Vampire-Das RPG IV

„Oh.“ Oh. Jesaiah nickte langsam und ließ den Blick sinken. „Achso… Nun… dann könnte ich ihn dort wohl holen. Und von ihm einen Abdruck machen lassen, für neue Schlüssel“, antwortete sie leise. Der Abend. Es war der letzte Abend gewesen, an dem sie Casey gesehen hatte, bevor sie begraben wurde. Immer wieder hatte sie an den Abend gedacht. Und sich schlecht gefühlt. Dabei war jener Abend, an dem sie ihm die Erinnerungen genommen hatte, der viel schlimmere gewesen. „Wie… bist du dann raus? Aus dem Fenster?“ Blinzelnd und mit fragenden Blick sah sie wieder zu Casey auf, als es an der Tür klopfte. Kurz darauf steckte Charles den Kopf in die Küche.
„Entschuldigt… Ich würde eben bei Rubina anrufen und dachte, ich frage dich vorher, ob du mit ihr sprechen möchtest. Sie wird sich sicher freuen und-“ „Nein!“ Jess sah ihn kurz verschreckt an, sammelte sich dann halbwegs und schüttelte leicht den Kopf.
„Nein, bitte- Sag es ihr bitte noch nicht. Niemanden. Ich brauche einfach noch etwas Zeit für mich. Außerdem… wenn Rubina es weiß, weiß es Jael und dann ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis es Galon weiß…“ Charles blinzelte erstaunt. „Okay…aber…wir sollten es ihr bald sagen…Jess, sie hat sich wirklich Sorgen um dich gemacht und sich in die Suche reingehängt. Wir waren nicht die einzigen, die dich gesucht haben.“
Jesaiah schluckte und hatte das Gefühl einen Kloß im Hals zu haben. Sie nickte knapp, mit müdem Blick.

Ungeniert streckte sich Jupiter, nahm sich dann eine der Decken und zupfte sie zurecht. Dann kam Damion mit seinem indirekten abstrusen Vorschlag. Jane hob eine Braue und Jupiter schnaubte. „Tut mir leid, aber ich teile nicht. Ihr zwei könnt machen was ihr wollt, aber ohne uns. Davon abgesehen hattest du sie ohnehin schon im Bett… Wobei, welche Frau hattest du schon nicht im Bett?“, gab Jupiter zurück und lachte. Dieser Tipp würde ihm zumindest nicht weiterhelfen. Und sie würde auch nicht mit der Sprache herausrücken. Jupiter sah zu Jane hinüber. Letztere wusste zwar, wer die Geliebte der Jüngeren war, aber ihr Gesichtsausdruck verriet, dass sie dicht halten würde. Zumindest was solcherlei Dinge anbetraf, hielten Frauen zusammen.

Nickend grinste Casey ein wenig schelmisch. Es freute ihn immer noch, dass er entkommen war, ohne dass jemand etwas bemerkt hatte. Gut, Galon war wutschnaubend in seine Wohnug geplatzt, aber das war Stunden später gewesen. Da hatte er schon längst passende Sätze bereit gehabt um Galon noch weiter in Rage zu bringen. Leider hatte er weder seine unangebrachte Einmischung in Caseys Leben eingestellt, noch die Kontrolle verloren und Casey umgebracht. Oder verwandelt, was auch in Ordnung gewesen wäre. "Neben dem Fenster zum Schlafzimmer befindet sich ein Regenrohr an der Wand. Die bin ich runter geklettert", erklärte er, als Charles auch schon den Kopf in die Küche steckte. Schweigend lauschte er dem Gespräch und zog am Ende auch verwundert die Augenbrauen hoch. Sie ließ Ruby in dem Glauben auch dieses Mal sei ein Fehlschlag gewesen? Er war zwar froh, dass sie Galon noch nichts gesagt hatten, aber Ruby im Unklaren lassen kam ihm doch ziemlich unfair vor. Immerhin machte Jess jüngere Schwester sich wirklich Sorgen um sie. Dass es ihm so quer ging, die Jüngere im Unklaren zu lassen, zeigte selbst ihm deutlich, dass sie ihm ans Herz gewachsen war. Verdammt, wann war das denn passiert?

Er hatte sie schon im Bett gehabt? Damions Neugierde war geweckt. Er würde herausfinden mit wem sie schlief. Und am Ende würde er sie sicher auch gemeinsam in ein Bett befördern. Schließlich hatte er sie beide ja schon mindestens einmal in selbigen gehabt. Aber er wusste, dass er nichts erreichen würde, wenn er jetzt weiter drängte. So funktionierte eine Jagd nicht, er würde gedulig sein. Also antwortete er auf den letzten Teil ihrer Frage: "Nicht sonderlich viele. Aber ich arbeite dran. Möchtest du bescheid haben, wenn ich fertig bin?"

Charles war anzusehen, dass er nicht begeistert war. Rubina nichts zu sagen, fand er nicht richtig und ein Blick in Caseys Richtung sagte ihm, dass selbst der Ältere der gleichen Meinung war. Und das hatte wirklich etwas zu heißen! Allerdings verbiss er sich seinen Widerspruch. Er würde sie morgen noch einmal darauf ansprechen, wenn sie geschlafen und nochmal gegessen hatte. Vielleicht war sie ja dann anderer Meinung. Und wie, als hätte er es geahnt, murmelte Jess daraufhin etwas von Essen und Bett, wobei ihr Blick fragend zur Casey hinüberglitt. Als dieser nickte, verließ sie langsam die Küche. Draußen stand noch auf dem Tisch die Thermoskanne mit dem Blut. Sie trank noch zwei Gläser, ehe Féi ihr und Casey das Zimmer wies, das für sie bestimmt war. So ganz begeistert war er davon zwar nicht, aber Jess schien sich im Griff zu haben.
Jesaiah ging dann in den Raum und stand dem großen Doppelbett gegenüber. Langsam ging sie darauf zu und setzte sich auf den Bettrand. Sie wartete, bis Casey ebenfalls eingetreten war und die Tür hinter sich geschlossen hatte. „Du… hast dann wieder in deiner alten Wohnung geschlafen?... Kam Aglef mal vorbei? Das Verbot hat ihn ja schon mal nicht aufgehalten-“

