Mutant High II - Das RPG 6

Milo hatte gehofft, dass es Mailin nicht auffallen würde, aber sie hatte offensichtlich leider eine scharfe Beobachtungsgabe. Und da Flunkern keinen Sinn hatte, machte er es kurz und gab zu: "Die Energie hab ich gestern aufgenommen. Ich nehme mal an, dass ich sie...von dir habe. Beim Aufwachen hab ich es sofort gemerkt, meine Lippen kribbeln dann immer." Er hüstelte verlegen und lächelte schief, während er, unschlüssig was er mit seinen Händen tun sollte, diese einen Moment lang knetete und dann in die Taschen seiner Jacken steckte.

"Da hast du Recht." Die Worte waren über Minas Lippen gekommen ehe sie darüber nachdenken konnte, und kaum waren sie ausgesprochen, tat es ihr auch schon leid. "Entschuldige", sagte sie also rasch und seufzte leise, "aber die ganze Situation ist einfach...verfahren." Sie fuhr sich geistesabwesend über die Haare und zog dabei aus Versehen einige Strähnen aus dem Zopf. Sie hatte ihrem Ärger Luft machen können und spürte nun, wie der Zorn langsam aber sicher abebbte.

Es klang tatsächlich toll, ein Leben, wie sie es hier gerade erlebten, auf Dauer vielleicht sogar langweilig. Leider zeichneten Kayas Worte auch einen Kreis und schlossen an den Beginn ihres Gesprächs an. 'Liebeskummer', dachte Kara und seufzte leise. Vielleicht ein etwas zu großes Wort für die Enttäuschung, die sie gerade fühlte, aber auch darauf konnte sie getrost verzichten. Und dabei hatte sie doch gar nicht weiter an Matt denken wollen. "Alles bis auf den Kummer bitte. Der ist kein Problem, sondern die Pest!", erwiderte sie mit Nachdruck und überlegte sogar einen Moment, ob die Veränderung der Zukunft es überhaupt Wert war, wenn man sich nachher mit Problemen wie Liebeskummer rumschlagen musste. Konnte die Bruderschaft tatsächlich so schlimm sein? Leider lautete die Antwort ganz klar ja.

Verwundert sah Mailin ihn an, kniff ihre Augen leicht zusammen und zog die Stirn kraus. Im ersten Moment versuchte sie sich an die Küsse zu erinnern und ob sie ihr Feuer aus Versehen hat aufsteigen lassen. Aber es wollte ihr nicht so recht einfallen. Irgendwann war alles nur noch verschwommen und ein Mischmasch aus Alkohol, Wärme und... noch etwas anderem.
Gleich darauf sprangen ihre Gedanken zu etwas anderem.
„Du meinst, du hast die Energie seit gestern?... Sau cool! Dann kannst du dich auch über mehrere Stunden speichern? Auch Tage? Ich meine...platzt du nicht irgendwann? Oder verbrennst, im Falle meines Feuers?“, fragte sie wissbegierig und war schon wieder drauf und dran, ihm ihre Finger in den Mund zu stecken. Könnte ja sein, dass sie das Feuer da drin sah? Irgendwo im Rachen hin und her tanzen.

Er hatte Recht. Da hatte er es gehört. Sie sah es ganz genau so. Casper sackte ein wenig in sich zusammen und nickte stumm. Er bemühte sich um ein Lächeln und schüttelte leicht den Kopf.
„Du musst dich nicht entschuldigen. Schon gar nicht dafür die Wahrheit zu sagen... Ich bin Schuld daran. Ich habe dafür gesorgt, dass... die Situation verfahren ist“, griff er ihre Wortwahl auf und seufzte.
„Ich weiß nicht, ob es dir klar war...oder ist, aber... ich mag dich sehr, Mina“ Er wollte nicht weiter in die Details gehen, man sah ihm sicher auch so an, was genau er damit meinte.
„Nur habe ich einfach... kein Talent dafür, die richtigen Entscheidungen zu treffen...“
Die falschen Entscheidungen hatten ihm auch schon die Beziehung zu Mai ruiniert...

