Vampire-Das RPG IV

Was nach dem Kuss passierte, hatte Jack so weder geplant noch kommen sehen. Ehe er sich recht versah, wurde er von der Stimmung mitgerissen und beteiligte sich aktiv. Denken war nicht mehr wirklich drin, daher musste er sich nach einer Weile drauf verlassen, dass dieser neue Körper von ihm auch wirklich mithalten konnte. Zumindest Hector schien keine Bedenken zu haben immer wieder neue Ideen umzusetzen. Wenn man Jacks Vorlieben vor seiner Verwandlung dachte, war es wohl keine Überraschung, dass er sich auch hier irgendwann nicht mehr zurück halten konnte und seine Zähne in Hector schlug. Eine vollkommen andere und viel mitreißendere Erfahrung als alles bisherige. Da war es wohl nicht verwunderlich, dass er es im Laufe ihres Vergnügens noch einmal wiederholte. Am Ende schien selbst Hector am Ende seiner Kraft zu sein. Er ließ sich neben Jack fallen und ließ seinen viel jüngeren Partner vollkommen verwirrt aber auch sehr, sehr entspannt zurück.
Was Jack als erstes auffiel war, dass er (natürlich) nicht außer atem war, obwohl er sich schon recht weich fühlte. Zumindest glaubte er nicht, gerade jetzt aufstehen zu können, seine Knie würden sicher nachgeben. Was aber auch ein ziemlich gutes Gefühl war, wie er zugeben musste. Die ganze innere Anspannung und der Stress waren wie weggewischt. Er stieß ein langen und sehr zurfriedenen Seufzer aus, kurz bevor Hector sich regte und mit ihm sprach. Jack wandte Hector den Kopf zu, weil er sich nicht sicher war, wie er antworten sollte. Fantastisch traf es ziemlich gut, wobei ihm noch einige andere Adjektive einfielen, die perfekt passen würden. Aber ein großer Teil von ihm fragte sich auch, was zum Teufel da eigentlich gerade passiert war. Wie zum Teufel, war sowas überhaupt machbar?! Wenn er nicht selbst mit von der Partie gewesen wäre, er hätte nicht geglaubt, dass irgendwer das durchhalten konnte. Nicht in dem Tempo! "Gut?!", fragte Jack ungläubig zurück und lachte kurz verwirrt auf. "Hector, ich hab gerade Probleme damit überhaupt zu verstehen, was wir da gemacht haben. Das war.. Das Beste, was ich je erlebt habe. Das absolut unglaublichste, verwirrenste, spektakulärste und herrlichste was ich je erlebt habe. Aber verdammt, ist das normal?!"

Zufrieden wie ein fetter Kater nach einem erfolgreichen Fang lächelte Hector, als Jack mit all den schmeichelnden Adjektiven um sich warf. ‚Spektakulär‘ gefiel ihm sehr gut, ‚unglaublich‘ war aber auch nicht zu verachten. Und ‚herrlich‘… Er hielt gerade noch an sich, um nicht zu lachen. Allerdings musste er zugeben, dass es für ihn nicht minder unglaublich und spektakulär gewesen war. Wobei, sicher ein bisschen weniger… da er immerhin wusste, wie in etwa Sex unter Vampiren laufen konnte – für Jack war es Neuland gewesen. Aber selbst für ihn, Hector, war dieses Mal… das schönste und sagenhafteste Mal überhaupt gewesen.
„Ja, unter Vampiren ist das normal. Wie gesagt… gesteigerte Ausdauer und so. Aber…“ Hector drehte sich leicht auf die Seite, um seinen Freund besser ansehen zu können. „Naja, für mich war es trotzdem das… das beste Mal. Was…an dir liegt“, fügte er etwas verlegen hinzu und räusperte sich. Beim Räuspern fiel ihm allerdings sein kratziger Hals auf. Und sein Hunger. Kein Wunder, nachdem Jack zweimal zugelangt hatte. „Ich glaube, ich sollte was essen… Sollen wir zusammen in die Küche gehen?“, fragte er grinsend. „Gleich nachdem… ich dich besser unter die Dusche geschoben habe. Und nach dir, springe ich kurz darunter…“

