Vampire-Das RPG IV

Rubina lachte leise und sah Jael kurz mit einem Blick an, als würde sie ihm am liebsten in die Wange kneifen. „Ja, das kann man so sagen“, antwortete sie daraufhin und lächelte ihn munter an. „Wobei das Mädchen froh sein kann. Ich hätte auch noch übler reagieren können... Sie lebt ja noch. Ist gesund und unverletzt. Und spätestens wenn der nächste gutaussehende Kerl zum Anbaggern den Club betritt, wird sie den Vorfall vergessen haben. Kurzum, ich war sehr gnädig“, fasste sie zusammen, stützte die Ellenbogen auf den Tisch und legte ihre Finger aneinander. „Aber eigentlich hatte ich gar nicht mehr vor, was zu trinken... Ich wollte ihr nur zeigen, dass das hier kein Einzeltisch ist...blöde Ziege“, setzte sie deutlicher leiser hinzu.

Verstehend nickte Jael und sah der Bedienung hinterher, die sich tatsächlich sehr tacktlos verhalten hatte. Vielleicht sollte man dem jetzigen Inhaber eine Nachricht zu kommen lassen.. Was sie vorher gesagt hatte, trat ihm wieder ins Bewusstsein und er wandte sich ihr etwas überrascht zu. "Wenn du nichts trinken willst, dann können wir auch gehen, ohne auf den Drink zu warten. Oder uns woanders hinsetzten. Was dir lieber ist. Es wird dich wohl kaum einer Zwingen können, schon gar nicht, da die Bestellung schon an Nötigung gegrenzt hat", sagte er ihr, im Bemühen eine Alternative zu finden.

„Ohne zu Bezahlen? Du bist mir ja einer“ Rubina lächelte schief und lachte leise. Sie konnte sie vorstellen, dass er es durchaus vorhatte, aber nicht als erwähnenswert empfunden hatte, dennoch hatte sie sich ihren Gedanken nicht verkneifen konnte. „Nein, Unsinn. Ich wollte ja eh schon längst im Hotel sein und vermutlich sollte ich mich allmählich wirklich auf den Weg machen. Dort kann ich zumindest keinen Blödsinn anstellen... Aber wenn du nichts vorhast, könntest du mich begleiten. Sieh dich aber nicht genötigt, das nur zu tun, weil ich gefragt habe, ja? Du hast die Chance Nein zu sagen, ich verspreche auch, es dir nicht krumm zu nehmen“

"Ich werde nicht nein sagen, ich hab nämlich nichts vor. Und es muss ja jemand aufpassen, dass du auf dem Weg zum Hotel keinen Unsinn anstellst", antwortete Jael, sah Rubina aber tadelnd dabei an, obwohl er ganz freundlich klang. "Und natürlich hatte ich vor zu zahlen. Nur muss man dafür ja nicht auf die Bedienung warten." Und wie um es ihr zu erklären schob er einige Scheine unter sein Glas und stand dann auf um ihr den Arm zu reichen. "Madam", forderte er sie mit einem Grinsen auf.

„Danke“ Rubina deutete kurz auf sein Geld. „Ich nehme mal an, dass der Cocktail hier nicht so teuer ist... Danke dir“ Sie schenkte ihm ein ehrliches, dankbares Lächeln, schlüpfte in ihre Jacke und nahm den dargebotenen Arm an. Ja, das war wirklich ein ganz anderes Kaliber, als Damion. Ein echter Gentleman. Als sie nach draußen traten und die Tür hinter ihnen zu fiel, atmete Rubina kurz tief ein und genoss den Luftwechsel.
„Also... wenn du weißt, wie wir auf die Hauptstraße kommen, weiß ich wieder, wie ich am besten zum Hotel komme“, raunte sie und sah zu ihm auf.

