Vampire-Das RPG IV

"Aber..", stammelte Jael und schüttelte langsam den Kopf. Egal was sie sich da zusammenreimte, es konnte nicht stimmen. So sehr er oder sie es sich auch wünschen würden, er konnte keine Kinder zeugen. Nicht in seinem Zustand. "Da muss irgendetwas anderes falsch sein, dass diese Tests insgesammt beeinflusst. Am besten bringen wir dich zum Arzt und lassen das gründlich durchchecken. Rubina." Er legte ihr beide Hände an die Wangen und sah ihr ernst in die Augen. Kein Wunder, dass sie so durch den Wind war, er war ja selbst jetzt schon kurz davor einen Knoten im Hirn zu bekommen und hatte nicht so lange mit dem Ergebniss rumüberlegen können. "Kopf hoch, Liebste. Wir finden die Lösung und werden damit fertig."

Rubinas Lippe fing an gefährlich zu beben, als er ihr die Hände an die Wangen gelegt hatte. Als er ihr dann versicherte, dass sie schon eine Lösung finden und sie damit fertig werden würden, füllten sich ihre Augen mit Tränen, die ihr kurz darauf übers Gesicht kullerten. Schluchzend schloss sie die Augen und verbarg ihr Gesicht im nächsten Augenblich mit ihren Händen.
Wie sollten sie damit denn fertig werden!? Das hätte gar nicht passieren dürfen! Es war schlichtweg unmöglich und trotzdem sprachen diese Gott verdammten Schwangerschaftstests eine deutliche Sprache: Sie war schwanger. Konnte es denn wirklich an etwas anderem liegen? Dass sie gar nicht schwanger war und die Tests sich irrten!? Und was, wenn sie wirklich schwanger war!? Wie sollte das denn gehen? Und würde er überhaupt glauben, dass er der Vater war? Sie war ja wieder ein Mensch und sollte in der Lage sein, schwanger zu werden. Es würde auch erklären, warum sie bislang ihre Periode nicht gehabt hatte… Aber er? Er war ein Vampir…
Ruby schniefte und sah langsam wieder zu Jael auf. „Was… was wenn es an dem Heilmittel gelegen hat? Als du von mir getrunken hast… Danach hattest du es vielleicht auch in dir. In einer sehr geringen Menge…aber trotzdem“

Sie weinte! Sanft zog Jael seine Verlobte in eine Umarmung und strich ihr beruhigend über den Rücken. "Shhh", machte er dabei und fühlte sich vermutlich ebenso hilflos, wie sie gerade reagierte. Hoffentlich war es nicht irgendetwas wirklich schlimmes, was Rubina da befallen hatte. Er konnte nachvollziehen, dass sie lieber glaubte Schwanger zu sein, als sich vorzustellen, dass sie krank war. Selbst konnte er es allerdings nicht glauben, dass es irgendwie möglich sein sollte. Nicht einmal mit ihrem Erklärungsversuch. "Ich weiß nicht, Rubina. So viel hab ich nicht getrunken", antwortete er vorsichtig und fühlte sich ziemlich verlegen. Über ihre intimen Momente zu reden fiel ihm nicht leicht. "Möglich, dass ich etwas von dem Heilmittel mit aufgenommen habe, aber sonst ist uns, mir, nichts aufgefallen, dass darauf hindeuten könnte, das es mich irgendwie beeinflusst hätte oder hat. Müsste ich nicht auch irgendwie verändert sein, wenn ich es über den Blut aufgenommen hätte?"

Schniefend wollte Rubina zu einer Erklärung ansetzen, doch ihr fiel nichts ein. Was er sagte, klang irgendwie logisch. So viel hatte er nicht getrunken… und hätte das Heilmittel nicht mehr verändern müssen, hätte es soweit gewirkt? Hätte er dann nicht auch vielleicht einen Herzschlag haben müssen? Sie hatte keine Ahnung. Niemand wusste von ihnen, wie dieses Heilmittel wirkte oder aus was es zusammengestellt worden war. Blinzelnd nickte Rubina langsam und fuhr sich mit den Fingern über die feuchten Wangen. „Wahrscheinlich schon…“, murmelte sie und hatte sich wenigstens wieder soweit im Griff, dass ihr keine weiteren Tränen mehr kamen.
„Wollen wir dann… vielleicht noch zu einem Frauenarzt? Nur, um es auch wirklich ausschließen zu können?“ Fragend sah Rubina ihn an. Der Arzt, mit dem Jael ihr seit zwei Tagen in den Ohren lag, war schließlich nicht auf so etwas spezialisiert. Zumindest nahm sie es an.

Sprung um drei Stunden, 16. Februar

Angespannt und auf ihrer Unterlippe kauend starrte Rubina den Bildschirm an. Sie erkannte da nichts. Alles schwarz, weiß und gegrisselt. Als hätte der Bildschirm keinen guten Empfang. Allerdings war es für Rubina auch das erste Mal, dass sie so etwas sah. Aus nächster Nähe. Die Ärztin hatte ihnen zu Beginn der Sprechstunde ausführlich erklärt, dass selbst wenn sie nichts entdecken würden, das noch lange nichts heißen musste. In einem so frühen Stadium wäre der Embryo gerade mal so groß wie eine Bohne. Anschließend hatte sie Rubina einige Fragen gestellt, typische Symptome betreffend, zu denen nicht nur die Übelkeit und Sodbrennen gehörten, sondern auch ein unangenehmes Ziehen im Unterleib, welche sie gehabt hatte.
„Sehen Sie hier?“ Die Stimme der Frau ließ Rubina aus ihren Gedanken schrecken.
Die Ärztin zeigte auf einen helleren Bereich auf dem Bildschirm. „Hier ist deutlich die Fruchthöhle zu erkennen. Einen Moment-“ Die Ärztin drehte den Behandlungskopf auf ihrem Bauch und dann war da auf einmal noch etwas auf dem Bildschirm.
„Da ist er ja! Ich denke, die Angaben von ihrem Test müssten hinkommen. Sechste Woche… wenn sie nächste Woche herkommen, oder in zwei Wochen, wird vermutlich bereits der Herzschlag zu hören sein“ Sie Frau wandte sich den beiden lächelnd zu. „Ich gratulieren ihnen“
Rubina starrte den Bildschirm an, oder besser gesagt, den Punkt. Den Embryo. In ihrem Bauch. Sie war schwanger.