Das Lächeln brachte Jack ein wenig durcheinander. So zufrieden hatte er Hector noch nie gesehen, da kam er mit seinem Satz fast ein wenig ins Stocken. Dafür machte er sich eine innerliche Notiz Hector nicht mehr so sehr den Bauch zu pinseln, vor allem, weil der Junge ihn angelogen hatte. Naja, zumindest nicht alles gesagt. "Normal? Und du hast mir nichts gesagt?!", fragte er fassungslos und wurde kurzzeitig von Hectors Kompliment abgelenkt. Er schaute ein bisschen verwundert und räusperte sich verlegen. Zum Glück gab es da ja ein Thema, auf das er das Gespräch zurücklenken konnte. "Je.. Jetzt lenk nicht ab. Wenn das normal ist, was hast du dann vorher in meinem Bett angestellt? Vorgetäuscht?", fragte er und sah am Ende seiner Frage tatsächlich entrüstet drein. Hatte Hector ihn an der Nase herum geführt, auch nachdem er gewusst hatte, dass er ein Vampir war? Es wurde nicht besser davon, dass er die höhere Kraft, Heilfähigkeit und Ausdauer akzeptiert hatte, ohne den offensichtlichen Schluss zu ziehen, dass es auf alle Bereiche zutrat. Da er gerade eigentlich auch wirklich hunger hatte, war es für ihn auch nicht so schlimm das Duschen und Essen fassen zu verschieben.

„Ich…ich lenk nicht ab“, warf Hector kleinlaut ein, verstummte dann wieder und ließ Jack ausreden. Als es soweit war, winkelte er seinen Arm an und stützte seinen Kopf in seine Hand. „Ich habe nicht vorgetäuscht. Nicht…direkt. Ich meine…also du noch nicht über mich Bescheid wusstest, musste ich natürlich irgendwie so tun, als wäre ich ein Mensch. Und als du es dann wusstest… Es war ja nicht so, als müsste ich da etwas vortäuschen. Der Sex mit dir war für mich immer etwas Besonderes… und auf seine Art aufregend. Nur… was hätte ich tun sollen? Dir sagen, dass ich die ganze Nacht mit dir schlafen könnte? Ich glaube nicht, dass das… so gut gewesen wäre. Ich wollte nicht, dass du dich deswegen unter Druck gesetzt fühlst oder … oder du dich deswegen mies fühlst“, antwortete Hector mit einem schiefen, entschuldigenden Lächeln.
„Es tut mir leid. Ich habe das nur getan, damit du dich deswegen nicht komisch fühlst. Und du warst für mich ausreichend. Wirklich. Weil das zwischen uns…Ich…“ Hector kam ins Stammeln und wäre wohl rot angelaufen, wenn er gekonnt hätte. „Weil das für mich alles…sehr neu war. Und aufregend. Und… sehr, sehr schön“ Er lächelte schief, räusperte sich und setzte sich dann auf.
„Und jetzt, gehst du unter die Dusche!“, sagte Hector entschieden und beförderte seinen Freund ins Bad.

Hectors Erklärung konnte Jack nicht widersprechen. Wenn er ehrlich war, dann hätte es ihn unter Druck gesetzt davon zu wissen. Er hätte Angst gehabt nicht ausreichend für Hector zu sein und vermutlich hätte er versucht mit Hector mitzuhalten. Und wie die letzten Stunden ihm ziemlich deutlich vor Augen führten, wäre das nicht gut ausgegangen. Ein wenig verlegen stellte er fest, dass er eine Menge Befriedigung daraus zog, dass Hector ins Stocken geriet, als er versuchte auszudrücken, wie es für ihn gewesen war. Wenn er es heute noch nicht in Worte fassen konnte (und nebenbei ja nicht aus Langeweile oder Frust schluss gemacht hatte), konnte er sich als Liebhaber ja nicht vollkommen schlecht angestellt haben. Durch die Gedanken beruhigt, leistete er keinen großen Widerstand, als Hector ihn ins Bad beförderte.
Als er einige Minuten später wieder aus dem Bad kam, stellte er auch fest, warum es nicht ausreichend war, sich nur ein paar Klamotten über zu werfen und in die Küche zu gehen. Mit dem Handtuch zum Abtrockenen noch dabei sich die Haare trocken zu reiben, blieb er kurz hinter der Tür stehen. Er hatte eingeatmet um Hector etwas zu fragen, die Frage vergaß er aber sofort, als der Geruch im Raum in traf. Niemanden in diesem Haus hätte entgehen können, was in diesem Zimmer stattgefunden hatte. Der Geruch hing auch an Hector und zusammen mit seinem Duft insgesamt, rannten Jacks Gedanken schneller wieder diesen Weg hinab, als sie eigentlich gedurft hatten. Himmel, er hatte doch wirklich genug Gelegenheit dafür gehabt heute! Dass es so offensichtlich war, war ihm vorher nie aufgefallen, aber vorher hatte er auch nie eine so gute Nase gehabt. Er bemerkte, dass Hector ihn fragend ansah und trat mit einem Räuspern beiseite. Wobei es ihm schwerer fiel, als es sollte Hector vorbei gehen zu lassen. Während Hector seine Chance hatte zu Duschen und den Geruch abzuwaschen, wunderte Jack sich weiter über seine neuen Fähigkeiten (und teils auch Gelüste) und zog sich währenddessen bequeme Kleidung an.

