Vampire-Das RPG IV

"Wieso werde ich das Gefühl nicht los, dass sie nur kommt wenn ich winke", murmelte Jael mehr zu sich selbst und wandte sich nach einem dunklen Blick der Bedienung hinterher seinem Getränk zu. Ja, wenn das später gekommen wäre hätte er es vielleicht doch bei dem willigen Individuum versucht. Ein bisschen genervt von seinem eigenen Gedanken nahm er einen großen Schluck und konnte ein erleichtertes Seufzen nicht unterdrücken. Das tat so furchtbar gut. Nach einer Weile und zwei weiteren Schlucken erinnerte er sich wieder dran, was es hieß in Begleitung zu sein.
"Darf ich dir eine persönliche Frage stellen?", fragte er, nachdem er sich mit einem Lächeln wieder an Rubina wandte und sich dran erinnerte wovon sie vorher gesprochen hatten.

Rubina hatte kurz die Brauen hoch gezogen und sich ein Lächeln verkniffen, während die Bedienung da gewesen war. Man musste nicht mal Gedanken lesen können, um die ihre lesen zu können. Fehlte nur noch Sabber an ihren Lippen. Rubina strich sich seufzend das Haar zurück und nippte ebenfalls an dem 'Cocktail'. Anders als Jael seufzte sie nicht – sie war lediglich erleichtert, dass es dieses Mal aus einer Konserve kam und sie niemanden dafür hatte umbringen müssen.
Nach zwei Schlucken setzte sie sich wieder aufrecht hin und sah gespannt zu Jael auf. „Sicher. Frag nur“, antwortete sie und lächelte matt.

Seine Lippen waren nicht mehr als ein gerader, blasser Strich, während Michael Adriana finster ansah.
„Ich denke, wir haben uns verstanden. Achte einfach mehr darauf... was du tust. Fürs ein paar Tage werde ich zumindest noch hier in der Stadt sein. Danach... mal schauen. Ich habe genug Freunde und eine große Familie, da lässt sich leicht jemand finden, der ein Auge auf dich hat“, sagte sie und trat wieder zurück, um ihm dann eine Ohrfeige zu geben, die es in sich hatte. Michael verlor das Gleichgewicht und stürzte zu Boden. Seinen Unterkiefer musste er erst einmal wieder einrenken, bevor die Wunde heilen konnte, die höllisch schmerzte.
„Als Vorgeschmack...“, raunte Adriana und zog aus ihrem Mantel ihre Handschuhe, die sie wieder überstreifte.
„Kam an“, murmelte Michael, sobald er seinen Kiefer wieder richtig bewegen konnte und rappelte sich langsam auf. „Nur... nur eine Frage. Ist.. sie hier in der Stadt?“
Adriana hatte sich bereits auf die Tür zu bewegt, drehte sich aber dort angekommen noch einmal zu ihr herum. „Das verrate ich dir ganz gewiss nicht. Maryam“, raunte sie und zog die Tür auf. Fürs erste wäre sie mit Michael fertig. Fürs erste...

Maryam hatte, ganz wie es der Anstand erforderte, einige Meter von der Tür entfernt darauf gewartet, dass Adriana und Michael ihr Gespräch beendeten. Ein normaler Mensch hätte auf diesen Abstand und durch die Wand hindurch wohl kaum das Gespräch der beiden belauschen können, doch für Maryam hatte es kein Problem dargestellt. Sie wusste, dass Matthew es von ihr erwartete herauszufinden, worin der Konflikt bestand, damit er wusste, womit er es zu tun hatte. Ebenso war sie sich klar darüber, dass zumindest Adriana sich vollends darüber im Klaren war, dass Maryam ihrem Gespräch gelauscht hatte.
"Ms. Salvati, womit kann ich Ihnen helfen?", wandte sie sich höflich an den Gast, der als erstes aus dem Zimmer trat.

Obwohl er die Erlaubnis bekommen hatte, überlegte Jael noch einen Moment, bevor er wirklich anfing eine Frage zu stellen. Um die Pause zu überspielen nippte er an seinem Glas. "Du und Damion", fing er dann an und wählte dann doch einen anderen Ansatz. "Wenn Damion dich so wütend macht, wieso bist du ihm dann gefolgt? Ich meine, du hast doch ein Leben geführt, nachdem er weg war. Hast Medizin studiert. Und nach dem was du erzählt hast, hast du dich auch nie irgendwelchen illusionen hinsichtlich seines Charkters hingegeben. Wieso dann diese Verfolgung? Nur um ihm einen Stiletto in den Rücken zu jagen?", fragte er und hatte die befüchtung, dass er sich vollkommen falsch ausdrückte und einfach nur als unverschämt neugierig rüber kam.