Und hier waren sie wieder. Das Gespräch von vorhin könnte an genau diesem Punkt wieder wiederholt werden. Aber Kaya ersparte es sich und auch ihrer Freundin. Sie sah schon geknickt genug aus. Davon abgesehen, dass sie selbst auch keine Lust hatte, schon wieder sauer oder eifersüchtig zu werden. Oder beides gleichzeitig.
„Hey, willst du irgendetwas machen? Wir könnten schauen, ob die Schwimmhalle offen ist, oder uns den Schlüssel leihen? Wenn Blake da drin ein paar Bahnen ziehen darf, dann dürfen wir das auch!“

„Ich habe es verbockt“ Matthew betrat das Zimmer und schloss die Tür Zähne knirschend hinter sich. „Und weißt du wieso? Weil du zu sehr abfärbst. Naja... nicht gerade jetzt. Eher dein... früheres Ich. Vielleicht dachte ich auch einfach nur, ich könnte mal was wagen... Wobei... um genau zu sein, so viel habe ich auch nicht mehr gedacht“ Brummend ließ er sich auf sein Bett fallen. „Habe ich dich gestört?“

Hektisch und aus alter neuer Gewohnheit hatte Zach die Schublade zu seinem Schreibtisch zugeschubst. Und dann war es nur Matt der reingekommen war. 'Klar, du wohnst ja jetzt auch in seinem Zimmer. Kein Nick mehr', dachte Zach mit möglichst wenig Gefühlsregung. "Nein. Hast du nicht", antwortete er als erstes auf den letzten Teil. Er warf noch einen kurzen Blick auf die Schublade, in die er die Zigarettenpackung geworfen hatte, nicht dass er sie jetzt noch verstecken musste. Seufzend sah er wieder zu Matt und widmete sich den Vorwürfen. "Worin färbe ich ab und was hast du deswegen verbockt?"

Wirklich schwimmen war nicht so ihr Ding, eigentlich. Und Kayas Vorschag ließ sie schon wieder an Matt denken. Mit dem über den Strand tragen und so. Gut, dass sie zu dunkle Haut hatte, um sie immer gleich zu verraten, wenn sie Verlegen war. "Okay. Das klingt gut. Schwimmen, Kopf abkühlen, auf andere Gedanken kommen. Und Gerechtigkeit Blake gegenüber. Wir gehen Schwimmen", stimmte sie zu und Lächelte schon wieder aufgemuntert am Ende ihrer Ausführung.

"Also so weit ist es bisher zum Glück noch nicht gekommen", lachte Milo und trat vorsichtshalber einen Schritt zurück. Mailin sah schon wieder so aus, als würde sie ihm jeden Moment wieder die Finger in den Mund schieben wollen. "Aber ich merke es, wenn ich viel Energie im Körper gespeichert habe", erklärte er und zog mit dem Zeigefinger einen unsichtbaren Kreis um seinen Mund, "je mehr Energie ich gespeichert habe, desto mehr kribbeln meine Lippen. Falls es sehr viel Energie ist, kann das aber auch richtig unangenehm und sogar schmerzhaft werden. Wie tausend kleine Nadeln, die in der Haut stecken."

Mina seufzte leise. "Ich will ehrlich sein", fing sie schließlich damit an, nach den richtigen Worten zu suchen, "ich mag dich, Casper. Und eine ganze Zeit lang habe ich gedacht, nein, ich habe gehofft, dass mehr aus uns wird. Aber jetzt bin ich nicht mehr sicher, ob ich das noch will." Sie wusste um die Bedeutung ihrer Worte und sie fühlte sich schlecht, Casper so abzuschmettern, doch sie hatte ihm versprochen, ehrlich zu sein. Und so empfand sie nun einmal.

„Ihm zu viel Reden. Und im... falsche Entscheidungen Treffen“, antwortete Matthew murrend, seufzte und stützte sich auf seinen Unterarmen auf, sodass er den Kopf heben und zu Zach hinüber sehen konnte. „Ich habe zu viel geredet. Gegenüber Kara. Vielleicht habe ich unterschwellig durchblicken lassen, dass ich nichts dagegen hätte, auch etwas lockeres mit ihr zu haben... Kam aber wohl...nicht so gut an. Mann! Ich habs ruiniert! Wegen ein paar Hormonen...“
Er ließ sich wieder aufs Bett zurück fallen und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht.
„Sie kann ja nichts dafür, dass meine erste Beziehung so scheiße verlief!“