„Nein, danke, ich verzichte. Da brauchst du schon wen anderen, der dir dann stolz auf die Schulter klopft. Vielleicht macht Jane das ja“, raunte Jupiter mit einem amüsierten Grinsen und sah zu der Älteren hinüber, die nur mäßig begeistert eine Braue anhob. Es juckte Jane nicht, wenn Damion sich durch die Betten vögelte, solange sie seine Nummer Eins blieb. Nein, sie störte sich mehr an dem Tonfall und an dem Grinsen ihrer jüngeren Schwester.
„Sieht wohl nicht so aus“, kommentierte Jupiter lachend und angelte sich dann ihre Unterwäsche vom Boden, direkt neben dem Bett. „Also, meine Lieben, ich denke, ich packe dann mal zusammen. Ihr kommt ja auch gut ohne mich zurecht“, raunte sie und schlüpfte in ihre Unterwäsche. Mal ganz davon zu schweigen, dass Jane sie nicht für zwei Runden bezahlt hatte. Dafür war die erste schon zu ausgiebig und lange gewesen. Mehrere Stunden. Die zwei waren wirklich krass drauf.

Féi sah ihnen die ganze Zeit mismutig zu, wie sie erst an den Tisch kamen, damit Jess etwas trinken konnte und dann ins Schlafzimmer gingen. Fast hätte er dem Jüngeren gesagt, dass er mit Jess mitgehen konnte, wenn er solche Angst hatte sie würde zur reißenden Bestie werden. Aber es bestand die Chance, dass Féi genau das tun würde und Casey hatte Jess versprochen bei ihr zu bleiben. Also begnügte er sich mit warnenden Blicken in Féis Richtung und folgte Jess ansonsten schweigend. Überrascht blieb er dann aber stehen, als er die Tür geschlossen hatte, und sah auf das Ehebett. Damit hatte er nicht gerechnet, dabei hatten Hotels doch meistens diese Art von Betten. Ein Sessel in der Ecke ließ ihm aber die Möglichkeit Jess ihren Freiraum zu geben und trotzdem im Zimmer zu bleiben. Langsam lief er auf diesen zu und blieb daneben stehen, als Jess wieder sprach. "Nein", antwortete er und schüttelte den Kopf ohne sie jedoch anzusehen. "Ich denke Jimena hat ihn davon abgehalten etwas Dummes zu tun. Worüber ich froh bin." Was auch stimmte, er war froh, dass Aglef nicht in weitere Schwierigkeiten geraten war. Er war sich nur nicht so sicher, was er davon halten sollte, dass Jimena das so einfach gelungen war, dass sein Bruder nicht einmal gefragt hatte ob er vorbei kommen sollte.

Begeistert war Damion nicht gerade, dass Jupiter schon wieder verschwand. Aber er konnte auch durchaus nachvollziehen, dass sie nicht bleiben wollte. Jane war in der Hinsicht nicht gerade ein Musterbeispiel an Gastfreundlichkeit. Und vielleicht musste sie noch arbeiten. Also schnaubte er, irgendwo zwischen Zustimmung und Unmut. "Stell nichts Dummes an", sagte er und warf ihr ihre Hose zu, an der er näher dran war als sie.

Jesaiah folgte mit dem Älteren mit den Augen. Hatte er vor, im Sessel zu schlafen? Vielleicht war er noch nicht so weit, wieder bei ihr im Bett zu schlafen. Sie sagte nichts dazu und blickte aufs Bett. Ein richtiges Bett. Ihre Finger fuhren über den Stoff der Decke und des Spannbetttuchs.
„Das glaube ich“, sagte sie, lächelte matt und sah wieder zu Casey auf. „Eine Sache weniger, die dir Kummer und Sorgen bereitet“, fuhr sie mit einem leicht bitteren Zug um ihre Mundwinkel hinzu. „Wie… Wie geht es Jack? So hießt der Junge in der Schule doch…oder?“
Jess zog ihre Beine aufs Bett und legte sich langsam und vielleicht auch ein wenig angespannt aufs Bett. Sowie sie sich in die Horizontale begab und gen Decke blickte, sah sie wieder die Grube. Als sie dort unten lag und zusah, wie die drei Frauen die Erde auf sie schütteten, bis der Himmel nicht mehr zu sehen war. Und dann war alles schwarz und sie war umgeben von Erde und ihrem Geruch. Jess verkrampfte sich, saß mit einem Mal wieder in der Senkrechten und bemerkte erst da, dass sich ihre Hände in die Decke gekrallt hatten.

„Pff. Glaube mir, so schnell setze ich meine hart verdiente und wiedererlangte Freiheit nicht mehr aufs Spiel“, antwortete Jupiter mit einem schiefen Lächeln, nachdem sie die Hose aufgefangen hatte und war nun dabei, in diese wieder hineinzuschlüpfen. „In zwei Wochen wird das Scarlet übrigens wiedereröffnet. Wir sind zumindest mit den Renovierungen so gut wie fertig. Wenn ihr also Lust habt, könnt ihr ja dann vorbeischauen. Ich sag euch Bescheid, wenn es soweit ist“, sagte sie und schlüpfte zuletzt in ihre Schuhe, nachdem sie sich auch ihren Mantel wieder übergestreift hatte. „Vorausgesetzt ihr bleibt hier – oder hattet ihr noch irgendeine Reise geplant?“

Da Casey nicht in Jess Richtung sah, bekam er ihr verkniffenes Lächeln nicht mit. Als sie aber mit Jack anfing, sah er dann doch überrascht wieder zu ihr. Wie kam sie jetzt ausgerechnet auf Jack? "Er ist in Italien, glaub ich. Irgendwo in Übersee. Kann auch Karibik sein. Urlaub mit der Familie. Was interessiert dich jetzt daran?", fragte er irritiert. Sein Stirnrunzeln wurde kurz darauf besorgt, als er sah wie unruhig Jess sich hinlegte. Ihre Muskeln traten straff unter ihrer Haut hervor und so war Casey schon in Bewegung, ehe Jess hoch schoss. "Sssch", versuchte er sie zu beruhigen und blieb abrupt am Bett, zwei Schritte neben ihr stehen. Er machte es nur schlimmer, sie willte den Kontakt ja nicht. Andererseits hatte sie sich in der Küche nicht beschwert. Er machte die letzten Schritte und legte ihr leicht die Hand auf die Schulter. "Alles okay. Es kann dir hier nichts passieren. Ich sorge dafür, dass dir nichts passieren wird, nie wieder", versprach er ihr.