Auch Jael atmete erst einmal durch, um wieder frische Luft in seinen Kreislauf zu bringen. Und dann lachte er leise, bevor er Rubina mit einem warmen Blick, der allerdings eher für ein Familienmitglied geeignet war, ansah. "Ich denke das werde ich noch schaffen. Da entlang", sagte er mit einem etwas neckendem Tonfall, und wies nach links. Als Rubina sich in die Richtung wandte, führte er sie den Weg entlang. Einige späte Partygänger liefen an ihnen lachend vorbei und einige sahen auch schon so aus, als wären sie schon wieder auf dem Weg nachhaus. "Sicher, dass du schon zurück ins Hotel willst. WIe gesagt, ich habe wirklich nichts vor, wenn du dir lieber noch etwas ansehen willst stehe ich zur Verfügung."

„Ansehen? Ich weiß nicht... Ich habe ja noch ein paar Tage... Und spontan fällt mir ehrlich gesagt nichts ein. Es sei denn natürlich, dir schwebt etwas bestimmtes im Kopf herum. Einen Ort oder dergleichen, das sich lohnt, es anzusehen“, sagte Rubina und warf ihm von der Seite einen neugierigen Blick zu. Ehrlich gesagt, kannte sie sich hier kaum aus und sie hatte es auch nicht für nötig gesehen, sich vor ihrer Ankunft hier einen Reiseführer zu kaufen. Noch hielt sie es angebracht, sich jetzt einen zu kaufen – da sparte sie lieber ihr Geld und fragte die Menschen hier nach dem Weg.
Oder Jael.

Damit war Jael auch überfragt. Er hatte sich nie großartig um Sehenswürdigkeiten gekümmert und wusste somit auch nicht, ob es in Los Angeles überhaupt Sehenswürdigkeiten gab. Die Wahrscheinlichkeit war allerdings hoch, wobei er Museen schon einmal von vornerein ausschloss. Rubina wirkte nicht wie eine Person, die lange durch Gänge lief und sich Scherben mit großem Interesse ansah. Ganz abgesehen davon, dass Museen zu nachtschlafender Zeit eh geschlossen waren. Entschuldigend lächelte er und schüttelte den Kopf, auf Rubinas fragenden Blick. "Nein, hab ich nicht. Aber fallst dir etwas einfällt, ich werde ja auch noch ein paar Tage länger hier sein. Du kannst dich jederzeit an mich wenden", sagte er und zog sie am Ellenbogen kurz zur Seite, als jemand von hinten anfing sich an ihr vorbei zu drängen.

Obwohl Jael sie beiseite zog, rempelte der Kerl sie an, machte sich aber nicht die Mühe, nach ihr zu sehen und ging stur weiter. „Mistkerl“, murrte sie und steckte mehr instinktiv ihre Hand in die Tasche ihrer Lederjacke, als sie bemerkte, dass ihr Handy nicht mehr da war. „Dieses Arsch! Der hat mein Handy geklaut!“, raunte sie und schüttelte Jaels Arm ab. „Den schnappe ich mir“, grollte sie und brauchte nicht lange, bis sie ihn in 10 Meter Entfernung zügig laufen sah, im Begriff um die Ecke zu biegen, in eine Seitenstraße.

Jael sah sie noch verwundert an, als Rubina sich schon an die Verfolgung des Mannes machte. Dass sie den Dieb stellen wollte war nachvollziehbar, das Handy würde er auch wieder haben wollen. Trotzdem nahm er sich die Zeit den Rücken des Diebes beim Verschwinden in der Seitengasse zuzusehen und ihn ein bisschen zu bemitleiden. Stehlen an sich war nie eine gute Idee und dann auch noch von einem Vampir zu klauen war wirklich ungesund. Sein Tag würde das sicherlich nicht werden. Seufzend über so viel Unverstand den Kopf schüttelnd, setzte er Rubina nach.