Gesagt, getan! Die Schwimmhalle war zwar nicht offen, aber sie brauchten auch keinen Schlüssel. Sie benutzten einfach Kayas Portal durch die Tür hindurch und kamen so in die leere Schwimmhalle. Das Wasser gluckerte im Becken und schien ihnen gerade zu verführerisch zu zu zwinkern. „Wer zuerst drin ist!“, flötete Kaya, zog den Bademantel aus, legte ihn mit dem Handtuch auf einer Bank ab und sprang in das Becken. Dabei verzichtete sie jedoch auf einen Jubelschrei – sie mussten es ja nicht geradezu herausfordern, dass am Ende noch jemand kam.

„So... als ob dir ein Fuß eingeschlafen ist? Das piekst auch manchmal so, als ob man in einen Igel getreten ist“, kommentierte Mailin schmunzelnd und verschränkte ihre Hände sicherheitshalber hinter ihrem Rücken. So war sie wenigstens nicht versucht, mit den Fingern seinen Mund aufzuhalten.
„Deine Mutation ist wirklich verdammt cool... Und bevor ich hier Komplexe kriege, wende ich lieber ganz schnell das Blatt und gebe selbst noch eine Kostprobe“, raunte sie grinsend.

Jetzt hatte er es irgendwie auf Schwarz und Weiß. Nur nicht gerade im übertragenen Sinne. Er hatte es sich zwar schon gedacht, dennoch traf es ihn. Gerade weil sie meinte, dass sie sich mehr mit ihm erhofft hätte. Hätte sie das lieber mal nicht gesagt... Das machte das ganze noch viel schlimmer.
Casper nickte knapp und verständnisvoll. „Dachte ich mir schon... Ich dachte nur, ich sollte es dir trotzdem sagen...und mir vor allem entschuldigen. Ich war.. wirklich eine Pflaume. Ich hoffe...wir können wenigstens Freunde bleiben“

So richtig viel Sinn ergab Matts kleine Rede nicht, aber Zach machte sich auch nicht die Mühe ihm wirklich zu folgen. "Wow", antwortete er trotzdem nach einer kleinen Weile und grinste seinen Kumpel sogar an. "Das kannst du nicht von mir haben. Ich hab noch nie eine Frau getroffen, die nicht an etwas lockerem interessiert war. Nicht nachdem ich mit ihr gesprochen habe." Was sogar stimmte, wohl aber auch daran lag, dass er wusste, welche Frauen er ansprechen sollte und welche nicht. "Bist du ihr denn mit Paige als Erklärung gekommen?", fragte er und schnalzte ungehalten mit der Zunge, als Matt nickte. "Kein Wunder. Da wäre ich dir auch wieder von der Schippe gesprungen."

"Ey! Unfair!", rief Kara hinter ihrer Freudin her, die schon im Wasser war, ehe Kara auch nur ihr Handtuch abgelegt hatte. Dafür revanchierte sie sich postwendend. Anstelle zu springe, teleportierte sie sich direkt neben Kaya und drückte sie mit schwung unter die Wasseroberfläche. Lachend ließ sie sich auf dem Rücken treiben, allerdings in sicherer Entfernung zur Abtauchstelle ihrer Freundin, sie wollte schließlich eine Chance auf Fluch haben, sollte Kaya auf Rache aus sein.

"Ich bitte doch darum." Grinsend trat Milo beiseite und bedeutete Mailin mit einer einladenden Handbewegung, dass sie ruhig anfangen konnte. "Und ja, der Vergleich mit dem eingeschlafenen Fuß trifft den Nagel so ziemlich auf den Kopf, es ist auf jeden Fall echt unangenehm." Er verschränkte die Arme hinter dem Rücken und nickte Mailin aufmunternd zu. Er war immer noch von ihrer Mutation fasziniert und freute sich schon auf ihre "Vorstellung". In seiner Zeit gab es zwar auch Pyrokinetiker, doch keiner von ihnen konnte Feuer spucken.