Damion sah in Janes Richtung und zuckte mit den Schultern. Er hatte keine Reise geplant, aber es war ja nicht alleine seine Entscheidung. Und Jane könnte morgen schon wieder irgendwas in London stören und weg wollen. "Ich ruf dich an, wenn wir das wissen", sagte er daher mit einem weiteren Schulterzucken.

Jesaiah fühlte sich atemlos, dabei machte das überhaupt keinen Sinn. Ihr Blick irrte verloren über die Decke, sodass sie Casey erst neben sich bemerkte, als dieser auch schon seine Hand auf ihre Schulter legte. Ihr Kopf ruckte zu ihm herum und ihr Blick war verdächtig feucht. Sie legte ihre Hand auf die seine und schien sich daran festzuhalten, als befürchtete sie, tatsächlich jeden Augenblick fortgerissen zu werden. Oder aufzuwachen. In der Grube. Seine Worte drangen zu ihr und wie gerne hätte sie sie geglaubt. Hätte er ihr das vor zwei Jahren gesagt, hätte sie es durchaus für möglich gehalten. Aber inzwischen war Casey menschlich… Er war eigentlich derjenige, der mehr Schutz bedurfte und so viel mehr zerbrechlicher war. Und trotzdem… er sagte es auf eine Art, dass sie es einfach glauben wollte. Und wie Jess den Älteren so ansah, brach schließlich der Damm und sie fing an zu weinen.

„Ich nimm dich beim Wort!“ Jupiter knuffte ihn leicht gegen die Schulter. „Na dann. Ich wünsche euch beiden noch einen schönen Abend. Er war… definitiv interessant. Und… lehrreich?“ Jupiter lachte und setzte sich dann anschließend in Richtung Tür in Bewegung. Sie verabschiedete sich von den beiden und nahm die nächste U-Bahn zur Bar, um Leticia heute Abend noch etwas unter die Arme zu greifen. Während der Fahrt überlegte sie bereits, was sie mit dem Geld von Jane machen würde…
Derweil hatte Jane für Damion und sich Blut warm gemacht und hatte es ins Schlafzimmer gebracht. Mit ihrem Glas machte sie es sich auf dem Bett bequem und sah zu Damion, dem sie zuvor sein Glas gereicht hatte. „Woran denkst du?“

Das aufmunternde Lächeln verging Casey recht schnell wieder, als Jess ihn ansah. War sie kurz vor dem Weinen? Ihr Griff war etwas fest, fast schon schmerzhaft, aber Casey würde einen Teufel tun ihr jetzt die Hand zu entziehen. Er öffnete den Mund um ihr etwas weiteres, beruhigendes sagen, da fing sie schon an wirklich zu weinen. Irgendwie jedenfalls. Und ehe er sich versah, saß er neben ihr auf dem Bett und hielt sie in den Armen, während er irgendwelche liebenswerten Nichtigkeiten murmelte um sie zu beruhigen. Zu spät, er war einfach viel zu spät gekommen. Wenn er nicht so sehr an seinem Stolz festgehalten hätte, ob er sie denn früher gefunden hätte? Wenn er einen Scheiß auf den Schein gegeben hätte und nicht zur Schule gegangen wäre, hätte er sie sicher schneller gefunden. Und Galon hätte viele Leute verschwinden lassen müssen, die ihre Nase in Dinge steckten, von denen sie besser nichts wussten. Aber was interessierte Casey das schon, er hatte eine Möglichkeit gehabt Jess schneller zu finden und hatte sie nicht genutzt.

Während Jane in die Küche ging, ließ Damion sich wieder auf dem Bett sinken und dachte drüber nach, wen er alles in seinem Bett gehabt hatte, Vmapir war und jetzt mit seiner Jüngsten schlief. Irgendwann, kurz bevor Jane zurück kam, fragte er sich, ob es unbedingt ein Vampir sein musste. Wenn Jupiter allerdings mit einem Menschen schlief, dann hatte er kaum noch eine Möglichkeit herauszufinden wer es war. Als Jane dann mit dem Blut zurück kam und fragte, woran er dachte, war er schlau genug ihr nicht die Wahrheit zu sagen. Grinsend sah er sie von der Seite an. "Ich überlege, wie ich dich dazu kriegen kann die 400 Jahre auf 300 Jahre zu kürzen. Der Geburtstag ist so viel näher dran", sagte er und zupfte eine ihrer Haarsträhnen zu sich um sie um seinen Finger zu zwirbeln.

Jesaiah hatte ihre Arme irgendwann um ihn geschlungen und ihre Stirn auf seine Schulter sinken lassen. Minuten vergingen, ehe sie sich langsam wieder beruhigte. Ihre Augen hatte sie geschlossen, schniefte vereinzelt und lauschte mehr Caseys Herzschlag, als seinen Worten, was nicht weniger tröstlich und beruhigend war. Denn sein Herzschlag bedeutete, dass er lebte, dass er hier war, bei ihr. Blinzelnd lehnte sich Jess schließlich zurück, wischte sich mit einer Hand über das Gesicht und sah Casey an. „Entschuldige…“, sagte sie leise. Nicht nur für ihren Ausbruch, sondern auch dafür, dass ihm ihretwegen nun vermutlich recht frisch, wenn nicht sogar kalt war. Immerhin entsprach ihre Körpertemperatur in etwa der Zimmertemperatur. Jess ließ sie ihre Arme sinken, zog diese jedoch nicht ganz weg, sondern griff vorsichtig nach Caseys Händen.
„Würdest du…neben mir schlafen? Hier im Bett?“, fragte sie, genauso vorsichtig, wie sie eben nach seinen Händen gefasst hatte. Sie wusste, dass sie ihm so, wie sie gerade aussah und klang, kaum eine andere Wahl ließ und trotzdem wollte sie nicht, dass er sich nur deswegen zusagte.

