Vampire-Das RPG IV

Casey musste bei den Erinnerung auch viel und nicht nur Lächeln. Dass er das Ganze mit ihrem letzten sportlichen Zusammenstoß ruiniert hatte, sagte er ihr besser nicht. Er unterdrückte ein Seufzen, auch etwas nicht zu sagen war lügen, aber Ehrlichkeit verletzte manchmal noch schlimmer. "Das war eine gute Zeit, ja", stimmte er ihr schließlich zu, was keine Lüge war, aber auch nicht weiter beantwortete, wie er sich Rückblickend dabei fühlte. Jetzt war nicht die richtige Zeit um darüber nachzudenken. "Ich hoffe ich halte dich nicht auf. Du musst dich mit mir altem Deppen nicht weiter rumschlagen, sicher hast du besseres zu tun. Vic bescheid geben zum Beispiel", fuhr er in einem etwas leichterem Tonfall fort und war sich selbst nicht sicher, ob er das Gespräch wirklich beenden wollte. Was sollte er mit sich anfangen, wenn sie nicht mehr mit ihm sprach?

Vor Jaels innerem Auge erschien das Bild eines Stiletts aus Silber. Vermutlich wurde seine Phantasie da durch ihre Schuhe geleitet, aber er fand den Gedanken merklich beruhigend. Wenn sie etwas hatte, womit sie sich im Notfall effektiv gegen Damion oder andere Vampire wehren konnte. Gerade wo diese ominöse Gestalt im Hintergrund lungerte und scheinbar ein Fadenkreuz auf jeden Rücken malte, der Damion nahe stand. Allerdings waren es beim letzten Mal Menschen gewesen, die ihr Leid angetan hatten, für die Silber nicht gefährlicher war als Stahl. Und vermutlich würde sie sich nicht auch noch das schenken lassen. Nicht nachdem er die Wohnung bezahlte. Er hatte nämlich nicht vor, ihr die Miete offen zu legen. "Davon bin ich überzeugt. Dafür, dass dein Erschaffer ein Problemkind ist, bist du wunderbar verständig. Das Unschuldslachen wird dir aber keine Abkaufen, damit hat Damion sie zu lange getäuscht", klärte er sie auf und hob das Glas, als die Bedienung wieder gegangen war.

Das war eine gute Zeit. Eine gute Zeit, die leider viel zu früh ein Ende gefunden hatte, dachte Jess traurig und war, nachdem sie ein wenig durch das Zimmer gelaufen war, schließlich vor dem Fenster stehen geblieben. Mit zwei Fingern schob sie zwei Lamellen der Jalousie auseinander, um hinausschauen zu können, während sie sich nebenher wieder soweit fing, dass sie sich ihren vorherigen Gedanken nicht anmerken ließ.
„Ich würde es nicht als ‚Aufhalten‘ bezeichnen. Es ist mehr ein…angenehmes Hinauszögern, gegen das ich rein gar nichts habe. Aber… es stimmt schon, ich sollte noch zu Victoria… Und leider habe ich keine Ahnung, ob sie überhaupt noch hier ist. Ihr Geruch ist mir zumindest nicht aufgefallen…“ Was nicht heißen soll, dass sie darauf geachtet hätte. Sie war schließlich auf direktem Wege auf Damions Zimmer gegangen und hatte dann dort die übrige Zeit verbracht.
„Vielleicht sollte ich mich mal schlau machen. Ich ruf dich morgen an und berichte dir, ob ich fündig wurde und wie sie reagiert hat. Sollte ich mich nicht melden, hat sie mich wohl deiner statt umgebracht. Sie nimmt es mir vermutlich noch immer übel, dass ich dir verraten habe, dass es sich ihrer Vermutung nach, um Brida handelt…“

„Der besaß mal ein Unschuldslächeln?“, fragte Rubina, wobei ihr die Skepsis ins Gesicht geschrieben stand. Ungläubig hob sie eine Braue und rümpfte dann kurz die Nase. Ihrer Ansicht nach besaß ihr Erschaffer nur den Typ Lächeln, dem immer etwas versautes anhaftete. Gut, vielleicht konnte er auch einen warm und weniger versaut anlächeln…aber unschuldig!? Hm.
„Kann ich mir nicht vorstellen. Aber wenn selbst der Teufel mal ein Engel war, dann wird Damion wohl auch mal ein Unschuldslächeln besessen haben… Und wenn auch nur, um berechnend die Leute von sich zu überzeugen“, lenkte sie seufzend ein, nahm ihr Glas und hielt es Jael hin, damit sie anstoßen konnten. „Auf unsere Wohnung?“ Rubina lächelte dabei freudig und hatte Damion schlagartig auch schon wieder vergessen. „Und auf das wir dort bald einziehen können“, schlug sie vor.

"Mach das", antwortete Casey, weil es das einzige und richtige war, dass er antworten konnte. Innerlich wandt er sich vor Schuldgefühlen und hoffte, dass Jess Scherz wirklich einer blieb. Victoria war nicht einfach einzuschätzen, aber ungefährlich war sie nicht. Und keine von Jess Freundinnen. Vielleicht würde Galon ein Wort einlegen, immerhin mochte er Jess, aber wie sehr Jess das vor Vics Wut retten würde. Er konnte wirklich nur hoffen, dass er nichts weiter ruiniert hatte. "Sag Vic, sie soll die Strafen, die die schlechten Nachrichten verursachen und nicht die Boten. Nimm Damion mit, dann reißt sie vielleicht eher ihm den Kopf ab als dir", schlug er vor.

"Auf unsere Wohnung", stimmte Jael mit einem sehr, sehr warmen Lächlen zu und stieß mit Rubina an. Liebe machte Blind, hieß es, ihm war nur nicht klar in welche Richtung. War er vorher Blind gewesen, weil er nicht gatte riskieren wollen, dass sie ihn wieder fallen ließ oder war er jetzt blind, weil er nicht daran zweifelte, dass sie ihn liebte? "Wenn du möchtest, dann können wir in den nächsten Woche ja schon anfangen über Farben, Tapeten, Teppiche, Möbel und was man alles so braucht nachzudenken und schonmal anzusehen", schlug er vor um nicht weiter über irgendwelche Wenns oder Abers nachzudenken.

Eine Woche später, Anfang November

Als ein einzelner Spot anging, der direkt auf die Bühne gerichtet war, trat Jess hinter dem Vorhang hervor. Sie hatte sich hinter der Bühne des ‚Scarlet Letters‘ umgezogen, nachdem sie Damion das Versprechen abgenommen hatte, artig auf seinem Stuhl vor der Bühne zu warten. Denn das, was folgen würde, würde er ganz sicher nicht bereuen. Die sonst so gut besuchte Bar war heute leer, nur sie zwei waren hier, das hatte Jess so arrangiert.
Mit einem verführerischen Lächeln trat Jess in den Lichtkegel und somit auch an die Stange, die mittig auf der Bühne aus dem Boden ragte. Sie trug schwarze Spitzenunterwäsche, dazu rote Pumps und einen dünnen Mantel. Letzteren ließ sie zu Boden gleiten, bevor sie ein Bein um die Stange legte. „Lehn dich zurück“ Mit einem Zwinkern sah sie zu Damion hinüber und schwang sich dann mit dem Beginn der Musik nach oben. Die rothaarige Perücke, die sie dabei trug, blieb wo sie war – Jess hatte dafür gesorgt, dass sie gut saß und zudem erstaunlich echt aussah. „Und genieß die Show“, wisperte sie und begann dann mit ihrer kleinen, persönlichen Show für ihren Erschaffer.