Er ging wirklich sehr vernünftig mit der Situation um, und das rechnete ihm Mina hoch an. Auf seine Frage, ob sie denn Freunde bleiben könnten, reagierte sie daher mit einem Nicken und lächelte ihn warm an. "Ich denke, das werden wir hinkriegen", versprach sie ihm, widerstand aber dem Drang, ihm den Arm zu tätscheln. Auch wenn Stoff zwischen ihrer Hand und seinem Arm wäre, sie wusste ja, dass er an sich Berührungen eher vermied.

Nach Zachs erstem Kommentar grummelte Matthew etwas unverständliches in seinen imaginären Bart. Dabei dachte er nicht einmal an Paige, die sein Kumpel wohl auch irgendwie unter den Frauen verbuchen konnte, die 'nur' mit ihm geschlafen hatten. Und nicht an mehr interessiert waren.
„Was soll ich denn sonst sagen? Gar nichts? Das kommt dann auch nicht so gut... Ich kann nur hoffen, dass der Unterricht ab morgen sie so vereinnahmen wird, dass sie mein dämliches Benehmen ganz schnell wieder vergessen wird...“ Seufzend stützte sich Matt wieder auf seine Oberarme und sah zu Zach hinüber. „Wie geht’s dir eigentlich?“

Kaum das Kaya wieder aufgetaucht war, tauchte ihre Freundin sie auch schon nach unten. Als sie prustend und blinzelnd wieder Luft holte, den Kopf dabei wieder über Wasser, sah sie sich suchend nach Kara um. „Na warte!“, raunte sie, lächelte und ließ eine Hand in einem Portal unter Wasser verschwinden, dass sich unmittelbar neben Karas Füßen öffnete. Mit einem Ruck packte sie Kara am Fußgelenk und zog sie an diesem ein gutes Stück nach unten, bevor sie wieder los ließ.

Mailin grinste breit, machte aber sogleich eine ernstere Miene, während sie sich konzentrierte. Sie nahm Position ein, atmete tief ein und spie einen großen Feuerball gen Himmel. Dieser stieg vier, fünf Meter in die Höhe und verformte sich dann. Das Feuer breitete sich wie zwei Flügel nach links und rechts aus und dazu stob ein langer Hals mit Kopf und Schnabel nach vorne, sodass das ganze wie ein in Flammen stehender Vogel aussah.
Mailin schnappte schon wieder nach Luft, als dieser sich schließlich wieder verflüchtigte. Mit einem Lächeln sah sie erwartungsvoll zu Milo, gespannt darauf, was er zu ihrem 'Phönix' sagte.

Wenigstens etwas. Das war ihm wirklich wichtig gewesen, wenigstens noch mit Mina befreundet sein zu können.
Casper erwiderte das Lächeln und nickte ihr dankbar zu. „Das ist gut zu hören... Das freut mich wirklich“, setzte er hinzu und schob seine Hände in die Hosentaschen, auch wenn er sie lieber umarmt hätte.
„Sollen wir...wieder zurück? Wartet Noemi auf dich?“

„Ms Quadir?“ Noemi war bei der Krankenstation angekommen und hatte nach einem kurzen Anklopfen, die Tür aufgezogen und die Kopf durch den Spalt gesteckt. „Sind Sie da?“

Mit offen stehendem Mund hatte Milo in den Himmel gestarrt, und auch als der Flammenvogel schon längst verschwunden war, starrte er immer noch. "Das....war...", fing er schließlich an, wobei seine Worte von einem ungläubigen Kopfnicken begleitet wurden, "das war....der OBERHAMMER!" Das letzte Wort schrie er regelrecht heraus und riss die Arme hoch, während sein Mund sich zu einem breiten Grinsen verzog. "Mal ehrlich, wie geil war das denn?! Wie hast du...wover hast du das gelernt? MEGA! Einfach MEGA!" Doch irgendwie reichten die Worte nicht aus, um seine Euphorie auszudrücken, und so hob er Mailin spontan hoch und wirbelte sie herum.

"Ehrlich gesagt, nein", erwiderte Mina und räusperte sich kurz, "wenn es für dich okay wäre, würde ich nicht mit zurück in die Mensa kommen? Ich wollte noch ein wenig vorbereiten, der Unterricht geht ja bald wieder los, und ich muss mich noch ein bisschen in Chemie und Mathe einlesen."