„Ich weiß. Genau deswegen sprach ich ja auch von deinem 400. und nicht von deinem 300. Geburtstag“, antwortete Jane mit einem zuckersüßen Lächeln und tätschelte Damions Wange. „Überleg du ruhig schön weiter, wie du versuchen willst, mich davon zu überzeugen, meine Meinung zu ändern. Ich bin gespannt, womit du aufwarten willst“ Mit einem Lächeln führte sie ihr Glas zum Mund und nahm ein paar Schlucke, während sie weiterhin amüsiert zu ihrem Erschaffer hinübersah. Anschließend ließ sie ihr Glas wieder sinken und fuhr sich mit der Zunge um die Lippen, um etwaige Reste zu beseitigen. „Vielleicht lasse ich mich ja auf deinen 350. Geburtstag herunterhandeln… Vorausgesetzt du bemühst dich auch ein wenig um meine Vorlieben. Tja. Und bis zu deinem 350. kannst du meinetwegen Dreier und Vierer mit anderen Frauen haben“, sagte sie und zuckte mit den Schultern.

Während die Zeit verstrich, wurde Jess immer ruhiger. Das war es ja, was er gewollt hatte, langsam fragte er sich nur, ob sie einfach eingeschlafen war. Dann hob sie aber ihren Kopf und rückte wieder von ihm ab. Wofür sie sich jetzt schon wieder entschuldigte wusste er nicht. "Keine Sorge, das bisschen Wasser macht mir nicht viel aus", sagte er und sah dann auf ihre Hände, die seine ergriffen hatten. Er seufzte unhörbar, als Jess ihn fragte ob er bei ihr schlafen konnte. Er sollte nicht, wirklich nicht. Aber nach der ganzen Zeit, in der er nach ihr gesucht hatte, wäre es schön wirklich zu wissen, dass sie nicht einfach wieder verschwand. "Klar", sagte er daher und sah mit einem halben Lächeln zu ihr hoch. "Wenn es dir hilft, darfst du mich um alles bitten."

Runter handeln, hm? 350 Jahre. Darüber musste er erstmal nachdenken. Er nippte an seinem Glas und entschied sich dafür nicht so lange warten zu wollen. Das waren einfach einige Jahrzehnte zu viel. "Deine Vorlieben?", fragte er und musste gar nicht nachfragen, welche sie da meinte. Es konnte nur eine Art von Vorlieben geben, bei der er ihr entgegenkommen sollte. Die Orgien mit anderen Frauen schien ihm fast angenehmer zu sein. Aber auch nur halb so erstrebenswert. "Aber sicher nicht mehr heute Nacht. Da brauch ich mehr seelische Vorbereitungszeit für", gab er mit einem seufzen nach. Was man nicht alles für Frauen tat.

Sprung auf den nächsten Tag, 15.08., kurz vor halb 16 Uhr

Es hatte eine Weile gedauert, bis Jess endlich eingeschlafen war. Dass Casey jedoch neben ihr im Bett gelegen hatte, war es zu verdanken, dass sie sich überhaupt in der Horizontalen entspannen konnte. Die Decke hatte sie zwischen sie beide geknüllt, damit er nicht ihretwegen in der Nacht frieren müssen. Nur seine Hand hielt sie fest. Im Laufe der Nacht wachte sie einige Male auf und irgendwann lagen sie und Casey umschlungen aneinander. Ab da schlief sie ruhiger und fester, ehe sie schließlich irgendwann nach drei aufwachte. Im ersten Moment war sie wie gelähmt, traute sich weder zu atmen, noch die Augen zu öffnen, weil sie dachte, sie sei noch immer unter der Erde. Dann wurde ihr bewusst, dass das keine Erde war und sie vor allem weich lag.
Orientierungslos blinzelte Jess und setzte sich langsam auf. Die Sonne blitzte durch ein paar schmale Schlitze unter dem Rolle hindurch und erleuchtete so mehr als gut genug den Raum. Trotzdem brauchte Jess ein wenig, bis ihr bewusst wurde, wo sie war. Sie drehte ihren Kopf, suchte nach Casey neben sich, doch da war niemand. Casey war nicht da. Beunruhigt rutschte sie an den Rand des Bettes. War er gegangen? Jess atmete tief ein und gleich darauf erleichtert aus. Sie konnte ihn riechen. Jess ging auf die Tür zu, öffnete diese leise und trat ins Wohnzimmer, wo Casey vor dem Fernseher auf dem Sofa saß. „Ich dachte schon, du wärst durch das Fenster abgehauen“, sagte sie mit einem leichten Lächeln und ging auf das Sofa zu, während sie mehr als einmal dachte, wie gut er roch.

Er hatte nicht vorgehabt zu gehen, aber irgendwann war er einfach wach gewesen. Wach und kalt. Vermutlich würde sein Zittern sie irgendwann wecken, was er nicht wollte. Also war er vorsichtig, so leise und behutsam er konnte, aufgestanden und ins Bad geschlüpft, wo er erst einmal lange und heiß duschte. Ein Glück, dass Vampire fest schliefen, wenn die Sonne schien. Zumindest, wenn sie die Anstrengung wach zu bleiben nicht auf sich nahmen. Niemand puzzelte um ihn herum oder fragte ihn was los war, ob irgendwas getan werden konnte, damit er sich besser fühlte. Langsam fing er an die Tage zu mögen. Nachdem er sich wieder in die Kleidung des Vortages gekleidet hatte, ging er in die Küche und machte sich einen Tee. Ihm war wohl kälter geworden, als er angenommen hatte. Zumindest saß er am Ende auf dem Sofa, mit einer großen Tasse süßen Tee und einer Decke um die Schulter, während er durch die Programme zappte, bis er etwas fand, dass vor sich hinlaufen konnte, ohne ihn abzulenken. Vermutlich hätte er alles schauen können, ohne abgelenkt zu werden, so sehr war er in Gedanken mit Jess beschäftigt. Sie wollte, dass er bei ihr war und schien ziemlich verzweifelt zu sein, was das anbelangte. Mit ihr nach Oxwich fahren wäre vielleicht nicht einmal die schlechteste Idee. Er käme weg aus Galons Einflussbereich. Und nicht einmal Galon konnte etwas sagen, wenn er mit Jess unterwegs war. Nur war sie im Moment nicht mehr wirklich Jess, sie war gebrochen und unsicher. Was es eigentlich nur um so wichtiger machte, dass jemand bei ihr blieb. Und egal wie wütend er auf sie war, er wollte nicht, dass sie alleine war oder endgültig zerbracht. Sein Herz zog sich schmerzhaft zusammen, als er an die Möglichkeit dachte, dass Jess ihren Lebenswillen nicht wieder fand. Er würde also mit ihr nach Oxwich fahren und sehen ob er ihr helfen konnte. Nachdem er diese Entscheidung getroffen hatte, war es allerdings nicht klarer, wie er mit der Situation insgesamt umgehen sollte. Er hatte allen Grund wütend zu sein, es würde ihnen nur allen beiden nicht helfen, wenn er schmollend in ihrem Haus sitzen würde. Ehe er zu einer Entscheidung gekommen war, ging die Tür hinter ihm auf und Jess kam ins Wohnzimmer. Er beantwortete ihre Worte und auch ihr Lächeln, mit einem eigenen, etwas gezwungenen. "Charles hat darauf geachtet ein Zimmer zu bekommen, an dessen Fenster keine Regenrinnen entlanglaufen", ging er auf ihren Scherz mit der Wahrheit ein und klopfte dann neben sich auf das Sofa. Wobei er etwas zur Seite rückte, damit sie auch wirklich Platz hatte sich setzen zu können. "Ich glaube er traut mir nicht. Dabei ist es ziemlich unwahrscheinlich, dass ich ausgerechnet jetzt verschwinden würde." Er sah sie prüfend an und seuftze leise. "Schlechte Träume?", fragte er leise und ehrlich um sie besorgt, immerhin sollte sie strenggenommen immer noch schlafen und hatte das nach den letzten Monaten sicherlich auch bitter nötig. Trotzdem war sie hier im Wohnzimmer, wach, und hatte sich Sorgen gemacht, dass er einfach so verschwunden sein könnte. Er war sich nicht sicher, ob er ihr wirklich helfen konnte, aber so lange sie glaubte, dass er es konnte, würde er bleiben.