Wie vom Blitz getroffen starrte Jael auf den Bildschirm. Er sah zwar nicht, was die Ärztin da entdeckt haben wollte, musste ihren Worten aber blind vertrauen. Rubina war schwanger. Dabei hatte er nur zugestimmt zu diesem Frauenarzt zu gehen, weil seine Verlobte darauf bestanden hatte. Er hatte gedacht sie würde ruhiger, wenn sie geklärt hatten, dass sie nicht schwanger war. Mit einem positiven Ergebniss hatte er nie im Leben gerechnet. Und jetzt strahlte ihn die Ärztin an, wobei ihr Lächeln nach einigen Sekunden, in denen weder Rubina noch er reagierten, merklich dünner wurde. Sie räusperte sich und schaltete den Bildschirm ab, woraufhin sie den Ultraschallkopf von Rubinas Bauch nahm und ihr ein Tuch reichte. Schwanger. Wie zum Teufel war das passiert? "Unmöglich", murmelte er leise und sah zu Rubina runter. Immerhin sah sie ebenso geschockt aus wie er. Warum eigentlich? Sie hatte es doch schon gewusst...

Sie waren noch keine 3 Tage unterwegs und schon hing es Casey zum Hals raus. Nicht dass sie unterwegs waren, sondern die Blick und Fragen die ihnen zugeworfen und gestellt wurden. Der Umgang mit Jess hatte ihn empfindlicher werden lassen. Es war so schön gewesen nicht wie ein Kind behandelt zu werden. Casey war so kurz davor einen Scheiß auf Konventionen zu geben und sich zumindest ein Auto zu mieten. Nur leider würde ihnen hier niemand eines geben. Amerika hatte schon etwas für sich. Zähneknirschend sah er dem Schaffner hinterher, der Fragen ohne Ende gestellt hatte und aussah als wollte er immer noch den Sozialdienst verständigen. Also ob er und sein Bruder Ausreißer waren! Ob es in Ordnung wäre ihn als Snack zu verwenden und für den nächsten Fahrgast in der Toilette zurück zu lassen? Das war der falsche Gedankengang gewesen, jetzt hatte er Hunger und musste sich an Sitz festhalten um seinen Vorstellungen nicht Taten folgen zu lassen. Aglefs prüfender Blick half ihm auch nicht weiter, der machte ihn nur noch wütender, was tat sein Bruder denn schon um ihm hier mal zu helfen?! "Was?!", fauchte er in Aglefs Richtung, der nur die Schultern zuckte und den Blick zum Fenster hinaus richtete.

Sie war schwanger. Sie würde ein Kind bekommen. Mit 68! Frauen in ihrem Alter waren in den meisten Fällen bereits Großmutter! Wobei sie sich schon vor Jahrzehnten damit abgefunden hatte, dass sie nie eine Familie auf diese Art haben würde. Es war ja auch schlichtweg unmöglich gewesen! Und nun das… Rubina starrte noch immer den Bildschirm an, solange, bis die Ärztin ihn schließlich ausschaltete. Erst da wandte sie ihren Blick blinzelnd ab, schluckte, während in ihrem Kopf so viel vor sich ging. Es war mühselig, der Ärztin zu zuhören, gerade weil ihre Gedanken so laut waren. Ganz besonders ihre Sorgen. Was dachte Jael? Rubinas sah zaghaft zu ihm auf.
Wollte er überhaupt ein Kind? Jetzt? War es nicht eigentlich schon kompliziert genug, weil sie ein Mensch war? Und jetzt auch noch schwanger… Ob er dachte… ob er daran zweifelte, dass es seins war? Ruby war hin und her gerissen. Sie hatte Verständnis dafür, sollte er tatsächlich zweifeln… Das alles war einfach zu verrückt…
„Hören Sie, ich habe den Eindruck, dass sie diese Nachricht wohl erst einmal verarbeiten müssen. Sie haben nicht damit gerechnet, da ist das nur verständlich, dass sie überrascht sind“, raunte die Ärztin mit einem mitfühlenden Lächeln und ging zu ihrem Schreibtisch. „Ich schlage daher vor, dass wir uns nächste Woche noch einmal treffen. Da können wir dann noch einmal einen Ultraschall machen und über alles weitere, wie ihren Mutterpass und den regelmäßigen Untersuchungen, in Ruhe und ausführlich reden“ Die Ärztin holte einen Block heraus, nannte fragend ein Datum, ob sie an diesem Termin Zeit hatten.

