Vampire-Das RPG IV

"Merkwürdig, dass er das immer noch hat. Vielleicht glaubt er ja auch nur, dass sie hier alle noch zu viel Angst vor ihm haben", stimmte Casey zu, während er zu Jess rüber ging und sich auf die Ecke des Schreibtisches setzte. "Lass mal, ich finde du machst dich ganz gut darin. Ich würde da nur doof aussehen", antwortete er mit einem lachenden Schnauben und folgte dann ihrem Blick in die Zimmerecken. "Nein. Vorher hat er ja praktisch hier gewohnt, da ist sicherlich niemand einfach hier eingedrungen. Schließlich war Galon ja auch immer hier. Schlag es ihm vor, vielleicht ändert er seine Einstellung", schlug er vor und setzte einen Fuß neben Jess auf die Sitzfläche. "Und was machen wir jetzt, während wir darauf warten, dass unser großer Meister auftaucht?"

Galon seufzte und hörte auf an seiner Ehefrau rumzuknabbern. "Nein, wünsche ich mir tatsächlich nicht. Den ganzen Dreck müsste ich ja wieder wegmachen", antwortete er mit einem traurigen Lächeln. Irgendwann würde Vic merken, dass es Männer gab, die viel mehr zu bieten hatten als lange Arbeitstage und Intrigen an jeder Ecke. Aber so lange sie blind dafür war, würde er die Situation nutzen und dankbar sein, dass sie bei ihm war. "Gott.. Vergleichst du mich gerade wirklich mit dem Papst? Doch wohl besser der Pate", lachte er, während er seinen Arm um ihre Schultern legte und mit ihr zur Tür ging. Die Frage war wohl auch weniger, ob er den Posten abgeben wollte, bevor jemand meinte, dass er besser dafür geeignet war. Und ob er dann noch genug Einfluss hatte um seinen Kontrahenten auszumanövrieren. Hrm. Ob er schon in dieser Situation war und es nur noch nicht gemerkt hatte?

Jesaiah hob skeptisch eine Braue. Die einzigen, die hier noch Angst vor ihm hatten, waren vermutlich die Jüngeren. Galon konnte schließlich durchaus ein wenig furchteinflößend wirken. Die Älteren hatten vermutlich nicht direkt Angst, dafür Respekt. Zumindest die meisten. Das wenigstens hoffte Jess, für Galon. Schweigend beobachtete sie Casey dabei, wie er zu ihr hinüber kam und sich auf die Ecke des Schreibtischs setzte. „Meinst du?“, fragte sie schmunzelnd, lehnte sich zurück und machte es sich offensichtlich gemütlich. „Ja… das werde ich. Er ist wirklich etwas zu nachlässig. Und es liegt auch in meinem Interesse, wenn er noch ein wenig länger hier die Geschicke des Clans lenkt. Besser er als irgendwer sonst“, sagte Jess nachdenklich und sah zu Casey auf, als dieser seinen Fuß auf den Sitz stellte. Mit einem verführerischen Lächeln lehnte sie sich zu ihm und hauchte: „Wir könnten ein wenig rummachen.“

Hetisch began sein Herz einen euphorischen Rythmus zu trommeln. Meinte Jess das wirklich ernst? Casey schnappte nach Luft und rutschte weiter an Jess heran. "Versprich nichts, was du nicht halten willst", warnte er sie. Als Antwort grinste Jess nur zog ihm am Kragen zu sich. Ihre Lippen trafen sich und Casey hatte das Gefühl langsam in Flammen aufzugehen. Die Luft wurde knapp, aber er war besser darin geworden dran zu denken zwischendurch Luft zu holen. Irgendwann war er von der Tischkante gerutscht und auf Jess Schoß gelandet, was ihr rummachen nur noch heiser werden ließ. Und dann hörte Jess plötzlich einfach auf. Weil Galon kam, wie sie sagte. Die Worte drangen fast nicht durch den Nebel in Caseys Kopf. "Galon?", fragte er, als auch schon die Tür hinter ihnen aufging.
"Was zum Kuckuck..?", stieß Galon irritiert aus. Es war schon irritierend gewesen, dass die Tür nicht verschlossen gewesen war, jetzt auch noch jemanden in seinem Sessel zu sehen machte ihn endgültig ungehalten. Bis ihm auffiel, dass es nicht nur eine Person war, sondern zwei. Und die eine von beiden gar nicht hätte da sitzen dürfen. "Jess?", fragte er vor den Kopf gestoßen.