„Mit nichts. Ich wollte Ihnen nur Bescheid geben, dass... wir beide fertig sind. Nicht wahr?“ Adriana sah lächeln über ihre Schulter. Michael lehnte mit einer Hand an der Wand neben dem Fenster, rieb sich sein Kinn und nickte knapp. „Ja. Sind wir“, antwortete er ernst und ging dann ebenfalls auf die Tür zu.
Adriana strich sich ihr Haar zurück und lächelte wieder Maryam an. „Ich muss jetzt noch wohin, aber ich werde morgen oder übermorgen noch einmal vorbei schauen. Sagen Sie Matthew, es hat mich sehr gefreut ihn wieder zu sehen. Ich hoffe, beim nächsten Mal können wir.. länger plaudern. Über angenehmeres. Das wäre sehr freundlich von Ihnen“

„Oh“, machte Rubina, da sie aufrichtig nicht mit einer solchen Frage gerechnet hatte. Aber wenn sie recht darüber nachdachte, sollte es sie nicht wundern. Nach den vorangegangenen Gesprächsthemen.
„Aus... verschiedenen Gründen. Schätze ich. Weil ich wütend war... und das bin ich noch immer. So sehr, dass ich ihm noch diverse andere Schuhe in den Rücken rammen würde. Irgendetwas Gutes muss er ja an sich haben, also warum nicht meine Schuhe“, raunte sie und zuckte mit ihren Schultern.
„Dann... habe ich mir auch Sorgen gemacht. Er könnte in Schwierigkeiten stecken... oder so. Was man sich halt so einreden kann... und... ein kleiner Teil von mir... hat ihn geliebt“ Ruby senkte ihren Blick und nahm noch einen Schluck. „Aber das... merkte ich erst, als er weg war. Und diese Erkenntnis war dann...ziemlich bitter“
Rubina lächelte schwach und nicht wirklich aus vollem Herzen. Vermutlich lag das auch daran, dass dies das erste Mal war, dass sie es laut aussprach. Und sich womöglich ein kleines Stück weit selbst eingestand. „Ich glaube, wir Frauen sind für unser... eher weniger logisches Handeln bekannt“

Jael erwiderte, wenn auch traurig, das Lächeln. "Ja. Das ist es wohl", antwortete er leise, ohne genauer zu sagen auf welchen der Sätze. Er persönlich fand, dass es eine Schande war, wie Damion Rubina behandelt hatte, vor allem seit dem sie gesagt hatte, dass sie ihn geliebt hatte. Sowas war Damion gar nicht wert. Aus eigener Erfahrung wusste Jael allerdings auch, dass Frauen zwar sagten, dass die Gefühle erkaltet waren, meistens aber genau das Gegenteil damit meinten, weswegen er sich jeden weiteren Kommentar über Damion sparrte. In Rubinas Gegenwart zu sagen wie schlecht er sich doch benommen hatte würde nur unweigerlich ihren Zorn auf sein Haupt lenken und das wollte er lieber vermeiden. Intensiv hatte sie vorher die Beziehung beschrieben und Jael konnte sich da einiges zu vorstellen. Wenn er sich so vor Augen führte wie die Begegnung der Beiden abgelaufen war und wie sie jetzt über ihn sprach, dann konnte er sich des Gefühls nicht erwehren, dass die Beziehung auch heute noch auf mehrere Arten intensiv war. Oder wieder werden würde. Was er schade fand, weil Damion niemanden verdient hatte, der so freundlich war. Nunja, vielleicht war ja auch Rubina der Schlüssel zu Damions Erziehung. Immerhin hatte sie es schon einmal vermocht ihn vier Jahre lang zu fesseln. Und wenn sie damit glücklich war, dann wäre er der Letzte, der etwas negatives darüber sagen würde.
"Die Beziehung zwischen Schöpfer und Kind ist immer irgendwie kompliziert. Früher dachte ich immer, dass es mit der Zeit leichter werden würde oder ganz verschwindet. Aber auf eine Art bleibt da doch immer etwas und wird nur komplizierter dadurch", sagte er schließlich. Und musste nach kurzem Überlegen lachen. "Das ergab jetzt überhaupt keinen Sinn, oder?"

