Vampire-Das RPG IV

Jael hatte nicht weiter nachgebohrt, auch wenn ihn ein nagendes Gefühl nicht losließ. Rubina war ihm nie wie jemand vorgekommen, der gerne alleine war, er ja. Er war immer schon eher der Einzelgänger gewesen, der lieber arbeitete. Rubina - es kam ihm falsch vor, das Bild von ihr alleine. Legte er sie zu sehr in Beschlag? Dass sie ihr Leben nicht leben konnte? Obwohl ihr Gespräch sich anderen Dingen zuwandte wälzte er die Frage im Hintergrund weiter, selbst als sie sich mit Charles in der Eingangshalle trafen und zum Emporium gingen, war er noch nicht sicher, ob er der Fehler in ihrem Leben war. Nicht was die Liebe anging, das zumindest war kein Fehler. Aber alles andere, das vielleicht. Neben Arbeit, ihrem Wunsch Zeit mit ihm zu verbringen und dem Einrichten ihrer Wohnung, wo sollte sie denn noch Zeit finden Freundschaften zu pflegen? Vielleicht hätte er doch darauf bestehen sollen jemanden zu finden, der die Wohnung für sie bezugsfertig herstellte.
Das Emporium war mäßig gefüllt, keineswegs an den Grenzen der Auslastung, aber doch genug um von einem guten Geschäft sprechen zu können. Dementsprechend schwierig war es erste einmal einen Tisch zu finden, an den sie sich setzen konnten. Der Raum war dunkel gehalten, das meiste Licht stammte von den Tischen, die an der Außenkante des Raumes und der Terrasse darüber aufgestellt waren, etwas abseits von der Tanzfläche, auf der schon eine recht beeindruckende Menge an Menschen ihren Spaß hatten. Die Musik war anders, als Jael erwartet hatte, moderner. Aber insgesammt schien die Bar eine modernere Richtung zu fahren, als der Name vermuten ließ. Oder die Einrichtung, allerdings schien das Konzept in sich trotzdem Stimmig zu sein. Auch wenn Jael ruhigere Musik bevorzugt hätte. Sie fanden einen Tisch auf der Terrasse relativ weit hinten, von wo aus man die Tanzfläche nicht mehr gut im Blick hatte, was Jael aber eher weniger störte, so waren sie auch weiter von den großen Boxen weg, die fast schon unangenehm laut waren, immerhin waren sie gut und der Bass übersteuerte nicht ständig. "Ich fürchte es gibt hier nur Alkohol oder Softgetränke", meinte er zu seinen Freunden, als er Rubina den Stuhl zurückzog und wartete, dass sie sich setzte.

„In dem Fall, denke ich, wird es bei mir heute Mal Alkohol sein“, antwortete Charles, der hoffte, dass es hier auch welchen gab, der auch wirklich stark war. Denn nichts anderes würde er heute gut gebrauchen können. Suchend ließ er seinen Blick wandern, konnte aber keine Getränkekarte finden. Vielleicht wurde die ja noch gebracht? Oder es gab keine und er musst jemanden fragen, was genau sie hier alles hatten.
Während Charles noch überlegte, wie und wo er bestellen konnte, überlegte Rubina, ob der Alkohol womöglich helfen würde, dass der andere über sein Problem mit ihnen reden würde. Oder, noch viel besser, es würde ihm helfen, jemanden hier kennenzulernen. Den einen oder anderen Vampir gab es hier ja schließlich unter den vielen Menschen.
„Wie genau läuft es hier denn? Kommt hier jemand vorbei, der unsere Bestellungen aufnimmt, oder muss einer von uns an die Bar?“, wandte sich Rubina fragend an Jael. Der war ihr irgendwie sehr nachdenklich vorgekommen, auf dem Weg hierher. Ob er sich Gedanken um Charles machte?

"Ich habe wirklich keine Ahnung, wie das hier läuft", antwortete Jael verwundert und sah sich auch um. Vielleicht sollte er zur Bar gehen und nachfragen. Er war schon dabei sich zu erheben, als eine sehr freundlich lächelnde und durch und durch menschliche Kellnerin an ihren Tisch und reichte ihnen kleine Flyer ähnliche Karten. "Willkommen im Emporium. Mein Name ist Heather und ich werde mich heute Abend um Sie kümmern, sollten Sie einen Wunsch haben zögern Sie nicht sich damit an mich zu wenden", flötete sie fröhlich. Man hörte, dass es ein einstudierter Text war, aber Heather brachte ihn mit so viel Gefühl rüber, dass man merkte wie sehr der Job hier ihr Spaß machte. Vielleicht lag ihr Blick einen Moment länger auf Charles und Jael, als Rubina, ihr Lächeln war aber nicht weniger freundlich ihr gegenüber. Nachdem jeder von ihnen die Karte entgegengenommen hatte, strahlte sie sie wieder an und fuhr fort: "Ich geb Ihnen einen Moment Zeit um sich zu entscheiden. In einem Moment bin ich wieder für Sie da." Und schon war sie wieder weggewuselt und strahlte den nächsten Tisch ebenso freundlich an.