„Fenster Öffnen. Gute Idee! Hätte ich auch draufkommen können“, raunte Hector noch grinsend, bevor er im Badezimmer verschwand. Beschwingt trat er unter die Dusche (ausgezogen war er ja schon), stellte das Wasser an und genoss das Gefühl des prasselnden Wassers auf seiner Haut. Himmel, er fühlte sich gut. Verdammt gut. Glücklich grinsend nahm er sich das Showergel und machte sich an die Arbeit.
Derweil klopfte es an die Zimmertür der beiden. Jess war seit dem Vorfall nicht mehr im Clansgebäude gewesen. Sie hatte mitbekommen, dass Hector noch am selben Tag wohl eine kleine Auszeit genommen hatte. Charles hatte nach Jack geschaut und Hector war abgetaucht. Jess hoffte sehr, dass das beiden gut getan hatte – und dass Hector vielleicht schon wieder zurück war. Hoffentlich. Sie musste etwas warten, dann öffnete Jack ihr die Tür.
„Hey, Jack“ Lächelnd sah sie ihn an und konnte nicht verhindern, dass ihr Blick einmal nach unten und wieder nach oben wanderte. „Gut siehst du aus“, raunte sie, wobei ihr freundliches, unverfängliches Lächeln ein Grinsen wurde. „Kann ich kurz stören?“, fragte sie und kam dann hinein. „Casey tut es sehr leid, was passiert ist. Das hatte er nicht beabsichtigt. Und mir tut es auch leid…“ Jess war ins Zimmer eingetreten, hatte sich zu Jack wieder umgedreht, hatte dabei die offenen Fenster bemerkt und kurz darauf den Geruch. „Ich… nehme an, Hector ist wieder da?“, fragte sie, wobei ihr Grinsen wieder da war. „Das ist schön. Freut mich sehr. Ihr…konntet das eine oder andere hoffentlich klären“
Kurz darauf ging die Badezimmertür auf und Hector kam mit einem Handtuch um seine Hüften heraus. Sowie er Jess jedoch entdeckte, blieb er kurz stehen und blinzelte, während die Jüngere ihn kurz von oben bis unten ansah. Heute bekam sie aber was zu sehen…  
„Jess. Was führt dich hierher?“, raunte Hector und setzte dann ungerührt seinen Weg zu seinem Schrank fort, wo ein paar Kleidungsstücke herausholte.
„Ich kam, um mich bei Jack zu entschuldigen. Insbesondere in Caseys Namen. Und ich wollte sehen, ob bei Jack alles in Ordnung ist…oder bei euch…“

Ehe Jack das Fenster tatsächlich öffnete, zog er sich eine Boxershorts an. Er wollte wenigstens minimale Bedeckung haben, ehe er an eine durchsichtige Fläche trat, selbst wenn niemand eigentlich durch das Fenster schauen konnte. Am Ende war es nicht früh genug gewesen. Noch mit dem Pulli in der Hand ging er verwundert zur Tür und sah dann noch überraschter drein, als Jess vor der Tür stand. Ihr Blick hätte ihm das Blut in die Wangen getrieben, wenn das noch möglich gewesen war. So konnte er nur bedröppelt gucken und so schnell wie möglich in seinen Pullover zu kommen. Auf ihre Entschuldigungen nickte er immer noch ein bisschen überfahren, dass Jess auch einfach hinein kam. Als er sich jetzt vollständig bekleidet wieder der älteren zuwandte rutschte ihm dann endgültig das Herz in die Hose. Der Blick und die Worte.. HERRGOTT! Sie wusste, was sie gerade getan hatten! Selbstverständlich wusste sie das, wenn sogar er das bemerkt hatte, wo er noch viel weniger Erfahrung mit seinen neuen Sinnen hatte, dann konnte es jemandem wie Jess wirklich nicht entgehen. Aber: Was zum Teufel machte sie hier?! Zum Glück ging in dem Moment die Tür zum Bad auf und gab Jack die Zeit seine Gedanken zu ordnen. Er glaubte nicht jemals in einer peinlicheren Situation gewesen zu sein. Mit den Händen versteckte er sein Gesicht und bekam so nicht den Blick mit, den Jess dann über Hector wandern ließ. Was für Jess wohl ganz gesund war. Als er die Hände wieder sinken ließ, stand Hector schon am Schrank und Jess antwortete auf seine Frage. "Mir gehts gut", murmelte Jack undeutlich und ließ sich auf dem Bett sinken. Sollten die beiden doch so tun, als wäre nichts passiert. Er würde derweil hier hocken und seine Fassung wieder gewinnen.