Jupiter sah sich um, überprüfte, ob auch wirklich niemand in der kleinen Seitenstraße war und kletterte dann auf den Müllcontainer, den sie zuvor an die richtige Stelle gerollt hatte. Hier, in dieser Seitenstraße, standen einige von diesen Containern herum, weswegen es hier ohne Ende stank. Aber das machte Jupiter nichts aus. Sie hat mit genug Leuten auf der Straße zu tun, von denen die wenigsten sich eine Dusche erschnorren können.
Vom Container aus hangelte Jupiter sich geschickt weiter am Haus hinauf, bis sie auf einem schmalen Fenstersims ankam. Mit ihren Fingern fuhr sie am Fensterrahmen entlang. Bereits von unten hatte sie sehen können, dass das Fenster gekippt war. Mit anderen Worten: Der Laden hatte sie geradezu eingeladen, hier einzubrechen. Soweit sie wusste, war das hier sowas wie ein exklusiver Strippschuppen. Nicht unbedingt viele kamen hier hinein – aber die meisten sahen stinkreich aus und sie ließen ganz gewiss auch eine Menge Kohle hier. Und auf genau diese Kohle war sie scharf.

Schweratmend lehnte sich Charles zurück in seine Kissen, die Hände dabei noch an ihren Hüften. Ihren wundervollen, weichen Hüften. Sein Griff wurde etwas fester, während er ihr einen noch immer recht begehrenden wie verlangenden Blick zuwarf, doch dann lockerte sich sein Griff und er wandte den Blick ab. Im selben Moment rutschte Cassandre von ihm herunter, wodurch seine Augen doch wieder zu ihr huschten. Seine Augen hatten inzwischen wieder ihre übliche Farbe angenommen, was nicht die ganze Zeit über so gewesen war.
„Glaubst du mir, wenn ich dir sage, dass ich wirklich mit dir habe reden wollen?“, fragte er und schüttelte schnaubend den Kopf. Mit einer Hand fuhr er sich durch das blonde Haar, das mal wieder ziemlich unordentlich lag. „Was… nicht heißen soll, dass ich nicht auch daran gedacht habe“, gestand er wahrheitsgemäß, mit einer Mischung aus Verlegenheit und Widerwillen.

Das warten dauerte ewig. Jedenfalls wenn man Damion hieß und eh keine Geduld hatte. Einzige Jess Blick, ehe sie verschwunden war hielt ihn auf dem Stuhl, anstelle ihr hinter den Vorhang zu folgen. Dass sie da war und wartete, dass sagte ihm seine Nase. Und Gott, der Anblick machte es lohnenswert. Jess hatte wirklich ein Händchen dafür ihn zu überraschen, obwohl er sie doch schon so lange kannte. "Oh, dazu musst du mich nicht extra auffordern", antwortete Damion mit einem kleinen Lächeln und einer Stimme, als wäre er eine Katze in der Sahneschüssel. Das leise knirschen eines Fensters, das irgendwo im Haus aufging ignorierte er vorerst. Nichts konnte hier reinkommen, dass ihnen gefährlich werden konnte. Jedenfalls war das Damions überhebliche Ansicht.

Sehr zufrieden ließ Cassandre sich in Charles Kissen sinken. Wieder einmal hatte sie es geschafft und dabei hatte sie nicht mal gewaltsam vorgehen müssen. Ein kleiner Wink hatte gereicht, alles andere hatte Charles eigenes Verlangen übernommen. Oh, sie hatte seine Blicke bemerkt, die ihr die ganze Woche gefolgt waren. Sie hatte sie sogar herausgefordert, hatte ihm bewusst aufgelauert, wenn er am wenigsten damit rechnete. Seine Verlegenheit und Unsicherheit hatte sie nur angestachelt. Und sie war belohnt worden, er hatte sie zu sich gerufen und mit allem außer seinen Worten darum gebeten. Mit einem leisen Lachen, das kaum zu hören war, drehte sie sich halb zu ihm um und ließ ihre Fingerspitzen über seine Brust gleiten. "Glaubst du mir, wenn ich sage, dass ich nicht deswegen hierher gekommen bin?", fragte sie zurück und ließ ihre Hand besitzergreifend auf seinem Bauch, kurz oberhalb seiner Hüfte. "Das will ich doch hoffen, dass du zumindest daran gedacht hast. Lass dir beim nächsten Mal nicht so viel Zeit dabei deinen Gedanken zu folgen", fuhr sie fort und schon wanderte ihre Hand gute zehn Zentimeter tiefer.

Während Jess ihren Körper um die Stange wand und damit durchaus bewies, locker mit den hier angestellten Tänzerinnen mithalten zu können, bekam sie das Geräusch nicht mit, dass Jupiter ein Geschoss über ihnen verursachte. Sie gab sich ganz der Musik und ihrer Tanzeinlage hin, um Damion etwas bieten zu können, wie er es vorher noch nicht erlebt hatte – und das war mit Sicherheit nicht so einfach. Ein Kerl wie Damion, war schon oft in Etablissements wie diesem hier gewesen und hatte Mädchen gehabt, die für ihn getanzt und sonst etwas gemacht haben. Tja, und sie wollte einfach besser sein, als jedes dieser Mädchen.
Als sie schließlich wieder auf beiden Beinen stand, zog sie ihre Pumps aus, ließ diese achtlos auf den Boden fallen, unmittelbar neben ihren dünnen Mantel, und ging dann nach vorne bis zum Rand der Bühne. Von dort aus führte eine kleine Treppe nach unten, die sie langsam hinunterging, um sich schließlich breitbeinig auf Damions Schoß zu setzen.
„Bereit für den zweiten Teil?“, fragte Jess mit einem Schmunzeln, wartete jedoch erst gar keine Antwort ab. Sie knöpfte sein Hemd etwas auf, schlug seinen Kragen beiseite und begann ihren Erschaffer am Hals zu küssen.