Rubina schlug sich in die nächste Seitengasse, sah sich kurz um und sprang dann die Feuertreppe hinauf, wofür sie nicht lange brauchte und stand dann schließlich auf dem Dach. Zügig lief sie auf die andere Seite und blickte hinab, in jene Straße, in die der Dieb abgebogen war – und tatsächlich konnte sie ihn dort erkennen, wie er sich verdächtig umsah und langsam weiter schlich.
„Na warte“, murmelte sie leise und sprang. Geradezu geschmeidig wie eine Katze landete sie auf ihren Füßen, knapp zwei Meter hinter dem Mann, der im Begriff war, sich herum zu drehen. Doch in dem Moment, da er sie hätte sehen können, schlug sie zu.
Den Dieb wird von den Füßen gerissen und blieb regungslos auf dem Boden liegen, während das Blut aus seiner Nase lief. Rubina hielt die Luft an, um nicht im schlimmsten Fall wieder in so einen Blutrausch zu verfallen und ermahnte sich zusätzlich zur Konzentration, ehe sie sich hinunter beugte und seine Taschen abtastete. In einer Innentasche fand sie schließlich ihr Handy sowie drei Geldbörsen, von denen mit Sicherheit keinem diesem Kerl gehört. Mürrisch nahm sie ihm die auch noch ab.

„Da wären wir“, sagte Michael, der Emlyn die Tür des Taxis aufhielt und ihr beim Ausstieg half, nachdem er zuvor den Fahrer bezahlt hatte. Hinter ihm führten ein paar steinerne Stufen zu einer Kirche hinauf, die eher düster und klein von außen aussah. „Sie... ist von Innen wesentlich schöner“, versicherte er Emlyn und lächelte matt. „Manchmal... wenn ich nachdenken muss, komme ich hierher. Setz mich hinein auf eine der Bänke und... naja... grüble. Oder lausche einfach dem Orgelspiel oder dem Gottesdienst, wenn einer abgehalten wird“, sagte er. „Es gibt auch kleine Nischen... und um die Uhrzeit vermute ich, werden wir dort niemanden stören“, sagte er und sah sich um. „Ich kenne einen Seiteneingang, der müsste auch auf alle Fälle offen sein“

Gesitteter als Rubina folgte Jael der Spur, was bedeutete, dass er nicht über die Dächer hüpfte und sich superheldengleich hinter dem Bösewicht fallen ließ, sondern den Weg außen rum nahm. Dadurch kam er auch erst an, als der Kerl schon blutend am Boden lag und Rubina sich an seinem Diebesgut gütlich tat. "Es sieht nicht so aus, als hätte er eine Chance gehabt", stellte er fest, als er neben den beiden stand und dem Kerl den Kopf mit dem Fuß leicht zur Seite drehte.

Mit ehrfürchtiger Miene betrachtete Emlyn die Kirche. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal so ein Gebäude von innen gesehen hatte, wahrscheinlich war es zu der Beerdigung ihrer Mutter gewesen. Danach hatte ihr Vater der Kirche endgültig den Rücken gekehrt und die Entscheidung für sie gleich mit übernommen.
"Ich glaube, ich war noch nie bei Nacht in einer Kirche", gestand Emlyn leise und sah mit unsicherem Blick zu Michael hinüber. Mittlerweile wusste sie, dass es zum Aberglaube gehörte, das Vampire Kirchen nicht betreten konnten und das Weihwasser auf ihrer Haut brannte, trotzdem zögerte sie einen Moment, Michael ins Innere der Kirche zu folgen. "Und du bist ganz sicher, dass das in Ordnung ist?"

„Nein. Er hatte ganz eindeutig kein Glück bei seiner Wahl...“, stimmte Rubina zu und lugte in die gestohlenen Geldbeutel. „Meine Güte... So ein Mistkerl!“ Verärgert sah sie von den Passbildern im Geldbeutel zu dem Dieb, dem sie verstimmt gegen die Rippen trat. Nicht fest. Nur fest genug, damit er spätestens morgen einen blauen Fleck an der Stelle haben würde. „Du weißt nicht zufällig, wo hier die nächste Polizei-Station ist, oder?“, fragte sie und verstaute ihr Handy, als auch die Geldbeutel in ihrer Tasche.
„Wir könnten ihn dort auch gleich abliefern...“, überlegte sie laut, hatte im Grunde erst nur vorgehabt sein Diebesgut dort abzugeben.