Wie sein Herz raste. Eigentlich hatte Jesaiah ihre Worte nicht wirklich ernst gemeint. Doch das Rasen seines Herzens stachelte sie förmlich an. Und sein Geruch…und seine Nähe, als er weiter zu ihr rutschte. Wie konnte sie da noch einen Rückzieher machen? Jess zog Casey also zu sich und küsste ihn leidenschaftlich. Gott, wie glücklich war sie, dass sie wieder zueinander gefunden hatten – das er ihr vor allem noch eine Chance gegeben hat!
Jesaiah vergaß sich ein wenig, schlang ihre Arme um den Älteren und kurz darauf musste er wohl auch schon auf ihrem Schoß gelandet sein. Nicht nur er verlor sich beim Rummachen, sondern auch sie. Deswegen bemerkte sie auch erst reichlich spät, dass sich Schritte dem Büro näherten. Und dann war Galon auch schon an der Tür. Sie lehnte sich zurück und ließ Casey wissen, dass Galon vor der Tür war – als sich diese auch schon beinahe zeitgleich öffnete.
Mit einem entschuldigenden Lächeln sah sie Casey an und lehnte sich daraufhin zur Seite. An dem Älteren hinweg sah sie zur Tür und lächelte Galon munter an.
„Galon! Reizend dich zu sehen, komm nur rein. Wir haben es uns etwas auf deinem Stuhl gemütlich gemacht - Da kann ich fast verstehen, warum du es dir hier in den letzten Monaten auch so gemütlich gemacht hast. Und aus… Gründen, davon ausgingst, dass ich tot sei. Und dass es ja besser wäre, nicht nach mir zu suchen. Fast. Aber nicht ganz“, sagte sie, wobei das Lächeln in ihrem Gesicht immer schmaler wurde. „Schön dich wiederzusehen, wenngleich das nicht dein Verdienst ist.“

Vielleicht war es ganz gut, dass er auf Jess Schoß saß, so hatte er einen Moment seine Reaktionen wieder unter Kontrolle zu bekommen. Auf der anderen Seite saß er auf Jess Schoß, Herrgott, wie sollte er seine Reaktionen da unter Kontrolle bekommen? Während Casey also darum kämpfte das Blut wieder dahin zu befördern, wo es ihm in diesem Moment auch tatsächlich helfen konnte, überwandt Galon seine Überraschung und trat zur Seite, damit auch Vic in den Raum treten konnte. Erst als die Tür wieder geschlossen war, reagierte er auf ihre recht unliebsamen Worte. "Nein, sicherlich nicht mein Verdienst. Ich bin auch nicht gerade bekannt dafür Unmögliches möglich zu machen", erwiderte er ruhig und schüttelte dann ungläubig den Kopf. "Glückwunsch Casey. Du hattest Recht und wieder hätten wir alle auf dich hören sollen." Mit der Hand rieb er sich die Stirn und fragte sich, ob er durch Jess auftauchen jetzt mehr Probleme bekommen würde oder weniger. So wie sie gerade aussah und sprach wohl eher mehr.

Victoria trug ein paar Papier zu ihrem Schreibtisch, während Galon an die Tür zu seinem Büro trat. Die offen war. Vic sah irritiert auf und stand schon hinter ihrem Ehemann, als er ‚Jess‘ sagte. Jess? Zuerst konnte sie den Geruch der Jüngeren riechen und dann, als Galon beiseitetrat, sah sie sie auch. Jesaiah Whitfield lebte also tatsächlich noch. Ganz offensichtlich. Und es musste ihr wohl wesentlich besser gehen, als zuletzt, so wie sie mit Casey auf dem Schreibtischstuhl saß… Ein wenig geschmacklos. Hätten sie das nicht daheim machen können? In irgendeinem Liebesnest? Ein wenig missbilligend rümpfte sie kurz die Nase, sah dann jedoch gleich darauf wesentlich umgänglicher aus. „Es ist schön, dich wiederzusehen, Jess. Willkommen zurück“

„Hättest du, ja“, stimmte Jesaiah ihm ernst zu. Sie atmete tief ein und lehnte sich dann wieder etwas zurück. So verschwand Galon erst einmal wieder hinter Casey. Den Älteren sah sie nun an, lächelte leicht. Hätte Casey auf Galon gehört, wäre sie nun ganz sicher nicht hier. Derweil trat auch Victoria in den Türrahmen und richtete das Wort an sie. „Danke“, antwortete Jess und nickte höfflich. Anschließend sah sie wieder zu Casey und erkundigte sich nonverbal, ob er aufstehen könne. Als er dann aufstand, folgte sie ihm. Jess blieb jedoch erst einmal neben dem Stuhl stehen, eine Hand auf der Rückenlehne. „Entschuldige, dass wir deinen Stuhl in Beschlag genommen haben, Galon. Er gehört nun wieder ganz dir“, sagte sie und trat beiseite, umrundete den Tisch und ließ sich auf einem der gegenüberliegenden Stühle nieder.
„Caseys Schule fängt wieder an, daher sind wir zeitig zurück nach London gekehrt… Ich habe gehört, dass du die drei Frauen erwischt hast. Sie hatten mich auf einem Friedhof nahe Grays vergaben. Dort lag ich… bis Casey mich mit Charles und Féilim ausgegraben hat. Vor… zwei Wochen in etwa. Ich hoffe, du hast ein Nachsehen, dass ich nicht gleich herkam auch Bescheid gesagt habe. Ich wollte erst einmal… ins Reine kommen. Mit mir. Mir ordnen. Und nun… bin hier… Ich würde gerne etwas in London bleiben, wenn das in Ordnung für dich wäre.“