Die Frage entlockte Rubina ein Lachen, die zu Jael aufsah und erst einmal froh war, dort keinen mitleidigen Blick oder ähnliches zu entdecken. „Doch, doch. Also, ich bin mir zumindest ziemlich sicher, dass es irgendwie Sinn ergebenen hat. Auch wenn er mir nicht ganz aufgegangen ist“, antwortete sie und zuckte wieder mit ihren Schultern.
„Ich... Das heute war die pure Folterei“, sagte sie, seufzte und nahm noch einen Schluck. „Aber es macht es mir ein wenig leichter, zu sehen, dass er noch immer ein Arsch ist. Er... ist, wie er ist. Damals, wie heute. Und irgendwie... könnte ich mir wegen meinen Gefühlen selbst ein paar Schuhe in den Rücken rammen. Wenn ich dafür die Gewissheit hätte, dass ich sie danach los hätte... Oh. Bitte... sag ihm nichts davon. Er hat vermutlich keine Ahnung. Wie... so oft. Ich bin eine von vielen und das ist vermutlich ganz gut so. Ja...“ Rubina atmete tief ein, lächelte Jael an und hob ihr Glas. „Auf eine verdammt noch mal bessere Zukunft. Mit mehr...guten Überraschungen“, setzte sie hinzu und ließ dabei schmunzelnd den Blick durchs Cougar schweifen.

"Natürlich, Sie können gerne anrufen und Ihren nächsten Besuch anmelden, oder Sie kommen einfach spontan vorbei", erwiderte Maryam höflich und bedeutete Adriana dann mit einer Handbewegung, ihr zu folgen, "ich werde Sie noch zur Tür begleiten. Haben Sie einen Fahrer oder wünschen Sie, dass ich Ihnen ein Taxi rufe?"
Sie warf Adriana über die Schulter hinweg einen fragenden Blick zu, während das sonst klappernde Geräusch ihrer Absätze von dem dicken Teppich geschluckt wurde.

Emlyn war in den Wohnbereich des Hauses gewechselt, tat aber dort genau dasselbe, das sie schon in der Küche getan hatte: Sie ging nervös auf und ab, knetete ihre Hände bis die Fingerknöchel knackten und betete, dass es Michael gut ging.

„Nicht nötig. Ich werde abgeholt“, antwortete Adriana, die kurz einen Blick auf ihre Armbanduhr warf, die sich an ihr schlankes Handgelenk schmiegte. Ja, ihr Fahrer sollte jeden Moment mit dem Wagen vorfahren und würde dann so lange warten, bis sie einsteigen würde.
„Ich denke, ich werde vorher anrufen, um meinen nächsten Besuch anzukündigen. Die Telefonnummer ist noch die selbe?“, fragte Adriana, während sie mit einem Abstand Maryam den Flur hinunter folgte. Auch das Geräusch ihrer Absätze verschluckte der Teppichboden, zu dem die Frau kein einziges Mal hinunter blickte. Stattdessen begann sie nach und nach ihren Mantel zu schließen.

Michael wartete eine ganze Weile, lehnte seitlich neben dem Türrahmen an der Wand und wünschte sich eine Zigarette. Oder zumindest die Wirkung, die sie haben sollte. Seufzend hob er eine Hand, massierte sich erst den Nasenrücken und anschließend eine Schläfe. In Gedanken versuchte er sich an die damalige Nacht zu erinnern, wie er erst Gaia überrascht und dann auf Ilana gewartet hatte.
Angespannt, hin und her gerissen... und dann hatte er auch sie überfallen und gepfählt.
Michael schloss seine Augen, um sich alles besser in Erinnerung zu rufen, bis er sie vor sich sah, ganz klar. Den Pfahl in seiner Hand, den er in ihre Brust gerammt hatte. Aber nicht an die notwendige Stelle... Schnaubend stieß Michael mit einem Ruck seinen Hinterkopf gegen die Wand und fluchte laut. Wäre er doch einfach damals mit seiner Familie gestorben... er hätte jetzt nicht diesen Ärger.

Jael konnte ihr da keinen Trost spenden. Er hatte Damion auch nur so kennen gelernt, wie sie ihn beschrieb. Dementsprechend hätte er ihr nur zustimmen können, dass sie eine von vielen gewesen war und das war nicht die feine Englische Art. Lächelnd hob er sein Glas und stieß mit Rubina an, bevor er einen Schluck nahm. "Auf eine bessere Zukunft", stimmte er zu.

