie ihren Erschaffer an und sah, wie er sich angesichts ihres Aufenthaltes an die Regeln erinnerte. Sicherlich mühselig.
„Bist du vollkommen bescheuert!?“, schnaubte sie, stand im nächsten Moment vor ihm und packte ihm an seinem Hemd.
„Natürlich ist nichts passiert. Weiß Gott, was du dir da wieder ausmalst! Es war ein Scherz, okay? Wir haben uns lediglich den Garten angesehen, weil ich es so wollte. Und wir haben geredet und bestimmt nicht über sexuelle Vorlieben! Mann! Du hast sie doch nicht mehr alle!“, schnappte sie, verpasste ihm einen leichten Stoß und trat zurück.
Das Temperament hatte sie bestimmt von ihm – irgendwie muss ihr das ins Fleisch übergegangen sein, als er sie verwandelt hatte, denn früher war sie so ganz gewiss nie gewesen.

Peinlich berührt schluckte Jael und wandte den Blick ab. Daran hatte er noch gar nicht gedacht. Sprach das für oder gegen ihn? Jedenfalls sprach es dafür, dass Damion und Rubina sich auch ohne direkte Worte verstanden. Am liebsten wäre er gegangen, nur standen ihm die beiden im Weg, wenn er nicht wieder hinaus wollte. Damion hatte unterdessen ganz vergessen, dass sein Konkurrent noch daneben stand und konzentrierte sich stattdessen ganz auf Rubina. Kaum hatte sie ihm den Stoß gegeben, da stand er auch schon wieder vor ihr und umfasste fest ihren Oberarm. "Hab nicht mehr alle?", knurrte er gefährlich leise. Keine Sekunde später zog er sie schon mit sich zu einem der vielen privaten Zimmer. Da gehörte jemand gehörig vermöbelt! Ein Blick zu Jael und der wusste, dass er sich besser nicht einmischte, wenn er an seinem Leben hing. Verstört und mit verdammt schlechtem Gewissen blieb er im Gang stehen und sah die Tür an, hinter der die beiden verschwunden waren. Er war doch nicht so ein Feigling, dass er es nicht mit Damion aufnehmen würde? Zweifelnd stand er da.