Vampire-Das RPG III

"Das weiß ich noch nicht genau", seufzte Jael und zeigte in Richtung Tür.
"Dafür suchen wir uns lieber ein ruhiges Plätzchen. Wenn Sie uns entschuldigen würden", wandte er sich an Jane, nickte ihr zu und führte Amanda und Thomas zurück durch den Gang.
Sein Zimmer währe vermutlich der Ort, an dem sie am ungestörtesten wären. Also führte er die beiden dort hin und hielt ihnen die Tür auf.

Amanda ging beschwingt und voller Vorfreude ins Zimmer und sprang sofort aufs Bett, wo sie sich im Schneidersitz hinsetzte. Thomas stand ein wenig unschlüssig herum, bevor er sich für einen Sessel entschied. Definitiv die bessere Fluchtmöglichkeit, falls er Ärger bekommen sollte.
"Ich liebe Geheimnisse!", grinste Amanda und sah Jael begeistert an, während Thomas nervös die Hände faltete.

Jael lächelte ein wenig halbherzig zurück, bevor er sein Augenmerk auf Thomas richtete.
"Ich wüsste gerne, was aus der Leiche geworden ist", sagte er nach einer kleinen Weile. Direkt aufs Thema zu kommen war meistens die einfachere Lösung als lange um den heißen Brei herum zu tanzen. Und je schneller sie den Punkt hinter sich brachten, desto besser.

"Leiche?", platzte es überrascht aus Thomas heraus, der Jael verwundert anstarrte. "Welche Leiche?"
Amanda schnaubte und starrte Thomas vernichtend an. "Jetzt tu nicht so! Die von gestern! Glaub nicht, dass ich nicht mehr böse auf dich bin, wenn du einfach so tust, als wäre es nicht passiert!"
Thomas hatte das Gefühl, dass sein Herz stehen blieb und ihm in die Hose rutschte. Verdammt. Keine Menschen töten, ohne eine Leiche übrig zu haben.
"Ach so. Die Leiche...", murmelte er und überlegte fiebrig. "Also..."
Was machte man wohl mit einer Leiche? Gott, wieso hatte er nie CSI gesehen? "Im Fluss! Ich habe sie in den Fluss geschmissen. Also es war ein Angler. War das nicht richtig? Hätte ich sie behalten sollen?"
Amanda schnaubte wieder. Ein Angler. Wie stillos. Da schmeckte das Blut bestimmt nach Fisch!

Jael stöhnte leise und fuhr sich mit einer Hand durchs Gesicht. Ausgerechnet in den Fluss. Die Leiche konnte jetzt überall sein und keiner würde eine Möglichkeit haben sie zu finden, bevor er zu spät war. Das lag bestimmt an diesen ganzen Krimiserien, die seit einigen Jahren im Fernsehn liefen. Alle Welt sah sie und reagierte dem entsprechend, wenn sie in so eine Situation kamen. Nur vergaßen sie, dass am Ende der Folge der Täter immer gestellt wurde. Mit einem Ruck riss er sich zusammen und sah Thomas an.
"Nein, es war nicht richtig. Nein, du hättest sie nicht behalten sollen. Und ja, es ist meine Schuld, ich hätte euch das schon früher erzählen sollen."
In knappen Worten erklärte Jael ihnen wie Vampire mit Leichen umgingen und, dass es in so ziemlich jeder Großstadt einen Dienst gab, der die Beseitigung erledigte, weil eine Stadt eben wenig möglichkeiten für einen einzelnen Vampir bot um sein Opfer auf angemessene Weise verschwinden zu lassen. Trotzdem dauerte der Vortrag fast eine dreiviertel Stunde.
"Ich glaube ich habe nichts vergessen. Habt ihr noch fragen?", schloss Jael und sah erst Amanda, dann Thomas an.

"Sind die Mafia Vampire?! Wann gehen wir das erste Mal jagen? Darf man nur alte stinkige Angler und Obdachlose beißen?", platzte es auf Amanda heraus, bevor Thomas überhaupt was sagen konnte. Während ihn das durchdachte System hauptsächlich gruselte, fand Amanda es faszinierend. Das war ja wie McDonalds! Anstellen, Leiche aussaugen und Müll einfach in die vorgesehenen Behälter tun, den Rest machten schon die anderen!