Nichts. Bisher hatten sie noch keine Spur. Janes Murren wurde immer lauter, je weiter die Sonne wanderte und gute Nachrichten ausblieben. Das trübte auch Jesaiahs Laune ein wenig, die ansonsten noch sehr optimistisch und gut drauf war. Sie genoss das Wetter, die Sonne und überhaupt die ganze Stadt. All die Farben und Gerüche, die Gewürze, der Mark, Marrakesch war eine faszinierende Stadt durch und durch. Ein Jammer, dass sie nicht schon früher einmal hier gewesen war.
Während sich Jane im Schatten herumdrückte und ihren Sonnenhut zurechtrückte, holte Jesaiah ihr Handy heraus und machte von dem Markt ein Foto, welches sie anschließend mit einer Nachricht an Casey schickte. ‚Marrakesch ist wundervoll, nur von Ilana fehlt bisher noch jede Spur… Allerdings konnten wir bisher auch nur einen vergleichsweise kleinen Teil abarbeiten, also habe ich noch Hoffnung. Wie geht es dir und Aglef? Wo genau seid ihr jetzt? XO Jess‘
„Der Typ muss es dir aber sehr angetan haben, dass du ihm ständig schreibst. Oder ist das mehr so ein Friendzone-Typ?“ Jane hatte sich neben Jess gestellt und nickte in Richtung das Handys.
„Casey? Ja… ja, der hat es mir angetan“, antwortete die Ältere, fuhr sich über den Nacken und wurde etwas rot, ehe sie ihr Handy wieder wegsteckte.
„Casey. Du meinst aber nicht diesen kurzen, schmächtigen Typ, oder?“
Jesaiah sah ihre Schwester an und sah recht indigniert drein. Nur musste sie wohl oder übel einräumen, dass die meisten Leute Casey eben genau so sahen: kurz und schmächtig. Trotzdem verärgerte es sie. „Ja. Kurz, schmächtig und das Beste, was mir passieren konnte – genau das ist er“, antwortete Jess, woraufhin die Jüngere etwas skeptisch drein sah. „Vielleicht liegt es ja am Heilmittel“, murmelte sie ganz leise, zu leise, als Jess sie hätte verstehen können.

Der Termin wurde abgemacht und kurze Zeit später standen Rubina und Jael wieder auf der Straße. Jael trotz des eher trüben Wetters mit Sonnenbrille bestückt. Die Blicke der Passanten bemerkte er nicht, dafür war er viel zu sehr in seinen Gedanken gefangen. Rubina würde ein Kind bekommen. Ein richtiges, lebendes Kind. Es würde doch hoffentlich lebend. Sie war als Mensch schwanger, da würde es doch auch ein Mensch werden. Oder war es ein Vampir? Mit heillos im Kreis drehenden Gedanken griff er nach Rubinas Hand und legte sie über seinen Arm.

Kaum sah Aglef aus dem Fenster, als Casey sich auch schon schlecht fühlte. Es war nicht dessen Schuld, dass er genervt war. Seufzend wollte er sich entschuldigen, als sein Handy ein gedämpftes recht anzügliches halbbrüllen hören. Erschrocken schlug er auf seine Hose und sah sich ebenso um. Zum Glück war sonst keiner wirklich in der Nähe und die Teenager ihnen gegenüber hatten Kopfhörer in den Ohren, während sie auf ihren Handys rumhackten und mit offenem Mund Kaugummi kauten. Wie irgendwer drauf kommen konnte, dass Aglef und er Kinder waren, war ihm ein Rätsel, kümmerte ihn im Moment aber auch nicht mehr. Jess Stimme. Sie hatte eine Nachricht geschickt. Ihm wurde ganz anders, während er nach seinem Telefon angelte. 'Ihr schafft das schon. Wir sind kurz vor der Französischen Grenze, Ziel Paris. Wenn es dir in Marokko zu langweilig wird, komm doch vorbei. , tippte er zurück. Hatte er das wirklich getan? Scheinbar. Verwirrt und gespannt wartete er auf Jess Reaktion.

In dem Moment, indem Jael nach ihrer Hand Griff und sie über seinen Arm legte, sah Rubina ihren Verlobten an. Seine Berührung und seine Geste hatten etwas tröstliches, beruhigendes für sie, auch wenn sie das Gefühl hatte, dass er es schon beinahe mechanisch tat. Wie ein Reflex.
Ruby entzog ihm wieder ihre Hand, nur um gleich darauf ihre Arme um ihn zu legen. Sie zog ihren Verlobten in eine feste Umarmung und lehnte ihren Kopf gegen ihn. Ihre Finger schloss sie dabei um den Stoff seines Mantels. Es gab so vieles, was sie ihm hatte sagen wollen, doch jetzt gerade, war es schwer, die richtigen Worte zu finden. Womöglich gab es auch gar keine richtigen Worte für diese Situation. Sie hatte Angst. Sie hatte eine scheiß Angst. Menschsein, nach all den Jahren, das hatte ihr auch Angst gemacht – aber das… Davon hatte sie keine Ahnung. Schwangersein. Muttersein. Rubina schloss ihre Augen und versuchte sich auf Jaels Nähe und seinen Geruch zu konzentrieren.

Misstrauisch und leicht verwundert fuhr Jane herum, als sie den Pfeifton hörte. Jesaiah lachte und holte ihr Handy heraus. Erst da ging der Jüngeren auf, dass es sich dabei um einen Klingelton handeln musste. Wahrscheinlich wieder dieser Casey. Was fand sie nur an einem solchen Typen? Gut, Jane kannte ihn kaum, aber sie hatte zwei gesunde Augen im Kopf. Man musste schon sehr speziell sein, um auf so etwas zu stehen…
Jesaiah öffnete derweil die neue Nachricht und grinste immer breiter, je weiter sie las. Paris. Gott, was würde sie jetzt gerne dort sein. Mit ihm. Die Stadt erkunden, so wie sie es mit Rom gemacht hatten. Nur konnte sie nicht… das hier war wichtig, die Suche nach Ilana. Sie war die beste Chance, um Michael zu finden. Was wiederum die beste Chance war, um zu verstehen, wie das Heilmittel wirkte.
‚Ich würde sofort die Koffer packen und mit dir Paris unsicher machen - warum zum Teufel konnte sich Ilana nicht dort aufhalten!? Ein Jammer! Leider kann ich nicht weg. Ich kann nicht riskieren, dass Ilana am Ende die Stadt wieder verlässt und wir mit der Suche von neuem anfangen müssen… Aber ich wünsche euch dort ganz viel Spaß! Lass uns das doch nachholen, ja? Irgendwann. Vielleicht ja nur wir beide. In der Stadt der Liebe (;‘