Sie war drin! Jupiter grinste breit und lehnte das Fenster vorsichtig wieder an. Als sie sich anschließend umsah, musste sie feststellen, dass sie in einer Art Kleiderkammer war. Um sie herum waren überall Kleiderständer, an denen abenteuerlich aussehende Kostüme hingen, von Federboas über Lack und Leder zu ganz knappen Kostümchen mit vielen Pailletten. Jupiter rümpfte die Nase über das eine oder andere Outfit und ging durch den Raum. Ganz offensichtlich wurden hier wirklich nur Kostüme aufbewahrt – abgesehen von etwaige Nähutensilien. Behutsam trat sie an die Tür und war erleichtert, als diese auch tatsächlich aufging. So musste sie immerhin nicht noch ein Schloss knacken. Neugierig sah sie sich auf dem Stockwerk um, das nur noch drei weitere Räume besaß. Zwei dieser Räume sahen aus wie Pausenräume oder zusätzliche Räume, um sich umzuziehen. Es gab Sitzecken, Spinte und seltsame Filmplakate an den Wänden, wie zum Beispiel von Dracula, Tanz der Vampire, Interview mit einem Vampir und Königin der Verdammten. Eine komische Auswahl – da musste wohl wer Vampirfilme über alles lieben.
Der dritte Raum, von dem sie sich viel versprach, war nur eine kleine Besenkammer. Mist. Dann musste sich das Geld vielleicht ja unten befinden. Jupiter ging die Treppe hinunter, einen Gang entlang, direkt auf eine Tür mit zwei Flügeln zu. Erst als sie diese aufschob und im Türrahmen stand, konnte sie die Musik hören. Vorher war davon nichts zu hören gewesen – was wohl dafür sprach, dass die Dämmung hier ausgezeichnet war. Jupiter starrte zur einzigen Lichtquelle im Raum und entdeckte zwei Gestalten vor der Bühne. „Shit“

„Oh, ja. Ja, das glaube ich“, antwortete Charles auf ihre Frage, wobei seine Augen zu ihrer Hand wanderten. Ihre Fingerspitzen, die über seine nackte Haut fuhren, machten es ihm ziemlich schwer, einen klaren Gedanken zu fassen – was mit Sicherheit ihre Absicht war. Leider war da ein klitzekleiner Teil in ihm, der das genoss, während sich der Rest dafür schämte.
Charles sah blinzelnd zu Cassandres Gesicht auf, als sie fortfuhr. Was sollte er schon darauf erwidern? Er war hin und hergerissen, nicht sicher, was er wollte. Eigentlich war er davon ausgegangen, es nicht zu wollen. Den Sex. Nicht von Cassandre. Nein, eigentlich spielte es keine Rolle, von wem. Und doch… Es war berauschend wie erregend und gab ihm das Gefühl, am Leben zu sein. All diese Gedanken gingen ihm in einem Sekundenbruchteil durch den Kopf, bevor ihre Hand weiter nach unten wanderte.
Charles schloss die Augen und sog die Luft scharf ein. „Cassandre“ Er fasste nach ihrer Hand, sah blinzelnd zu ihr hinüber und lächelte schief. „Du gibst mit nicht einmal die Chance irgendeinem Gedanken zu folgen. Wenn du…deine Hand vielleicht von dort unten entfernen könntest?“

Damion war mehr als bereit und ging auch sehr bereitwillig auf Jess' Aktionen ein. Leider wurde aus dem Spaß am Ende nicht viel. So willig er auch war, wie die Tür leise geöffnet wurde und dann durchaus hörbar für Vampirohren geflucht wurde, konnte ihm leider nicht entgehen. Jess vielleicht schon, die war aber auch gerade der aktivere Part gewesen, während er sich die Zeit ließ sie machen zu lassen. Die Stimme kam ihm darüber hinaus vage bekannt vor, weswegen er seinen Kopf mit einem etwas ungehaltenen Gesichtsausdruck in Richtung Tür wandte. Seine Augen waren wesentlich heller, als das Lichtreflexion als Erklärung hätte herhalten können. Und ganz nebenbei erschien ein Grinsen, als er die dunkle Siluette in der leicht geöffneten Tür erkannte. Mehr anhand von Geruch und Stimme, als tatsächlich am Aussehen. "Sieht aus, als hätten wir Gesellschaft", wandte er sich leise an Jess. Etwas bedauernd ließ er seine Lippen über ihren Hals wandern und lehnte sich danach mit einem Arm über die Lehne seines Stuhles, womit er sich quasi der Tür zuwandte. "Willst du dich da den ganzen Abend rumdrücken wie ein Spanner oder kommst du raus und machst mit?", rief er laut genug, damit Jupiter ihn hören konnte.

Cassandre legte die Stirn leicht in Falten, zog die Lippen zusammen und tat allgemein als würde sie überlegen. Mit einem sehr verführerischen Lächeln hauchte sie dann ein: "Nein. Wo bleibt denn da der Spaß", und ließ ihre Hand wo sie war. "Ganz abgesehen davon denkst du eh zu viel. Dir täte es mal besser, wenn du eine sehr lange Zeit genau das nicht tun würdest", riet sie ihm weiter. Als läge ihr tatsächlich etwas an seinem Geisteszustand. Dabei fand sie es im Grunde nur Lustig einen sehr korrekten Kerl auf die dunklere Seite der Gesellschaft zu ziehen. Und ihr war dabei sehr klar, dass Charles nicht mehr als Spielzeug verfügbar sein würde, wenn er mal die Zeit hatte seine Schuldgefühle und Scham beiseite zu schieben und logisch über ihre Aktivitäten nachzudenken. Und die Zeit wollte sie ihm noch nicht geben, nicht solange es noch so erfüllend war ihn immer wieder zu ködern, halbwegs gegen seinen Willen.

Die Stimme kam ihr bekannt vor. Jupiter wollte allerdings nicht riskieren, länger als nötig zu bleiben und entschied sich dafür, möglichst schnell zu fliehen. Also trat sie den Rückzug an, zurück durch die Tür und rannte den Gang entlang, auf dem Weg zu der Treppe, als sie das Schild sah: Exit.
Doch bevor Jupiter die Richtung ändern konnte, packte sie auf einmal etwas am Arm und wirbelte sie herum. Vor ihr stand die Frau, die sie eben noch schemenhaft gegen das Licht hatte sehen können. Sie hatte rote Haare und sah sie mit ziemlich beängstigenden Augen an.
„Wohin denn so schnell?“, fragte die Frau mit einem Lächeln, dass bei Jupiter Gänsehaut verursachte. Und im nächsten Augenblick wurde sie auch schon wieder zurück in den großen Raum gezerrt. Ganz egal, wie sehr sie sich wehrte, der Griff der Frau war eisern und unnachgiebig.
Als sie den Raum wieder betraten, machte sie das Licht an, sodass Jupiter nun auch den Mann erkennen konnte, der ihr vorhin das unmoralische Angebot gemacht hatte. „Du!?“, entfuhr es ihr und genervt verdrehte sie die Augen.
„Ihr kennt euch?“ Jess murrte und schüttelte den Kopf. „Manchmal habe ich das Gefühl, du hättest bereits alle Frauen Londons durch“

Was für ein Glück für Cassandre, dass Charles gerade wirklich kaum dazu in der Lage war, einen klaren Gedanken zu fassen. Das war einfach praktisch unmöglich, wenn man bedachte, wo ihre Hand lag. Viel eher führte es dazu, dass ihm tatsächlich nach einer Fortsetzung ihrer vorherigen Aktivitäten war. Ganz langsam drehte er sich ihr wieder zu, streckte eine Hand nach ihr aus und umschloss sacht eine ihrer roten Haarsträhnen. Behutsam ließ er sie durch die Finger gleiten, die er kurz darauf auf ihre Hüfte legte. Es fühlte sich noch immer aufregend an und machte ihn nach wie vor auch noch ein wenig verlegen, einer Frau nach all den Jahren wieder so nah zu sein. Doch es fühlte sich auch gut an – verboten gut. Charles Griff wurde fester, bevor er Cassandre schließlich auf den Rücken drehte und sich über sie zog. Mal schauen, wohin ihn das ‚weniger Nachdenken‘ führt, dachte er und begann Cassandre verlangend zu küssen.