Neugierig hatte Rubina diese Heather gemustert, als diese vornehmlich mit Jael und Charles gesprochen hatte. Eine fixe und vermutlich auch sehr alberne Idee kam ihr in den Sinn, weswegen sie kurz darauf schmunzelnd den Blick senkte, nachdem sie die Karte wieder zurückgegeben hatte. Während ihr durchaus aufgefallen war, dass diese Heather sehr hübsch war, schien Charles davon nur wenig mitbekommen zu haben. Er sah zumindest genauso förmlich höflich drein wie immer und hatte der Bedienung nicht einmal hinterher gesehen. Aber das könnte man ja ändern.
Als Heather schließlich wieder zu ihrem Tisch zurückkehrte, lehnte sich Rubina etwas nach vorne und lächelte die Frau freundlich an. „Heather, richtig? Heather, wärst du vielleicht daran interessiert, neue Freunde zu finden? Reinzufällig ist mein Freund-“, sie deutete mit dem Daumen auf Jael, „nämlich der Meinung, dass ich dringend mehr Freunde bräuchte. Und ich könnte dir die Nummer von dem Kerl beschaffen. Er gehört zur Familie“, fuhr sie noch immer lächelnd fort und deutete dabei inzwischen auf Charles, der erstaunt und dann recht peinlich berührt dreinblickte, wobei seine blauen Augen zu Heather hinüber wanderten.

Wer von ihnen gerade am überaschtesten oder peinlich berührt schaute war schwer zu sagen. Heather, Charles und Jael sahen alle ziemlich dumm aus der Wäsche über so viel Ehrlichkeit, die aus Rubinas Mund kam. Während Heather nervös Lächelte und Charles einen schnellen Blick zuwarf (der etwas länger ausfiel, weil Himmel, der Kerl sah gut aus und erwiederte den Blick!), versuchte Jael noch herauszufinden was er tun sollte. Lachen oder Rubina zurechtweisen? Als Freund durfte er ihr wohl sagen, wenn sie etwas falsches tat. Andererseits, tat sie denn etwas falsches? Er hatte sich deswegen wirklich sorgen gemacht und Charles auch. Dieses Mädchen wäre sicher besser als Cassandre, was allerdings auch nicht schwer war. "Rubina, vielleicht solltest du das Freundefinden nicht ganz so offensiv gestalten. Ich fürchte, du hast die arme Frau verwirrt", sagte er schließlich doch leise und unterdrückte ein Lachen.

Die arme Frau, dachte sich Charles, gleich nachdem er sich gefragt hatte, womit er diese Familie verdient hatte. Er schenkte der Bedienung ein freundliches sowie charmantes Lächeln. So verrückt dieser Vorschlag von Rubina auch war, er wäre zu höflich, um der Frau seine Handynummer zu verweigern. Er würde sich vermutlich auch aus Anstand wenigstens einmal mit ihr treffen.
Während Charles all das durch den Kopf ging, lächelte Rubina aufrichtig und sich keiner Schuld bewusst. Sicher, sie war ziemlich direkt und forsch an die Sache herangegangen, aber im Grunde ja nur, weil sie Jaels Wunsch hatte nachkommen wollen. „Ja, den Eindruck habe ich auch“, stimmte Ruby ihrem Freund zu. „Entschuldige, Heather, ich wollte dich nicht verwirren. Oder verschrecken. Überleg es dir. Wir werden vermutlich ja noch eine Weile hier sein. Vor allem, weil die Bestellung ja noch aussteht. Und wir erst vor ein paar Minuten hier angekommen sind“, wandte sie sich an die Bedienung.

"Oh Gott!", stöhnte Heather und sah auf den Block in ihren Händen hinab. "Ich.. Sorry. Bestellung. Ja, ähm. Habt ihr.. Haben Sie sich schon entschieden? Der Cocktail des Monats ist empfehlenswert", stammelte sie unsicher und versuchte sich wieder auf ihren Job zu konzentrieren und nicht weiter über die überraschenden Kuppelversuche nachzudenken. Wobei es schon recht verlockend war tatsächlich mit dem Herren neben ihr ein Date zu haben. Da müsste sie schon Nonne sein um keinen Gefallen daran zu finden. Mit einem mitleidigen Lächeln nickte Jael und sandte der Bedienung non-verbal seine Entschuldigung. "Einen Rotwein, trocken, bitte", antwortete er und versuchte damit Heather den Rückweg in ihre Routine zu erleichtern. Da diese aber nur nickte und nicht fragte, ob er eine bestimmte Traube bevorzugte war es wohl noch nicht ganz geschafft.

