Vampire-Das RPG III

"Das hatte ich auch gefürchtet", sagte Jael leise und entspannte sich nur langsam wieder. Wäre er noch Mensch, dann hätte er wohl kurz vor einem Herzstillstand gestanden, so fühlte er sich, als hätte er grade einmal die Welt im Dauerlauf umrundet. Kein großer Unterschied also, dachte er bei sich und musste fast lächeln.

"Sie sollten mir ihr sprechen!", sagte Matthew und seine verspiegelten Brillengläser fixierten Jael, "dafür, dass sie so ein alter Vampir ist, bewegt sie sich zu unbedarft. Sie ist naiv. Und wenn ihr Begliert auch noch so fabelhaft sein mag, er wird ihr nicht im Geringsten helfen können."

Jael verzog kurz den Mund, nickte aber.
"Ich verstehe was Sie meinen. Ich weiß nicht, was ich erreichen kann, aber ich will es versuchen. Vielleicht kann ich sie dazu überreden etwas vorsichtiger zu sein. Es heißt zwar, dass man alten Hunden keine neuen Tricks mehr beibringt, aber in einigen Sachen scheint sie noch sehr beweglich zu sein. Ich fürchte allerdings, dass ich jetzt wenig ausrichten würde. Besser wäre es wohl, wenn ich mich erstmal um meine jungen Hunde kümmer, denen kann ich hoffentlich noch ein paar Tricks und benimm beibringen", sagte er mit einem leisen Seufzen.

"Tun Sie das!", erwiderte Matthew und nickte knappt, bevor er sich vom Sofa erhob, "würden Sie mich bitte kurz entschuldigen? Ich muss noch einige Dinge mit Maryam absprechen, bevor ich meinen "Urlaub" antreten kann."
Er lächelte Jael kurz zu und verließ dann eilig den Raum, wobei er mit der Tür fast Emlyn erwischt hatte, die gerade verträumt und mit nackten Füßen über den Teppichboden der Eingangshalle schritt.
"Bitte verzeihen Sie", sagte Matthew schnell, nickte Emlyn kurz zu und setzte dann eilig seinen Schritt fort, wobei er sich so schnell bewegte, dass Emlyn Mühe hatte, die einzelnen Bewegungen zu erkennen.
"Mach nix...", sagte sie etwas baff, doch da war Matthew schon längst verschwunden.

Es wahr wahrscheinlich vollkommen abwegig, aber irgendwie konnte Jael das Gefühl nicht loswerden, dass er Matthew enttäuscht hatte. Was vielleicht auch dadran lag, das er sich selbst dafür hätte Ohrfeigen können ihm nicht gleich reinen Wein wegen Javen einzuschenken. Seufzend fuhr er sich mit einer Hand über die Augen und blieb einfach noch eine Weile sitzen. Nur um die Gedanken wieder zu sortieren.

Emlyn tapste unterdessen unsicheren Schrittes in Wohnzimmer, blieb aber fast sofort stehen, als sie Jael entdeckte. "Oh, entschuldigen Sie!", sagte sie schnell und duckte sich fast automatisch, "störe ich? Ich...wollte nicht stören!"

"Nein. Nein, ganz und gar nicht ich.. habe nur nachgedacht", beeilte Jael sich zu sagen, als Emlyn ihn aus seinen Gedanken riss. Was für eine wunderbare Feststellung, das hatte sie alleine bestimmt auch nicht sehen können, hielt Jael sich sarkastisch vor und zwang sich zu einem Lächeln.
"Sie sind noch nicht sehr lange hier, habe ich recht?"

"Nein, ich meine ja, bin ich nicht!", erwiderte Emlyn mit einem scheuen Lächeln, während sie sich innerlich fragte, warum zur Hölle sie immer Müll plappern musste.
"Ich bin ziemlich neu. Ein Frischling sozusagen!"
Sie lachte nervös und wäre wahrscheinlich rot geworden, wenn sie Blut im Körper gehabt hätte. Durch hektisches Gestikulieren schaffte sie es aber dennoch, den Eindruck eines völlig hilflosen Anfängern aufrechtzuerhalten.