Soraya brütete über einigen Artikeln aus medizinischen Fachzeitschriften, legte diese aber beiseite als sie ein Klopfen und dann Noemis Stimme hörte. "Ja, ich bin da", antwortete sie und lud ihre Schülerin mit einer Handbewegung ein, zu ihr zu kommen, "was kann ich für dich tun, Noemi?"

"Hey! Du spielst unfair!", rief Kaya, nachdem sie husten gefühlte 2 Liter Wasser ausgespuckt hatte. Dass ihre Freundin sie mit ihrer Mutation reinlegen würde, damit hatte sie wirklich nicht gerechnet. Böse war sie ihr deswegen aber nicht, sie hatte schließlich angefangen. Mit beiden Händen fing sie an einen Schwall Wasser auf Kaya zu werfen, geriet dabei aber selber wieder unter Wasser und tauchte lachend wieder auf. "Sowas machen wir bei uns definitiv viel zu wenig", kicherte sie und strich sich die Nassen Haare aus den Augen.

Langsam gewöhnte Zach sich an die Frage. Jedenfalls zuckte er nur ganz leicht zusammen, ehe er Matt weiter angrinste. "Ablenken hilft dir auch nicht. Du wirst sicher noch einiges zu hören bekommen. Kara hat heute noch den ganzen Tag Zeit den Mädels zu erzählen, was für ein Arsch du bist. Sollte mich wundern, wenn der Unterricht morgen so anstrengend ist, dass keiner von denen daran denkt." Aufmunternd klopfte er seinem Kumpel auf die Schulter und ging dann zu seinem Schrank rüber, wo er so tat als würde er nach etwas suchen.

Mittwoch, 09.01., so halb drei nachmittags

Zu behaupten, es läge eine gewisse Anspannung in der Luft, wäre gelinde gesagt, untertrieben. Leonie sah fast unablässig zu den Kindern hinüber, musterte sie ohne ihnen wertende Blicke zu zu werfen. Kit hatte ihr schließlich alles erzählt, was sie erst vor wenigen Tagen hier ereignet hatte. Jetzt waren sie hier und warteten auf die Ergebnisse des Labors, fast so, als ob sie auf einen Urteilsspruch warteten.
Ein paar Mal hatte ihr eines der Mädchen schon ihren Blick erwidert und sie ein wenig schüchtern angelächelt. Von Kit wusste sie, dass das Kaya war, die, die sich für Rileys Tochter ausgab.
Es war seltsam so jemanden anzusehen, mit dem Wissen, dass das eigentlich gar nicht sein konnte – Zeitspringen hin oder her.

Kaya fühlte sie elendig, dabei wusste sie doch, dass die Ergebnisse positiv sein würden. Aber trotzdem. Womöglich lag es auch daran, dass dieses Mal mehr Personen da waren, unter anderem auch ihre Großmutter, die sie nur von Fotos kannte. Da juckte es sie regelrecht, sie mal zu umarmen. Leise seufzend ließ sie ihren Blick sinken und sah dann zu ihren Freunden.
Es dauerte sicher nicht mehr lange und Ms. Quadir würde zu ihnen stoßen – mit den Nachrichten.

„Okay... habe ich irgendetwas verpasst?“ Alessia lehnte sich zu Nick hinüber und warf ihm einen Blick zu, als ob er ganz genau wusste, wovon sie sprach. Das wurde ihm jedoch erst ersichtlich, als sie auffällig zu Paige hinüber nickte, die sich gerade noch einen Tee an der Essensausgabe holte.
„Nein, was solltest du denn verpasst haben?“, fragte er unschuldig und nippte an seinem Wasser.
„Das weißt du genau!“, fügte sie hinzu und deutete dann auf Riley. „Nichts gegen deine Schwester, aber... ihr beiden hattet bisher nicht wirklich etwas zu tun“, sagte sie und wandte sich beim letzten Teil wieder an Nick. Dieser zuckte mit den Schultern, schluckte und stellte sein Glas beiseite.
„Keine Ahnung, wir haben uns getroffen, als wir beide hier wieder am Sonntag ankamen und... verstehen uns einfach gut“

Zur selben Zeit stand auch Noemi an der Essensausgabe an, nur ein paar Schritte von Paige entfernt, und nahm sich etwas zu Essen. Nach dem Spezialtraining hatte sie einen riesen Kohldampf und vor allem einen extremen Appetit auf Fleisch. Noch während sie sich ihre Portion auf den Teller schaufelte, leckte sie sich hungrig über die Lippen.

