Vampire-Das RPG IV

"Ja, hatte ich. Und Sie?", fragte er und schüttelte das Gespräch mit Emlyn ab. Die Fragen waren ihm doch näher gegangen, als er hatte zugeben wollen. Er lächelte Maryam freundlich zu.

"Ebenfalls", erwiderte Maryam, bevor sie kaum merklich die Stirn runzelte.
"Mr. O’Coileáin", setzte sie und sah den jungen Mann unverwandt mit ihren dunklen Augen an, "haben Sie viel zu tun?"
Sie faltete die Hände vor dem Körper. "Ich habe einige Kartons mit Akten, die aus dem Keller hochgeschafft werden müssten und ich wollte Sie bitten, mir dabei zu helfen."
Dass die ganze Angelegenheit mehr wie ein Befehl als eine Frage klang, bemerkte sie nicht.

"Nein. Natürlich. Ich helfe gerne", sagte Jael, froh sich wenigstens auf irgendeine Art helfen zu können. Dass Maryam befehlend sprach überhörte er. Erstens war er es von ihr nicht anders gewohnt und zweitens meinte sie es eh nicht so, wie es rauskam.

Maryam schenkte Jael eine Miene, die einem Lächeln gefährlich ähnlich kam und ging dann an ihm vorbei die Treppe hinab.
Mit schnellen Schritten durchquerte sie den Eingangsbereich, stemmte die schwere Eisentür zum Keller auf und dirigierte Jael dann zu einem der Räume.
"Die Kartons aus diesem Raum müssen in Mr. Murdochs Büro", erklärte sie knapp und stieß die Tür dann auf.
In dem kleinen, spärlich beleuchteten Raum befanden sich mindestens ein Dutzend Umzugkartons aus Pappe, jeder von ihnen randvoll mit Akten.

"Und das wollen Sie alles alleine durcharbeiten?", fragte er ungläubig. Die Anzahl der Kartons, die er zu tragen hätte, störte ihn dabei weniger. Dass Maryam sich aber bis zum Hals in Arbeit vergraben wollte, kam ihm ungerecht vor. Von dem was er gerstern gesehen hatte, konnte er sich denken, dass Maryam schon lange nicht mehr wirklich losgelassen und spaß gehabt hatte. Einen ähnlichen Blick warf er ihr auch zu. Irgendwie tat sie ihm Leid.

"Es muss erledigt werden", war die knappe Antwort von Maryam, "in einem großen Clanhaus wie diesem fallen viele Aufgaben an und meine Arbeit ist es, diese Aufgaben zu erledigen."
Sie griff nach dem ersten Karton und hob ihn mühelos hoch.

Jael hob zwei Kartons hoch, die übereinander gestapelt waren, und sah Maryam ein wenig zögernd an.
"Ich... könnte vielleicht helfen. Also, ich weiß zwar nicht, wie Sie Ihre Angelegenheiten in L.A. handhaben, aber in London hat sich bis jetzt noch niemand über meine Arbeit beschwert", bot er recht zögernd und leise an, während er Maryam folgte.

Als Maryam Jael ansah wirkte sie tatsächlich überrascht, zumindest waren ihre Augen ein wenige größer als sonst.
"Nun ja, wenn Sie möchten, können Sie das gerne machen", sagte sie schließlich langsam, als würde die jedes Wort einzeln abwägen, "ich könnte Sie einarbeiten?"
Um ehrlich zu sein war sie überrascht von Jaels Angebot. Die meisten Vampire nahmen beim Wort "Papierkram" schnell reißaus.

"Ich werde mich auch nicht allzu dumm anstellen", erwiderte Jael erleichtert, ohne Maryams Verwunderung zu bemerken. Er war eben ein Workaholic. Ohne Arbeit fühlte er sich einfach nicht wohl. Er fühlte sich eben gut, wenn er nützlich war.

"Ich wäre auch nicht davon ausgegangen, dass Sie sich dumm anstellen!", erwiderte Maryam und klang nun doch verwundert, "selbst ohen Vorkenntnisse sind die meisten dieser Akten leicht verständlich."
Sie stellte den Karton in ihren Händen auf einen zweiten und hob dann beide gleichzeitig hoch.