Seufzend hatte Damion Jess hinterher gesehen. Da lief seine Chance auf einen wirklich interessanten Abend fort. Schade. In vollem Vertrauen darauf, dass Jess schon alleine schaffte, was sie vorhatte, angelte er sich sein Hemd vom Boden und schlüpfte in die Arme, wobei er sich keine Mühe gab es auch wieder zu zuknöpfen. Keine der beiden Damen war der Anblick neu. Danach lehnte er sich zurück und wartete, was er nicht lange musste. Jess kam, immer noch stinkig die Stirn in Falten gelegt wieder hinein und sah auch nicht begeisterter aus, nachdem Jupiter zugegeben hatte ihn zu kennen. "Nur die hübschen", antwortete er vollkommen ernst mit einem Grinsen auf Jess Anschuldigung hin und nickte dann leicht in Jupiters Richtung. "Jess, das ist Jupiter. Wir haben über sie gesprochen. Der kleine Dieb", rief er ihr in Erinnerung, als sie nicht direkt etwas mit dem Namen anfangen konnte. Während Verständnis in Jess Augen aufblühte, wandte er den Kopf Jupiter zu und grinste sie ziemlich furchterregend an. Immerhin hatte sie gerade seinen Abend mit Jess gesprengt. "Besser du sagst jetzt, dass du es ohne mich nicht aushalten konntest und deswegen hier eingestiegen bist um die Nacht von neulich zu wiederholen. Wenn du nämlich wieder klauen wolltest, dann werd ich ungemütlich", riet er ihr in einem fröhlichen Tonfall, der so gar nicht in seinen Augen zu sehen war.

Jupiter. Jess erinnerte sich und musterte das Mädchen nun eingehender, dass sie noch immer eisern festhielt. Sie war hübsch, dass fiel ihr als erstes auf. In der Hinsicht log Damion ganz und gar nicht, wenn er behauptete, nur mit den hübschen Frauen in London geschlafen zu haben – sie zählte unzweifelhaft zu ihnen. Sie war wirklich hübsch, auch wenn ihre Kleidung ziemlich schäbig und verranzt war. Und ihre Haare könnten sich auch eine Kur oder zwei gebrauchen.
Derweil starrte Jupiter zu Damion hinüber und hörte sich seine Drohung an. Was sollte sie denn bitte darauf erwidern!? Als ob sie geahnt hätte, dass er hier sein könnte! Hätte sie es gewusst, wäre sie ganz sicher nicht auf den Gedanken gekommen, hier einzusteigen. Allerdings machte ihr sein Blick doch ein wenig Sorgen. Er machte zumindest auf sie nicht den Eindruck, als ob es eine schlaue Idee wäre, jetzt mit ihm zu argumentieren.
„Wie…ungemütlich?“, fragte sie und versuchte es mit einem charmanten Lächeln. „Ich meine, im ernst, wie hätte ich denn wissen sollen, dass du hier bist? Ich ging ja eher davon aus, dass niemand hier ist… Und nein, ich gehöre ganz sicher nicht zu der Sorte Frau, die einen Kerl stalken würden.“, stellte sie energisch klar, womit sie allerdings auch zugab, dass sie nur hier war, um zu klauen.
Jess kniff die Augen leicht zusammen und begann dann mit ihrer freien Hand über Jupiters Körper zu fahren, die sie daraufhin entsetzt ansah. „Was wird das denn zum Teufel!?“, fuhr sie sie an, als Jess auch schon den Geldbeutel hervorzog. Geschickt klappte die Ältere den Geldbeutel auf und zog den Ausweis darin hervor. „Jupiter Grace Sullivan“, las sie laut vor und schnaubte. Dann fiel ihr Blick auf das Ausstellungsdatum des Ausweises und wann dieser abgelaufen war. Ein abgelaufener Ausweis also. Schäbige Kleidung. Klaut. Niemand würde sie vermissen, dachte Jess und lächelte die Jüngere auf einmal charmant an.
„Mir scheint, als wäre unser Abendessen hier“, raunte sie und ließ den Geldbeutel samt Ausweis zu Boden segeln. Jupiter starrte sie verwirrt an, vor allem, als sie bemerkte, wie die Augen der anderen noch eine Spur heller wurden. Bevor diese jedoch fragen konnte, was das für ein Trick war, zog Jess sie zu den Sesseln hinüber und drückte Jupiter auf das Polster.
„Du wirst weder schreien, noch einen Versuch starten, wegzulaufen oder dich zu wehren“, wisperte Jesaiah becircend, als die andere zu ihr aufsah. Ein Wimpernschlag später spürte Jupiter auch schon einen Schmerz an ihrem Hals, als die Frau sich über sie lehnte und sie biss.
Natürlich biss sie sie nicht nur, Jess trank und das nicht gerade zimperlich. Das letzte Mal, dass sie von einer lebenden (menschlichen) Quelle getrunken hatte, was schon sehr, sehr lange her, weswegen sie es nun umso mehr genoss.

Damion seufzte, als Jess von Abendessen sprach. Da war also nicht nur er über die Unterbrechung ungehalten. Was auch ein ziemliches Kompliment war. Jess hatte nicht nur halbherzig diesen Abend aufgezogen, es war ihr wirklich etwas daran gelegen gewesen. Langsam erhob er sich vom Stuhl und folgte den beiden Frauen zu den Sesseln. Was er machen wollte, war ihm allerdings noch nicht ganz klar. Da war er einmal vernünftig gewesen und hatte einen Menschen nicht angerührt, der in sein Bett gestolpert war und zahlte jetzt dafür. So wie Jess trank würde für ihn kaum noch was übrig bleiben. Komisch mal der Vernünftige im Raum zu sein. Er sah Jess eine Weile zu, wobei es gar nicht mal so leicht war seinen Hunger in Schach zu halten. Schon gar nicht, wo der vorher schon auf eine andere Art geweckt worden war. Er schaffte es, auch wenn seine Augen ihn verrieten. "Jess. Ich denke das reicht. Du hast deinen Standpunkt klar gemacht", mischte er sich schließlich doch ein, als seine Tochter keine Anstalten machte in nächster Zeit aufzuhören. Jupiter sah schon recht blass aus. Nur um sicher zu gehen trat er neben Jess und legte ihr die Hand fest auf die Schulter. Im Notfall würde er sie eben mit Gewalt von ihrer Beute lösen. Leichen und Geschäfte vertrugen sich nicht so gut.