Automatisch erwiederte Jael die Umarmung, aber erst nach einigen Augenblicken zog er sie wirklich an sich. So lange hatte es gedauert, bis seine erste Reaktion auch zu der nötigen Aufmerksamkeit seinerseits führte. "Das war unerwartet", murmelte er halblaut, während er zaghaft Rubinas Schultern streichelte. Er konnte den körperlichen Kontakt gerade ebenso gebrauchen, wie sie. So wirklich hatte er immer noch nicht realisiert, dass die Situation Wirklichkeit war. Es war eher als würde er Träumen und jeden Moment aufwachen. Sie würden eine Familie werden, sofern nichts passierte. Leider fielen Jael zu viele Dinge ein, die passieren konnten und über die er gar nicht nachdenken wollte.

Die Teenager hatten den Zug verlassen, ehe sie die Grenze überquerten und auch der Zufluss neuer Passagiere war recht spärlich gewesen. Casey wollte darüber nicht klagen, so hatten sie eine relativ hohe Privatssphäre. Trotzdem hatte er das Handy lieber auf Stumm geschaltet und in der Hand behalten um direkt mitzubekommen wenn Jess antwortete. Was auch wirklich nicht lange auf sich warten ließ. Er Schmunzelte nur noch verlegen, als er an das Ende der Nachricht kam. Wirklich schade, dass Ilana sich so weit weg abgesetzt hatte, aber immerhin hatte sie sich nicht nach Tibet begeben oder Sibirien. In Marokko hatte Jess immerhin eine Chance sie zu finden. Ihr findet sie schon, keine Sorge., tippte er zurück und schickte die SMS ab. Ein wenig erschrocken ob seiner eigenen Verwegenheit schickte er direkt im Anschluss noch eine SMS: 'Stadt der Liebe? Ich dachte das wäre Rom. '

Rubina nickte stumm und ohne aufzuschauen. Ja, das war mehr als unerwartet gewesen. Hätte ihr jemand vor einem halben Jahr erzählt, dass dies passieren würde, sie hätte ihn für verrückt erklärt. Vor einem halben Jahr hatte Jael gerade mal wieder gesehen, das erste Mal nach zwölf Jahren. Und da hatte er sie noch, oder besser gesagt, wieder gesiezt. Und nun standen sie hier… wohnten zusammen, waren verlobt…und offensichtlich auf dem besten Weg eine ‚richtige‘ Familie zu werden. Mit Nachwuchs. Sie würden Eltern werden… Richtige Eltern. Ohne jemanden verwandeln zu müssen. Die Stirn noch immer an ihn gelehnt, stieß Ruby die Luft langsam aus.
„Glaubst du, wir können das…? Du meintest zwar, dass wir schon eine Lösung finden würden, aber… Ich bezweifle, dass du zu diesem Augenblick geglaubt hast, dass das hier…naja… wirklich wäre. Und ein Kind… Gott… Willst du… willst du überhaupt ein Kind?“, fragte sie und sah schluckend zu ihm auf.

„Soll ich dich alleine lassen mit deinem Handy?“, fragte Jane und schnaubte genervt, als Jess Handy erneut pfiff und sie kurz darauf amüsiert die Nachricht las, der gleich darauf eine zweite folgte. „Soll ich dich daran erinnern, dass wir hier deinetwegen sind? Ich kann mir einige Orte vorstellen, an denen ich jetzt lieber. Vor allem um diese Tageszeit“, fuhr sie launisch fort. Jesaiah sah auf und nickte knapp. „Entschuldige, ja… Lass mich kurz antworten, dann mache ich das Handy auf lautlos. Und dann… wie wäre es, wenn du dir einen Snack suchst? Ich glaube, du könntest etwas hungrig sein“ Bei der Laune, die sie hatte, dachte Jess und machte sich rasch an eine Antwort an Casey, damit Jane nicht gleich noch Gift und Galle spuckte. ‚Ich glaube, die Allgemeinheit hält Paris für die Stadt der Liebe… Aber du hast Recht, ich denke, meine Nummer Eins ist auch Rom. Wir können sehr gerne sowohl Paris, als auch Rom einen Besuch abstatten… C; Leider muss ich jetzt wieder an die Arbeit, sonst reißt Jane mir den Kopf ab. Pass auf dich und deinen Bruder auf! XO Jess‘

"Gott.. Ja", antwortete Jael fas ohne nachzudenken. Wollte er ein Kind? Er hatte nie etwas anderes gewollt. Er war ein Vampir geworden, weil ihm die Möglichkeit genommen worden war eine Familie zu haben. Mit Rubina zusammen gemeinsam eine Familie zu haben war mehr als er sich je hatte träumen lassen. "Das hatte ich wirklich nicht als Lösung angenommen. Aber ich bin trotzdem davon überzeugt, dass wir das schaffen können. Immerhin wird das nicht das erste Kind der Welt werden. Und wir haben wahrlich genug Erfahrung", sagte er und lächelte Rubina mit einer Sicherheit an, die er nur teilweise spürte.