Kit brauchte sich seine Frau gar nicht genauer anzusehen um zu wissen, dass sie mindestens genauso angespannt war, wie die Gruppe der "neuen" Schüler. Die sahen allerdings fast so aus, als würden sie auf ihre Hinrichtung warten. Dass im Grunde auch alle schwiegen und warteten machte es auch nicht einfacher. Beruhigend legte er Leo den Arm um die Schulter. "Ich weiß immer noch nicht, was mir lieber wäre: Dass sie recht haben, oder lügen", raunte er ihr leise ins Ohr und verzog den Mund zu einem freudlosen Lächeln.

Kara erwiderte den Blick ihrer Freundin mit einem Naserümpfen. Sie hasste warten, aber dieses Warten schlug wirklich alles. Am liebsten wäre sie durch das Büro gehüpft und hätte irgendwas wahllos kaputt gemacht. Leider würde das ihrer Sache nicht förderlich sein. Also begnügte sie sich damit nervös an ihren Fingern rum zu ziehen und zu hoffen, dass die Ärztin endlich antanzte. Wie lange konnte es denn noch dauern diese Ergebnisse zu holen?!

Eron trat unruhig von einem Fuß auf den anderen, während er die Hände knetete. Konnte sich Soraya nicht mal ein bisschen beeilen?! Sein Blick glitt hinüber zu den neuen und blieb unweigerlich an Milo hängen, der Junge der behauptete, sein Enkel zu sein. Gleich würde er wissen, ob das stimmte oder nur eine billige Lügengeschichte war.... Eron seufzte leise und wünschte sich, nicht zum ersten Mal, dass Reshma heute nicht hätte arbeiten müssen und jetzt da sein könnte.

Die Anspannung, die in der Luft lag, war beinahe greifbar, und Gentle zuckte regelrecht zusammen, als er das leise Knirschen des Türknaufs hörte. Alle Augen richteten sich auf Soraya als sie eintrat, und sie hielt den Umschlag mit den Ergebnissen so fest umklammert, als hinge ihr Leben davon ab. "Ähm", sprach sie in die fast unheimliche Stille hinein und räusperte sich dann, "gut, ihr seid alle hier. Ich...habe hier die Ergebnisse der DNA-Test." Wie zum Beweis hielt sie den Umschlag hoch und öffnete ihn dann, wobei sie sämtliche Augenpaare im Raum auf sich ruhen spürte. Die medizinischen Unterlagen, die sie einen Moment später zutage förderte, würden den meisten im Raum Anwesenden nichts sagen, doch Soraya suchte zielstrebig nach den wichtigsten Stellen und nickte schließlich.
"Sie haben die Wahrheit gesagt." Die Worte hingen für einige Sekunden in der Luft, während die meisten versuchten, ihre Bedeutung zu verarbeiten. So auch Javier, dessen Blick zu Marisol hinüber glitt, der jungen Frau, die jetzt erleichtert aufatmete und von der die Anspannung nun endgültig abfiel.
"Die Unterlagen beweisen, dass bei allen Anwesenden die Wahrscheinlichkeit der Mutter- beziehungsweise Vaterschaft bei 99,9% liegt", fuhr Soraya fort, "ich nehme also an, dass die ganze Zeitreise-Behauptung damit dann auch bekräftigt ist."
"Wir habens doch gesagt!", rief Milo grinsend aus und umarmte dann spontan seine Cousine, "es ist wirklich alles wahr."

"Hey, lass mir noch was übrig!" Felipe war von hinten an Noemi heran getreten und sah ihr grinsend dabei zu, wie sie sich das Essen auf den Teller schaufelte. "Das Training heute war ganz schön anstregend", bemerkte er und nahm sich eine Cola aus einem der Kühlbehälter, "aber irgendwie hatte ich das Gefühl, dass Mr. Haviv und mein Onkel nicht so richtig bei der Sache waren. Ist dir das auch aufgefallen?"