Er wurde wirklich paranoid. Die Worte ließen Galon leicht zusammenfahren und Jess fest ins Auge fassen. Lag mehr in ihrem Verhalten als es schien? Hatte sie mit Absicht seinen Stuhl wie ihr Eigentum genutzt. Und war in sein Büro eingedrungen, als wäre es ihr Reich. Sie hatte durchaus die Veranlagung dazu Macht anzusammeln. Und sie hatte sich nie gerne länger in London aufgehalten und war jetzt plötzlich doch häufig hier. Nur zögernd trat er um den Tisch herum und stellte sich neben seinen Stuhl. Als Casey Jess folgte und sich auf den zweiten Stuhl fläzte, sah er über die beiden hinweg zu Vic. Wenigstens konnte er bei ihr sicher sein, dass sie sich nicht gegen ihn wandte. Verwundert blinzelnd wandte er den Blick wieder auf die beiden Eindringlinge. "Hierbleiben?", fragte er und war sich wirklich nicht mehr sicher, was er denken sollte. Casey schnaubte und ließ sich tiefer den Stuhl hinab sinken. "Da du mir ja nicht erlaubst die Stadt zu verlassen - Und keine Panik, ich sehe ein, warum du nicht willst, dass die Menschen hier tiefer graben - Muss sie wohl oder übel hierbleiben. Also ja, hierbleiben. In London."

Wohl oder übel. Jess sah zu Casey, als dieser mit Galon sprach. ‚Sie musste wohl oder übel hierbleiben.‘ Stimmt, sie mochte London nicht. Und wenn es möglich gewesen wäre, wäre sie lieber noch länger mit Casey in Oxwich geblieben. Aber Casey musste nach London und so schnell würde sie ihn nicht mehr verlassen. Also ja, wohl oder übel musste sie hier in London bleiben. Aber mit etwas Glück würde es dieses Mal friedlicher hier zugehen. Ruhiger. Sie gab der Stadt noch eine Chance.
„Ich gebe dir auch mein Wort, dass ich keine Dummheiten mache. Wenn es das ist“, sagte Jesaiah und sah von Casey wieder zu Galon. „Mir ist auch egal, was du mit diesen drei Frauen machst. Ich will keine Rache. Ich will einfach hierbleiben. Bei Casey. Und… bin auch hier, um dich zu fragen, ob ich Teil deines Clans werden kann. Ich weiß, dass bald der große Abend ansteht. Und würde dort offiziell meinen Eid dir gegenüber leisten.“
Victoria stand noch immer nahe der Tür, also im Rücken von Casey und Jess und sah über diese hinweg zu ihrem Mann.

Verwundert blinzelte Galon und ließ sich dann auf seinen Stuhl sinken. Hatte er da richtig gehört? Jess wollte Teil des Clans werden. Er warf Casey einenfragenden Blick zu, den dieser mit einem Grinsen erwiderte, dass eher so aussah, als würde er die Zähne fletschen. Verdammt, er hatte die Bindung zwischen den Beiden definitiv unterschätzt. "Nun.. Sicher. Wenn du das willst", antwortete er ihr langsam und schüttelte leicht den Kopf. Er hätte nicht gedacht, dass er jemals den Tag miterleben würde, an dem Jess sich an einen Clan (vor allem den Londoner Clan) band. "Weiß Damion davon?", fragte er und malte sich gleich darauf aus, welche Probleme er bereiten würde, sollte das nicht der Fall sein.