"Vielen Dank.", nickte Liane und stieg ein. Als Nines aus der Garage und auf die Straße fuhr, sah sie Gedankenverloren aus dem Seitenfenster. Nach einer Weile drehte sie sich zu Nines - sie musste einfach fragen.
"Dürfte ich Ihnen eine... etwas persönliche Frage stellen?", fragte sie leise und mit entschuldigendem Blick.

"Und das heißt, dass du stärker bist? Also in diesem einem Vampirbuch ist das anders... da sind die Jüngsten gleichzeitig auch die Stärksten! Außerdem bin ich doch der Mann... also... das wäre doch wirklich bitter, wenn das nach dem Alter gehen würde", murrte Damon, während er den Inhalt der Konserve in das Glas leerte. "Wobei, den Frauen könnte das gefallen... mal davon abgesehen, dass sie ewig jung bleiben... oder besser gesagt, nit älter werden. Hat schon was..."

Nines sah verwundert zu Liane hinüber, bevor seine Augen sich einen Moment später wieder an die vollen Straßen heftete.
"Nun ja, ich denke schon", sagte er grüblend, "was möchten Sie denn wissen?"

Emlyn presste zwar die Hand auf den Mund, als Damion von dem "Jüngere sind stärker" anfing, konnte sich jedoch zum Schluß nicht mehr zurückhalten.
Ihr Gelächter schallte durch die gesamte Küche und sie musste sich im Thresen festhalten, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
"Ich glaubs nicht!", kicherte sie, "du hast dich grade als Twilight-Leser geoutet, ich fasse es nicht!"
Sie deutete mit dem Finger auf Damon und brach erneut in lautes Lachen aus.

Einen kleinen Moment druckste sie herum, dann sah sie aus dem Fenster und atmete tief durch.
"Wurden Sie schon einmal verraten?", fragte sie leise und unnatürlich ernst. Ihre Erscheinung war mit einem Mal nicht mehr die eines fröhlichen, aufgedrehten Kindes, sondern das eines zerbrechlichen, verlassenen Mädchens. Ihre Augen, die sich in der dunklen Scheibe spiegelten waren traurig und gleichzeitig leer.

„Uhm...“ Damon starrte peinlich berührt auf sein Glas Blut vor ihm und war gerade heilfroh, dass er davon noch nichts getrunken hatte – denn ansonsten wäre die Chance, dass er so eben rot anlaufen würde, ziemlich hoch. „Pah! Also ehrlich, du hast es doch vermutlich auch gelesen, oder nicht? Außerdem hat meine Ex dauernd davon gesprochen und sie hat mich auch in die Filme geschleppt... ich konnte ihr den Wunsch ja schlecht abschlagen, oder? Ich war nur.... höflich! Ich hätte sie nicht freiwillig gelesen. Ganz bestimmt nicht. Ich weiß auch gar nicht, was alle an diesen Glitzer-Vampiren finden... ich finde uns ehrlich gesagt viel cooler“

"Wow, das ist wirklich eine private Frage", murmelte Nines, während er sich durch den immer dichter werdenden Verkehr schlängelte, "lassen Sie mich einen moment überlegen. Ja, ich wurde schon verraten, beziehungsweise ich wurde betrogen. Ich wurde betrogen um mein menschliches Leben."
Er starrte eine Weile gedankenverloren das Lichtermeer vor seinen Augen an, bevor er schließlich mit den Schultern zuckte und Liane zugrinste. "Es liegt in der Natur der Menschen, einander zu verraten und bei den Vampiren ist es auch nicht anders."

"Ich mochte die Bücher nicht!", erwiderte Emlyn geradeheraus, "die Figuren waren zwar ganz okay, aber biologisch gesehen ist es absolut unsinnig. Allein die Behauptung, man hätte als Vampir mehr Chromose als als Mensch. Wenn das wirklich stimmen sollte, hätten wir uns nach unserem Tod in Kartoffeln verwandelt!"
Sie schnalzte mit der Zunge um ihre Missbilligung auszudrücken. "Du hast recht, wir sind wirklich VIEL cooler!"

Damon lachte, als Emlyn mit Biologie argumentierte und zog das Glas wieder näher zu sich. "Eben, sag ich doch!", meinte er grinsend und hob das Glas hoch. "Auf uns! Auf das wir vieel cooler sind, als alle Vampire aus diversen Büchern und Filmen! Schon allein weil wir nicht glitzern, uns in Spiegeln sehen können und nicht gleich bei Sonnenkontakt zu Asche zerfallen!", sagte er und prostete ihr zu und nahm dann ein paar kräftige Züge vom Blut.