"Die Telefonnummer ist noch immer dieselbe", bestätigte Maryam nickend und die dumpfen Schritte wurden von dem vertrauten Klappern der Absätze abgelöst, als sie in die Eingangshalle trat und diese durchquerte. An der Tür angekommen, drehte sich Maryam zu Adriana um und bedachte sie mit einem höflichen Kopfnicken, ehe sie die Klinke der Eingangstür hinunterdrückte und die Tür dann in einer fließenden Bewegung aufzog. "Ich wünsche Ihnen noch eine angenehme Nacht, Ms. Salvati."

Die Gläser klirrten gegen einander, Rubina nickte ihrem gegenüber lächelnd zu und nahm dann einen großen Schluck. Wenigstens versprach diese Nacht besser zu enden, als sie angefangen hatte. Auch wenn ihr noch ein paar Stunden bis zum Sonnenaufgang blieben...
„Ich erlaube mir mal eine Frage, du musst allerdings nicht darauf antworten, wenn dir das zu forsch ist, aber... du hast gesagt, hier zu sein ist... wie Urlaub. Was machst du dann hier genau? Und was in London, dass es dort kein Urlaub ist?“, fragte sie und stellte ihr Glas wieder vor sich ab.

„Wunderbar. Dann steht dem ja nichts im Wege“ Adriana ging eleganten Schrittes auf die Tür zu, rückte ihre Tasche zurecht, aus der sie zuletzt ihre Sonnenbrille gezogen hatte. Mit einem charmanten Lächeln blieb sie im Türrahmen stehen und wandte sich Maryam ein letztes Mal. Mit erhobenen Haupt sah sie die Frau an und nickte ihr zu. „Vielen Dank, Maryam, die wünsche ich Ihnen auch“ Adriana schob sich ihre Sonnenbrille auf die Nase und drehte sich herum.
Der Wagen stand bereits unverkennbar vor dem Haus – ein schwarzer Jaguar Super V8.
„Bis bald, Maryam“ Sie hob ihre Hand zum Abschied und trat auf das Auto zu.

Mit einem flauen Gefühl in der Magengegend lief Michael inzwischen den Gang hinunter, ließ dabei jedoch viel Zeit, da er nicht so recht wusste, wohin er gehen sollte. Eigentlich sollte er zu Emlyn gehen, die sich bestimmt Sorgen machte, aber... Michael blieb an der Treppe stehen und starrte die Stufen hinunter, während er sich auf die Unterlippe biss.

Auf die Frage war gar nicht so leicht zu antworten, weswegen Jael sich erstmal zurück lehnte und noch einmal an seinem Glas nippte. Das damit auch schon leer war. Er winkte kurz nach einer Bedienung, zu seinem bedauern kam tatsächlich wieder diejenige, die Rubina so geschnitten hatte. "Möchtest du noch etwas trinken?", fragte er sie und ignorierte damit erstmals die Bedienung, was sie nicht erheiterte. Als Rubina ablehnte, bestellte er sich noch einen Drink und wartete dann, bis die Frau das Getränk gebracht hatte und wieder verschwunden war. "In London hab ich meistens allerlei Kleinigkeiten die den Orden angehen zu erledigen. Oder ich muss Damion mal wieder an die Spielregeln erinnern. Hier warte ich meistens nur." Das war der einfache Teil. Jedenfalls der einfachere Teil. "Jetzt fragst du sicherlich gleich auf wen oder was ich warte. Ich warte darauf, dass Casey mit seinem Bruder wieder zurück kommt. Oder wenigstens eine Nachricht schickt, dass es ihnen gut geht."

„Hmh“, machte Rubina, nickte langsam und war nur bedingt schlauer als zuvor. Das lag aber sicherlich daran, dass sie Jael einfach noch nicht gut genug kannte. Wenn man es genau nahm, kannte sie ihn gar nicht. Ob Damion ihn damals schon gekannt hatte, als sie zusammen gewesen waren? Blinzelnd sah sie in ihr Glas und schob ihren Gedanken beiseite, so schnell, wie er gekommen war. An ihren Erschaffer wollte sie nun wirklich nicht denken, der war auch so oft genug in ihrem Kopf und nur schwer aus diesem zu vertreiben.
„Okay... dann wartest du hier. In diesem großen Haus“, wiederholte sie die Fakten und lehnte sich zurück. „Und dieser Casey... ist ein Freund von dir? Der verschwunden ist und die du... suchst?“, fragte sie etwas unsicher, weil sie hoffte, halbwegs richtig zu denken.