„Das tue ich“, bestätigte Jesaiah ernst, während sie sich innerlich ein wenig über Galons Reaktion amüsierte. Für ihn folgte gerade eine Überraschung nach der anderen. Erst die Tatsache, dass sie noch am Leben war und dann die, dass sie Teil seines Clans werden wollte. Immerhin war sie seit über 240 Jahren ein Vampir und hatte bislang davon abgesehen, sich irgendeinem Clan offiziell anzuschließen. Sie hatte stattdessen so ungebunden wie möglich sein wollen. Und nun war sie hier. Wenn irgendein Clan in letzter Zeit für sie in Betracht kam, dann der Londoner Clan. Schließlich gehörte nicht nur ihr Erschaffer diesem an, sondern auch Charles. Und natürlich auch Casey.
Ihr Blick wanderte zu dem Älteren neben ihr, der Galon diese Art von Lächeln zeigte, die sie schmunzeln ließ. Allerdings verging ihr das Schmunzeln sowie Galon von Damion anfing.
Mit eher düsterer Miene sah sie zum Clansoberhaupt auf und schüttelte den Kopf. „Nein. Er weiß nichts davon. Auch nicht, dass ich noch am Leben bin. Aber ich werde es ihm sagen. Damit es nicht zu… Unannehmlichkeiten am Abend der Bezeugungen kommt.“
Victoria stand derweil noch immer nahe der Tür und hob ein wenig skeptisch die Braue. Damion neigte von Natur aus zu Unannehmlichkeiten. Je nachdem wie dieses Gespräch zwischen ihm und seiner totgeglaubten Tochter verlaufen wird, könnte es dennoch zu ‚Unannehmlichkeiten‘ kommen. Hm. Sie sollte dringend mit ihm reden. Vielleicht gleich nachdem auch Jess bei ihm gewesen war.

Sie würde es ihm vorher sagen. Hoffentlich nicht eine Stunde vorher. Galon war nicht wirklich zufrieden mit dieser Aussage, aber gut. Er konnte ihr in der Sache schlecht vorschreiben was sie tun sollte. "Ich wäre dir sehr dankbar, wenn du das tun würdest", sagte er und biss sich auf die Zunge, ehe er hinzufügen konnte, dass er es sich im Moment nicht leisten konnte, wenn Dinge passierten, die seine Autorität untergruben. Er wandte sich Casey zu. "Ich gehe davon aus, dass du immer noch an dem Abend nicht anwesend sein wirst." Formuliert klang es wie eine Frage, klang aus Galons Mund aber eher wie ein Befehl. Weswegen Casey auch etwas abrupt den Kopf hob und ihn düster ansah. "Natürlich. Wie du befolhen hast", giftete Casey trocken. Als hätte er vorgehabt so dumm zu sein, wo doch auch für ihn besser war, wenn sie den Ball um sein Menschsein flach hielten.

„Zeitnah. Keine Sorge“, antwortete Jesaiah, ehe Galon sein Wort an Casey richtete. Ihr Blick wanderte zu dem Älteren hinüber, der schlagartig reichlich düster dreinsah. Im Grunde war es von Seitens Galon keine Frage gewesen, sondern mehr ein Vergewissern, ob der andere auch noch spurte. Kein Wunder also, dass Casey da nicht begeistert reagierte. Allerdings war auch Jess froh, wenn er dem Abend fernblieb. Zu viele Vampire auf einem Haufen. Und Galon war wohl auch froh, wenn er eine Sorge weniger an dem Abend hätte… Jesaiah streckte ihre Hand aus, lehnte sich leicht vor und berührte Caseys Knie mit ihrer Hand. Lächelnd sah sie ihn an und hoffte, dass er sich dadurch etwas entspannte.
Daraufhin hob Jess wieder den Kopf, blickte zu Galon und lehnte sich zurück.
„Ich werde Damion morgen aufsuchen. Er wohnt nicht mehr hier, meinte Charles. Kannst du mir die neue Adresse geben?“, fragte sie und strich sich das Haar zurück.
„Und… nur so, als Tipp. An deiner Stelle würde ich das Schloss austauschen. Und wenigstens eine Kamera hier drinnen installieren.“
Victoria hob eine Braue bei den Worten der Jüngeren und sah über die beiden Köpfe hinweg zu Galon. Sie dachte darüber nach und nickte schließlich zustimmend. Ein neues Schloss und eine Überwachungskamera wären womöglich wirklich nicht das schlechteste…

Als Jess Hand plötzlich auf seinem Knie lag, zuckte Casey zusammen. Galon runzelte die Stirn, musste dann aber einsehen, dass ihn wohl nur die Berührung überrascht hatte. Tatsächlich entspannte Casey sich auch direkt und lehnte sich wieder, wenn auch leise grummelnd, wieder im Stuhl zurück. Es war ja im Grunde genommen richtig, dass er nicht auftauchen würde.
Galon nickte leicht auf Jess weitere Erklärung. Wenn sie wirklich morgen schon ginge, dann hätte Damion Zeit genug sich wieder unter Kontrolle zu bekommen. Er zog einen Zettel zu sich und schrieb Damions derzeitige Adresse auf. "Denk dran, dass er bei Jane wohnt. Wie ich hörte hattet ihr einen kleinen Zusammenstoß, bevor..", seufzen beendete er den Satz nicht. dafür verzog er leidend das Gesicht, als sie von seinen Türen anfing. Ja, sie hatte leider recht. Gerade jetzt in dieser Situation musste er die Sicherheit wohl ausbauen. Nur musste er einen Weg finden es nicht wie ein Zeichen der Schwäche aussehen zu lassen. Falls das überhaupt möglich war.