Jess verkniff sich ein ‚Ja, das sehe ich‘, als Jack meinte, es ginge ihm gut. Ganz offensichtlich. Sie konnte sich vorstellen, was hier gelaufen war… Und es freute sie für die beiden. Sehr. Auch wenn der arme Junge gerade ein wenig… durcheinander aussah. Vermutlich war es ihm unangenehm, so erwischt zu werden. Niedlich. Früher oder später würde er sich an so etwas gewöhnen. Spätestens wenn er merkte, dass die anderen um ihn herum, auch alle… sehr unzüchtig waren. Ein Glück, dass er so bald nicht bei ihnen vorbeischauen konnte…, dachte sie amüsiert. Derweil hatte sie sich bewusst weggedreht, während Hector sich etwas anzog. Er brauchte nicht lange, sich Boxershorts und Jeans überzuziehen. Als sie über die Schulter zu ihm blickte, hatte er sein Shirt schon in der Hand und streifte es sich kurz darauf über seinen Kopf.
„Du kannst Casey ausrichten, dass… der Gedanke und das Motiv gut waren, aber seine Umsetzung zu wünschen übrigließ“, antwortete Hector mit einem schiefen Lächeln.
„Ja, keine Sorge, ich habe ihn danach ziemlich zusammengestaucht… Aber was anderes, du solltest Jack echt mal ein neues Handy besorgen“, raunte sie, verschränkte die Arme vor der Brust und sah Hector an. Hector zog schuldbewusst kurz den Kopf ein. „Ja… Handy. Ich weiß“ Mit einem entschuldigenden Blick sah er zu seinem Freund hinüber. „Ich kümmere ich mich noch diese Woche darum.“

Jack schnaubte leicht, als Hector Caseys Besuch kommentierte. Da hatte ziemlich viel zu wünschen übrig gelassen, dass konnte Jack unterschreiben. Er war sich auch nicht sicher, was Casey eigentlich hatte erreichen wollen, allerdings schien es, dass Hector es wusste, also würde er wohl besser den fragen, wenn sie wieder unter sich waren. Hoffnungsvoll hob er den Kopf, als Jess anmerkte, dass er ein Handy brauchte. Nach de letzten zwei Tagen stimmte er ihr da völlig zu und hatte ja auch selbst vorgehabt, danach zu fragen. Nur war er dann ja abgelenkt worden.. Als Hector zustimmte und versprach sich drum zu kümmern, grinste Jack fröhlich und dankbar, ehe er wieder auf die Füße kam. "Darauf freue ich mich schon. Du hast was von Essen gesagt", rief er seinem Freund in Erinnerung. Auch wenn er bis gerade eigentlich nicht wirklich hinger gehabt hatte, meldete dieser sich doch langsam wieder zu Wort. Auch noch etwas, was ihn immer wieder etwas überraschte. So viel trank Hector zumindest nicht.

Wie Jack ihn so fröhlich und dankbar anlächelte, da wurde ihm so angenehm leicht ums Herz. Wenn Hector daran dachte, wie er sich noch vor ein paar Tagen gefühlt hatte… Wahrscheinlich hatte er sich da einfach zu sehr in alles hineingesteigert. Jetzt gerade sah es zumindest doch so aus, als würden sie beide das wirklich schaffen. Ihm fiel ein Stern vom Herzen. „Ja, Essen, richtig“ Hector nickte und sah zu Jess, sie schmunzelnd die Hände hob. „Alles gut, ich gehe. Ich muss mich ohnehin wieder an die Arbeit machen. Ein bisschen sollte ich wenigstens noch schaffen, bevor ich nach Hause gehe. Lasst es euch schmecken. Und melde dich, Jack, sobald du ein Handy hast. Casey würde sich bestimmt über einen Anruf von dir freuen!“, raunte sie lächelnd und trat den Rückzug an.
„Ich werde gleich morgen nach einem Handy schauen. Ich habe gestern auch schon dein neues Bankkonto angelegt. Die Karte werden sie kommende Woche zusenden“, raunte Hector, nachdem Jess gegangen war und ging nun seinerseits zur Tür, um diese für Jack aufzuhalten.
„Und ich habe einen Dauerauftrag eingerichtet. Du hast also erst einmal sowas wie… ein Einkommen. Nicht viel, aber genug, denke ich.“