"Ja, so könnte man es nennen", antwortete Jael schmunzelnd. Zugegeben er hatte auch sehr wage erklärt, da war es kein Wunder, dass Rubina verwirrt war. "Casey ist nicht wirklich einfach verschwunden. Er ist gegangen. Ich nehme an um seinem Bruder Zeit zu geben sich wieder an die Welt zu gewöhnen." Nachdenklich wurde er einen Moment still, während er die Vorkommnisse von vor sieben Jahren noch einmal Revue passieren ließ. Da er nicht genau wusste wie viel Rubina davon mitbekommen hatte, ließ er das Thema lieber erstmal ruhen. "Ich suche auch nicht. Eigentlich hoffe ich nur, dass sie wieder auftauchen. Aus unerfindlichen Gründen halte ich es für Wahrscheinlicher, dass sie hierher zurück kommen. Frag mich nicht, Damion hält mich deswegen auch für verrückt." Er zuckte zwar Lächeln mit den Schultern, sah aber nicht ao aus, als würde ihn das Thema gleichgültig sein.

Maryam bedachte Adriana erneut mit einem Kopfnicken, schien aber nicht im Geringsten von dem Gefährt der Lady beeindruckt. In ihrem langen Leben hatte sie schon sämtliche Formen dekadenter Transportmittel gesehen, von prächtigen Kutschen über protzig ausgestattete Züge, glänzende Autos und Privatjets in sämtlichen Luxusausführungen.
Sie wartete noch, bis Adriana in den Wagen eingestiegen war, ehe sie die Tür schloss. Nur einen Wimpernschlag später und absolut geräuschlos hatte sie dann die Treppen hinter sich gelassen und schritt auf Matthews Büro zu, das sie einen Moment später betrat.
"Muss ich einen Reinigungsdienst rufen?", fragte Matthew, der sich nicht die Mühe machte, den augenlosen Blick zu heben. Maryam störte es nicht wenn er nicht so tat, als würde er sie ansehen.
"Nein, sie haben sich auf eine Diskussion beschränkt, Mr. Murdoch", antwortete Maryam mit ihrer dunklen, samtigen Stimme, "jedoch befürchte ich, dass die Situation kompliziert ist."
Sie schloss die Tür hinter sich und teilte Matthew dann mit, was sie dem belauschten Gespräch hatte entnehmen können.

Mittlerweile hatten die anderen Vampire, die im Wohnzimmer saßen, sich mit irritierten Blicken zu Emlyn umgedreht. "Kannst du damit aufhören?", blaffte schließlich eine blonde Frau in einem intensiv-blauen Lycra-Outfit, "wir versuchen hier, fern zu sehen und dein Rumrennen stört!"
Emlyn hatte eine schnippische Antwort auf den Lippen, schluckte diese dann jedoch hinunter und verließ stattdessen mit schnellen Schritten das Wohnzimmer, um zurück in die Eingangshalle zu gehen.

„Hm. Ich habe in den letzten Jahren viele verrückte Leute gesehen. Besonders in der Uni, das kannst du mir glauben. Aber... das ist nicht verrückt“, sagte Rubina, machte eine kurze Pause und tätschelte dann ihren Bauch. „Das sagt mir mein Bauch. Ist so ein Gefühl. Intuition“, setzte sie lächelnd, aber durchaus ernst hinzu. „Ich würde vermutlich ganz genau so wie du handeln“
Ihr Finger wanderten zu ihrem Glas, dass sie näher zu sich zog und nahm dann den kleinen, letzten Schluck darin. Sie könnte hier vermutlich einen Flickflack hinlegen, die Bedienung würde sie bestimmt weiterhin ignorieren. Aber der 'Cocktail' reichte auch fürs erste. Sie hatte ja erst vorhin etwas getrunken... „Und sonst? Was macht man hier in so einer großen Stadt? Außer nachts in zwielichtigen Bars zu trinken?“, fragte sie und zwinkerte ihm schmunzelnd zu.