Jael blinzelte ein wenig überrascht und hatte die leise Befürchtung, dass Amanda das ganze nicht ernst genug nahm. Trotzdem beantwortete er ihre Fragen: "Nein, die Mafia sind keine Vampire, nicht soweit ich weiß jedenfalls. Angler und Obdachlose dürfen natürlich gebissen werden, ich würde aber davon abraten, gerade von Anglern, irgendwer vermisst die doch immer. Und wir werden gleich jagen gehen. Noch so einen Schrecken will ich nämlich nicht erleben."

"Waaas?!", rief Amanda ungläubig und sprang euphorisch auf. Jagen! Jetzt! Es hatte sich wirklich gelohnt drei Tage nichts anzustellen. "Ich habe die Wette auch gewonnen!"
Sie grinste triumphal, während Thomas sich immer kleiner machte.
"Ich... also...", murmelte er, während Amanda vor lauter Anspannung herumzappelte. "Ich habe gerade erst getrunken und eigentlich..."
Er starrte den Boden an. Gott, Noah hatte Recht. Er war ein erbärmliches Monster.

"Macht nichts, auch vom zugucken lernt man", sagte Jael in der Absicht Thomas aufzumuntern. Viel Augenmerk legte er allerdings nicht auf ihn, Amanda zog die Aufmerksamkeit doch zu sehr auf sich.
"Ja, du hast gewonnen. Aber eins musst du mir versprechen!" Er wartete einen Moment um sicher sein zu können, dass er Amandas Aufmerksamkeit hatte, bevor er: "Egal was ich sage, du wirst es ohne zu mucken tun. Das selbe gilt für dich" hinzufügte, und auch Thomas einen eindringlichen Blick zuwarf.

Amanda nickte schnell, damit Jael es sich ja nicht anders überlegte, war jedoch immernoch so angespannt und aufgeregt, dass sie mit den Füßen trippelte.
Thomas hatte sich seinem Schicksal gefügt und nickte ebenfalls, erleichtert, dass er nicht trinken musste. Er konnte ja einfach die Augen zu machen und hoffen, dass er sich nicht übergeben musste.
"Und wo gehen wir hin?", fragte Amanda schließlich, mit vor Erregung zitternder Stimme.

Das war eine außerordentlich gute Frage. Und Jael musste sich eingestehen, dass er sich das noch gar nicht weiter überlegt hatte. Mit einem abschätzenden Blick auf Amanda schloss er jegliche Bars und Clubs aus. Sie würde nie rein kommen, dafür wirkte sie zu jung, was sie im Grunde auch war. Also mussten sie ausweichen. Und L.A. war nicht sein Revier, was es ein wenig schwer machte.
"Ich denke, wir versuchen es am Industrihafen. Der ist abgeschieden und weitläufig", sagte er schließlich. Dort würden sie vielleicht nicht unbedingt die Sorte von Beute finden, die er bevorzugte, aber wahrscheinlich wäre es sowieso besser, wenn sie nicht ganz so wehrhafte Beute für den ersten Versuch fanden.

"Okay!", stimmte Amanda zu, einfach froh darüber, dass Jael überhaupt sein Versprechen hielt. Schnell schnappte sie sich ihre Jacke und zog sie über. Nicht, dass sie frohr, aber Jael sagte immer, sie solle sich so menschlich wie möglich benehmen. Zwar bewegte sie sich vor lauter Erregung ungewöhnlich schnell, aber das war nebensächlich.
Auch Thomas erhob sich langsam aus seinem Sessel. Vielleicht würde ja alles schief gehen. Vielleicht war kein Mensch auf der Straße...
Und hoffentlich hielt Noah sich von Industriehäfen fern!
"Ich bin soweit!", summte Amanda schließlich und stemmte die Arme in die Hüften.

Amandas Tatendrang war so ansteckend, dass Jael unwillkürlich Lächeln musste und zwar auf eine Art und Weise, die seine Fangzähne sichtbar machte.
"Dann beeilen wir uns lieber, bevor die Nacht vorbei ist", sagte er und öffnete den Beiden die Tür.
"Wir nehmen einen Wagen, dann kann ich euch unterwegs noch erklären, wie ihr am besten vorgeht."