Als Jess lächelnd die Hände hob, war Jack das gleich wieder peinlich. Sie schloss da die völlig falschen Schlüsse, sie würden ja wirklich nur etwas essen gehen! Ehe er aber den Mund öffnen konnte und sich blamieren, wandte Jess sich an ihn. "Mach ich. Wäre gut mal wieder mit ihm zu sprechen ohne jemanden darum bitten zu müssen", antwortete er ihr nur geringfügig gefasster und atmete auf, als die Tür sich hinter ihr schloss. Er rieb sich wieder über das Gesicht und fragte sich, ob hier jetzt jeder immer direkt wissen würde, was er tat. Wenn er es mit Hector tat.. Kein Wunder, dass Hector sich eine Wohnung genommen hatte. Mit einem Lächeln sah er wieder auf, als Hector sagte er wollte das mit dem Handy gleich am nächsten Tag klären, sein Blick wurde aber verwirrter, als sein Freund dann von dem Bankkonto redete. Natürlich brauchten auch Vampire Geld, wo Hector sein ganzes her hatte, hatte ihn ja selbst immer wieder verwundert. Das er jetzt aber von dem Vermögen seiner Eltern abgeschnitten war und selbst kein Einkommen hatte, darüber hatte er noch nicht nachgedacht. Ihm wurde etwas anders, als er darüber nachdachte und Hector dann auch noch seine Gedanken aussprach. Jacks erster Impuls war es Hector zu versichern, dass es nicht nötig war, da er aber keine Ahnung hatte, ob er nicht doch irgendwo zahlen musste (zum Beispiel um hier in diesem Gebäude zu wohnen), schluckte er den Satz zusammen mit seinem Stolz hinunter. "Das ist nett", sagte er etwas gepresst und konnte dann nicht verhindern, dass ein wesentlich ehrlicherer Satz seinen Lippen entkam: "Aber es fühlt sich an, als wäre ich dein Gigolo."

Hector lächelte verschmitzt und bedeutete Jack dann voranzugehen. „Es schmeckt dir nicht. Das verstehe ich“, bemerkte er und ließ ihn kurz an früher zurückdenken. Als Jimena ihm Geld gegeben hatte. So vieles hatte sich seitdem verändert! In manchem wurde es einfacher, in manchem aber auch schwerer.
„Und du bist garantiert nicht mein Gigolo! Das… Das ist ohnehin eher so ein Menschending! Für Vampire ist es einfach Gang und Gebe. Ich bin für dich verantwortlich… und das schließt auch die Finanzierung mit ein. Wenigstens solange, bis du finanziell auf eigenen Beinen stehen kannst. Was für Vampire etwas kniffliger ist, als für Menschen. Tagsüber zu arbeiten ist nicht sonderlich angenehm. Um nur ein Beispiel zu nennen, wenn auch das womöglich wichtigste. Daher…, auch wenn du es nicht magst, dass ich dir Geld gebe, du wirst es dennoch sicher gebrauchen können. Und falls nicht, ist es auch in Ordnung. Du musst es nicht anrühren, wenn du nicht magst“, raunte er, während sie den Flur entlanggingen. „Nur stell bitte sicher, dass das Geld nicht schlecht wird. Das wäre ein Jammer. Du kannst es ja von Zeit zu Zeit einmal wenden“, fügte er amüsiert hinzu und mimte mit den Armen die Bewegung nach.
 
Derweil kehrte Jess zu ihrem Arbeitsplatz zurück und machte sich an die Arbeit. Dadurch, dass sie ein paar Tage ausgefallen war und Hector nun seit mehr zwei Wochen (arbeitstechnisch) weg war, war doch das eine oder andere liegen geblieben, obwohl Charles und Jael sich offensichtlich die größte Mühe gegeben hatte, den Berg an Arbeit abzutragen und zu dezimieren.
Jess tippte gerade etwas ein, als ihr Blick kurz an ihrem Ring hängenblieb. Der Ring, den Casey ihr zu Weihnachten geschenkt hatte. Der ‚Nicht-Verlobungsring‘. Sie lächelte, löste ihre Hände von der Tastatur um den Ring wenig zurecht zu drehen, während sie an das Gespräch mit Casey dachte.
Zwei Jahre. Ihr Blick wanderte zu Jael hinüber. Er hätte vermutlich kein Problem damit gehabt, wenn Rubina noch länger hätte ein Mensch sein wollen (wenn sie gekonnt hätte). Seufzend senkte sie wieder den Blick und fokussierte ihren Bildschirm. Sie sollte sich eine Scheibe von Jael abschneiden… In vermutlich mehr als nur einer Sache. Sie bezweifelte, dass er Rubina auch nur einmal fremdgegangen war… Aber vielleicht hatte er auch einfach die Libido eines Pandabärs…