Er wollte ein Kind! Rubina war ungemein erleichtert, wenngleich dieses Gefühl nicht lange anhielt. Sicher, es war gut, dass er es wollte, vor allem, da sie sich nicht ganz sicher war, ob sie es wollte… Vor ihrer Verwandlung hatte sie sich Kinder gewünscht, oder nein, sie hatte sich das Leben einfach so vorgestellt: Man lernte einen Mann kennen, man kam zusammen, heiratete und bekam zusammen Kinder. Und dann hatte Damion sie verwandelt und das alles rückte in unerreichbarer Ferne. Irgendwann hatte sie sich damit abgefunden, dass so etwas schlichtweg nicht möglich war, für einen Vampir. Jetzt war sie wieder ein Mensch. Und schwanger.
Es stimmte zwar, dass sie beide viel Erfahrung hatten, aber nur, was das Leben an sich betraf. Als Eltern hatten sie schließlich nichts vorzuweisen.
„Okay…“, murmelte Rubina vorsichtig und nickte leicht. „Okay… wir… Wollen wir nach Hause gehen? Und dann… dann überlegen wir uns, ich weiß nicht, Schlachtplan ist sicher nicht der richtige Begriff… einfach… einen Plan? Wie… was wir alles beachten müssen?“, fragte sie, sah blinzelnd zu ihm auf und strich sich eine lose Strähne hinters Ohr.

Jael führte Rubina nachhause, wobei er den Weg kaum wahrnahm. Seine ganzen Gedanken kreisten immer noch um die Nachricht, dass Rubina schwanger war und das Rätsel, das ihm das aufgab. Wie zum Teufel sollte das passiert sein?!
"Ich fürchte wir müssen Galon bescheid geben. Ich mag mir nicht ausmalen was passiert, wenn dein Zustand bekannt wird. Wir sollten es so verschlossen wie möglich behandeln", sagte er langsam, nachdem sie die Wohnung betreten hatten und half seiner Verlobten aus der Jacke. Er musste an Matthew, Jillian und ihre Natasha denken. Ob sie das Glück hatten, dass ihre Tochter unsterblich würde? Vermutlich nicht, Rubina war Mensch. "Oh Gott", stöhnte er leise und sah seine Verlobte verzweifelt an. "Wir müssen heiraten, schnell. Das Kind.. Das geht doch nicht.."

Rubina schlüpfte aus ihrem Mantel und nickte knapp. Ja, Galon sollte wohl Bescheid wissen. Und auch was das andere anbelangte, stimmte sie ihm zu. Ein Vampir, der auf einmal wieder ein Mensch war, war schon eine heikle Geschichte, aber dass sie nun auch noch schwanger war… Und das scheinbar von einem Vampir. Besser sie hielten das unter Verschluss… soweit es ihnen möglich war. Und eine Weile würde man ihr es wohl auch nicht ansehen… Rubina sah an sich hinab, fragte sie kurz, ab wann man es ihr wohl ansehen würde. Sie hatte keinerlei Ahnung. Erstaunt sah sie wieder zu Jael auf, als er plötzlich vom Heiraten sprach. Und dann ging ihr auf, warum er nun mehr darauf pochten. Heutzutage war so etwas nicht mehr so verrufen, wenn eine unverheiratete Frau ein Kind bekam… Aber Jael kam nun mal aus einer anderen Zeit.
Mit einem warmen Blick sowie einem Lächeln sah Rubina ihren Verlobten an, legte sanft ihre Hände an sein Gesicht und gab ihm einen liebevollen Kuss. „Was wenn… wir diesen Monat noch heiraten? Oder nächsten? Wir wollten ja ohnehin nur klein feiern, ganz intim“

Bedauernd legte Jael seine Hände über ihre und sah sie verzeihungsheischend an. "Es sollte eine ordentliche Hochzeit werden Eine perfekte, wann und wo du willst in angemessenem Rahmen. Nicht ein heimliches, schnelles Treffen, bei denen sich alle denken können warum wir es so überstürzen", seufzte er. Er schmiegte seine Wange an ihre Hand und schloss die Augen. Das hatte so nicht passieren sollen. Zeit lassen, das war es, was sie geplant hatten, worauf er sich gefreut hatte. Und dann kam doch immer und immer wieder alles so viel schneller und endgültiger, als er es geplant hatte. Wobei er für Rubina viel mehr Kummer in kauf nehmen würde als ein paar über den Haufen geworfene Pläne. Aber Heiraten so überstürzt? Es war schließlich eine große Entscheidung in Rubinas Leben, die sie gut überdenken sollte.

„Jael, sie wird perfekt sein“, antwortete Rubina lächelnd und sehr zuversichtlich. „Alles, was ich brauche, bist du, um sie perfekt zu machen. Ganz egal, ob wir den Termin nun wesentlich weiter nach vorne ziehen, oder nicht“ Davon abgesehen, war es nicht sogar besser, wenn sie es taten, bevor sie das Kind bekamen, schon allein wegen des Namens? Nein, sie sollten es lieber vor der Geburt machen. „Ich… wir können ja schauen. Vielleicht im April? Oder Mai? Wir erkundigen uns nach Terminen und dann schauen wir?“, schlug Rubina vor und zuckte leicht mit den Schultern. Sie hatte sich zwar noch kein Kleid herausgesucht, doch sie würde nun eher zu einem anderen Schnitt greifen, als sie es vorher getan hätte. Nun brauchte sie einen Schnitt, bei dem ihr Bauch notfalls nicht auffallen würden. Zudem vielleicht einer, bei dem man das Kleid schnürt? Das wäre womöglich besser bei Gewichtszunahme, um zu vermeiden, dass sie am Ende nicht mehr hineinpasste… So viel, was es zu beachten galt…
„Willst du Galon gleich Bescheid geben? Oder erst morgen? …Ich überlege, ob ich nicht mit Jess rede…“ Nur für den Fall, dass ihre Schwester bisher nicht an Verhütung gedacht hatte… Wobei es dann womöglich bereits eh zu spät wäre…