"Ha! Du freust dich auch!", triumphierte Amanda, als sie an Jael vorbei durch die Tür ging. Es freute sie jedes Mal, wenn sie Jael eine unvorhergesehene Reaktion herauskitzeln konnte, vor allem weil er immer so beherscht war.
In fröhlicher Vorraussicht schwebte sie den Gang entlang richtung Ausgang.
Thomas folgte ihr schweigend.

"Ich freu mich vor allem auf den Tag, an dem ich nicht mehr euren Babysitter spielen muss", konterte Jael vollkommen ruhig. Thomas folgte ein bisschen widerwillig fand er, aber das lag vielleicht dadran, dass er schon auf der Jagt gewesen war und andere Pläne für den Abend gehabt hatte. Einen Moment überlegte Jael, dann zuckte er innerlich mit den Schulter. Thomas würde es schon überleben einen Abend mal nicht zur freien Verfügung zu haben.
Gut, dass er sich vorsorglich schon einen Autoschlüssel hatte geben lassen. So konnten sie jetzt ohne Verzögerung starten.

Nach einer Stunde ließ er sich mit einem tiefen seufzen in den Bürostuhl sinken und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. Zufrieden betrachtete er seine Arbeit, speicherte die Datei und schaltete den PC aus. Dann stand er auf und ging in den Flur, wo er sich Schuhe und Mantel anzog, den Schlüssen und das Portemonnaie in die Hosentasche steckte und die Sonnenbrille aufsetzte. Mit einem letzten Blick in den Spiegel links neben der Tür und Elias verließ den Raum. Als er den Fahrstuhl betrat lächelte er bei der ihm so bekannten Melodie, die aus den Lautsprechern drang. Die Fahrt ins Tiefgeschoss war nicht lang.
Als Elias ausstieg, sah er schon seinen Wagen ein paar Meter weiter stehen, doch er beachtete ihn nicht. Es war eine klare, nicht sonderlich kalte Nacht und er beschloss zu laufen. Er nahm die Hintertür - in der Lobby war es immer so laut, deshalb nahm er meist lieber diesen Ein- und Ausgang.
Er sah sich kurz überlegend um, dann schlug er die Richtung Hafen ein.

Während Amanda sich vorne auf den Beifahrersitz krabbelte, zuckte sie unbedarft mit den Schultern.
"Du musst nicht auf uns aufpassen, wir kommen schon klar. Du hast ja nur Angst, dass wir was anstellen! Dabei hab ich gar nichts getan in den letzten Tagen!"
Triumphierend ließ sie den Sicherheitsgurt aus reiner Gewohnheit einrasten.
Thomas ließ ein Grunzen von der Rückbank hören.
"Darauf kannst du erst stolz sein, wen du gar keine Probleme mehr machst!"

Jael musste wirklich aufpassen nicht zu lachen. Das hatte was von purer Geschwisterliebe.
"Es geht mir auch nicht so sehr darum, ob ihr alleine klar kommt, sondern mehr darum, dass ihr in eurem klar kommen nicht gleich der ganzen Welt erzählt, dass es Vampire gibt", erklärte er und warf Thomas durch den Rückspiegel einen Blick zu. Immerhin war er es dieses Mal, der was "angestellt" hatte, Amanda hatte sich (soweit er wusste) einwandtfrei benommen.
Mit einem leisen brummen sprang der Wagen an und Jael schlug den Weg zum Hafen ein.

Emlyn saß unterdessen immernoch brav in mit im Schoß gefalteten Händen auf dem Sofa. Sie sah sich etwas unsicher um, kaute dann nervös auf ihrer Unterlippe und stellte nach einigen Sekunden erschrocken fest, dass sie ihre Haut aufgebissen hatte.
Rasch legte sie die Hand über die leicht blutende Wunde und sprang auf, um in ihrem Bad die Wunde auszuwaschen.
Als sie die Tür aufstieß, knallte diese gegen etwas und als Emlyn sich umdrehte, stellte sie erschrocken fest, dass es diese elegante Vampirfrau gewesen war.
"Oh Gott, tut mir leid, tut mir so leid!", sagte sie rasch und strich die Kleidung der Frau glatt, um dann noch erschrockener festzustellen, dass sie das Blut ihrer Unterlippe auf den Kleidung verteilt hatte.
"Ent...entschuldigung!", stotterte sie und senkte beschämt den Blick.