Jaels Lächeln war jetzt ehrlich und eine Spur amüsiert.
"Wir sind alle einmal angefangen, dass ist nichts wofür man sich schämen oder was einem peinlich sein sollte. Aller Anfang ist schwer, so geht es allen", sagte er beruhigend und lehnte sich in dem Sessel, auf dem er saß, ein wenig zurück.
"Glauben Sie mir, sogar noch nach hundert Jahren werden sie eines Nachts aufwachen und merken, dass sie eigentlich noch genauso unerfahren sind wie ein, um Ihren Ausdruck zu verwenden, Frischling."

"Wirklich?", fragte Emlyn und konnte sich ein Seufzen nicht verkneifen, "oh mann."
Sie liess sich auf das Sofa fallen, das ein leises "Ploff" von sich gab und zupfte dann am Saum ihren schlichten Kleides, sodass es das Knie bedeckte. Sie wusste nicht genau, wie alt Jael war, aber seinen Worten zufolge kam er nicht umbedingt aus den Jahrzehnten des Minirocks.
"Können Sie mit eventuell Tipps geben?", fragte sie schließlich aufgebend und lächelte Jael etwas hilflos an, "ein Universaltipp, der immer funktioniert?"

Jael lachte und legte dabei den Kopf gegen das Poster des Sessels. Immernoch sehr amüsiert grinsend sah er Emlyn schließlich wieder an.
"Wie alt sind sie? Anfang, Mitte zwanzig? Sagen Sie mir, haben Sie in den 20 Jahren einen Universaltipp für das Leben gefunden?"
Er wartete einen Moment, bis Emlyn leicht verwirrt mit dem Kopf schüttelte. Schmunzelnd nickte er.
"Das hatte ich mir gedacht. Nun, die Antwort ist einfach. Es gibt keine Universaltipps. Weder für das Leben, noch für den Tot. Erst recht nicht für den Tot. Der einzige wirkliche Tipp, den ich Ihnen geben kann ist: Wenn sie dieses Leben weiter führen wollen, dann halten sie sich vor übermäßigen Sonnenbädern fern."
Er ließ den Satz einen Moment wirken, bevor er ein aufmunterndes Lächeln aufsetzte, sich vorlehnte und die Arme auf die Knie stütze.
"Seien Sie einfach Sie selbst und genießen Sie die Zeit die ihnen gegeben ist mit denen, die Sie gern haben. Das mag abgedroschen klingen, vor allem, da Sie in ihr altes Leben nicht zurück können, aber es gibt so viele liebenswerte Persönlichkeiten unter uns Vampiren, dass es mich wundern sollte, wenn Sie nicht schnell jemanden oder mehrere finden, mit denen die Ewigkeit durchaus erträglich wird."

Emlyn lauschte aufmerksam und nickte hin und wieder. Als Jael endete, lächelte sie ihm dankbar zu.
"Das war wirklich sehr hilfreich, vielen Dank!", sagte sie und nickte Jael so zu, wie es die älteren Vampire oft untereinander machten. Zumindest versuchte sie es. "Ich werde versuchen, mein neues Leben zu genießen!"

"Oh, natürlich. Manchmal bin ich ein bisschen zu steif und ich glaube es ist ansteckend mit so vielen einflussreichen, alten Vampiren zusammen zu sein.", gestand Thomas und grinste ebenfalls. Er zögerte kurz, bevor er Javen direkt ansah. Er sah aus, als wollte er ihn etwas persönliches fragen, dann aber schüttelte er leicht den Kopf, als würde er den Gedanken abschütteln. "Vielleicht sollte ich lieber gehen, sonst sucht Amanda noch nach mir und macht ihre Drohung von gestern wahr!"
Er grinste wieder leicht, wobei jedoch deutlich wurde, wie sehr er sich selbst anspannte, um kontrolliert zu bleiben.

"Versuchen Sie es nicht. Tun Sie es einfach nur", schmunzelte Jael.
"Vor lauter versuchen kommen Sie sonst doch zu nichts. Versuchen können Sie später immer noch. Lernen Sie und entdecken Sie die Welt neu, ich wette mit Ihnen, dass Sie Sachen entdecken werden, die Sie vorher nie für möglich gehalten hätten."