Michael rieb sich die kalten Fingern und trat eine Stufe nach der anderen langsam nach unten, den Blick ins Leere. Dass Emlyn in die Eingangshalle getreten war, bemerkte er erst, als er die letzte Stufe erreicht hatte. Blinzelnd sah er auf, als er merkte, dass er nicht allein war und schluckte dann, bevor sich ein schiefes Lächeln seinen Weg aufs Gesicht kämpfen konnte.
„Hey...“, raunte er, noch immer ziemlich unschlüssig. Was sollte er ihr von dem erzählen, was gesagt wurde? Und wie viel davon? "Entschuldige... dass du warten musstest"

"MICHAEL!" Emlyn umarmte ihren Freund so stürmisch dass sie ihm, wäre er ein Mensch gewesen, sicherlich einige Rippen gebrochen hätte. "Oh mein Gott, ich dachte schon, sie tut dir irgend etwas Furchtbares an!", wisperte sie und überschüttete Michael mit stürmischen Küssen, "was ist passiert? Ist alles okay? Wird sie wiederkommen?"

Mit der Frage brachte sie Jael ziemlich in Verlegenheit. Was machte man denn so in einer Großstadt? Er kam sich plötzlich reichlich alt und langweilig vor, aber auf die Idee sich einfach etwas auszudenken wäre er auch nie gekommen. "Ich fürchte damit kann ich dir nicht helfen. Im Grunde bin ich wohl ein sehr langweiliger Zeitgenosse", antwortete er schließlich und vermied es wohlweislich sie an Damion weiter zu schicken.

„Sachte, sachte, du bist gerade nahe dran, mir meine Rippen zu brechen“, raunte Michael, der sie sanft festhielt und sie leicht von sich drückte, damit er überhaupt reden konnte. „Es...“, fing er an, fragte sich jedoch gleichzeitig, wie er fortfahren sollte. Womit zuerst anfangen?
„Ja. Sie kommt wieder. Aber sie lässt mich am Leben“, antwortete er leise. Das war wenigstens der leichteste Teil. Seufzend sah er sich kurz um. „Können wir woanders reden?“, fragte er und sah an ihr vorbei. Eigentlich hatte er genug Gründe, die dafür sprachen, dass er lieber im Haus blieb, aber gerade jetzt war ihm nach frischer Luft. „Was hältst du von einem Spaziergang?“

„Hm. Wieso? Also... liegt es nur an der Musik? Oder bist du einfach jemand, der... eher ruhige Gesellschaft vorzieht?“, fragte Rubina und sah ihn neugierig an, hob allerdings im nächsten Moment ihre Hände. „Entschuldige, dass ich dich so mit Fragen löchere. Aber... naja...ich bin neugierig. Ich meine, immerhin hast du mich nicht weggeschickt, also scheinst du nichts gegen Gesellschaft zu haben. Zumindest nicht zum Trinken gehen. Es sei denn natürlich, dass du schlichtweg zu höflich bist...“ Sie stützte ihren Kopf in ihre Hand, wobei ein paar Haarsträhnen nach vorne rutschten.
„Ich hatte früher nie Lust auf Partys. Oder kleine Feten in den Kellern von Mitschülern... Ich war... eher der Typ Mädchen, die zu Hause lieber bei der Familie saß, gelesen oder mit Freunden Filme geschaut hat. Ich habe also vollstes Verständnis für Menschen, die es ruhiger mögen. Ich kann es nach wie vor gut nachvollziehen“, sagte sie und lächelte warm.

Das Bild, dass sie da von sich zeichnete widersprach ziemlich dem Bild, dass sie ihm bisher geboten hatte. Und er konnte sich beim besten Willen auch kein Szenario vorstellen, in dem Damion in Kontakt mit solch einem grauen Mäuschen gekommen wäre. Da er sich allerdings sehr gut vorstellen konnte, wie Damion aus besagter Maus Rubina erzog, zweifelte er nicht an ihren Worten. Mit einem schiefen, halb verlegenen Lächeln nickte er. "Ja, eher die ruhige Geselschaft, um es mit deinen Worten zu sagen. Ausgehen ist eher ein Mittel zum Zweck", gab er zu und hob vielsagend sein Glas. "Nicht, dass ich keinen Gefallen daran finde aber ehrlich gesagt hab ich meistens das Gefühl, dass ich meine Zeit auch besser nutzen könnte."