„Ja. Den hatten wir wohl“, antwortete Jesaiah und widerstand gerade so dem Drang, Casey dabei anzusehen. Sie hatte es noch immer nicht geschafft, ihm davon zu erzählen… Vielleicht sollte sie das heute Abend noch nachholen… Oder vielleicht besser morgen? Immerhin musste er morgen zur Schule. Hm. Nein, es war wohl besser, wenn sie nicht noch mehr Zeit verstreichen ließ.
Dankend nahm Jess den Zettel an sich und nickte Galon zu. „Und ja. Charles erwähnte es. Ich werde… vorsichtig sein“, versicherte sie ihm. Insgeheim hoffte sie, dass Jane nicht gleich wieder auf sie losgehen würde. Immerhin galt sie hier als Tote. Das Überraschungsmoment hätte sie auf der Seite. Jess schmunzelte, als Galon das Gesicht verzog. „Ich vermute, du weißt selbst, dass du hier etwas aufrüsten musst, oder? Du könntest Leticia Areias fragen. Sie wird sicher beides in ihrer Bar haben und kann dir vielleicht etwas empfehlen? Aber ich vermute, du hast sicher auch für so etwas deine Leute… Nun gut… Hast du noch Fragen? Oh-“, Jess lehnte sich vor, fuhr mit ihrer Hand in die Manteltasche und zog nun ihrerseits einen Zettel hervor, den sie Galon hinhielt. „Meine neue Handynummer. Sollte etwas sein, bin ich darüber zu erreichen.“

Verwundert sah Casey zu Jess. Wieso sollte sie denn wegen Jane vorsichtig sein? Weswegen hatten die beiden sich denn in die Wolle bekommen? Besser war wohl er fragte nicht hier. Vielleicht wollte er die Antwort auch gar nicht wissen, er hatte da so ein Bauchgefühl. Während Jess und Galon also ihre Geschäfte klärten saß er daneben und bekam das leichte Gefühl außerhalb ihrer Welt zu stehen und nur noch reingucken zu können. Was auch irgendwie stimmte.
Galon lächelte etwas zwanghaft und bedankte sich bei Jess. Er würde sich sicherlcih nicht an die Besitzerin einer Bar für seine Sicherheit wenden. Da hatte er doch ganz andere Kontakte. Aber er wusste die Geste der Jüngeren durchaus zu schätzen. "Danke. Ich gebe dir bescheid, wenn der genaue Ablauf steht. Bleibt ihr in eurer gemeinsamen Wohnung oder habt ihr etwas anderes gefunden?", fragte er um sicher zu sein, wo er einen der beiden finden konnte.

Nachdem sie alles geklärt hatten, hatten sich Jesaiah und Casey wieder aus dem Clansgebäude ‚herausgeschlichen‘. Sobald sie genügend Abstand zwischen sich und dem Gebäude gebracht hatten, lachten sie über Galons Gesicht und vielleicht auch ein klein wenig darüber, wobei sie erwischt worden waren – im Stuhl des Oberhauptes!
Auf dem Weg nach Hause waren sie noch schnell in einem 7 Eleven einkaufen, damit Casey morgen etwas zum Frühstücken hatte. Und im besten Fall auch noch für die nächsten Tage. Etwas Obst, etwas Gemüse, Toastbrot, Müsli, Milch. Mit drei Tüten betraten sie schließlich wieder ihre alte gemeinsame Wohnung, die in Jess noch immer eine Art Unwohlsein hervorrief. Sie hatte sich bereits festvorgenommen, ein bisschen etwas zu verändern. Streichen. Möbel umstellen. Aber das musste wohl noch etwas warten. Vorher gab es da noch etwas, das sie beichten musste.
„Hör mal… Ich… ich muss dir da noch etwas erzählen“, fing sie an, nachdem sie alles in der Küche verräumt hatten. Jess schloss den Kühlschrank und wandte sich dem Älteren zu. „Es geht um die Sache mit Jane, die Galon vorhin angesprochen hat. Was… genau passiert ist…“ Jess trat auf den Tisch zu und ließ sich seufzend auf einem der Stühle sinken. „Ich wollte es dir schon früher sagen. Wirklich. Aber…. Ich hatte Angst. Die habe ich ehrlich gesagt immer noch…" Jess stieß angespannt die Luft aus. "Nachdem ich… dir deine Erinnerungen genommen habe, wollte ich einfach alles für einen Augenblick vergessen. Also… bin ich zu Damion und bat ihn, von mir zu trinken…“ Jess sah Casey bekümmert an und biss sich auf die Lippe. „Danach wollte ich gehen, aber er hielt mich fest…und überredete mich zu bleiben. Daher… meine Gewissheit, dass die Erschafferbindung wieder stärker zwischen uns ist. Wir… haben miteinander geschlafen… Und Jane hat es mitbekommen. Das war der Zustammenstoß… Seitdem habe ich die beiden nicht mehr gesehen.“