Jupiters Blick verschwamm und ihre wurde bereits ganz komisch zumute, während von ihrem Hals noch immer ein brennender Schmerz ausging. Langsam sah sie, wie die Frau sich wieder zurücklehnte, ihre Augen noch immer eisblau und mit leicht geöffnetem Mund, sodass Jupiter die Reißzähne sah. Das Blut in ihren Mundwinkel leckte Jess sich mit einem herausfordernden Blick weg. „Ich finde nicht, dass das reicht“, antwortete sie ruhig, was deutlich machte, dass sie sich im Griff hatte. „Mir geht es hier nicht um einen bescheuerten Standpunkt. Wenn sie so dumm ist, zweimal wo einzubrechen, wo sie ihre Nase nicht hineinzustecken hat, hat sie das durchaus verdient. Davon abgesehen bin ich mir sehr sicher, dass niemand nach ihr suchen wird. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist sie obdachlos, eine Streunerin. Das ist perfekt. Und wie man eine Leiche vorschriftsmäßig verschwinden lässt, habe ich schon vor Jahrhunderten gelernt“
Jupiters Herz schlug etwas schneller, als sie das Wort ‚Leiche‘ hörte, besonders in Verbindung mit ‚verschwinden lassen‘. Wollte diese Frau sie umbringen!? Ihr Blick wanderte zu Damion, während ihre Hand sich langsam auf die brennende Stelle an ihrem Hals legte.

Damions Blick weilte einen Moment auf Jupiter. Sie bewegte sich und sah ziemlich erschrocken aus der Wäsche, womit klar war, dass sie überleben konnte. Wenn sie jetzt aufhörten. Das Aufhören war der schwere Teil, viel Blut war nicht da, aber das Bisschen ließ auch seine Augen vor Hunger hell leuchten. "Perfekt, aber unzivilisiert", wandte er sich zurück an Jess und lächelte leicht. "Unzivilisiert passt nicht zu dir. Becircen und Naschen, ja. Aber doch nicht einfach weils sich anbietet umbringen, aus dem Alter bist du doch schon raus. Sicher, dass da nicht etwas Eifersucht hinter steckt?", fragte er sie neckend und ließ einen Arm um ihre Talie gleiten. So konnte er sie nicht nur näher zu sich ziehen, sondern auch effektiv verhindern, dass sie sich auf Jupiter stürzte, falls ihr danach war. Merkwürdig, dass es ihn so stört, was Jess vorhatte. Er kannte das Menschlein doch kaum. Vielleicht lag es ja daran, dass sie ihn an Jess erinnert hatte, als sie in das Clanshaus hatte einbrechen wollen. Oder dass das Stehlen ihn an Ben erinnerte. Der hatte auch den Fehler gemacht sich an der falschen Geldbörse zu bedienen, was ihm dann die Unsterblichkeit eingebracht hatte. Nunja, fast.

Ein leises Fauchen entfuhr Jesaiah, während sie Damion aus zusammen gekniffenen Augen bedrohlich ansah. Eifersucht. Schon wieder waren sie bei diesem Thema. Ihr gefiel nicht, wie er es ansprach, in diesem neckenden Tonfall. Jess biss die Zähne aufeinander und blick demonstrativ in eine andere Richtung, als Damion seinen Arm um ihre Taille legte.
Natürlich hatte er recht mit seiner Annahme, dass sie eifersüchtig war. Und sie hasste es. Dieses dumme Ding hätte hier einfach nicht aufkreuzen dürfen, nicht an diesem Abend! Und überhaupt, wie konnte man nur so ein unglückliches Händchen bei seinen Raubzügen haben? Außerdem störte es sie, dass Damion ganz offensichtlich daran gelegen war, dass diese Rothaarige den Abend überlebte. Dabei war er normalerweise derjenige, der Leichen hinterließ – und nicht sie.
Murrend ließ Jess sie los und sog die Luft scharf ein, die süßlich wie metallisch roch – nach Jupiters Blut. „Ich hasse dich“, stieß sie aus und schlug Damion halbherzig gegen den Brustkorb.
„Du und deine Weiber! Mich macht das noch ganz krank!“, schimpfte sie weiter und sah die Kleine an. „Behalte sie im Auge. Im ernst, ich bring dich um, sollte sie weg sein, wenn ich wieder da bin“ Jess schüttelte seinen Arm ab und durchquerte den Raum. „Bin gleich wieder da“
Sie verließ den Raum und Jupiter atmete laut auf. Vorsichtig löste sie ihre Hand von der Bisswunde und bemerkte das Blut an ihren Fingern. „Was zur Hölle seid ihr für Leute?“, fragte sie mit trockenem Hals und sah zu Damion auf. „Ist das so ein…durchgeknallter Okkultismus-Scheiß? Voodoo?“, fragte sie und blinzelte angestrengt, da sie Probleme hatte den Blick zu Damion zu halten. Immer wieder verschwamm ihre Sicht ein wenig, während ihr Kopf zu dröhnen begann.

Damion ließ den Schlag mit einem fast lautlosen Lächlen über sich ergehen, zog sie aber kurz fester an sich und gab ihr einen Kuss, der ziemlich deutlich machte, dass sie keinen wirklichen Grund hatte eifersüchtig zu sein. Als sie sich aus seinem Griff wandt, ließ er sie gehen und sah ihr mit einem stolzen Ausdruck in den Augen nach. Das war seine Jess, wie er sie liebte. Mit einem nicht mehr ganz so liebevollen Blick wandte er sich zurück zu Jupiter und ging mit einem gefährlichen Lächeln neben ihr in die Hocke. Sanft aber bestimmt griff er nach ihrer Hand mit dem Blut und zog sie zu sich. "Du verwechselst da etwas. Beim Voodoo werden Dinge in eine Puppe gesteckt, nicht in die lebende Person", sagte er und fing an ihr Blut von ihren Fingern zu lecken. Mit sehr hellen Augen sah er amüsiert zu ihr hoch. "Wir sind viel weniger subtil."