„Ja. Glaube mir. Ich war schon öfters hier. Die kennen mich. Und so lange du dort drinnen nicht herum brüllst oder die Scheiben einschlägst, wird es kein Problem sein, dass du da bist“, versicherte Michael ihr mir einem milden, warmen Lächeln und hielt ihr die Seitentür auf, während er einen Arm ausstreckte. Er winkte sie mit seiner Hand zu sich und bot ihr diese auch gleichzeitig an, sie zu ergreifen. Schon vor sieben Jahren, als er noch nicht im Superioshaus gewohnt hatte, war er in dieser Kirche gewesen. Er mochte sie, weil sie nie so voll war, aber dennoch sehr hübsch war. Ihm gefielen die Wandmalereien, das farbige Glas und die Skulpturen, die die Säulen und die Altäre zierten. „Mach dir keine Sorgen. Es ist nur eine Kirche, sie beißt schon nicht, sie bekehrt höchstens“

Jael wusste tatsächlich wo die nächste Polizei Station war. Er wusste auch, dass es ihn nicht überraschen sollte, dass sie es vorschlug. Trotzdem verglich er sie wieder unwillkürlich mit Damion und fragte sich, wie er jemand so nettes erschaffen konnte. Schnell schüttelte er seine Verwunderung ab und wandte den Blick von dem Dieb zu Rubina. "Ja, weiß ich. Es ist nicht sehr weit. Zwei Block, ungefähr", sagte er mit einem leichten Lächeln. Direkt danach griff er nach dem Arm des Mannes und zog ihn sich über die Schultern, damit es weniger auffällig aussah, dass er ihn trug. "Du solltest dir allerdings eine gute Geschichte ausdenken, wie du einen, dir körperlich überlegenen Mann, einfach so zu Boden geschlagen hast."

„Och, das ist ganz einfach“, sagte Rubina, zupfte sich ihre Klamotten zurecht und sah lächelnd zu Jael auf. „Du warst es. Du hast ihn k.o. geschlagen, weil er mir mein Handy gestohlen hat. Du hast ihn eingeholt und niedergeschlagen. So simpel. Und sehr beeindruckend“, raunte sie und klang dabei so glaubwürdig, als wäre es eben genau so geschehen. „Mein Held. Bei meinen Absätzen glaubt mir nämlich keine einzige Seele, dass ich den Kerl hab einholen können. Also nehmen wir einfach die plausibelste Erklärung“ Zwinkernd legte sie eine Hand auf seine Schulter.
„Dann mal auf zur Polizeistation!“

Wenn er die Hände nicht voll gehabt hätte, dann hätte er Rubina sicherlich geknufft oder die Frisur durch gewuschelt. So musste er sich mit einem tadelndem Blick und einem hörbaren Schnauben abfinden. Was allerdings alles nicht über das Lachen in seinen Augen hinweg täuschen konnte. "So so", sagte er ernst. "Es einfach dem Nächstbesten in die Schuhe schieben. Was machst du, wenn ich mich weigere und dich das ganze selber ausbaden lasse?"

„Würdest du nicht“, sagte Rubina, aus deren Stimme die pure Überzeugung klang. „Ich kenne dich zwar erst seit ein paar Stunden... Aber du... ich weiß nicht. Du bist so anständig! Und das meine ich nicht böse oder so. Du bist... gut. Ein Gentleman. Du würdest mich nicht einfach hängen lassen“, sagte sie, blinzelte und sah ihn von der Seite mit einem warmen Lächeln an.
„Du bist... ein bisschen das Gegenteil von Damion. Find ich gut. Aber würdest du mich doch das ganze allein ausbaden lassen... Dann würde ich wohl improvisieren. Vielleicht einen Bettler oder Obdachlosen dafür bezahlen, dass er ihn zur Polizeistation bring. Und die Geldbeutel würde ich dem Dieb wieder unterjubeln... So irgendwie“

Emlyns Mundwinkel zuckten kurz nach oben, ehe sie Michaels Hand ergriff und ihm ins Innere der Kirche folgte. Auch wenn kein licht brannte, hatte Emlyn keine Probleme, die Farben der Buntglasfenster zu erkennen. "Es ist wirklich sehr schön", wisperte sie leise und ließ den Blick zum Alter hinüber gleiten, "nicht zu glauben, dass eine kleine Kirche wie diese so schöne Statuen hat." Sie ließ Michaels Hand los und stand nur einen Wimpernschlag später vor dem einige Meter entfernten Altar, wo sie über die kalte Gipshaut einer Figur strich.