Er lachte wieder mehr, seit sie Jess befreit hatten. Nein, eigentlich lachte er mehr mit ihr. Der Heimweg war lustig, sodass er sich angenehm entspannt fühlte, als sie ankamen und die Einkäufe wegpackten. Sogar mit denen hatte er sich angefreundet. Er füllte sich gerade ein Glas Wasser ein, als Jess Tonfall ihm schon verriet, dass er nicht würde leiden können, was er gleich zu hören bekam. Stirnrunzelnd blieb er an der Spüle stehen und fragte sich, ob es vielleicht besser wäre sie zu unterbrechen. Er musste nicht wirklich wissen, was ihr auf der Seele lag. Trotzdem tat er es nicht und bereute es am Ende tatsächlich. Daher wusste sie also, dass die Bindung quasi resettet wurde. Etwas betäubt stand er mit dem gefüllten Glas im Raum und wusste nicht, was er sagen sollte. Ausgerechnet mit Damion. Direkt nachdem sie ihn betrogen hatte. Dann hatte sie ihn an dem Abend quasi zwei Mal hintergangen. Der Gedanke schmerzte tief. "Dann kann ich verstehen, dass Jane sauer ist", sagte er mit brechender Stimme. Hastig fing er an zu trinken, um nicht mehr sagen zu müssen. Dann bekam sie vielleicht auch nicht mit, wie sehr ihn ihr Geständnis traf.

„Ja… Sie hat jedes Recht, sauer zu sein“, sagte Jess, fuhr sich mit der Hand über die Stirn und ließ den Blick kurz sinken. Was Jane ihr damals an den Kopf geworfen hatte… Sie konnte sich noch allzu gut daran erinnern. „Wir wären alle ohne dich besser dran…. Das hat sie mir zum Abschluss an den Kopf geworfen… Ich werde Damion auch nur aufsuchen, wenn sie da ist… Vielleicht bitte ich Charles, mich zu begleiten…“, fuhr sie mit leicht belegter Stimme fort und sah blinzelnd wieder zu Casey auf. „Du… hast auch jedes Recht, sauer auf mich zu sein.“ Jesaiah lächelte traurig. „Tut mir leid…“ Dich schon wieder zu enttäuschen, fügte sie in Gedanken hinzu. Zu ihrem ohnehin schwer verzeihlichen Verrat und fügte sie gleich noch einen weiteren anderer Art hinzu. Aber sie hatte es ihm sagen müssen. Selbst wenn es womöglich besser gewesen wäre, wenn sie es nicht getan hätte. Schließlich hatten sie sich inzwischen wieder so gut verstanden...und alles... Aber sie hatte einfach reinen Tisch machen müssen.
„Das war die letzte Leiche, die ich im Keller hatte. Was es natürlich nicht besser macht… Nur, damit du Bescheid weißt...“, sagte sie leise, räusperte sich und strich sich das Haar fahrig zurück. „Wenn du heute Nacht lieber alleine schlafen willst, ist das okay…“

Sie konnte verstehen, wenn er alleine schlafen wollte? Er war sich nicht einmal sicher, ob er nach der Ankündigung schlafen konnte! Mit wenigen Worten hatte sie ihm wieder den Boden unter den Füßen weggezogen. Dabei wusste seine logische Seite, dass es nichts ernstes zwischen ihr und Damion gewesen war. Sie war einfach genauso verzweifelt gewesen, wie er sich gefühlt hatte, als sie ihm alles gestanden hatte. Sein Herz dagegen, dass schrie auf und wollte sie nicht mehr sehen. Sein Blick glitt zur Seite und traf auf die Küchenuhr. Wenigstens hier konnte er Zeit schinden um sich darüber klar zu werden, wie er reagieren sollte. Es blieben ihm nur noch wenige Stunden, bis er in der Schule erscheinen würde. Schwänzen des ersten Schultages würde ihm zu viel Aufmerksamkeit einbringen. "Ich sollte wirklich ins Bett", sagte er ohne Jess wieder anzusehen. Um das Glas abzustellen, drehte er sich um und sprach den Rest zur Spüle. "Ich werde heute das Sofa nehmen. Dann hast du deine Ruhe und musst mich auch nicht wecken, wenn du nachher ins Bett gehst."