Oh Herr Gott, er musste so viel Erledigen und Dinge klären für dieses Kind. Dabei wusste Jael nicht einmal wo er Anfangen sollte. Nur eines wusste er, Galon konnte er jetzt noch nicht anrufen. "Er schläft vermutlich längst. Das werde ich heute Abend machen." Oder Nachts, kurz bevor ich wieder gehe. "Jess wirst du sicherlich erreichen. Das Gespräch mit ihr wirst du gebrauchen können, ruf sie ruhig an", antwortete er Rubina und legte sanft den Arm um ihre Schulter. Sie hatten lange genug im Flur gestanden, es wurde Zeit, dass sie in das Wohnzimmer kamen und sie sich setzen konnte. "Kann ich dir irgendetwas besorgen? Tee? Etwas zu Essen?", fragte er, nachdem er sie zum Sofa begleitet und sie darauf platznehmen lassen hatte.

Erschöpft ließ Casey sich auf das Bett fallen und wünschte sich, dass nichts und niemand sie für die nächsten Tage stören würde. Was natürlich utopisch war, spätestens wenn es dunkel wurde würde Aglef auf den Beinen sein und sich die Stadt ansehen wollen. Deswegen waren sie ja hier. Und sein Bruder schlief so wenig, dem schien es nicht einmal etwas auszumachen, dass sie den Zug morgens genommen hatten und damit am frühen Mittag in Paris angekommen waren. Casey fühlte sich ausgelaugt, so sehr dass er nicht einmal mitbekommen hatte, wie die junge Angestellte mit ihm geflirtet hatte, ehe sie ihm die Schlüssel gegeben hatte. Casey hatte sowieso ein wenig schwierigkeiten gehabt ihren Worten zu folgen. Sein Französisch war hoffnungslos veraltet und reichlich eingerostet. Das würde sich vielleicht legen, je nachdem wie lange sie blieben. Vielleicht würde Jess ja wirklich auch hierher kommen, wenn sie Ilana und Michael schnell fand und ihre Fragen klärte, was sollte dem dann im Weg stehen? Angenehme Träume spinnend rutschte er in den Schlaf.

Essen? Bei dem Gedanken allein wurde ihr etwas schlecht. Nein, sie bekäme ganz sicher nichts herunter… Allerdings etwas zu Trinken… Rubina atmete tief ein und ließ sich langsam auf das Sofa nieder. „Ein Tee wäre jetzt perfekt, schätze ich. Danke dir“, antwortete sie und sah lächelnd zu Jael auf. Während er in der Küche verschwand, tastete Ruby in ihrer Tasche nach ihrem Handy und suchte Jess Nummer heraus. Um die Uhrzeit wäre sie tatsächlich wach – ihr Rhythmus glich schließlich dem der Jüngeren. Es dauerte einen Moment, dann ging Jess tatsächlich ran.
„Ruby! Schön von dir zu hören! Alles in Ordnung bei dir?“, tönte es aus dem Handy, während man im Hintergrund andere Leute reden hörte.
„Uhm… dass…ja. Schon. Schätze ich“, brachte Rubina holprig über die Lippen und atmete ein, zweimal tief ein und aus. „Oh…Ist was passiert?“, fragte Jess alarmiert, die ganz offensichtlich von den Worten hellhörig geworden war.
„Jess, ich… ich bin schwanger“ Stille. Man konnte nur noch dumpf die anderen Menschen im Hintergrund hören, aber nicht Jess. „Ähm…Jess? Hast du mich gehört? Bist du noch dran?“
„Äh…Äh, ja. Ich bin noch dran. Ich glaube nur, ich habe dich eben falsch verstanden…Du bist nicht schwanger… Oder?“
„Doch. Doch ich bin schwanger. Wir waren vorhin bei einer Ärztin. Die hat es bestätigt. Ich bin schwanger…“ „Aber… Entschuldige, aber…ist Jael der Vater? Ich meine, er kann es doch eigentlich nicht sein. Vampire können keine Kinder zeugen“
„Ich weiß! Ich weiß… aber er ist es. Ich meine, ich habe nur mit Jael geschlafen… Aber ich verstehe nicht, wie das möglich ist! Das ist verrückt… Gott, Jess…“, murmelte Rubina, die ihre Stimme gesenkt hatte und sich tief ins Polster rutschen ließ.
„Oh… Wahnsinn… Rubina…“ Jess stammelte, wusste nicht so recht, was sie sagen sollte – was wirklich nicht allzu häufig passierte. „Ich…Das ist wundervoll. Ruby. Ein Kind! Meine Güte… Ihr werdet Eltern, du und Jael. Und ich bin mir sicher, ihr werdet das ganz wundervoll machen“
„Denkst du das wirklich?“, fragte Rubina, die sich eines der Kissen angelte und an sich drückte.
„Ja. Ja, das denke ich wirklich so. Ihr schafft das“
„Danke dir… Hey, hast du… hast du schon was Neues herausgefunden? Hast du Ilana gefunden?“
„Nein, noch nicht… Aber ich werde es dich gleich wissen lassen, sobald wir etwas Neues wissen“