Sprachlos blinzelte Jael seine Begleitung an und musste dann dich lachen. Das Mädchen war doch dreist. Und trotzdem liebenswert dabei. Wirklich kein bisschen wie Damion. "Danke für das Kompliment", sagte er und deutete eine Verbeugung an. mit einem 90 kg Kerl auf dem Rücken war das schon eine halbe Glanzleistung. "Na gut. Einer Dame habe ich noch nie etwas abgeschlagen. Ich werde als dein Sündenbock herhalten. Aber nur dieses eine Mal!" Halb drohend hielt er ihr den Zeigefinger vor die Nase, um deutlich zu machen, dass er es so meinte. Etwas jedenfalls.

Mit einem matten Lächeln stellte sich Michael neben Emlyn, betrachtete stumm die Figur, die sie berührte, ehe er sie sanft am Arm berührte und in eine Ecke deutete. „Ich würde dir gerne etwas zeigen“, sagte er leise und zog sie behutsam mit sich in den nödlichen Teil der Kirche. Hier befanden sich einige Nischen mit kleinen Altären, wobei er mit ihr eine ganz bestimmte Nische ansteuerte. Sie lag abseits und war deutlich dunkler, da es darin kein Lampe gab. Nur spärlich drang etwas Licht durch ein kleines Fenster, dass auf die Statue und auf die vorderste Bank schien. Dort ließ Michael Emlyn los, ging zur Statue, nahm eine der Kerzen, die davor standen und zündete sie mit einem Feuerzeug an, dass er aus seiner Jackentasche zog.
„Diese Statue hat mein Vater gemacht“, sagte er leise, stellte die Kerze ab und trat zwei Schritte zurück, um sich dann auf die Bank davor zu setzen. „Er half meinem Großvater oft, der Bildhauer war und erlernte durch ihm das Handwerk... Ich hab die Statue der Kirche geschenkt“
Er fuhr sich mit einer Hand durch das dunkle Haar und streifte mit seinen Augen das kleine Schild, das am Sockel angebracht wurde und auf dem die wenigen Daten festgehalten waren, ehe er zu Emlyn auf sah.
Die Statue zeigte die Heilige Katharina, die in ihrem linken ein Kruzefix hielt und in die Ferne zu blicken schien. Etwas versteckt, rechts hinter ihr, sah man das Rad, das Attribut der Heiligen, die dadurch gequält worden war.

„Nein. Ich werde mir auf jeden Fall Mühe geben, dass das nicht noch einmal passiert. Ich dachte nur, ich lege es so... logisch wie möglich aus. Mal ganz im ernst, dir glaubt man die ganze Geschichte ja eher als mir. Wenn ich ihnen erzählen würde, dass ich ihn umgehauen habe, würden sie mich vermutlich nur auslachen“, sagte Rubina und zuckte mit ihren Schultern. „Aber danke dir“ Sie lächelte ihn an und entdeckte im nächsten Augenblick bereits die Polizeistation.

Mit ehrfürchtigem Blick betrachtete Emlyn die Statue. Das flackernde Licht der Kerze ließ Schatten über das schmale Gesicht der Heiligenfigur huschen und verliehen ihm damit eine seltsame Lebendigkeit. "Es sieht aus, als würde sie leben", flüsterte Emlyn kaum hörbar und streckte die Hand aus, nur um dann in letzter Sekunde doch inne zu halten. Nein, sie wollte die Statue nicht berühren, das gehörte sich nicht. Ihr Blick glitt zur dem kleinen Schild am Sockel und Emlyn spürte, wie sich ihre Nackenhaare aufstellten, als sie das Entstehungsjahr las. So lange her...