Und alles wieder auf Anfang. Jesaiah hoffte, dass es irgendwann eine Zeit geben würde, in der sie Casey nicht mehr enttäuschte. Oder wütend machte. Oder was auch immer, er gerade empfand. Sie wusste, sie hatte ihn damit getroffen. Damion war ein rotes Tuch. Und dass er von ihr getrunken und sie anschließend miteinander geschlafen hatten, an dem Tag, an dem sie Casey seine Erinnerungen genommen hatte… Zu sagen, dass sie an jenem Tag nicht zurechnungsfähig gewesen war, wäre zwar vermutlich nicht gelogen, aber auch keine wirkliche Entschuldigung.
Jess blickte auf den Küchentisch und nickte knapp, als Casey sagte, er müsse ins Bett. Dass er allerdings das Sofa nehmen wollte, ließ sie aufblicken. Sie wollte ihm vorschlagen, das Bett zu nehmen, aber ließ es dann doch sein. Besser, sie fing nicht noch an mit ihm darüber zu diskutieren. „In Ordnung…“, sagte sie leise, aber deutlich genug. Wahrscheinlich würden sie beide nur sehr schlecht schlafen können…

Sprung um 4 Wochen. 30.09., früher Abend

Es war später geworden, als er gedacht hatte. Nach der Schule hatte Jack ihn noch überredet mit in die Stadt zu gehen. Und warum hatte er ablehnen sollen? Jess wartete nicht auf ihn, die schlief tagsüber. Nachdem sie ihm gestanden hatte mit Damion geschlafen zu haben, war ihre Beziehung wieder etwas abgekühlt. Lange gehalten hatte es nicht. Jess war rumgelaufen wie ein Trauerkloß und hatte alles mögliche getan um ihren Fehler gut zu machen. Casey hatte sich gefühlt als würde er einen jungen Hund treten. Und am Ende war es auch weniger anstrengend ihr nachzugeben. Nicht dass er überhaupt wirklich vorgehabt hatte sie endgültig zu schneiden. Er hatte nur Zeit gebraucht sich wieder darüber klar zu werden, wo sie jetzt standen. Die Antwort war seltsam einfach: Er konnte einfach nicht ohne sie existieren. Trotzdem hatte er nur zähneknirschend ihren Bitten nachgegeben wieder in ihrem gemeinsamen Bett zu schlafen. Dass er ihr nicht widerstehen konnte, hieß ja nicht, dass er es ihr leicht machen musste. Am Ende erschwerte allerdings die Realität ihre Beziehung. Er musste tagsüber wach sein, was ihm zu Anfang nicht leicht gefallen war, nachdem er sich die gesamten Ferien über an den nächtlichen Rythmus der Vampire wieder angepasst hatte. Wieder in ihr Bett einziehen hatte dem nicht geholfen. Gähnend schloss Casey die Haustür auf. Er konnte sich gar nicht mehr richtig erinnern, wie wach sein sich anfühlte. Irgendwie fehlten ihm immer mehrere Stunden schlaf. Vielleicht konnte er die heute ja nachholen. Jess hatte ihren großen Aufnahmetag in den Clan und Casey konnte nicht dabei sein. Sie würde erst in den frühen Morgenstunden zurück sein. Er schob die Tür mit dem Fuß hinter sich zu und sein Blick wurde kurz finster. Wehe sie wäre dann nicht zurück! Wenn Damion sie wieder in seine Klauen bekam, dann konnten sich aber alle auf ein Donnerwetter gefasst machen.

Mit kritischem Blick betrachtete Jesaiah sich im Spiegel, während sie mit ihren Händen über den Stoff des Kleides fuhr. Das Kleid war sagenhaft, keine Frage, es betonte die richtigen Stellen und verlieh ihr eine fantastische Figur. Mit anderen Worten, sie war das Heißeste, was den Kerlen je untergekommen war und noch kommen wird. Es wäre nicht verwunderlich, wenn die Kerle auf dem Boden liegen und sabbern würden (zumindest redete sie sich das ein, um ihr Selbstbewusstsein ein wenig zu puschen). Nur wusste sie, dass der eine Kerl, auf den es ankam, nicht da sein würde. Jess seufzte und schälte sich schließlich wieder aus dem Kleid, um ein anderes anzuziehen. Vor etwas mehr als einer Stunde war sie aufgestanden und ihr Blick war automatisch zur anderen Seite des Bettes gewandert. Aber Casey war nicht da gewesen. Es war komisch gewesen, als er sein Tagesrhythmus hatte anpassen müssen. Hin und wieder hatte sie versucht, ihm da entgegen zu kommen und war früher aufgestanden und früher ins Bett gegangen, aber es war eben doch nicht ganz das gleiche. Jesaiah hatte das eine Kleid aufs Bett gelegt, das nicht mehr in Frage kam, und zog den Reißverschluss des nächsten Kleides hoch.
Es war ebenfalls umwerfend, nur bedeckte es wesentlich mehr Haut als das andere. Und tatsächlich fühlte sie sich darin irgendwie wohler. Und Casey würde es vermutlich auch schätzen, wenn sie dieses hier wählte, dachte sie schmunzelnd und nahm sich nun ihre Frisur vor. Hin und wieder warf sie dabei einen Blick auf ihr Handy und fragte sich, wo Casey blieb.