"Menschending?", fragte Jack überrascht und sah seinen Freund von der Seite an. Was dachte er denn, was sie waren? Und sicherlich gab es doch auch irgendwelche steinalten Vampire, die dafür Geld ausgaben, dass man nett zu ihnen war. Er hatte zwar noch keine körperlich alten Vampire getroffen, aber es konnten doch nicht alle in ihrer Jugend verwandelt worden sein. Hector hatte allerdings einen Punkt, als er sagte, dass er schwer einen Job finden würde. Was ihn auch wieder dran erinnerte, dass es für Hector eine ziemlich gute Ausrede gewesen war warum sie sich tagsüber nicht treffen konnten. Der Kommentar und die Geste das Geld hin und wieder umzuschaufeln quittierte Jack mit einem düsteren Blick. "Wirklich, Hector. Hin und wieder solltest du in unser Jahrtausend vorstoßen. Wer hat denn heute noch tatsächlich Bargeld in irgendwelchen Speichern lagern. Digitale Zahlen schimmeln nicht", sagte er und schnaubte. Als er den Kopf aber wieder nach vorne wandte um den Weg im Blick zu haben, spielte ein Lächeln um seine Lippen. Hectors Art und Humor war für ihn sehr schnell unwiderstehlich geworden. Wenn Hector ihn aufmuntern wollte, dann schaffte er das auch. Und Jack liebte es, wenn er seine (manchmal etwas altmodischen) Scherze machte.

Es war recht einfach zu bemerken, dass Jess in Gedanken nicht bei der Arbeit war. Als sie hörbar seufzte, sah Jael auf aber die Frau hatte sich wieder abgewand und sah auf ihre Hand. Wohlmöglich eher auf den Ring an ihrer Hand, dachte Jael und konnte sich mit dem Seufzen zusammen eine Richtung ihrer Gedanken denken. Aus Bruchstücken von Gesprächen und Andeutungen von sowohl Jess als auch Casey, hatte er sich zusammengereimt, dass es nicht ganz Stimmig zwischen den beiden war. Jess wollte gerne Heiraten und Casey hielt nichts von der Institution der Ehe. In anbetracht dessen, dass Casey viel früher katholisch erzogen wurde, wunderte es Jael immer wieder, wie wenig er mit der Kirche anfangen konnte. Andererseits hatte er die Inquisition hautnah miterlebt, das hätte sein, Jaels, Einstellung zum Glauben wohl auch geändert. Was allerdings das Problem zwischen Casey und Jess nicht einfacher machte und so wie es aussah, war Jess langsam am Ende ihrer Geduld angekommen. Jael sah aus dem Augenwinkel, dass seine Kollegin den Kopf wieder hob und nachdenklich in seine Richtung sah. Er mischte sich nicht gerne in die Angelegenheiten anderer, aber hier hatte er das Gefühl, dass er einem Freund helfen musste. Daher sah er mit einem Lächeln auf und ließ seine Arbeit erst einmal ruhen. "Casey hat sehr viel Zeit gehabt seine Meinungen zu formen und zu zementieren. Das heißt nicht, dass er dich weniger wertschätzt, er braucht nur mehr Zeit um sich aus seinen Gewohnheiten zu lösen. Ich weiß, dass es nur ein schwacher Trost ist, aber ich denke, dass er umentscheiden wird. Er liebt dich wirklich sehr", sagte er.