Halb lächend, halb kopfschüttelnd sah Jael Rubina noch einen kurzen Moment hinterher, nachdem sie die Polizeistation betreten hatte. Ihre Erklärung war schon logisch. Sicherlich nahm man es eher ihm ab, dass er den Mann zu Boden gestreckt hatte, allerdings würden sie ihn auch eher wegen Körperverletzung anklagen. Einen Moment fragte er sich, wieso sie den Kerl nicht einfach vor die Tür gelegt hatten und wieder gegangen waren. Aber da Rubina schon drinne war, blieb ihm wohl nichts anderes über, als ihr zu folgen. "Es wird schon schief gehen", seufzte er leise und lief dann, als würde er tatsächlich von dem Gewicht des Diebes behindert, die Treppenstufen zum EIngang hinauf.

Out; wurde spontan heute Abend zu einer kleinen „B-day-Nachfeier“ eingeladen, muss also heute Abend auch passen, sry – morgen werde ich dann aber wirklich aufkreuzen

„Ja. Ist eine Weile her“, murmelte Michael, dem Emlyns Blick nicht entgangen war. Ihr war zwar sicherlich klar, dass er älter war, als er aussah, aber ihm war auch Bewusst, dass man sowas auch schnell wieder vergaß. Im Unterbewusstsein. Es war einfach keine präsente Tatsache. Hier allerdings schon, da diese Statue von seinem Vater war und das auf dem Schild mit Jahreszahl verewigt war.
1919. „Er hat noch ein paar andere Statuen gemacht, von denen... sind aber einige kaputt gegangen. Ein paar kleinere stehen allerdings noch in der Kirche. In meiner Heimatstadt“, erzählte Michael mit einem matten Lächeln. „... Jetzt.. verstehst du bestimmt, warum ich hier her komme, um nachzudenken“

„Ja, genau“, bestätigte Rubina, indem Augenblick, als Jael die Polizeistation betrat. Es würde wohl für immer ein ungeklärtes Geheimnis bleiben, wie sie es in der Kürze geschafft hatte, dass ihr Make-Up dermaßen zerlaufen aussah. Schniefend kramte sie nach einem Taschentuch und blickte dann mehr zufällig in Jaels Richtung und lächelte erleichtert. „Da ist er! Wirklich, ich sage ihnen, ohne ihn hätte mir dieser Halunke bestimmt noch mehr geklaut – meine ganze Tasche! Vielleicht meine Jacke!? Ich hatte so Angst... Wäre er nicht eingeschritten!“, sagte sie und sah ihre Begleitung an, als würde vor ihr Herkules von einer Wolke steigen. „Man hätte den Mann gar nicht anders stoppen können und wer weiß, wie viele er noch beklaut hat“, ereiferte sie sich und wischte mit ihrem Taschentuch in ihrem Gesicht. Einer der Polizisten sah sie mitleidig an, während sein Kollege dem Mann, der den Dieb trug, entgegen ging, um ihm zu helfen.

"Ja, das verstehe ich sehr gut", bemerkte Emlyn leise und zeichnete mit den Fingern die Form der Statue nach, ohne sie jedoch ein einziges Mal zu berühren. "Ich wünschte, mein Vater hätte so etwas Wunderschönes geschaffen", murmelte sie kaum hörbar und drehte dann den Kopf um Michael anzusehen, "das Einzige, was er je getan hat, ist die Menschen verzweifeln zu lassen, die sowieso schon nichts haben." Auf Michaels fragenden Blick hin erklärte sie: "Mein Vater ist so etwas wie ein Berater, allerdings einer der schlimmsten Sorte. Wenn eine Firma nicht genug Geld einfährt, holen sie ihn und er hilft ihnen, die Einnahmen drastisch zu erhöhen. In dem er Arbeitsplätze streicht..." Verachtung schwang in ihren Worten mit, vermischt mit Bitterkeit. Sie hatte ihren Vater geliebt, liebte ihn immer noch, doch es war ein Fakt, dass er kein besonders guter Mensch war.