Obwohl die Bedienung sichtlich zerstreut war, war sich Rubina noch immer keiner Schuld bewusst. Im Gegenteil, das machte Heather eigentlich nur noch sympathischer. Selbst wenn sie das Angebot nur wegen Charles in Betracht zog – wer könnte ihr das auch schon verübeln? Charles war schließlich nicht hässlich und zudem sehr nett. Rubina hätte kein schlechtes Gewissen, ihn mit diesem Menschen zu verkuppeln, wenngleich nichts ernstes daraus werden würde. Sie war bestimmt allemal besser als Cassandre.
„Dann würde ich den Cocktail des Monats nehmen“, entschloss sich Rubina spontan und sah mit einem freundlichen Lächeln zu Heather auf. Nun blieb nur noch Charles. Dieser räusperte sich leise, wartete, bis die Bedienung ihn ansah und lächelte entschuldigend. Er hoffte, dass der armen Frau das ganze nicht zu unangenehm war – und sie deswegen nicht am Ende noch Fehler machte und Ärger bekam. „Für mich bitte einen Midleton Whiskey, einfach, ohne Eis“

Nickend verschwand Heather, ziemlich froh darüber Zeit zu haben ihre Gedanken erstmal wieder ordnen zu können. Hoffentlich beschwerten die Gäste sich hinterher nicht, dass sie von der Bestellung abgelenkt gewesen war, sie mochte den Job und wollte ungerne gefeuert werden. Andererseits waren sie ja auch selbst schuld, sie einfach mit sowas zu überfallen...

"Es würde mich nicht wundern, wenn wir die arme Frau heute nicht wieder sehen", sagte Jael halb ernst und sah der verschwindenden Siluette hinterher. Mit einem leicht spottendem Blick sah er wieder zu Rubina. "Fragst du alle Leute so ob sie deine Freunde sein möchten?"

„Wieso? Denkst du, diese Art zu fragen, könnte der Grund sein, warum ich nicht mehr Freunde habe?“, entgegnete Rubina spielerisch herausfordernd und verschränkte leicht die Arme vor der Brust. „Keine Sorge, ich bin normalerweise nicht ganz so offensiv. Nur war das so ziemlich die schnellstmögliche Art, wie man neue Freundschaften schließen kann. Zumindest die, die mir einfiel“, fuhr sie fort, während Charles eine Braue anhob und dem Gespräch der beiden folgte.
„Und das auf meine Kosten?“, warf er seufzend ein und bekam dafür ein entschuldigendes Lächeln von Rubina. „Och… ich bin mir sicher, ihr hättet euch ganz nett unterhalten. Und dir kann ein bisschen mehr sozialer Umgang nicht schaden“, antwortete Ruby und winkte locker.
Charles seufzte abermals und warf nun Jael einen leidenden Blick zu. „Und du hast sie auf die Idee gebracht? Dass sie so schnell wie möglich mehr Freunde braucht?“

Reuig neigte Jael das Haupt und grinste Charles mit einem leichten Schulterzucken zu. "Ich hab mir Sorgen gemacht. Dass sie das gleich auf dich ausweitet konnte ich ja nicht ahnen. Ich schließe mich allerdings an: Ein bisschen mehr sozialer Umgang kann dir nur gut tun", sagte er und sprach so offensichtlich Cassandre nicht an, das er es ebensogut hätte aussprechen können. Er hatte nicht per se etwas dagegen, dass Charles sich mit Frauen intim traf. Nur musste es ausgerechnet Cassandre sein?

Charles sah wenig überzeugt drein und verzog nur unglücklich wie skeptisch das Gesicht. „Jetzt fällst du mir auch noch in den Rücken. Von ihr hätte ich das ja erwartet, aber von dir?“, fragte er und ließ seufzend den Kopf hängen. Rubina lachte, streckte sich ein wenig und tätschelte ihm die Schulter, woraufhin er schnaufend wieder aufsah. „Du hast keinen guten Einfluss auf ihn“, bemerkte er, wobei man ihm jedoch ansah, dass er es nicht ernst meinte. Er war schließlich von Anfang an der Meinung gewesen, dass die zwei einfach zusammengehörten. Und die Meinung hatte er bislang auch nicht geändert.
„Ach, Unsinn!“ Rubina winkte seine Worte weg und schenkte ihm ein mattes Lächeln. „Wir machen uns einfach beide Sorgen um dich. Es ist zwar toll, dass du… naja…etwas mehr Bewegung hast. Mit Cassandre. Aber es ist…“ Sie wechselte mit Jael einen Blick und rümpfte die Nase. „Es ist eben Cassandre. Das kannst du besser“
„Reizend, dass du so einen unerschütterlichen Glauben in mich und meine Fertigkeiten hast“, bemerkte Charles und ließ dabei wie zufällig den Blick schweifen, wobei er diese Heather an einem der Tische entdeckte.