"Wirklich?", fragte Emlyn mit einem fast kindlichen Lächeln und strich hastig ihre Kleidung glatt, als ihr auffiel, wie die Jael anstarrte.
Das Leben genießen also! Das klang doch gar nicht so schwer! Vorausgesetzt man wusste, wie man das Leben genoss. Und zu diesen Menschen hatte Emlyn nicht einmal zu Lebzeiten gehört. Sie war immer eher die Spaßbremse gewesen...
Also lächelte sie Jael verlegen an, während sie weiter am Saum ihres Kleides herumzuppelte. "Haben Sie zufällig noch eine Idee für den ersten Schritt...oder so?"

"Nun, normalerweise würde ich Ihnen empfehlen sich Altergenossen zu suchen. Das ist zugegebender Weise nicht immer einfach", sagte Jael und dachte einen Moment nach.
"Lassen Sie sich von Altersunterschieden nicht beeindrucken, suchen Sie sich einfach ein paar nette Vampire, mit denen Sie geistig auf einer Linie liegen", meinte er dann und nickte ein wenig, wie um sich selbst zu bestätigen.

"Hmm", machte Emlyn leise, während sie angestrengt nachdachte. Sie war mit Mac auf einer Linie, aber hatte ihn seit einer gefühlten Ewigkeit nichts von ihm gehört. Außerdem versuchte sie, nicht an ihn zu denken, weil sie dann immer gleich das Gefühl hatte, dass sich ihr Inneres zusammenzog...
Damon, der Neu-Vampir? Nun ja, er war wirklich nett. Aber hoffentlich erwartete er nicht, dass sie ihm irgendwelche hilfreichen Tipp gab, so wie sie sie gerade von Jael verlangte...
Vielleicht Thomas? Nein, er schien mehr oder weniger Amandas Eigentum zu sein und mit ihr wollte sich Emlyn garantiert nicht anlegen...
"Ich hoffe einfach mal, dass ich jemanden finde!", sagte sie schließlich lächelnd, nachdem ihr aufgefallen war, dass sie einfach schweigend dagesessen hatte.

Schnarchend lag Damon noch in dem Bett, in dass er sich wohl kurz vor Sonnenaufgang geworfen hatte. Er befand sich in irgendeinem Zimmer, das auf irgendeinem Stockwerk lag - er hätte sicherlich Probleme es auf Anhieb erneut zu finden, umso besser, dass er bereits drinnen war.
Unruhig drehte er sich jedoch ein paar Mal um, murmelte etwas unklares und drehte sich dann mit Schwung um - ungeachtete dessen, dass er bereits am Rand lag. Mit einem unüberhörbaren Rumms landete er auf dem Boden und war damit auf unglaublich unsanfte Weise geweckt worden.
"Auuu", beschwerte er sich in den leeren Raum hinein, rieb sich dabei den Hinterkopf und setzte sich dann blinzelnd auf.

Jane schwebte währenddessen einer Tänzerin gleich durch die Korridore des Superior Hauses, in der einen Hand eine Tasse mit Blut, aus der sie gelegentlich nippte.

Javen sah Thomas' mühsame Beherrschung und nickte. "Sicher, gehen Sie nur. Ich wollte Sie nicht aufhalten.", sagte er mit einem leichten Lächeln. "Wenn Sie Amanda sehen - grüßen Sie sie von mir, ja?"
Er musste an die hübsche Frau zurück denken, doch dann...

"Javen?", fragte eine glockenhelle Stimme. Liane. Sie ging langsam auf die beiden Männer zu. Als sie nah genug war, erkannte sie den jungen Herrn von gestern und ihr Gesichtsausdruck wurde neutral. Sie wandte sich höflich an ihn. "Einen schönen guten Abend, wünsche ich."