Amanda grinste Thomas triumphierend zu, der sich ein wenig in den Sitz verkroch. Gott, ein Glück er hatte gelogen... obwohl er nicht wirklich was erzählt hatte, Noah hatte es eher zufällig.. na ja... rausgefunden war das falsche Wort dafür.
"Warum dürfen sie eigentlich nichts wissen?", murmelte er schließlich leise und dachte an Javen. "Javen weiß doch auch Bescheid... wird er jetzt zum Schweigen gebracht?"
Er schauderte.

"Wenn die... falschen Vampire von ihm erfahren bestimmt. Matthew geht ein gewisses Risiko ein, ihn und Liane in der Stadt zu dulden. Sagen wir, es ist zwar nicht ausdrücklich verboten, aber doch allgemein nicht willkommen, sich einen Menschen zu halten. Sie gehören nicht dazu und der falsche Mensch mit zu vielen Informationen kann nicht wieder gut zu machenden Schaden anrichten. Was glaubst du, würde passieren, wenn jemand mit hieb und stichfesten Beweisen die Existenz von Vampiren in den Sieben Uhr Nachrichten offenlegt?", antwortete Jael, war aber Gedanklich doch mehr mit dem Straßenverkehr beschäfftigt. Allzu oft war er nicht mit dem Auto unterwegs und L.A. kam ihm verkehrstechnisch mörderischer vor als London. Was nützem einem auch übermenschliche Reflexe, wenn der Mensch neben dir seinen Wagen nicht unter kontrolle hatte? Oder man eine Ampel übersah. Ein wenig verspätet rutschte der Wagen auf die rote Ampel zu und blieb erst kurz hinter der Halteline stehen.

"Und wenn man ihn verwandelt? Also... wenn Liane Javen verwandelt? Wird sie dann auch bestraft? Gibt es dafür Regeln?", fragte Thomas weiter und war froh darüber, dass Jael so sehr auf das Fahren konzentriert war.
Amanda hörte dem Gespräch nicht richtig zu, sondern konzentrierte sich auf die bevorstehende Jagd. Sie malte sich aus, wie man das machen würde. Wie es sich anfühlen würde.

"Ich denke nicht. Liane ist alt. Alt genug um zu wissen, was sie macht. Und vor allem alt genug um Javen zu zeigen, wie er sich zu verhalten hat. Direkte Regeln gibt es im Grunde keine. Vampire machen sich gegenseitig eher wenig Vorschrifften. Es sind mehr.. moralische Richtlinien, an die sich die Meisten sowieso halten. Keine Spuren hinterlassen, Geheimnisse nicht verraten, sich bedeckt halten. Sowas eben", sagte er und zuckte mit den Schultern. Einen Moment lenkte ihn ein etwas übereifriger Fahrschühler ab (Was hatten die Nachts auf der Straße zu suchen?!), dann sah er Stirnrunzelnd in den Rückspiegel.
"Du hattest nicht zufällig geplant jemanden zu verwandeln, oder?"

"Was?", jappste Thomas geschockt und schüttelte schnell den Kopf. "Nein! Ich weiß nichtmal wie das geht. Ich dachte nur, weil Amanda Javen so schräg angesehen hat, sollte sie wissen, dass man das nicht macht!"
Amanda streckte ihm die Zunge heraus und verschränkte die Arme.
"Den würde ich eh nicht verwandeln wollen!"

Lächelnd sah Jael Amanda von der Seite an. Sollte Javen in naher Zukunft ein Vampir werden, könnten die Auseinandersetzungen zwischen ihm und Amanda durchaus amüsant werden. Vorrausgesetzte Liane blieb in der Stadt. Er würde es ihr nicht mal verübeln, wenn sie nach dem Gespräch mit Matthew schnellst möglich die Stadt verließ.
"Da wären wir", sagte er und unterbrach seine eigenen Gedanken. Der Hafen lag dunkel vor ihnen. Um diese Uhrzeit waren alle arbeiten zum Erliegen gekommen und nur wenig Lampen erhellten noch die langen Wege zwischen den Lagerhallen und aufgereihten Containern. Jael stoppte den Motor und drehte sich dann halb um Sitz um, um sowohl Amanda als auch Thomas im Blick zu haben.
"Keine Aktionen auf eigene Faust, ist das klar?", fragte er und sah dabei vor allem Amanda an. Er konnte sich nur allzugut vorstellen, dass sie sich vom Jagdfieber mitreißen lassen würde.