Jacks überraschte ‚Menschending‘-Frage überging Hector, da er die Antwort offensichtlich fand. Natürlich waren sie keine Menschen mehr. Sie sahen zwar wie Menschen aus, aber zu was sie fähig waren, war nicht menschlich. Dass sie sich von Menschenblut ernähren mussten, war für ihn früh der Beweis gewesen, dass sie Monster waren. Zahme Monster, heutzutage. Zumindest für die längste Zeit, aber dennoch Monster. Das hatte ihn auch der Tod seiner Schwester gelehrt, für den er verantwortlich war.
Hector hob eine Braue, als Jack antwortete und seine Ansichten mit ihm teilte. „Jahrtausend? Autsch“, er fasste sich ans Herz. „Du kannst mir nicht weißmachen, dass es da draußen nicht noch genug andere Leute gibt, die mehr Vertrauen in handfestes als in irgendwelche digitalen 0en und 1en haben. Mal davon abgesehen, dass ich durchaus noch genug Bargeld besitze. Wie wahrscheinlich viele andere auch, denen die anderen Schweizer Bankkonten gehören. Gut, ich habe nicht nur Bargeld dort… Aber doch genug. Und ich hole es da auch nur heraus, um es gegebenenfalls gegen eine neue Währung einzutauschen“ Hector zuckte locker mit der Schulter.
 
Ehe sie sich versehen hatte, hatte Jess wieder zu dem Jüngeren hinübergesehen. Sie fragte sich wirklich, ob das womöglich so ein ‚Ding‘ von Jael war. Dass er sich generell gut kontrollieren konnte – nicht nur seine sexuelle Lust, sondern auch seinen Blutdurst. Immerhin hatte er doch ein paar Jahre gleich zwei Menschen in seiner unmittelbaren Nähe gehabt. Solange, bis Rubina sich wieder in einen Vampir verwandelt hatte. Hm, mh. Jess bemerkte in ihren Gedanken nicht einmal, dass Jael ihre Blicke bemerkt hatte und mit einem Lächeln zu ihr aufgesehen hatte. Erst, als er anfing zu sprechend, blinzelte Jess und wurde sich seiner Aufmerksamkeit bewusst. Nur was er sagte… verwirrte sie ein wenig. Wovon genau sprach er da eigentlich? Umentscheiden? Gewohnheiten? Nur mit Jaels letztem Satz konnte sie etwas anfangen, der sie leicht lächeln ließ. „Ja… ich weiß. Danke“, sagte sie, noch immer unsicher, wovon Jael eigentlich gesprochen hatte.
„Kann ich… dich etwas persönliches fragen?“, fragte sie und räusperte sich leise.
„Wäre es… für dich in Ordnung gewesen, wenn Rubina ein Mensch geblieben wäre? Also angenommen, das Heilmittel hätte nicht irgendwann aufgehört zu wirken. Wenn sie einfach weiterhin ein Mensch geblieben wäre. Wäre das in Ordnung für dich gewesen?“, fragte sie ernst. Wenn jemand ihre Situation verstand, dann Jael, oder nicht?

Jack grinste Hector unverschämt an und antwortete: "Sicherlich. All die alten, trägen Leute, die es nicht schaffen sich an neue Zeiten anzupassen." Es war erleichternd und ziemlich schön weder so mit Hector scherzen zu können, Jack hoffte nur, dass es jetzt wieder so zwischen ihnen bleiben würde. Sein Spaß verging ihm allerdings schnell und wurde durch pures Erstaunen ersetzt, als ihm der Sinn von Hectors Worten aufging. Abrupt blieb er stehen. "Moment. Du hast ein Konto in der Schweiz? Mit Bargeld? So ein Ding, dass sich die Superreichen holen um keine Steuern zahlen zu müssen?", fragte er ungläubig und versuchte sein Kopf um dieses Konzept herum zu bekommen. Es war eine Sache zu wissen, dass Hector genug Geld hatte. Geld genug um damit Kunde bei bekannten Schweizer Banken zu werden etwas ganz anderes.

Hoffentlich hatte er ihr geholfen, ein wenig sah es so aus als würde Jesaiah da zweifeln. "Sicherlich", antwortete er ruhig auf ihre Frage und wurde dann immer verwunderter. "Es wäre mir sogar lieber gewesen, wenn es seine Wirkung nie verloren hätte", gab er zu, immer noch verwundert warum sie eine solche Frage stellen musste. "Rubina hätte ein Leben verdient gehabt. Ein richtiges, menschliches meine ich. Kaum einer von uns hatte eine Wahl zu werden was wir sind, aber.. Nun, du kennst ihre Geschichte nehme ich an. Ich kann Damion für seine Wahl vielleicht nicht verurteilen, weil ich selbst so sehr davon profitiere, aber es hätte nicht seine Wahl sein dürfen. Wenn sie die Chance bekommen hätte ein völlig normales Leben zu führen, dann wäre ich glücklich gewesen die Zeit mit ihr zu teilen", antwortete er ihr vollkommen ehrlich und zuckte dann leicht die Schultern, weil es nicht in seiner Macht gelegen hatte dieses Ende seiner Frau auch wirklich zu ermöglichen. Am Ende seiner Rede ging ihm allerdings auch ein Licht auf, warum Jesaiah diese Frage gestellt hatte. "Ist es wegen Casey? Denkt ihr das Mittel wird bei ihm die Wirkung nicht verlieren?", fragte er daher ein wenig besorgt hinterher.