Out; ein Post, bevor bei uns der Filmabend losgeht C:

Jesaiah hob eine Braue und machte dann ein leicht verkniffenes Gesicht und lachte trocken. „Ich sollte bei Gelegenheit nochmal zum Friedhof zurück und schauen, ob da noch irgendwo mein Humor begraben liegt“, raunte sie, während sie neben Casey Platz nahm und sich langsam gegen die Rückenlehne zurücksinken ließ. „Charles ist vorsichtig. Ich denke nicht, dass es etwas damit zu tun hat, ob er dir traut oder nicht. Wahrscheinlich ist er einfach der Meinung, dass du- dass wir beide ein wenig unberechenbar sind. Und da geht er lieber auf Nummer sicher“, antwortete Jesaiah auf seinen Kommentar bezüglich Charles. Dabei sah sie ihn an und bemerkte seinen prüfenden Blick. Und das anschließende Seufzen. Ihre Mundwinkel zuckten unweigerlich und ihr Lächeln begann gefährlich schmaler zu werden. „Hm“, machte sie, nickte knapp und atmete tief ein. Mal wieder stellte sie dabei fest, wie gut er roch. Ihre Augen wurden merklich heller, als sie schließlich zum Fernseher hinüberschaute. „Anfangs mehr, als gegen Ende. Und ich gehe davon aus, dass sie mich auch noch eine Weile begleiten werden… Aber ich vermute, dass mein Rhythmus einfach auch gestört ist. Ich habe keine Ahnung, wann ich wach und wann ich geschlafen habe, als ich dort unten lag. Dunkel war es ja immer“, antwortete Jess, strich sich mit beiden Händen durch das Haar, hielt es zu einem Pferdeschwanz zurück und zog ihre Hände schließlich seufzend wieder zurück. „War wohl ziemlich kalt… für dich. Heute Nacht. Wäre es nicht Sommer, wärst du heute Morgen vermutlich mit blauen Lippen aufgewacht“, sagte sie mit einem bitteren Zug um ihre Mundwinkel und sah Casey dabei wieder an, nachdem ihr Blick die Teetasse kurz gestreift hatte. Tee. Im August. Sicher, England war nicht das wärmste Land und Tee war eine Art Nationalgetränk, aber Jess war sich ziemlich sicher, dass es dennoch eher ungewöhnlich war, Tee zu dieser Jahreszeit zu trinken. Vielleicht war es doch besser, wenn sie allein nach Oxwich ging…

Nach den Worten zu schließen hatte Jess ihren Sinn für Humor definitiv bei sich, aber Casey wies sie nicht darauf hin, sondern schmunzelte auf ihre Worte nur. Als würde er sie auf den Friedhof zurück lassen, zumindest nicht alleine. Er bemerkte nicht, wie ihre Augen sich hell färbten, ehe sie zum Fernseher sah. Zu ihren Alpträumen konnte er wenig sagen und noch weniger dagegen unternehmen, was ihn selbst etwas frustriert zurückließ. "Ein bisschen Kälte werde ich wohl noch überleben", antwortete er dafür auf ihre fast-Frage. Es klang, als wollte sie einen Grund finden Abstand zwischen sie zu bringen. Und das hatte ja schon beim ersten Mal nicht geklappt. "Es war nicht so schlimm, dass eine warme Dusche nicht geholfen hätte. Also mach dir darüber keinen Kopf. Nur deswegen werde ich mich jedenfalls nicht aus deinem Bett raushalten", beendete er den Satz und grinste etwas verschämt, ehe er an seinem Tee nippte.

Zunächst zeigte sich Jesaiah nicht wirklich überzeugt. Mit hellen Augen blickte sie zum Fernseher und überlegte, ob es wiederum für sie denn gut wäre, allein nach Oxwich zu gehen. Casey fuhr dann jedoch fort und spätestens mit seinem letzten Satz hatte er sie. Blinzelnd drehte sie ihren Kopf und sah den Älteren an. Ein angenehmer Schauer lief ihr über den Rücken und ein Lächeln trat auf ihr Gesicht. „Da bin ich erleichtert.“ Jess hoffte sehr, dass es nichts gab, dass ihn jemals davon abhalten würde. Allerdings wusste sie auch, dass sie sich selbst einige Steine in den Weg gelegt hatte. Wenn es etwas gab, dass ihn womöglich irgendwann von ihrem Bett fernhalten würde, dann die Tatsache, dass sie ihm Grausames angetan hatte… Und sie beide würden das wohl so schnell nicht vergessen.
Ihre hellblauen Augen lagen noch immer auf Casey und während sie Nachdachte wanderte ihr Blick langsam von seinem Gesicht zu seiner Halsschlagader. Blinzelnd wurde ihr Lächeln charmanter, als sie wieder in seine Augen sah und rutschte auf dem Sofa näher an ihn heran. Mit dem Oberkörper war sie ihm zugewandt, den einen Arm lehnte sie auf die Rückenlehne, winkelte ihn an und stützte ihr Gesicht in ihre Hand.
„Deine Haare sind ganz schön lang geworden“ Jess streckte ihren zweiten Arm aus und strich mit ihren Fingern durch sein Haar, das noch leicht feucht war. Wie zufällig berührte sie kurz darauf mit ihren Fingern seinen Hals und strich an diesem hinab. Seine warme Haut, der leichte Puls… der unwiderstehliche Geruch seines Blutes. Ohne sich dessen bewusst zu sein, lehnte sich Jess weiter zu ihm vor. „Du riechst so gut“, seufzte sie und schmiegte ihr Gesicht gegen seine Schulter.