Jael wandt sich innerlich zielich während des Wortwechsels zwischen Rubina und Charles. Er zuckte sogar leicht zusammen, als sein Freund sagte sie hätte einen schlechten Einfluss auf ihn. Was irgendwie stimmte, er tat Dinge, die er früher nicht gemacht hatte (Er verdrängte schnell die Erinnerung an den Abend im Büro). Vor allem mischte er sich in Dinge ein, die ihn früher als Tabu vorgekommen waren, wie dem Privatleben anderer Leute. Nur konnte er sich auch nicht wirklich dazu überreden sich schlecht zu fühlen. Charles war sein bester Freund und er hatte selbst lange genug unter Cassandres Aufmerksamkeit gelitten, als dass er Charles wirklich einen Vorwurf machen konnte. Jedenfalls nicht was die physische Seite betraf, er hoffte allerdings wirklich, dass es sich nur auf den körperlichen Teil bezog.
"Charles, wir wissen alle, dass du mehr kannst. Mehr verdienst als Cassandre", warf er leise, als Bestätigung für Rubinas Worte ein. Ob er Charles damit überzeugen konnte, wusste er nicht, aber er empfand es als positiv, dass dieser den Blick zur Bedienung wandte. Ihm fiel nämlich durchaus auf, dass Charles den Blick auf dieser Heather länger ruhen ließ, als es für einen zufälligen Blick angebracht gewesen wäre. Woraufhin er Rubina einen dankbaren, liebevollen Blick zuwarf. Charles hatte wirklich Unrecht: Rubina hatte keinen schlechten Einfluss auf ihn, sie ergänzte ihn schlichtweg und tat die Dinge, für die es ihn an Mut mangelte.

„Sehr gut, bloß kein Druck“, gab Charles leise wie hörbar sarkastisch von sich und sah die zwei wieder an. Sonderlich vorwurfsvoll sah er nicht drein, da er lächelte. Dankbar lächelte. Er wusste ihre Sorge um ihn zu schätzen, nur wusste er nicht so recht, wie er damit umgehen sollte. Das Gute war, es ging ihm tatsächlich besser als vor ein paar Wochen noch. Und das war wohl wirklich Cassandre zu verdanken, oder besser gesagt, dem Sex mit ihr. Vielleicht war es aber auch die Nähe zu jemand anderem. Beides gab ihm das Gefühl, sich lebendiger zu fühlen.
Charles atmete tief ein, tastete seine Jacke ab, die er noch trug und zog dann aus der Innentasche einen kleinen Block sowie einen Stift heraus.
„Na gut…“, sagte er und schrieb seine Handynummer auf, wobei Rubina bereits breit grinste.
„Ohh. Ich bin stolz auf dich!“, sagte sie und nickte ihm zu. „Das ist ein Schritt in die richtige Richtung! Und wer weiß, vielleicht wirst du sie ja mögen“

Verwundert sah Jael dabei zu, wie Charles den Block aus der Tasche zog und war auch noch etwas ratlos was sein Freund vorhatte, als Rubina ihn schon freudig lobte. Erst, als Charles anfing seine Nummer auf das Papier zu schreiben wurde ihm klar, dass er Rubinas Vorschlag folgen wollte. Wie auf Bestellung kam Heather mit ihrer Bestellung zurück. Nicht mehr ganz so elangeladen und freudig, wie vorher, aber immer noch mit genug selbstsicherheit. "Tut mir Leid, das hat ein wenig gedauert", entschuldigte sich mit einem etwas zurückhaltendem Lächeln und warf ausgerechnet Charles dann den längsten Blick zu. Verdammt, dieser Vorschlag war aber auch zu nett gewesen. "Der Wein war für Sie?", fragte sie, sich schnell wieder auf ihre Arbeit konzentrierend, und reichte Jael das Glas.