Jael lächelte verständnisvoll und nickte.
"Wir sind gar nicht so wenige, wie es immer scheint. Es wird sich bestimmt jemand finden", sagte er und fügte in Gedanken: "Es ist ja nicht jeder Vampir wie Damion", hinzu. Der wäre nämlich bestimmt weder geistig auf ihr mit einer Wellenlänge, noch wäre er eine gute Geselschaft für so ein nettes Mädchen. Eigentlich war er nicht die richtige Geselschaft für irgendwen.

Thomas zuckte sofort zusammen und versteifte sich in einer verteidigenden Pose. Er konnte sich gerade noch davon abhalten, die Hände unschuldig anzuheben.
"G-guten Abend Miss Lia.... Madame...", murmelte er etwas nervös und spürte, wie ihn der Respekt vor diesem alten, mächtigen Vampir was lähmte. "Javen und ich haben uns lediglich unterhalten, ich hoffe nicht, dass ich damit gegen eine Regel gebrochen habe."
Gott, diesmal war nicht mal Jael da.

Javen merkte ebenso wie Liane, wie Thomas sich verkrampfte und wandte sich an seine Begleiterin.
"Darf ich vorstellen, Lia? Dies ist Thomas Danes.", sagte er hastig und deutete auf den Vampir. Hoffentlich bewahrte die Kleine die Ruhe - sie sah ein wenig gereizt aus.

"Sehr erfreut, Mr Danes.", sagte Liane und lächelte leicht. "Ich hoffe, Ihre Unterhaltung war lehrreich. Ich wollte nicht stören.", fügte sie mit ein klein wenig freundlicherer Stimme hinzu. Sie sah, wie Thomas Respekt hatte. Doch sie hatte auch den Abstand zwischen ihm und Javen gesehen. Ein kurzer Blick auf ihren Begleiter, der ihr zunickte, bestätigte ihr, dass der Vampir keine bösen Absichten gehabt hatte. Vielleicht hatte sie sich ja geirrt. Vielleicht waren nicht alle männlichen Vampire so wie er.

Thomas nickte etwas nervös, immernoch untergeben.
"Sie war sehr lehrreich... und unterhaltsam.", gab er zu, ehrlich wie er war und brachte sogar ein Lächeln zustande. "Aber Sie haben sicherlich eine Menge zu besprechen und ich befürchte ich sollte auch zurück. Es war... schön... sie wiederzusehen."
Er lächelte schief und wunderte sich abermals, wie so ein kleines Mädchen so furchteinflößend wirken konnte.

Matthew hatte unterdessen sein Büro erreicht, in dem Maryam bereits wartete. Nachdem sie ihm die offiziellen Schriften zur temporären Machtübergabe vorgelesen hatte, setzte er sein X unter diese und stand dann auf. Nun kam der unangenehme Teil, der aber eigentlich der wichtigere war.
"Sind Sie bereit, Mr. Murdoch?", fragte Maryam und Matthew war überrascht, einen Hauch von Nervosität in ihrer Stimme mitschwingen zu hören.
"Ja, ich bin bereit!", erwiderte Matthew, ergriff dann Maryams Handgelenk und schlug die Zähne in die bronzefarbene Haut. Sog solange, bis sich sein Mund mit ihrem dunklen Blut gefüllt hatte und ließ dann ab. Es war ein seltsames Gefühl, Matthew konnte sich nicht entsinnen, wann er das letzte Mal von einem anderen Vampir getrunken hatte. Es musste mindestens 180 Jahre her sein, wenn nicht sogar noch länger. Zudem hatte er noch nie von einem so alten Vampir wie Maryam Blut bekommen.
Doch es gehörte zum Ritus und so hielt er Maryam sein Handgelenk hin, von dem diese trank.
So sollte ein Teil des Geruches vom jetzigen Herrscher zum neuen übergehen und so seine Macht bekräftigen.

Mit einem entschuldigendem Lächeln stand Jael auf.
"Ich werde Sie jetzt alleine mit Ihren Gedanken lassen müssen. Es gibt da noch etwas, dass ich regeln muss", sagte er und für einen kurzen Moment wurde seine Mine fast ein wenig finster.
"Viel Erfolg noch", sagte er gleich drauf und lächelte, als wäre nichts gewesen.