Okay, dieses Mal bemerkte er ihre Augenfarbe. Es war auch kaum zu übersehen, dass sie Hunger hatte. Unwillkürlich hüpfte sein Puls ein paar Tackte, beruhigte sich dann aber wieder. Es war Jess, sie würde ihm nichts tun. Zumindest nichts, was er hinterher bereuen würde. Als sie sich ihm zuwandte, lächelte er daher und sah amüsiert dabei zu, wie sie sich ihm entgegen lehnte. Als ihr Blick von seinen Augen hinab wanderte grinste er noch, auch als er ihr antwortete: "Ich hatte anderes zu tun, als zum Frisör zu gehen", sagte er. Ihre Finger strichen dabei immer weiter hinab und hinterließen eine brennende Spur auf seinem Hals. Dass seine letzten Worte daher ein bisschen zittrig klangen und sein Puls wieder einen hektischeren Tackt annahm, war da wohl kaum verwunderlich. Als sie ihren Kopf auf seine Schulter legte, stockte ihm der Atem. Erst einmal, weil sie ihm so nahe kam (endlich wieder!) und dann, weil ihre Worte ihm eine Gänsehaut den Rücken hinab jagten. Eine angenehme, erregende Gänsehaut. Etwas hilflos holte er Luft, während er versuchte seinen Kopf wieder soweit in Gang zu bekommen, dass er einen geraden Satz bilden konnte. "Gegen meinen Geruch kann ich nicht viel machen", sagte er leise und ließ seine Hand über ihre Schulter langsam in ihren Nacken wandern. Wäre es so falsch? Sein Blick huschte in Richtung der Tür, hinter der die anderen beiden Vampire schliefen. Seine Finger schlossen sich leicht um Jess Nacken, während er sein Kinn leicht hob und den Kopf etwas zu Seite drehte. Eine Einladung, die sie sicher verstehen würde. Und viel klarer, als alle Worte, die er im Moment finden konnte.

„Ja. Zum Glück nicht. Es wäre eine Schande“, wisperte Jesaiah leise und hatte die Augen geschlossen. Sie lauschte den Kapriolen seines Herzschlags, worüber sie amüsiert lächeln musste. Und der Geruch… sein Geruch. Sie schaffte es nicht, das Atmen anzuhalten. Sie wollte es auch gar nicht (dafür war sie viel zu hungrig und der Geruch machte was mit ihr). Hätte sie allerdings den Atem angehalten, wäre es ihr vielleicht gelungen, ein wenig vernünftiger zu sein.
Blinzelnd öffnete Jess ihre Augen, als sie Casey Hand in ihrem Nacken spürte. Sie sah, wie Casey ihr förmlich den Hals anbot. Schon wieder. Nur wollte ihr heute kein Grund einfallen, der dagegen sprach. Ein, zwei Schlucke, damit würde sie ihm schon nicht schaden. Und Charles und Féilim schliefen noch. Was also sprach dagegen? Eben. Nichts.
Hätte Jesaiah noch einen Herzschlag, dann würde er jetzt mit Sicherheit wild pochen. Sie kam mit ihrem Gesicht seinem Hals näher und versank geradezu in seinem Geruch. Ihre Lippen streiften seine Haut und dann biss sie behutsam zu. So sehr sie für seinen Geruch schwärmte, nichts übertraf den Geschmack seines Blutes. Ihre Hand schob sich über seinen Oberkörper und blieb schließlich auf seiner anderen Schulter liegen, während sie den ersten und zweiten Schluck nahm. Es folgte ein weiterer und noch einer und noch einer… und dann war Schluss. Sie musste irgendetwas zwischen 500 und 700ml getrunken haben, genug, dass ihre Augen wieder etwas dunkler waren und genug, dass wohl auch ihre Gehirnzellen sich lautstark meldeten, zusammen mit ihrem zwickenden Gewissen. Behutsam ließ sie von seinem Hals ab und lehnte sich dann zurück. Jess fuhr sich leicht mit der Zunge über die Lippen, die noch nach ihm schmeckten und lächelte dann entschuldigend. „Das war… nicht geplant gewesen“, sagte sie und schaffte es wenigstens jetzt, das Atmen fürs Erste einzustellen. Nicht, dass sie gleich wieder an seinem Hals hing. „Bei dir… alles okay?“

Casey hatte nicht wirklich damit gerechnet, dass sie seine Einladung annehmen würde. Er rechnete damit, dass sie kurz überlegen und dann ablehnen würde, eventuell sogar von Sofa aufstehen und räumlichen Abstand zwischen sie zu bringen. So sehr er sich auch wünschte, dass es anders kommen würde. Als ihre Lippen dann über seinen Hals strichen, konnte er schon keinen klaren Gedanken mehr fassen. Passierte das jetzt wirklich? Wenn kein Aufpasser in der Nähe war um sie daran zu hindern? Als ihre Zähne durch seine Haut fuhren, sog er überrascht die Luft ein und krallte seine Finger in ihre Schulter. Das fühlte sich so berauschend an! Als sie nach drei, vier Schlucken nicht aufhörte, wusste er, dass es vielleicht nicht unbedingt die beste Idee gewesen war. Aber hey, sollte sie übertreiben würde er auf die eine oder andere Art bekommen, was er wollte. Also ließ er sie einfach machen und genoss weiter den Gefühlsrausch, in den sie ihn damit stürzte. Und dann hörte sie auf. Ihm war irgendwie leicht und wirr im Kopf, weswegen er nicht sofort mitbekam, dass Jess ihn etwas fragte. Etwas mühsam hob er den Kopf von der Rückenlehne an, auf den er ihn irgendwann abgelegt hatte, weil es zu anstrengens war ihn oben zu halten. "Okay? Ah. Mir geht's gut", antwortete er und lächelte etwas verschleiert. Wobei ihm auffiel, dass er auch ein bisschen nuschelte. Also räusperte er sich und wiederholte, wenn auch leise. "Ja, alles okay. Alles bestens." Oder wäre es zumindest wenn er die Reaktionen seine Körpers wieder in den Griff bekam.