Im Wohnzimmer warf Casey sein Rucksack auf das Sofa und ging dann weiter in die Küche. Aus dem Kühlschrank holte er sich eine Cola und überlegte es sich dann fast anders. Immerhin würde er bald ins Bett gehen können, da würde es wohl schlecht sein, wenn er jetzt zu viel Koffeein in sich hinein kippte. Er sah auf die Uhr und murmelte leise: "Scheiß drauf." Es waren noch ein paar Stunden, bis Jess los musste, die musste er irgendwie überstehen. Er öffnete die Dose und nahm einen langen Zug. Kohlensäure und Süße ließen ihn angewidert das Gesicht verziehen. War das Zeug eklig. Aber fast sofort spürte er die Wirkung von Zucker und Koffein. Ein Zeichen dafür, dass er wohl etwas essen sollte, wenn das Zeug so schnell in seine Blutbahn gelangte. Kurz überlegte er und ließ es dann doch sein. Jess würde sicherlich sowieso drauf bestehen, dass er etwas aß, wenn sie aufgestanden war. Müde rieb er sich über das Gesicht und ging dann zurück ins Wohnzimmer. Vielleicht sollte er sich seine Notizen für den blöden Überraschungstest morgen noch einmal ansehen. Etwas besseres hatte er ja doch nicht zu tun.

Jesaiah überlegte nicht lange vor dem Spiegel, was sie mit ihren Haaren machen sollte. Stattdessen überlegte sie, ob sie nicht besser unter die Dusche springen sollte. Anschließend könnte sie sich leichte Wellen ins Haar machen und sie einfach offen tragen. Vielleicht seitlich über eine Schulter. Jesaiah wurde in ihren Überlegungen unterbrochen, als sie die Wohnungstür hörte. Casey war also wieder da. Kurz überlegte sie, ob sie rasch aus dem Kleid schlüpfen sollte, überlegte es sich dann jedoch anders. Sie konnte ihn ja nach seiner Meinung fragen. Und vielleicht auch zum gemeinsamen Duschen überreden… Mit einem Schmunzeln verließ die das Schlafzimmer und fand Casey (sie musste ja nur ihrer Nase bzw. seinem Geruch folgen) im Wohnzimmer.
„Hey“, raunte Jess, nachdem sie kurz gegen den Türrahmen geklopft hatte. Sie gab sich wirklich die größte Mühe, ihn nicht ständig zu erschrecken, nur weil er sie nie kommen hörte.
„Hattest du einen guten Tag?“, fragte sie und betrat das Wohnzimmer. Sie nahm neben ihm auf dem Sofa Platz, nachdem sie seinen Rucksack auf dem Boden abgestellt hatte. „Oh, falls du Hunger hast, im Kühlschrank findest du was zu essen. Charles kam vorhin vorbei… Er hat scheinbar jemanden kennengelernt. Einen Menschen. Sie arbeitet in so einem gesunden… Bio… Irgendetwas-fancy-Laden. Und natürlich hat er was gekauft. Aber weil er es nicht wegwerfen wollte, dachte er sich, er bringt es hier vorbei. Ist ein…Quinoasalat und ein Wrap, soweit ich ihn richtig verstanden habe.“

Natürlich erschreckte Casey sich trotzdem. Da er fest davon ausging, dass Jess noch schlief, überraschte ihn das Klopfen am Türrahmen. Eigentlich jagte es ihm einen riesen Schrecken ein. Ein paar Spritzer Cola flogen aus der Dose auf sein Hemd, als er aus dem Halbschlaf heraus auffuhr. "Jess! Du bist wach. Hab ich dich geweckt?", fragte er verwirrt und vergaß gleich, was er gewollt hatte, als er sie sah. Das Kleid war ... Der Hammer. Aber sie konnte auch alles tragen und sah darin heiß aus. Verdammt, die anderen Männer würden doch ihre Finger nicht bei sich behalten können! "Bitte, was?", fragte er, als ihm auffiel, dass sie mit ihm sprach er aber nicht wusste, was sie gesagt hatte. Sie wiederholte ihre Worte mit einem Lachen, dass ihm das Blut in andere Regionen schickte, als in seine Wangen. "Charles.. Warum kauft er das, wenn er es nicht will", seufzte er leise und fragte sich, ob unaussprechliche Dinge überhaupt schmecken konnten. Was war überhaupt dieses Kinoa? "Was hat er nur immer mit Menschen, die ihn dazu nötigen Essen zu kaufen. Hatte er das mit dieser Kellnerin nicht auch?"