Kaya nickte lächelnd und erwiderte die Umarmung ihres Cousins. Jetzt, da bewiesen war, dass sie bezüglich ihrer Verwandtschaft die Wahrheit gesagt hatten, würden sie ihnen sicher auch glauben. Das mussten sie einfach! Denn sie hatten nur noch etwas mehr als einen Monat Zeit.
Leonie sah derweil zu Kit und drückte dessen Hand. Dann war das ganze wohl doch kein Lügenmärchen. Mit einem Räuspern trat sie auf das Mädchen zu, dass ihre Enkelin war.
„Dann ist alles wahr, was ihr gesagt habt? Und andere und ich werden sterben?“
Leonie hoffte, dass Kit ihr die Lage zu pessimistisch erklärt hatte und es in Wahrheit wesentlich dramatischer war. Sie konnte zumindest gut auf ihren Tod verzichten, besonders weil... Mit einer Hand fuhr sie sich unmerklich über den Bauch. Sie hatte Kit noch nichts erzählt, aber womöglich wusste er es auch so schon.
Kaya fuhr zu Leonie herum und nickte knapp. „Es werden einige sterben. Leider. Auch wenn wir versuchen werden, ein paar zu retten. Doch mit Sicherheit können nicht alle davon bewahrt werden. Aber du und Gentle, ihr habt gute Chancen zu überleben, wenn Blake erst einmal die Nanobots entfernt hat!“
„Ich kann damit heute anfangen. Aber vorher... sollten noch andere Dinge geklärt werden“, raunte Blake und sah zu Marisol hinüber. Sie mussten dringend Circe als Geißel nehmen, bevor sie von all dem noch etwas aufschnappte und es an die Bruderschaft weitererzählte.

„Ja?“ Noemi sah Felipe erstaunt an, ging in sich und überlegte. „Stimmt... Irgendwie schon. Ich habe allerdings mehr auf die Neuen geachtet. Die waren nämlich auch irgendwie... angespannter. Hatte ich so das Gefühl. Aber nicht erst heute“, sagte sie und sah sich neugierig um. Seltsamerweise war auch niemand von den Vieren gerade hier. Nicht einmal deren Aufpasserin Ms. Gomez. Auch wenn Noemi ihnen nichts Übles andichten wollte, das Gefühl, dass was mit den Neuen nicht stimmte, wurde von Tag zu Tag stärker.
„Du kannst deinen Onkel ja nachher mal fragen. Vielleicht hatten die eine Lehrerbesprechung gestern. Womöglich sind von einigen die Noten abgefallen, oder so“ Oder so. Es könnte auch sein, dass sie etwas Neues erfahren haben – von der Bruderschaft.

Marisol fing Blakes Blick auf und nickte entschlossen. "Das Wichtigste ist erst einmal, dass die Bruderschaft nichts von uns erfährt", erklärte sie den Anwesenden ernst, "und auch nicht von den Plänen. Solange Circe sich hier an der Schule frei bewegen kann, ist das Risiko einfach zu groß..." Sie umriss in kurzen Worten ihre Pläne bezüglich der Spionin und hoffte, dass die Lehrer erkennen würden, dass es keine Alternative gab. Während Gentle erst einmal mit Schweigen auf Marsisols Erklärung reagierte, dachte Javier schon eine Schritt weiter. "Wenn...Circe tatsächlich die Mutation hat, die Sie...die du erwähnst, brauchen wir einen guten Plan um sie zu überwältigen. Schließlich kann sie ja offensichtlich ohne größere Probleme Illusionen in unsere Köpfe projizieren, vielleicht hat sie es ja auch schon getan oder tut es gerade. Es muss eine Möglichkeit geben, sich davor zu schützen?"

"Mhhmm." Felipe nickte abwesend während er sich etwas zu Essen auffüllte. "Ich glaube, ich frag ihn nachher wirklich mal." Er teilte Noemis Misstrauen gegenüber den neuen, auch wenn er sich vielleicht nicht ganz so sehr darauf fokussierte wie sie. "Heute Nacht ist wieder Vollmond", versuchte er sich an einem Themenwechsel und griff zeitgleich ein Thema auf, das er eigentlich schon vorher zur Sprache hatte bringen wollen, "was meinst du? Schaffe ich schon ohne die Ketten?"

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