Jael ließ sich Zeit damit eine Tasse Tee aufzubrühen. Nicht nur, weil er selbst einen Moment brauchte um sich zu sammeln, sondern auch um Rubina die Möglichkeit für ein privates Gespräch mit Jesaiah zu geben. Wobei privat da nur bedingt gegeben war. Selbst in der Küche hatte Jael kaum Schwierigkeiten zumindest Rubinas Worte zu verstehen, auch wenn er sich bemühte nicht zu lauschen. 'Ich habe nur mit Jael geschlafen', der Satz klang so deutlich zu ihm, als würde Rubina direkt neben ihm stehen. Er fühlte sich gleichzeitig Schuldig, weil er danach gelauscht hatte und Erleichtert. Er mochte nicht daran zweifeln, dass sie nur mit ihm geschlafen hatte, fand es aber trotzdem unglaublich, dass er der Vater sein sollte. Wie?! Selbst wenn es an dem Abend passiert war, er hatte doch kein Heilmittel abbekommen. Und wie sollte das bisschen Blut, dass er von Rubina getrunken hatte, einen Unterschied machen können? Ob es eine Möglichkeit gab die verschiedenen Möglichkeiten zu prüfen? War es überhaupt wichtig, wer der Vater war? Sollte es eigentlich nicht, aber der Teil von ihm, der Rubina ganz für sich haben wollte und ihn daran erinnerte, dass sie sich schon einmal einem anderen Mann zugewandt hatte, pochte auf Bestätigung. War sie wirklich so treu, wie sie es beteuerte oder gab es andere?

Rubina sah auf, als Jael das Wohnzimmer mit einer Tasse betrat, von der kleine Wölkchen aufstiegen. Mit einem dankbaren Lächeln sah sie ihn an, formte die Worte ‚Danke dir‘ und nahm die Tass vorsichtig entgegen, wofür sie sich das Hand kurz zwischen Ohr und Schulter klemmte.
„In Ordnung. Ja. Dann… wünsche ich dir viel Erfolg. Und wir hören voneinander. Bis bald, bye“, verabschiedete sich Rubina, legte auf und sah erneut zu Jael. „Danke dir“, wiederholte sie ihre stummen Worten von eben, nur dieses Mal laut und führte die Tasse an den Mund. Vorsichtig pustete sie über das Getränk.
„Leider haben Jess und die anderen Ilana noch nicht gefunden… Dabei wären ein paar mehr Informationen zu dem Heilmittel jetzt nicht schlecht“, seufzte Ruby und nahm daraufhin behutsam einen Schluck von dem Tee.

„Sie ist schwanger?“ Jane sah die Ältere an, die gerade ihr Handy wegsteckte. „Ich dachte, sie wäre mit diesem Typen zusammen, der für Galon arbeitet. Hat sie ihn betrogen?“
„Nein. Nein, sie sagte, sie hat nur mit ihm geschlafen. Folglich müsste es seins sein…“, antwortete Jess, die sich nachdenklich auf ihrem Stuhl zurücklehnte. Sie saßen auf einer Bank auf einem der größten Plätze in Marrakesch, wobei sie sich im Schatten eines Hauses befanden.
„Folglich. Aber das ist unmöglich. Also hat sie ihn betrogen und will es nur nicht zugeben“, raunte Jane und zuckte locker mit den Schultern. „Ich weiß nicht… Das würde sie ihm nicht antun“ Zumindest glaubte Jess, dass die Jüngere, das nicht tun würde… Sie hatte aus ihren Fehlern gelernt. Sollte sie Jael betrügen, war es das. Aber…wenn sie tatsächlich von Jael schwanger war…konnten Vampire dann doch Kinder zeugen? Siedend heiß fiel Jess das eine Mal ein, als sie und Casey miteinander geschlafen hatten. Natürlich hatten sie nicht an Verhütung gedacht…
„Alles okay?“, mit einer angehobenen Braue sah Jane sie an. Jess war etwas blass im Gesicht geworden, zudem schien ihr Herz schneller zu schlagen.
Und dann fiel der Älteren ein, dass ja ihre Periode gehabt hatte. Also war sie fein raus, oder? Am besten sie deckte sich bei Gelegenheit mit ein paar Kondomen ein. Nur für den Fall, dass sie… Was eigentlich? Sex hatte? Und mit wem? Casey war nicht hier…und sie wusste nicht einmal, wann sie ihn das nächste Mal sah…

Nickend gab Jael zu verstehen, dass er Rubina gehört und verstanden hatte. "Ein Jammer", sagte er leise aber ehrlich. Es wäre wirklich wünschenswert, dass Jesaiah schnell Antworten finden würde. Nicht nur für sich selbst, sondern auch für Rubina. Leicht unruhig rutschte er auf dem Sessel hin und her und fragte sich, ob er den Mut aufbringen würde die dreiste Frage zu stellen, die ihm im Kopf hin und her spukte, seit er ihr den Tee übergeben hatte. "Rubina..", setzte er an und rutschte auf die Kante des Sessels nur um gleich darauf wieder zurück zu rutschen. "Wie sag ich das..", murmelte er leicht hilflos und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. Alleine der Gedanke, dass sie vielleicht doch mit jemand anderem zusammen gewesen war schickte einen stechenden Schmerz und maßlose Enttäuschung durch seine Brust. Fast war das schon genug um nicht wissen zu wollen was sie antworten würde. Nur war die Not Sicherheit zu haben dann doch größer. "Bist du sicher, dass-. Das es von mir ist?", fragte er hastig stammeln.