Ein eiskalter Schauer lief Jupiter über den Rücken, wie Damion sich so ihre Hand nahm und das Blut von ihren Fingern leckte. Reflexartig zog sie ihre Hand daraufhin wieder zurück und sah sie ein wenig verängstigt an. Wo war sie hier nur gelandet? Mit der Angst stieg allerdings auch noch etwas anderes in ihr auf. Jupiter drehte sich auf dem Sesselstuhl zur Seite und erbrach sich auf den Boden. Da ihre letzte Mahlzeit leider schon Stunden zurücklag und nur aus einem geklauten Apfel bestand, kam hauptsächlich Galle heraus.
„Wundervoll“ Jess stand im Türrahmen und rümpfte angewidert die Nase. In ihren Armen hielt sie ein paar Sachen zu Essen. Sie hatten hier immer etwas, da ja außer Vampire auch einige Menschen hier arbeiteten und die mussten schließlich etwas essen, vor allem, wenn sie von Vampiren angezapft wurden. „Am besten ich hole dann auch noch gleich etwas zum Aufwischen“, sagte sie und ging auf das Mädchen und Damion wieder zu. Einen der nahestehenden Tischchen zog sie näher heran und legte darauf das Essen, das sie gefunden hatte: Einen Apfel, eine Packung Kekse, zwei, drei Packungen Bifi und eine Flasche Wasser sowie mit Glas und Röhrchen holte sie hinter der Bar hervor. „Da fällt mir ein, wir müssten irgendwo auch noch Kreislauftropfen haben…die könnten vermutlich auch nicht schaden“, überlegte Jess laut, nachdem sie in das blasse Gesicht von Jupiter sah. Diese hielt sich mit einem leidlichen Gesicht den Magen.
Bevor Jess noch einmal losging, brachte sie noch Servietten, mit denen Jupiter sich den Mund abwischen konnte. Dabei sah diese immer wieder misstrauisch zu Jess auf. Ihr kam es seltsam vor, dass sie auf einmal so nett war.
Räuspernd und mit einem widerlichen Geschmack in ihrem Hals, langte Jupiter etwas zittrig nach dem Glas und nippte daran, während Jess wieder aus dem Raum verschwunden war.
„Ich… verstehe immer noch nicht… Und was ist das mit euren Augen? Ist das…sowas wie eine Mutation? Gendefekt?“, fragte die Rothaarige und ließ das Glas etwas sinken.

Auch Damion sah eher angewiedert als mitleidig drein als Jupiter sich übergab. Vielleicht sollten sie den Raum wechseln, selbst wenn das aufgewischt war würde es noch ne Weile stinken. Er sah Jess hinteher, als sie den Raum verließ und dachte fast das selbe wie Jupiter ohne es zu wissen. Was hatte Jess wohl vor, dass sie jetzt so hilfsbereit war? Sein Blick wandte sich immer noch nachdenklich Jupiter zu, als sie ihre Frage stellte. War sie wirklich so langsam oder versuchte ihr Verstand sie nur vor Angst zu schützen? Damion war sich nicht sicher, was es war, dass sie die offensichtliche Antwort nicht sehen ließ. Wobei er wohl eigentlich dankbar für dieses wissenschaftsgläubige Jahrhundert war. Dinge aus Märchen und Spukgeschichten, daran glaubte keine mehr, aber unerklärliches mit Wissenschaft legitimieren war einfach. "Wohl beides, wenn du so willst", antwortete er schließlich mit einem Lächeln, das vielleicht ein bisschen sehr seine Zähne zeigte. Wenn sie nicht von alleine drauf kam, würde er ihre Nase nicht hinein stoßen. Galon mochte es nicht, wenn man zu viele Menschen einweihte und bei Jupiter war er sich nicht sicher, ob sie am Ende nicht doch schreiend zur Polizei rennen und sie zum Clanshaus führen würde.

Nicht nur die Augen waren unheimlich, dachte Jupiter und starrte seine Zähne an. Lang und scharf sahen sie auch, genauso wie die der Frau. Das war vorhin noch nicht so gewesen, oder? Nein. Als sie ihn das erste Mal getroffen hatte, da hatte er ganz bestimmt nicht solche Zähne gehabt, das wäre ihr aufgefallen. Aber…wieso jetzt? Ihr Verstand war langsam und träge und ihre Kopfschmerzen halfen ihr nicht gerade dabei, den Grund herauszufinden. War es ein Trick?
Jupiter schloss die Augen und legte eine Hand an ihre Stirn. Ihr fielen die Plakate ein, die sie oben an den Wänden gesehen hatte: Dracula, Tanz der Vampire, Interview mit einem Vampir…
Sie schluckte und sah blinzelnd wieder Damion an, wobei sie die Brauen leicht zusammenzog.
Vampire. Vampire gab es nicht. Das war eine Erfindung von irgendjemand, mit der Bücher und Filme gefüllt wurden. Sowas gab es nicht. Zombies gab es schließlich auch nicht.
Polternd kam Jess herein, die tatsächlich einen nassen Wischmobb hatte ausfindig machen können. Mit diesem wischte sie nun das Erbrochene weg, wobei sie die Nase rümpfte.
Anschließend schaffte sie den Eimer zusammen mit dem Wischmobb nach draußen, in der Hoffnung, ihn nicht noch einmal zu benötigen. Danach kehrte sie wieder zu Damion und dem Mädchen zurück. „Solltest du Hunger haben, du kannst dich an der Bar bedienen“, bot sie ihrem Erschaffer an, da ihr seine hellen Augen nicht entgangen waren.
„Und nun zu dir“ Jess sah Jupiter an und kniff ihre Augen zusammen. „Entschuldige… Ich bin vorhin etwas zu weit gegangen. Allerdings… hättest du auch nicht hier einbrechen dürfen. Dennoch, ich werde die Polizei nicht rufen. Aber ich werde dich auch nicht so einfach gehen lassen.“, raunte sie, fuhr sich mit der Hand durch das Haar der Perücke, die sie noch immer aufhatte und zog sie sich dann vehement herunter. „Nur bringt es wahrscheinlich auch gerade nichts, mit dir darüber zu reden, daher… trink und iss erst einmal was.“ Jess hatte die Perücke über einen zweiten Sessel geworfen und die Arme vor der Brust verschränkt. Daraufhin drehte sie ihren Kopf in Damions Richtung. „Ich befürchte…diesen Abend müssen wir definitiv wann anders nachholen“

Damions Augen wanderten kurz zur Bar. Nein, Konserven wollte er nicht. Jupiters Geschmack im Mund wollte er nicht ruinieren. Allerdings half es auch nicht gegen den Hunger, er stachelte ihn eher noch an. Von Jupiter trinken war allerdings auch keine Option. Sein Blick ruhte einen Moment recht hungrig auf dem Mädchen, ehe er mit einem kleinen seufzen Jess ansah, wie sie ihre Perücke beiseite warf. Wenn er nicht den Vernünftigen gespielt und gesagt hätte, dass Jupiter umbringen keine gute Idee war, dann hätte er vielleicht auch den einen oder anderen Schluck abbekommen. Es dauerte einen Moment, bis ihm auffiel, dass Jess ihn ansah und mit ihm sprach. Etwas gezwungen lächelte er und zwang seinen Blick von ihrem Hals zu ihren Augen. "Ja, das werden wir wohl müssen. Glaub nicht, dass ich es vergessen werde", sagte er und klang fast locker.