Seine genuschelte Antwort sorgte dafür, dass Jess leise die Luft ausstieß und ihn besorgt ansah. Auch wenn er sich gleich darauf verbesserte und deutlicher sprach, blieb das schlechte Gewissen. Dabei war es doch nicht so viel gewesen. Oder doch? Jess biss sich auf die Unterlippe und stand dann kurzerhand auf. „Ich hol dir was zu trinken“, sagte sie und machte sich schon auf dem Weg zur Küche, als sie im Türrahmen noch einmal stehen blieb und mit beinahe misstrauischer Miene zu ihm zurücksah. „Hast du eigentlich etwas gegessen?“
Jess Blick verfinsterte sich, als er ihr antwortete, dass er ‚Zucker‘ in seinem Tee als Frühstück gehabt hatte. Schnaubend verschwand sie daraufhin in der Küche und kehrte nach ein paar Sekunden wieder zurück. Sie stellte die Flasche auf dem Couchtisch ab und reichte Casey das Glas.
„Im Kühlschrank ist leider nur Mist zum Essen… Hast du etwas Geld da? Dann bestelle ich dir was über das Hotel“, sagte sie. Begeistert war er nicht, aber sie schaffte es dennoch, ihm eine Antwort hervorzulocken und so bestellte sie kurz darauf etwas.
Nachdem sie aufgelegt hatte, ging Jess wieder zurück zum Sofa und setzte sich neben den Älteren.
Seinen Geldbeutel hielt sie in der Hand und legte ihn anschließend etwas zögerlich auf den Couchtisch, wobei sie bereits ein Gesicht machte, als würde ihr etwas Schweres auf dem Herzen liegen. „Casey… Wir haben Nachmittag. Und du hast nichts außer Tee und Zucker zu dir genommen?“, fragte sie und klang dabei bekümmert. „Gestern meintest du noch, dass du dafür sorgen würdest, dass mir nichts mehr passiert… Und wie willst du das machen, wenn du nicht einmal richtig isst?“ Jesaiah war leiser geworden und sah ihn dabei ernst an.
„Oder… war das nur so daher gesagt? Um mich zu trösten und zu beruhigen?“

War ja klar, dass sie sich direkt Sorgen machte und den Zucker nicht gelten lassen wollte. Dabei war das auch Energie und hatte den Vorteil, dass er ihn nicht kauen musste. Zumindest nicht, wenn er in Tee aufgelöst war. "Danke", murmelte er, als sie zurück kam und ihm etwas zu Trinken hinstellte. Es war genug Zeit vergangen, dass die Euphorie abgeklungen war und ihm der Mangel an Blut auffiel. Etwas zu trinken war wirklich keine schlechte Idee. Mit einem leisen Stöhnen richtete er sich auf und griff nach der Flasche, als sie ihn nach seinem Geldbeutel fragte. Musste das wirklich sein? Ihr Blick und auch der Zug um ihren Mund war unerbittlich. Also gab er nach und sie bestellte ihm etwas zu essen. Essen.. Wie gerne würde er darauf verzichten, er verstand einfach nicht, was Jess so sehr daran angezogen hatte, als sie Mensch gewesen war. Als sie sich wieder zu ihm setzte, hatte er schon das erste Glas ausgetrunken und sein Kopf war etwas klarer. Er verdrehte die Augen, als sie vom Essen anfing. Den Streit wollte er nicht schon wieder führen. Nicht einmal die Diskussion, die hatte er schon mit so vielen der anderen gehabt. Ihre Worte fanden aber einen anderen Weg, einen viel hinterhältigeren. Blinzelnd sah er sie an und wusst enicht, was er dazu sagen sollte. Er hatte ihr versprochen sie zu schützen und das konnte er nicht, wenn er schon außer gefecht war, wenn sie nur ein paar Schlucke von ihm trank. Damit hatte sie leider Recht. Und er hatte es nicht nur gesagt um sie zu trösten. Gut, er hatte sie trösten wollen in dem Moment, das hieß aber nicht, dass er seine Worte nicht ernst gemein hatte. Immer noch meinte. "Nein. War es nicht", sagte er nach einem Moment, in dem sich das Schweigen zäh in die Länge gedehnt hatte. Räuspernd sah er auf das Glas in seinen Händen. "Ich weiß einfach nicht.. Es.. Vielleicht war ich zu lange Vampir um an menschlichem Essen gefallen zu finden", sagte er und merkte schon, während er es aussprach, dass es nur ein Teil der Wahrheit war. Er hatte kein Interesse daran ein Mensch zu sein, weswegen also essen?

Sein Punkt hatte durchaus etwas. Denn, wenn jemand behaupten konnte, womöglich schon zu lange ein Vampir zu sein, dann wohl Casey. Dass er ein Mensch gewesen war, war sehr, sehr lange her. Und als er damals ein Mensch gewesen war, war die Auswahl an Essen und der Geschmack nicht unbedingt mit heute zu vergleichen. Jesaiah sah ihn nachdenklich an und seufzte schließlich mit einem kleinen Nicken. „Ich vermute, dir anzubieten, das Essen zu pürieren, wird es dir auch nicht schmackhafter machen“, sagte sie mit einem kleinen, traurigen Lächeln. Sie wünschte, Casey würde sich nicht so schwer tun. Nicht zu leicht, aber auch nicht zu schwer. Schließlich hatte das Mensch-Sein durchaus auch etwas Gutes.
„Gibt es denn gar nichts, dass dir schmeckt? Irgendein Obst, Gemüse… Fast Food?“, fragte Jess. „Oder ist es doch eher die Konsistenz?“ Ihr Blick wanderte zur Flasche Wasser, während ihre Gedanken weiterwanderten. „Ich mache mir eben kurz noch etwas warm“, sagte sie und verschwand kurz darauf wieder in der Küche. Mit einem Glas Blut kehrte sie zurück, nahm wieder neben ihm Platz und nippte an dem Glas. „Was habe ich eigentlich verpasst? Wie geht es Ruby, Jael und der Kleinen?“