"Ja, da mögen Sie Recht haben...", murmelte Liane gedankenverloren. 'Um das menschliche Leben betrogen'. Ja, das war vielleicht eine Beschreibung... andererseits... sie hatte es ja damals nicht anders gewollt. Vielleicht sollte man es... 'um die Existenz und Gefühle betrogen' nennen. Das passte in ihrem Fall vielleicht eher.
Langsam hob sie eine Hand, hauchte gegen die Scheibe und zeichnete kleine Symbole ins Kondenswasser.

"Die Sonne", murmelte Emlyn gedankenverloren, "Gott, ich habe das Gefühl ich weiß gar nicht mehr, wie die Sonne aussieht..."
Sie nahm auf einem der Hocker an der Theke Platz und ließ die Arme auf der kühlen Marmorplatte ruhen. "Es gibt doch Dinge, auf die man verzichten muss. Die Sonne, normales Essen, Familie..."
Sie seufzte leise.

Nines schielte zu Liane hinüber, doch sie schien nicht in der Stimmung für Smalltalk zu sein. Also schwieg er und konzentrierte sich stattdessen vollkommen auf der Straßenverehr.
Nach etwa einer Viertelstunde hielt er den Wagen schließlich an und wandte sich mit einem leichten Lächeln an Liane. "Wir sind da. Hier ist die Bibliothek."

Jäh aus ihren Gedanken gerissen sah Liane auf. Die Fensterscheibe was über und über mit immer drei gleichen Zeichen bemalt, die jedoch nach und nach verschwanden, als sie die Tür öffnete.
"Ich danke Ihnen, dass Sie mich hergefahren haben, Nines.", sie zwang sich zu einem schwachen Lächeln und Nines in die Augen zu sehen. "Möchten Sie mitkommen oder wollen Sie gleich weiter?"

„Naja... auf Familie muss man ja nicht unbedingt verzichten...“, brummte Damon und zog dabei sein Handy heraus. „Meine Mutter weiß mich noch immer zu terrorisieren, wirklich. Sie kostet mich nach wie vor Nerven. Und wegen der Sonne... naja... ich meine, wenn man bei Sonnenuntergang mit Sonnenbrille und Mantel hinaus geht... geht das dann nicht?“

"Das würde ich wirklich gerne", erwiderte Nines mit einem entschuldigenden Lächeln, "aber mein Termin duldet leider keinerlei Aufschiebung. Ich werde also verzichten müssen."

"Ich weiß es nicht!", erwiderte Emlyn wahrheitsgemäß, "ich war nie wach, wenn die Sonne schien. Und nicht jeder von uns hat das Glück, mit seiner Familie sprechen zu dürfen."
Ein bitterer Zug legte sich um ihren Mund. "Ich darf meinen Vater nicht kontaktieren. Nie wieder."

"Oh...", machte Damon und schaltete sich sogleich in Gedanken, für seinen gestreichen Einwurf. Er nahm noch zwei Schlucke von seinem Blut und räusperte sich dann erneut.
"Darf ich fragen, wieso? Hattet ihr Streit, oder hast du Angst ihn irgendwie in etwas hinein zu ziehen... oder was ist der Grund dafür? Ich meine... nie wieder... klingt nach ner ziemlich langen Zeit"

"Nein, aber ich...", Emlyn schluckte schwer. Sollte sie wirklich davon erzählen? Eigentlich hatte Mc es ihr ausdrücklich verboten, andererseits hatte er sie aber auch einfach so abserviert.
"Ich sollte eigentlich tot sein!", platzte es schließlich aus ihr hervor, "ich war in einem Labor das überfallen wurde und schließlich explodierte. Mein Vater denkt, ich wäre tot."
Sie senkte beschämt den Blick.

„Oh... ha! Das klingt wie so ein Actionfilm mit einer Brise Drama. Umso krasser, dass dir das wirklich passiert ist... in einem Labor. Wow, ich wusste, warum ich Chemie nie leiden konnte. Diese Labore waren mir schon immer suspekt... aber gut, ich verstehe. Wenn er denkt, du wärst tot... dann ist das mit dem melden schwer... wobei... warum eigentlich? Wieso sagst du ihm nicht, dass du das überlebt hast? Naja... mehr oder weniger überlebt eben...“, meinte Damon und zuckte etwas unbeholfen mit den Schulter.