Jupiters hatte sich zögerlich an der Packung Kekse vergangen und sich ein, zwei Kekse daraus genommen. Ein pochender Schmerz in ihrem Kopf machte es schwer, sich auf das zu konzentrieren, was um sie herum passierte. Sicher, sie hatte die Frau gehört, als sie sich an sie gewandt hatte, nur ergab es nicht viel Sinn in ihrem Kopf. Außer, dass sie wirklich etwas essen und trinken sollte. Jupiter knabberte an den Keksen und nahm immer mal wieder einen Schluck Wasser, während Jesaiahs Augen noch immer auf Damion gerichtet waren. „Oh, nichts liegt mir ferner, als das zu glauben“, antwortete sie mit einem Lächeln und trat dabei auf ihn zu.
„Na komm. Es ist dir förmlich ins Gesicht geschrieben, das du keine Lust auf Konservenkost hast“ Jess nahm eine seiner Hände und zog ihn zu einem der Sessel. Wenn sie ihm schließlich schon anbot, von ihr zu trinken, dann wollte sie es dabei wenigstens gemütlich haben. Daher ließ sie ihn auf einem der Sessel Platz nehmen, sodass sie sich auf seinen Schoß setzen konnte. Anschließend strich sich Jess das blonde Haar beiseite und lehnte ihren Kopf etwas zur Seite. „Nimm dir aber nicht zu viel“

Geschenkten Gäulen und so, dachte Damion sich und zog Jess an sich. Einen letzten Blick warf er über die Schulter seiner Tochter zu Jupiter, die nicht so aussah als würde sie in der nächsten Viertelstunde Fluchtversuche starten wollen, dann senkte er seine Zähne in Jess Hals. Nicht zu viel war gar nicht so einfach. Es war vielleicht nur Blut eines anderen Vampires, aber sobald der erste Tropfen auf Damions zunge rollte, war es schwer an etwas anderes zu denken, als an den Hunger. Egal was heute noch kam, er würde sich etwas nahrhafteres suchen müssen, später, ein bisschen Nippen an Jess verhinderte nämlich nur, dass er am Ende doch die Kontrolle verlor und Jupiter anknabbern würde. Und lenkten ihn durch ganze andere Gefühle vom schlimmsten Hunger ab. "Wir könnten auch einfach fragen ob sie mitmachen will", schlug er Jess mit sehr rauer Stimme vor, nachdem er die Entschlossenheit gefunden hatte seinen Mund von ihrem Hals zu lösen. Dafür lagen seine Hände schon an Stellen, von denen aus er ganz schnell zu den nicht-jugendfreien Arealen gelangen konnte.

Wohlig seuftzend ließ Cassandre sich, zum zweiten Mal an diesem Abend, zur Seite und neben Charles rollen. Wer hätte gedacht, dass er so gut sein konnte, wenn er seine Scheu und moralischen Hindernisse erstmal überbord warf? Sie hatte es jedenfalls nicht. Was für ein Glück, dass er im Moment so angreifbar und damit ein leichtes Ziel war. Es war doch immer schöner, wenn man nicht nur den Triumph hatte jemand Unwilligen in ihr Bett locken zu können, sondern gleichzeitig auch noch den Sex genießen konnte. Sie atmete tief ein, spürte immer noch das leichte Kribbeln in der Magengegend und atmete sehr langsam und kontrolliert wieder aus. "Charles, mein Lieber. Du hast Generationen von Frauen keinen Dienst erwiesen. Alleine für das Zurückhalten deiner Leidenschaft sollte ich dich noch viel härter bestrafen", lachte sie, weil sie wusste, dass er zumindest später, ziemlich verlegen darauf reagieren würde. Während sie gesprochen hatte, hatte sie sich ein einer etwas trägen Bewegung zu ihm herum gedreht und schenkte ihm ein sehr dreckiges Lächeln, ehe sie spielerisch an seinem Hals knabberte ohne tatsächlich zuzubeißen. Das würde ihn dann wohl doch wie ein panisches Kaninchen aus dem Zimmer treiben.

Irritiert sah Jael sich im Raum um. Wie hatte Galon nur so eine Unordnung schaffen können, dass er immer noch nach bestimmten Papieren suchte? Als hätte er vom Teufel gesprochen klopfte es leise an der Tür und schon stand Galon im Zimmer. "Sag mir bitte, dass du die Unterlagen fertig hast, wenn dieser aufgeblasene Fatzke mich noch einmal anruft, dann garantiere ich nicht dafür, dass er den nächsten Morgen erlebt", fauchte Galon. Was schon genug war, um Jael mitzuteilen wer dieser Fatzke war. Es gab nur einen Menschen unter ihren Geschäftspartnern, der zu unwissend und unvorsichtig genug war um Galon von oben herab zu behandeln. Seufzend sah er zu Galon hoch und schüttelte leicht den Kopf. "Mir fehlen noch einige Papiere. Du hast sie herausgeholt, als ich nicht da war. Wohin hast du sie gelegt?", fragte er in vorsichtigen, kurzen Sätzen um möglichst keinen Vorwurf in seine Stimme zu legen.

Küsste er sie? Jupiter sah zu den beiden hinüber, während sie an ihren Keksen knabberte. Da sie allerdings davon ausging, dass er sie tatsächlich küsste, sah sie rasch auch wieder beiseite. Ihr war es unangenehm, dass er diese Frau gerade vernaschte – vor ihr. Wobei hier ohnehin alles absurd und irgendwie unwirklich war. Vermutlich träumte sie bloß. Indem Fall erschien es ihr auch viel wahrscheinlicher, dass sie zwei tatsächlich Vampire waren. In Träumen war sowas ja möglich. Nur, wenn sie Vampire waren…küsste er sie dann tatsächlich? Etwas forsch sah Jupiter also wieder zu den beiden hin und bemerkte nun, dass das wohl doch kein Kuss war. Und wenn doch, dann einer mit sehr viel Einsatz der Zähne. Unweigerlich lehnte sich Jupiter auf ihrem Sessel zurück. Sie waren Vampire.

„Sie? Schau sie dir doch an! Sie ist so aschfahl, die Kleine wird vermutlich noch ohnmächtig, wenn es etwas wilder zugehen sollte“, antwortete Jesaiah und drehte sich soweit, dass sie Jupiter anschauen konnte. Diese sah tatsächlich ziemlich blass um die Nase aus und würgte gerade einen Keks mit ein, zwei Schlucken Wasser hinunter. „Wir sollten ihr noch etwas Zeit geben, bevor wir sie miteinbeziehen“, fuhr Jess fort und wandte sich wieder Damion zu. Dabei zwickte sie der Gedanke ein wenig, sich ihren Erschaffer mit diesem Mädchen zu teilen. Allerdings war das wieder so eine Eifersuchtssache, das wusste sie. Früher hatte sie ihn schließlich mehr als nur einmal mit anderen geteilt und damals hatte es sie nicht gestört.
Gefühle waren schon etwas Elendiges – hoffentlich wurde sie sie bald los.
Jess Hände fuhren über Damions Oberkörper und verschränkten sich schließlich hinter seinem Nacken. In diesem Augenblick räusperte sich Jupiter und stellte das Glas beiseite.
„Ihr seid… Seid ihr…“, fing diese stammelnd an. Sie musste verrückt sein, so etwas anzunehmen! Das hier musste einfach ein Traum sein, dachte die Rothaarige und fuhr dann fort. „Ihr seid Vampire!“