Das arme Ding, dachte Charles, dem nicht entging, dass Heather es an Elan ein wenig missen ließ. Rubina hingegen sah mit einem munteren Lächeln darüber hinweg und nickte der Frau freudig zu, während sie ihren Cocktail entgegennahm. Nun stand nur noch Charles Getränk auf dem Tablett. Dieser hatte seine Hand um den Zettel gelegt, auf dem seine Handynummer stand. Sollte er ihr die wirklich geben? Womöglich wollte sie die Nummer gar nicht und ihr was das Ganze unheimlich unangenehm. Heather stellte den Whiskey ab und er fasste sich ein Herz.
„Danke. Und entschuldigen Sie nochmal wegen vorhin“, raunte er, wobei er zu ihr aufsah.
„Sollten Sie allerdings wirklich nicht davon abgeneigt sein, sich mit mir zu treffen…“, sagte er und hielt ihr den Zettel mit der Nummer an. „Ich würde mich sehr freuen“, fügte er mit einem charmanten wie leicht verlegenen Lächeln hinzu.

Heathers Herz flatterte und fast wäre das hinterhältige Ding ihr aus dem Hals gesprungen. Sie verschluckte sich und konnte so verhindern, dass sie irgendetwas peinliches sagte. Sie sollte es nicht tun, sie kannte die Leute schließlich so gar nicht, wobei es wirklich schwer war irgendeinem der Dreien unlautere Absichten zu unterstellen. Das Mädchen sah einfach nur freudig und ehrlich aus. Der Herr neben ihr war etwas undurchschaubar, sah aber aus, als wäre er einem Regency-Roman entsprungen. Eben das perfekte Klischee eines Gentlemans. Den sah sie lieber nicht weiter an, das machte sie irgendwie kribbelig. Und dann war da noch der Herr mit der Telefonnummer, der von seiner Ausstrahlung her der kleine Bruder des anderen sein könnte. Dabei aber nicht ganz so unnahbar wirkte. Und Herrgott sein Lächeln! Sie warf dem Mädchen einen Blick zu, als hoffte sie, dass sie sie retten würde. Keine Sekunde später erinnerte sie sich allerdings wieder daran, dass sie sie ja erst in die Situation gebracht hatte. Und dann hatte sie ihre Entscheidung schon getroffen ohne wirklich darüber nachzudenken. "Ja, danke. Ich- hm, werde anrufen", versprach sie mit einem noch verlegenerem Lächeln als Charles und ließ den Zettel in die hintere Tasche ihrer Hose gleiten.

Verwundert betrachtete Jael das Schauspiel. Er hätte gewettet, dass diese Heather einfach gehen und nie wieder mit ihnen reden würde. Und jetzt sah es so aus, als hätte Charles ein Date. Bewundernd sah er Rubina an. Sie war wirklich eine Meisterin.

Bis zuletzt war sich Charles nicht sicher gewesen, wie die Bedienung reagieren würde. Sie könnte schließlich auch ablehnen, selbst wenn es womöglich ein wenig unhöflich wäre. Und es sie das Trinkgeld kosten könnte. Wobei nicht in seinem Fall, er hätte ihr vermutlich sogar noch mehr bezahlt, schon allein als Schadensgeld dafür, dass Rubina sie so belästigt hatte.
Aber all das war vielleicht gar nicht nötig – zumindest nahm Heather seinen Zettel mit der Nummer entgegen. In seinen blauen Augen lag etwas hoffnungsvolles, als er zu ihr aufsah. Sein Lächeln wurde freudiger und konnte sicherlich Mädchenherzen instant schmelzen lassen.
„Ich werde darauf warten“, raunte er und nickte ihr zu. Nur kurz darauf waren sie wieder unter sich und Rubina schüttelte den Kopf. „Sieh mal einer an“, raunte sie und grinste schief. „Du bist ein wahres Naturtalent. Würde mich nicht wundern, wenn du hier im Club jede haben könntest – würdest du es darauf anlegen“
„Ach, Unsinn“, winkte Charles ab und fuhr sich unsicher durch das blonde Haar, während er sich wieder zurücklehnte.

"Nein, ich fürchte in dem Punkt hat sie recht", mischte Jael sich in die Unterhaltung ein und sah seinen Freund an, als säße da ein völlig neuer Mann. Ein bisschen war er auch erstaunt. Sein Kumpel, der nie Interesse an irgendeiner Form von Beziehung gezeigt hatte, um den er sich die letzten Monate ziemliche Sorgen gemacht hatte, weil dieser sich immer weiter zurück zog, saß jetzt hier und hatte nicht nur Sex mit Cassandre, sondern auch noch mit Leichtigkeit einem Mädchen den Kopf verdreht. Selbst er konnte nachvollziehen, dass das letzte Lächeln durchaus im Stande wäre jede Frau in diesem Raum in sein Bett zu bekommen. Auch wenn er das auf diese Weise nicht ausgedrückt hätte. "Wobei fürchte das falsche Wort ist. Ich bin begeistert, dass sie Recht hat. Zumindest solange das bedeutet, dass es dir besser geht."