Pürieren? Casey verzog das Gesicht und schüttelte den Kopf. Ganz sicher wollte er das Essen nicht auch noch püriert haben! Es war schon schlimm genug es so runter zu kriegen, da brauchte er nicht auch noch eine breiige Konsistenz. "Es geht nicht um die Konsistenz", erklärte er und stellte dann lieber richtig: "Zumindest nicht, solange es kein Brei ist. Aber nein. Ich habe nichts, was mir besonders gut schmeckt. Es schmeckt einfach... anders." Darauf wusste sie scheinbar auch nicht mehr viel zu sagen, oder das ganze Gerede über Essen hatte sie hungrig gemacht. Er nickte, als sie sagte, dass sie in die Küche ging. Es überraschte ihn nicht weiter, dass sie das Thema wechselte, als sie zurück kam. Wobei das kein besseres Thema war, wie er fand. Zumindest nicht für sie. "Eine Menge. Du könntest sie anrufen und sie selbst fragen. Ruby kann es dir viel besser erklären, weil ich mich nicht sonderlich darum gekümmert habe", antwortete er ihr und klang dabei ein wenig unfreundlich. Immerhin ging ein großteil von Rubys Zeit dafür drauf nach Jess zu suchen und sich Sorgen um sie zu machen.

Jesaiah erkannte eine Spitze, wenn man ihr eine vorsetzte. Für einen Moment sah sie Casey mürrisch an und nippte dann an ihrem Glas, wobei sie den Blick abwandte. „Es ist nicht so, dass ich ihr nicht Bescheid geben möchte. Ich würde sie auch wirklich sehr gerne sprechen… Es ist eher wegen Jael. Oder, um präziser zu sein, Galon. Ich möchte nicht, dass er davon erfährt… und mir am Ende auch Aufpasser auf den Hals schickt. Oder wieder damit anfängt, mich jeden Tag anzurufen… Und da Jael so etwas wie seine linke oder rechte Hand ist… Meinst du nicht, dass er Galon davon erzählen wird? Oder dass es ihn zumindest in eine gewisse… Konfliktsituation versetzen würde, wenn er davon erfährt? Selbst wenn ich es nur Rubina erzählen würde – ich könnte nicht von ihr verlangen, es Jael zu verheimlichen“, sagte sie wohlüberlegt, ließ das Glas sinken und sah Casey fragend an. „Deswegen möchte ich nicht, dass sie davon erfährt. Ich möchte sie nicht in diese Situation bringen… Aber ich weiß, es ihr nicht zu sagen, ist auch nicht richtig“, seufzte sie und stöhnte. „Wer hat eigentlich alles nach mir gesucht?“

"Ist das dein Ernst?", fragte Casey, nachdem sie ihren Sermon runter geleiert hatte. Er konnte durchaus nachvollziehen, dass sie nicht wollte, dass Galon erfuhr, wass es ihr gut ging. Aus dem Schwall an Aufpassern würde sie sich noch in zehn Jahren zu befreien versuchen. Was ihn eher störte, war ihre Einstellung Jael gegenüber. "Du weißt aber schon, dass Jael eine eigene Persönlichkeit ist, die nicht Galons Hand im Hintern hat?", fragte er und schüttelte den Kopf. Gut, Jael machte sich nicht unbedingt die Mühe als etwas anderes als ein handlanger zu wirken, das hieß aber noch lange nicht, dass er Galon wirklich völlig ergeben war. "Glaubst du etwa, dass Galon begeistert war, als er mir damals nach L.A. nachgereist ist und geholfen hat nach meinem Bruder zu suchen? Glaub mir, er erzählt Galon nicht jedes kleinste Detail. Wenn du ihm sagst warum du Galon nicht einweihen willst und damit den Clan nicht in Gefahr bringst, wird er nicht sofort zu ihm rennen und alles haarklein beichten", klärte er die Jüngere immer noch etwas hin und her gerissen auf. Sollte er darüber lachen oder weinen? "Gesucht haben eine Menge Leute, ich kann dir bei gelegenheit eine Liste erstellen. Am meisten haben aber Aglef, Ruby, Charles, Féi und ich gemacht. Wobei Jael auch geholfen hat, wo er konnte."

„Schon gut! Schon gut. Zu meiner Verteidigung, du kennst Jael wesentlich länger und besser als ich. Deswegen rede ich mit dir ja darüber, um deine Meinung zu hören! Und wenn du Jael so einschätzt… dann werde ich sie anrufen. Versprochen. Ich rufe sie gleich an, nachdem du gegessen hast“, sagte Jess mit einem charmanten Lächeln und just in diesem Augenblick klingelte es an der Tür. Sie hatte kurz zuvor die Schritte gehört, die sich ihren Räumlichkeiten genährt hatten.
Die Jüngere stand auf, nahm Caseys Geldbeutel vom Couchtisch und ging zur Tür. Bevor sie aufmachte, zupfte sie kurz ihre Klamotten zurecht. Ein Mann Mitte Dreißig mit einem Servierwagen stand vor der Tür und zuckte nicht einmal mit der Wimper wegen Jess Aufzug. Mit einem freundlichen Lächeln versicherte sie ihm, dass sie den Wagen hineinbringen würde und gab ihm anschließend ein Trinkgeld. Den Rest der Kosten sollte er auf die Rechnung setzen. Danach schloss sie die Tür und schob den Wagen ins Wohnzimmer.
„Essen ist da! Keine Sorge, ich erwarte keine Jubelschreie… Vielleicht ist ja was dabei, das…hm…weniger eklig für dich erscheint?“, sagte sie und hob ein paar der Abdeckungen an.
Da war eine Portion Spaghetti mit Bolognese, ein Teller mit einer Pizza, ein weiterer mit einem Salat, eine kleine Schale mit Suppe, eine größere Schale mit Pommes und dann war noch Platz für zwei Desserts: Kuchen und Erdbeeren in Schokolade. Jess nahm eine der Erdbeeren, ließ sich neben Casey fallen und hielt sie ihm hin. „Die hier habe ich geliebt!“