Jetzt in diesem Moment fühlte sich Charles sehr, sehr gut, doch er wusste, sobald er seinen Verstand wieder anknippste und er weniger mit seiner Libido dachte, würde er sich schämen. Schon allein aus dem Grund, dass er derjenige gewesen war, der sie zu sich gerufen hatte (wenn auch aus einem anderen Grund). Etwas schweratmend lehnte sich Charles etwas beiseite, um Cassandres … was auch immer sie da an seinem Hals machte – zu unterbinden und zupfte die Decke zurecht, wobei er sie nicht bloß über seine untere Hälfte zog, sondern auch über Cassandres. Erst bis zu ihrer Hüfte – und dann bis zu ihren Schlüsselbeinen. Kurz überlegte er sogar, ob er die Decke auch über ihr Gesicht ziehen sollte, da, wenn sie ihn mit so einem dreckigen Lächeln ansah, er Probleme hatte, seine Libido wieder abzustellen. „Oh, das habe ich anderen überlassen. Das mit dem… Dienst erweisen. Wie zum Beispiel Damion. Daher finde ich nicht, dass ich bestraft werden sollte. Das mache ich schon ganz alleine…“, fügte er leiser hinzu und man konnte ihm ein wenig ansehen, dass er wieder anfing, sich dessen, was hier gerade (zweimal) passiert war, zu schämen.

Seufzend ließ Damion seinen Kopf auf Jess Schulter sinken, als Jupiter sich zu Wort meldete. Dass sie noch ne halbe Stunde einfach nur dasitzen und zuschauen würde, war wohl auch zu viel Verlang gewesen. Mit einem Grinsen in den Augen sah er zu Jess hoch und forderte sie geradezu heraus dem armen Menschen im Raum etwas gefährliches zu sagen. Ehe Jess das allerdings konnte, legte er das Kinn auf ihre Schulter und sah Jupiter mit einem selbsgefälligen Lächeln an. "Sag bloß. Und schon zwei Mal hast du dich direkt in unseren Schoß fallen lassen. Sag mir, was glaubst du machen wir jetzt mit dir?", fragte er in einem leisen Singsang und schon war sein Lächeln eher gefährlich.

Spielverderber, dachte Cassandre, als Charles von ihr weg rückte. Vielleicht, wenn sie noch ein paar Wochen hatte, würde er nicht mehr unter ihren Berührungen wandt. Andererseits, es wäre auch nicht schön, wenn er der Kuscheltyp wäre, der sie den Rest der Nacht festhalten würde. Gott, am Ende rannte er ihr noch hinterher und versuchte sie in eine Beziehung zu ziehen. Nein, da war ihr der schamvolle Charles lieber, den sie jede Nacht wieder aus seinem schlechten Gewissen kitzeln musste, wenn sie ihn ihm Bett haben wollte. Das machte es auch gleich viel interessanter. Trotzdem seufzte sie enttäuscht (ein kleiner Tropfen mehr für sein schlechtes Gewissen) und stand auf. Wobei sie sich nicht die Mühe machte die Decke mitzunehmen. Wenn er sich schämte nackt zu sein, dann war das seine Sache. Sie wusste wie sie aussah und dass er Schwierigkeiten haben würde seine Augen von ihr zu lassen, während sie langsam durch den Raum wanderte und ihre Kleidung einsammelte. "Nun, wenn du das meinst, kann ich dich wohl kaum vom Gegenteil überzeugen", sagte sie und lächelte ihn geheimnissvoll an. "Trotzdem finde ich es eine Schande, dass ich die einzige sein soll, die dieses-" Ihre Hand fuhr locker in seine Richtung und deutete auf ihn im Allgemeinen. "Auskosten darf. Vielleicht erzähle ich der einen oder anderen Freundin von meinem Glück." Es war eine leere Drohung, aber sie würde es genießen, wenn er sich in Gegenwart anderer Frauen winden würde. Mit einem Luftkuss legte sie sich ihren Mantel um die Schultern und verschwand aus seinem Zimmer.

Als Damion sie bereits so auffordernd ansah, grinste Jesaiah und hatte diesen gewissen Blick drauf. Oh, sie beide würden ganz gewiss ihren Spaß haben – irgendwie musste dieses dumme Ding sie ja dafür entschädigen, um was sie die beiden beraubt hatte. Allerdings überließ Jess den Anfang ihren Erschaffer, der kurz darauf schon ganz gut vorlegte. Amüsiert grinste sie hinter Damions Rücken,
während Jupiter schwer schluckte. Sichtlich nervös rutschte sie auf dem Sessel etwas hin und her und fasste sich mit einer Hand wieder an den Hals, dort wo die Bisswunde war.
Das war alles nur ein Traum, redete sie sich dabei in Gedanken immer wieder ein, ähnlich einem Mantra.
„Hm… Ihr…ihr“, fing sie an und sah zu dem Tisch neben sich, auf dem das Essen lag. Würden sie sie umbringen und leer trinken? Nein, das machte kein Sinn – warum sollten sie ihr dann Essen und Trinken geben? „V-Verwandeln? Oder… ihr nehmt mich…gefangen? Als lebende…Blutquelle?“, raunte sie und verzog dabei leicht das Gesicht. „Ihr könntet mich aber auch gehen lassen und wir tun alle so, als wäre das hier nie passiert. Das wäre auch ganz nett“

„Warte- was? Nein! Cassandre!“ Mehr kam nicht mehr von Charles, denn dann war Cassandre bereits aus dem Zimmer verschwunden und er war allein. Er hatte sich noch aufgesetzt, peinlich darum bemüht, dass die Decke nicht verrutschte. Nur spielte das nun auch keine Rolle mehr. Sie war weg und er um ein paar Nerven ärmer. Wenn sie wirklich anderen Frauen davon erzählen sollte… Stöhnend ließ sich Charles wieder rücklings ins Bett fallen und bedeckte seine Augen mit einer Hand. In was war er da nur hineingeraten? Auf direktem Weg in ihr Netz.
Nur was sah sie nur in ihm, dass sie sich darauf einließ? Normalerweise jagte sie anderen Kerlen hinterher, die ihr mehr bieten konnten als er. Wahrscheinlich liebte sie es einfach, ihn zu ärgern, schloss er nüchtern und verließ nach ein paar Minuten seufzend das Bett.
Charles beschloss erstmal zu duschen – sehr lange – auch wenn er sich womöglich nichts von dem schlechten Gefühl abwaschen konnte…

Auf den letzten Teil von Jupiters Vorschläge konnte Damion nur mit einem Lachen reagieren. "Nein, mein Mädchen, das ist keine Option", sagte er immer noch amüsiert und warf Jess einen Blick zu, der etwas gefährlich war. "Mir würde Option eins am besten gefallen. Aber es ist dein Laden, du bestimmst was passiert."

Am Ende hatten sich alle Papiere angefunden und Galon konnte seine Unterlagen nehmen und übermitteln. Jael hatte auf die Uhr geschaut und sich geärgert, wie lange es noch dauern würde, bis Rubina frei haben und vorbei kommen könnte. Wobei er pessimistisch rechnete. Er ging von einer halben Stunde mehr aus als realistisch wäre. Trotzdem entschied er sich eine Pause zu machen und etwas zu essen, das hatte er diese Nacht noch gar nicht getan.