Rubina grinste breit, als ihr Freund ihr recht gab und sah begeistert Jael an. Wenn sogar er das sah, was für eine Wirkung Charles hatte, dann musste es wirklich offensichtlich sein. Nur für Charles nicht, wie es schien. Dieser winkte unangenehm ab. „Schon gut. Ich… Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Ich… fühle mich wirklich geehrt, dass ihr euch so Sorgen um mich macht“, raunte er und fuhr sich mit der Hand über den Nacken, während er den beiden ein verschämtes und zugleich sehr warmes wie dankbares Lächeln schenkte.
„Aber ich finde, das ist genug Gerede über mich! Wie ist es mit euch beiden?“, fuhr er fort und lehnte sich wieder etwas vor. „Ich bin wirklich froh, dass ihr beiden wieder zueinander gefunden habt. Und ich finde, darauf sollten wir anstoßen“ Charles hob sein Glas und hielt es den beiden lächelnd an. Rubina erwiderte das warme Lächeln und sah kurz mit einem liebevollen Blick zu Jael.
„Das bin ich auch. Sehr, sehr froh“, stimmte sie zu und hob dann ebenfalls ihr Glas an.

Sprung um zwei Monate. Weihnachten.

Casey sah auf die dunkle, nasse Straße hinab und bezweifelte wieder, dass er die richtige Entscheidung getroffen hatte. Und selbst dabei war er sich nicht sicher, welche seiner Entscheidungen die Falsche gewesen war. Jess hatte weiterhin angerufen, aber nicht mehr wegen diesem Ball gefragt. Das hatte dafür Charles übernommen, wobei dieser Anruf erst vor drei Wochen gekommen war. Erst durch ihn hatte Casey dann auch erfahren, dass Jess und Damion wieder getrennte Wege gingen. Es hätte ihn vermutlich betrüben sollen, aber er brachte es nicht über sich für Jess deswegen traurig zu sein. Er hatte Jess nicht darauf angesprochen, wenn sie nicht wollte, dass er es wusste, dann würde er den Unwissenden mimen. Er hatte ihr ja auch nicht gesagt, dass Brida ihm einen Brief zukommenlassen hatte. Nach seinem Telefonat mit ihr hatte er mit irgendeiner Reaktion gerechnet, dass nichts kam machte ihn nervös, der Brief trug nicht zu seiner Beruhigung bei. Er war nicht mit der Post geschickt worden und an seine Tür gestellt worden, als er gerade nicht da gewesen war. Was nicht nur hieß, dass sie wusste wo er wohnte, sondern auch wusste was er tat. Nicht beruhigend, er fühlte sich immer mehr wie die Maus im Labyrinth. Der Brief selbst war bemerkenswert unaussagekräftig, nur dass er beim Ball sein sollte, jedenfalls vermutete er aus Ort und Datum, dass Brida das gemeint hatte. Wenn er es nicht schon so leid gewesen wäre sich beobachtet zu fühlen, wäre er vielleicht trotzdem weggeblieben. Aber zusammen mit Charles Bitte, Jess Wunsch und seiner Unruhe ließ es die Waage kippen. Vor zwei Wochen war er nach London zurück gekommen, ohne dass irgendjemand es bemerkt hatte, wobei er Brida vorsichtshalber aus dieser Gruppe ausklammerte. Er hatte die Zeit genutzt um Informationen einzuholen, die ihm am Ende doch nichts genutzt hatten. Jedenfalls konnte er keinen Faden darin finden oder auch nur einen tieferen Sinn herausholen. Vielleicht hätte Jael mehr und effektiver zusammentragen können, aber der war noch außerhalb der gefährdeten Gruppe und das wollte er auch das es so blieb.

Jael blinzelte und war wach. Der Blick aus dem Fenster zeigte nur, dass es dunkel war, aber da es Winter war, war das nicht weiter verwunderlich. Seine innere Uhr ließ ihn aber nicht unruhig werden, was hieß, dass es nicht zu spät war. Er verlagerte leicht das Gewicht und sah zu Rubina. Wie ein kleiner elektrischer Schlag fuhren mehrer Gefühle durch ihn durch und ließen ihn ziemlich glücklich lächeln. Die Wohnung war noch nicht vollständig fertig eingerichtet, aber mehr als ausreichend, damit sie hier leben konnten. Was schon seit fast drei Wochen der Fall war. Und doch überraschte es ihn jedes Mal angenehm, wenn er neben Rubina aufwachte. Wobei er sich in einigen Dingen auch immer noch überfordert fühlte. Das gemeinsame Bett hatte er nicht bedacht, als er eine gemeinsame Wohnung vorschlug. Was ihn am meisten beunruhigte war, wie angenehm ihm gerade dieser Aspekt aber wurde.