Rubina nahm ein, zwei Schlucke und stellte anschließend die Tasse wieder beiseite. Der Tee war noch ganz schön heiß, weswegen sie beschloss, ihn noch etwas abkühlen zu lassen. Derweil bemerkte sie, dass irgendetwas Jael beschäftigen musste, so, wie er auf dem Sessel hin und her rutschte. Und es wurde noch schlimmer, die Art, wie er sich durchs Haar fuhr und scheinbar nicht wusste, wie er es sagen wollte… Rubina befürchtete, dass er es sich womöglich doch anders überlegt haben könnte, dass er gar kein Kind wollte. Was jedoch kurz darauf seine Lippen verließ, war etwas ganz anderes und ließ sie sprachlos werden. Ob es von ihm war? Sicher, sie hatten bereits darüber gesprochen, dass es eigentlich unmöglich sein sollte, dass er der Vater war, aber… dass er tatsächlich glaubte, es könnte da noch andere geben… Dass sie ihn betrogen haben könnte. Wobei… sie war ja selbst Schuld, irgendwie. Hätte sie ihn damals nicht mit Damion betrogen und so beschissen Schluss gemacht, dann würde er dass jetzt vielleicht nicht annehmen. Und trotzdem… er wollte sie heiraten – gehörte da nicht etwas mehr Vertrauen dazu?
Nach einer Weile kam ihr schließlich der Gedanke, dass sie schon etwas lange schwieg.
Räuspernd nickte sie knapp. „Es ist von dir… Es kann nur von dir sein“, antwortete Rubina, sah Jael ernst an und stand dann schließlich langsam auf. „Entschuldige mich kurz“ Rasch ging sie ins Bad und schloss die Tür hinter sich ab.

Sie schwieg so lange, dass Jael schon fast glaubte sie würde nie antworten. Dass er sie damit tödlich beleidigt hatte musste sie allerdings nicht aussprechen, das sah er in ihrem Gesicht und der Haltung ihrer Schultern. Am Wahrheitsgehalt ihrer Worte zweifelte er keine Sekunde, die erhoffte Erleichterung blieb aber aus. Ihre Enttäuschung von ihm klang in jedem ihrer Worte mit, selbst als sie sich Entschuldigte und ging. Als er hörte, wie die Tür zum Bad sich hinter ihr schloss, ließ er sein Gesicht in seine Hände sinken und Stöhnte erstickt. Verdammt, weswegen hatte er sich dazu hinreißen lassen ihr Untreute zu unterstellen?! Er kannte sie doch, wusste dass sie in den letzten Monaten gar keine Zeit dafür gehabt hatte oder auch nur Ansätze in ihrem Verhalten da gewesen wären, dass sie so etwas in Betracht ziehen würde. Wieso hatte er dann jetzt gezweifelt und sich nicht auf ihre Worte verlassen? Immerhin war er es, der ihr einen Antrag gemacht hatte und sie immer noch heiraten wollte. Wenn sie denn noch wollte. Wenn er sie mit seinem fehlenden Vertrauen von sich gestoßen hatte, war sie vollkommen im Recht und es gab nichts was er sagen konnte um ihre Entscheidung zu revidieren. Dann konnte er ihr nur noch zustimmen. Die Weile in der Rubina verschwunden war zog sich hin, sodass Jael am Ende besorgt auf die Uhr sah. Es dauerte zu lange. Mit schlechtem Gewissen stand er vor der Badezimmertür und wusste ganz genau, dass Rubina ihn jetzt sicher am wenigsten sehen oder hören wollte. Vorhin hatte er schon auf den Drang gehört etwas fragen zu müssen und war schlecht damit weggekommen und trotzdem klopfte er jetzt leise an die Tür. "Rubina? Es tut mir Leid. Es war nicht.. nicht wirklich so gemeint", rief leise schuldbewusst und hoffte, dass sie ihm wenigstens ein Zeichen gab, dass sie ihn gehört hatte.

Kaum war die Tür verschlossen, ging Rubina zügig zum Waschbecken und drehte den Wasserhahn auf, in der Hoffnung, dass das laut genug war, um ihre leisen Schluchzer zu übertönen. Dabei mied sie den Blick in den Spiegel und kämpfte viel mehr mit dem Schmerz in ihrer Brust, der sie kaum atmen ließ. Dieses unangenehme Stechen in ihrer Brust… Rubina versuchte langsam und gleichmäßig zu Atmen, während sie sich langsam auf den geschlossenen Klodeckel setzte.
Dass Jael an ihrer Treue gezweifelt hatte, tat so verdammt weh… Und selbst wenn er es jetzt sicherlich schon bereute, dass er sie gefragt hatte, die Tatsache, dass er die Frage überhaupt hatte stellen müssen, um sich zu vergewissern, war… niederschmetternd.
Die Minuten verstrichen, sie beruhigte sich so gut es ging und drehte den Wasserhahn schließlich zu. Beinahe gleichzeitig erklang das Klopfen an der Tür, was Rubina kurz erschrocken zusammenzucken ließ. Sie starrte die Tür an, hörte Jaels Worte und rührte sich im ersten Augenblick kein bisschen. Wieder brauchte sie ein paar Sekunden, ehe sie auf die Tür zu trat, sie aufschloss und wieder öffnete.
„Sicher, dass es nicht so gemeint war? Ich glaube nämlich schon, dass es genau so gemeint war… Und du hast ja jedes Recht zu fragen. Wie oft wird ein Vampir schon Vater…“ Rubina blieb ruhig, auch wenn da noch immer dieses Stechen in ihrer Brust war. „Ich denke, ich lege mich ein bisschen hin. War ein… langer Morgen. Und gut geschlafen habe ich auch nicht sonderlich…“

Die Spitze hatte er verdient. Mehr als getroffen und schuldbewusst schauen konnte er nicht. Seine Schultern sacken hinab und er trat einen Schritt zurück um Rubina ihren Freiraum zu geben. "Sicher", sagte er und rang einen Moment mit den Worten. Nur fand er nichts, was er sagen konnte. So trat er nur beiseite und ließ sie gehen. Traurig sah er ihr nach und wusste, dass es für ihn in ihrem Schlafzimmer nun kein Platz mehr gab. Hoffentlich würde Rubina ihm irgendwann verzeihen.