"Ouh, ja, natürlich!" Emlyn nickte schnell und steuerte dann direkt den Eingang an. Da man als Vampir deutlich unempfindlicher gegen Hitze und Kälte war störte es sie nicht, ohne Jacke vor die Tür zu treten. Mal abgesehen davon, dass um diese Jahreszeit die Luft draußen ohnehin mild war. "Komm", forderte sie Michael lächelnd auf, jedoch fühlte sie sich längst nicht so froh, wie sie vielleicht aussah. Michaels Körperhaltung verriet, dass er ihr noch nicht alles gesagt hatte und sie hatte gelernt, in solchen Situationen mit dem schlimmsten zu rechnen.

„Ja. Auch das kann ich mir gut vorstellen. Wenn man schon... eine Weile lebt... ist man einfach vielen etwas voraus...“, meinte Rubina leise und nachdenklich, während sie in ihren Fingern das Glas leicht hin und her drehte, sodass sich das Licht darin brach und Muster auf den Tisch warf.
Für sie selbst hatte eine Nacht so vieles verändert. Eine Zusage zu einer Party hatte gereicht und sie war an Damion geraten und mit ihm hatte ihr Leben angefangen Kopf zu stehen.
Ihre Eltern würden sie vermutlich gar nicht mehr wiedererkennen, auch wenn sie sich äußerlich nicht verändert hatte. Von ihrem kleinen, braven Mädchen war einfach nicht mehr so viel übrig. Oder es war schlichtweg tief begraben unter dem Rest...
„Und was ist mit Tanzen? Ich meine, hat man das nicht in so ziemlich allen Jahrzehnten ganz gerne gemacht? Ich weiß ja nicht, wie alt du bist... aber es gibt so viele wunderbare Tänze. Also, natürlich rede ich von Standardtänzen. Walzer, Charleston, Rock'n'Roll, Discofox, Blues...Da muss doch etwas dabei sein, dass dir gefällt“, sagte sie und sah ihn mit leuchtenden Augen an.

Nicht ganz so locker und gelassen trat Michael nach draußen, direkt hinter Emlyn und sah sich erst einmal verstohlen um, ob er noch irgendwo Adriana sah. Doch die schien bereits vor einer Weile verschwunden zu sein. Wenigstens etwas gutes. Bevor er jedoch mit seiner Erzählung fortfuhr, wartete er, bis er mit Emlyn den nächsten Block erreicht hatte.
„Adriana kam, wie vermutet, meinetwegen. Nachdem wir anfangs bei Matthew im Büro saßen... hatten wir danach noch ein Gespräch unter vier Augen. Wo Klartext gesprochen wurde“, sagte er und zupfte am Kragen. „Wenn es nach ihr gehen würde, wäre ich wohl längst tot. Unwiderruflich. Aber“ Michael fuhr verstummte kurz, starrte geradeaus und leckte sich nervös über die Lippen. „Wie es scheint, war ich vor ein paar Jahren nicht... gründlich genug. Eine... meiner Erschafferinnen hat überlebt. Aber... sie will nicht, dass Adriana mir mein Leben nimmt. Aus welchen Gründen auch immer“

Als sie die Tänze aufzählte musste Jael schmunzeln, sie verschätzte sein Alter tatsächlich. Alle die sie aufzählte waren definitiv nach seinem Tod entstanden, wenn man vom Walzer absah, der war geselschaftlich schon längst nicht mehr verschrien, wurde aber noch mit großer Begeisterung getanzt. Danach hatte er sich weniger fürs Tanzen interessiert, aber doch einiges mitbekommen. Im Prinzip konnte er sie, wenn es zum Teil auch schon Jahrzehnte her war.
"Ich hab mich informiert gehalten, was die Tänze betrifft", antwortete er wieder eher ausweichend. Was daran lag, dass ihm der wirkliche Spaß am Tanzen zusammen mit seiner liebsten Partnerin vergangen war.

„Okay. Ich bin mir nicht sicher, ob das jetzt eine Antwort auf meine Frage war“, entgegnete Rubina, die skeptisch eine Braue nach oben zog. Seine Worte hatten sie zumindest in keinerweise zufrieden gestellt, auch wenn sie seiner Aussage entnehmen konnte, dass er all die Tänze wohl kannte und sie auch tanzen konnte. Blieben aber noch eine Reihe von anderen Dinge, die er nicht beantwortet hatte – wie zum Beispiel, ob er es gerne tat, sie tippte auf 'vermutlich nicht' und ob er in eine der Zeiten passten 'vermutlich auch nicht'.
„Älter als 400 bist du aber wohl nicht, oder?“, fragte sie ihn direkt und mit schief gelegtem Kopf.