„Musst du dich nicht fertigmachen?“, fragte Jupiter, die über ihre Schulter zurück zum Bett sah. Sie war gerade dabei ihre Jeans wieder anzuziehen und schloss sowohl Reißverschluss, als auch Knopf. Anschließend angelte sie sich ihr Shirt, das aus unerfindlichen Gründen auf der Stehlampe gelandet war. „Du gehst doch zu diesem Ball der Vampire, oder nicht?“
Rasch zog sie sich ihr Oberteil über ihren BH und strich daraufhin ihre langen, roten Haare unter dem Shirt hervor. Nun fehlten nur noch Socken und Schuhe. Ihre Schuhe sah sie, die lagen in der Nähe der Tür, aber wo zum Donner waren ihre Socken? Suchend schaute sich Jupiter um.
Es war das erste Mal, dass sie mit Damion geschlafen hatte, seit dem letzten, ersten Mal. Immerhin war er ja mit Jess zusammen gewesen. Und selbst kurz nach deren Trennung hatte sie sich nicht gleich wieder getraut. Wobei ihr immer noch schleierhaft war, warum die beiden überhaupt zusammen gewesen waren. Was nicht bedeutete, dass sie nicht sah, dass sie gut zueinanderpassten. Es war nur… Damion in einer festen Beziehung zu sehen, war falsch. Genauso, wie man Casanova auch in keiner festen Beziehung vermuten würde.

Als Rubina schließlich langsam die Augen öffnete, wusste sie noch, dass sie etwas geträumt hatte, doch sie bekam ihn nicht mehr so recht zu fassen. Sie hatte keine Ahnung mehr, wovon sie geträumt hatte, sie wusste nur, dass es etwas schönes gewesen war. Mit einem Lächeln blinzelte sie und bemerkte Jael, was sie noch eine Spur glücklicher lächeln ließ. „Guten Abend“, wünschte sie ihm schmunzelnd, nachdem auch sie mit einem Blick zum Fenster bemerkt hatte, dass es draußen dunkel war. Dunkel, aber wohl noch nicht zu spät. Oder besser gesagt, zu früh, um ihm schon eine frohe Weihnachten zu wünschen.
„Bist du schon lange wach?“, fragte sie und verspürte nicht wirklich den Drang, sich in irgendeiner Weise bewegen zu wollen. Natürlich war ihr mehr als bewusst, dass heute Abend dieser Ball war, doch sah sie diesem mit gemischten Gefühlen entgegen. Der letzte Ball, auf dem sie gewesen war, war eine Katastrophe gewesen. Was vor allem an Damion und Jess gelegen hatte… Die dieses Jahr wohl auch dabei waren. Allerdings würde sie dieses Mal nicht mit Damion hingehen – dem Himmel sei Dank!

Damion schnaufte, antwortete aber nicht weiter. Das sie sich noch mal im Bett treffen würden hatte er nicht erwartet und doch war sie gestern mit ihm gegangen und die Nacht war gut gewesen. Gerade für ein Menschlein war sie erstaunlich ausdauernd. Leider hatte sie immernoch so gar keine Ahnung, wie es in der Welt ablief. "Als würde ich da pünktlich auftauchen müssen. Niemand taucht da pünktlich auf", antwortete er und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. "Wieso bist du eigentlich schonf ertig? Du musst doch gar nicht auf diesen Ball." Mit einem anzüglichen Blick sah er an ihrer bekleideten Gestalt hinab. Sie gefiel ihm besser ohne Klamotten in seinem Bett besser.

"Nein", antwortete Jael mit einem leisen Lachen und strich seiner Freundin mit den Fingerspitzen über die Wange. "Noch nicht lange. Es ist noch früh, du kannst dich nochmal umdrehen, wenn du möchtest", antwortete er und ließ ihr auch gleich den Freiraum dieses zu tun. Selbst rutschte er an den Rand und setzte sich auf. Vor dem Ball könnte er sich noch um ein oder zwei Dinge kümmern. Dann könnte er die Tage zwischen Weihnachten und Neujahr vielleicht frei machen. Das war eine wirklich ein verlockender Gedanke und dabei hatte er noch nie mehr als an den Feiertagen frei gemacht.

„Oh und dafür bin ich auch sehr dankbar, dass es kein ‚Muss‘ für mich ist. Ich kann nämlich gut darauf verzichten, als wandelnder Blutbeutel für einen Haufen von lüsternen uralten Kerlen wie dir zu dienen. Eine ganze Nacht lang“ Jupiter verzog das Gesicht und schüttelte sich, wobei sie ihre Socken noch immer nicht gefunden hatte. Ob sie sie noch hatte, als sie ins Bett gegangen waren? Sie ging wieder auf das Bett zu und hob die Decke am Fußende hoch, um zu schauen, ob dort irgendwo ihre Socken lagen. „Nervenkitzel habe ich davon abgesehen ohnehin genug. Nein, ich werde heute Abend einfach entspannen, mit dem Wissen, dass ihr alle andersweitig beschäftigt sein werdet“, fuhr sie fort, sah zu Damion und lächelte ein falsches, charmantes Lächeln, kurz bevor sie ihre Socken endlich fand. Sie nahm auf dem Bett Platz, um sich diese wieder über die Füße zu ziehen. „Ich habe ein Date mit meiner Badewanne, meinem Kühlschrank und den Essensresten von gestern sowie meinem Bett“, fuhr Jupiter fort und zupfte ihre Socken an ihren Füßen zurecht.
Eigentlich klang das nach einem ziemlich traurigen Plan, wenn man bedachte, dass morgen Weihnachten war. Und ihr Tag würde morgen wohl nicht viel anders aussehen.
„Begleitest du mich wenigstens noch bis vor zur Haustüre? Ich will nicht fälschlicherweise für einen Snack gehalten werden“

Rubina genoss die Berührung, wenngleich sie sehr flüchtig und im Nu wieder vorbei war. Sie folgte ihm mit ihren Augen und streckte für einen Augenblick ihre Hand nach ihm aus. Sie war bereits im Begriff, ihn festzuhalten, doch ihre Finger blieben wenige Zentimeter von ihm stehen und zogen sich dann wieder zurück. Am liebsten hätte Ruby ihn noch eine Weile neben sich im Bett gehabt – doch sie wusste, dass er noch arbeiten musste. Und davon sollte sie ihn nicht abhalten. Immerhin hatte sie ihn später auf dem Ball für sich. Hoffte sie zumindest, dass er da etwas Zeit für sie haben würde und Galon ihn nicht am Ende noch zu sehr in Aufgaben verwickelte.
Kurz darauf setzte sich auch Rubina auf und schob den Träger ihres Nachthemdes wieder zurecht.
„Ich denke, ich werde schon mal unter die Dusche springen. Es sei denn, du wolltest zuerst“

Ehe Jupiter vom Bett wieder aufstehen konnte lagen Damions Arme um ihren Körper und er biss ihr spielerisch in den Hals. Er brauchte einen ganzen Batzen Selbstbeherrschung nicht wirklich zuzubeißen. Was sprach sie auch von Essen um diese Uhrzeit, kein Wunder dass er da Hunger bekam. "Wenn du in 30 Jahren noch so fit bist wie wir, dann darfst du über uralte Knacker beschweren, Kindchen", grummelte er verspielt und ließ sie wieder los. Die Gefahr doch zuzubeißen wurde etwas sehr groß. In einer fließenden Bewegung war er aus dem Bett hinaus und an seiner Hose, in die er schlüpfte. "Bei den Gästen, die wir heute hier haben wäre eine Begleitung wirklich nicht schlecht, sonst endest du wirklich als Snack. Und dann müsste ich ungemütlich werden, wo du doch mein Snack bist", lachte er. Ihm kam ein Gedanke, woraufhin er sich Jupiter eingehend ansah. Sie hatte nicht vor, es klang eher als wollte sie wie eine Katzenoma enden. Er musste nicht wirklich auf diesen Ball. "Wenn ich mich weigere dich zu begleiten, bleibst du dann?" Anzüglich grinsend schob er die Hände in seine Hosentaschen.

Jael wandte den Kopf halb zu Rubina herum und schüttelte in leicht. "Nein, geh nur. Wir haben noch genug Zeit, du brauchst dich also nicht zu beeilen", antwortete er und lächelte seiner Freundin warm zu. Ihm kam gar nicht in den Sinn sie in die Dusche zu begleiten, was Damion ziemlich verstört hätte.

Galon zog seine Manschetten unter dem Jacket hervor und richtete die Knöpfe. Er warf einen schnellen Blick in den Spiegel und fand nichts, was zu beanstanden war, woraufhin er noch ein korrektur Zupfen an seinem Jacket vornahm und dann das Zimmer verließ. Die meisten Dinge waren spätestens gestern geklärt worden, jetzt musste nur noch das Orkester ihre Plätze einnehmen und der Caterer seine Leute platzieren, damit Getränke zur Verfügung standen. Da heute auf menschliche Bedienungen verzichtet wurde, sollte es von der Seite aus keinerlei Schwierigkeiten geben. Trotzdem hatte Galon lieber selbst einen Blick auf die letzten Handgriffe.