„Hey. Ich finde, ich bin sehr angepasst! Richtig dufte. Knorke…eh… läuft…bei dir?“ Hector lachte und machte eine wegwerfende Handbewegung. Sprache war aber auch eine lästige Sache. Ständig änderte sie sich und man musste schon genau aufpassen, um nicht aufzufallen. „Dann bin ich eben alt. Aber träge sicher nicht“, raunte er und sah mit einem leicht unverschämt anzüglichen Blick zu Jack. Im Bett war er zumindest alles andere als träge gewesen…
Hector war ein, zwei Schritte weitergegangen, nachdem Jack auf einmal stehen geblieben war. Dann blieb auch er stehen und drehte sich zu seinem Freund um. „Ja. Und? Wie gesagt, ich halte nicht viel davon, wenn man sein Geld nur digital hat. Ich traue den Banken nicht. Und heutzutage gibt es zu viele Leute, die sich irgendwo einhacken und so weiter. Also… ja, ich habe so ein Schweizer Bankkonto mit allem drum und dran“, antwortete er und zuckte locker mit den Schultern. „Die meisten Vampire über 200 Jahre sind übrigens ‚Superreich‘. Und die über 300 sogar ‚Ultrareich‘“, fügte er grinsend hinzu.
 
Je mehr Jael sagte, umso schlechter fühlte sie sich. Er hatte Rubina ein richtiges, menschliches Leben gewünscht. Er war ein… so viel besserer Mensch als sie. Er hatte seiner Frau all das gewünscht, mit dem Wissen, dass sie nie die Wahl gehabt hatte. Damion hatte es übertrieben und sie dann verwandelt. Und durch das Heilmittel wieder ein Mensch zu werden, war eine seltene, unglaubliche Chance gewesen. Und das gleiche galt auch für Casey. Und jetzt, da er offensichtlich Gefallen am Menschsein hatte, kam sie und ruinierte ihm alles mit ihrer Angst. Und ihrem Egoismus. Jess brauchte einen Moment, bis Jaels Frage zu ihr hindurchdrang und sie ihre Sprache wiedergefunden hatte. Sie räusperte sich kurz und lächelte matt. „Ja, nein. Also, ja, es geht um Casey. Aber wir wissen nicht, wie das mit dem Mittel bei ihm funktioniert. Es könnte sein, dass er wesentlich länger ein Mensch bleibt. W-was nicht schlimm ist. Er scheint sich langsam daran zu gewöhnen“, antwortete sie, atmete tief ein und räusperte sich dann nochmal.
„Ich arbeite mal weiter. Danke“ Jess lächelte knapp und wandte ihr Gesicht wieder ihrem Bildschirm zu, der ihr noch trostloser vorkam als vorhin.

Über den Versuch sich moderner Sprache anzupassen musste Jack lachen. Mit den Worten war er mindestens vierzig Jahre zu spät. Nicht mal seine Eltern hatten jemals so gesprochen. Das Lachen wurde ein wenig verlegen, als Hector ihn so lüstern (es gab da einfach kein anderes Wort für den Blick!) ansah. Aber dann hatte er erstmal genug damit zu tun, Hectors Kommentar zum Vermögensstatus von Vampiren zu verdauen. Gut, Zeit machte es sicherlich einfacher Geld anzuhäufen, aber soweit er es bisher gesehen hatte waren die wenigsten Vampire wirklich Berufstätig oder sonderlich an der Finanzwelt interessiert. Und dann fiel ihm das offensichtlich in Hectors Worten auf. "Moment. Über 300? Dann zählst du dich zu den Ultrareichen?", fragte er völlig vor den Kopf geschlagen. Ganz blöde Frage, wo Hector doch zugegeben hatte sogar ein Nummernkonto in der Schweiz zu haben. Vermutlich nicht nur da. Auf den Caymans hatte er dann bestimmt auch mindestens eines. Wenn es stimmte, was Hector sagte, dann befand er sich hier in einem illustren Kreis von finanzell mächtigen Personen.

Er schien Jesaiah nicht beruhigt zu haben, auch wenn sie sich beeilte Sorgen auszuräumen. Erfreut und beruhigt lächelte Jael und antwortete: "Das ist gut. Er war immer so niedergeschlagen. Es ist schön, dass er sich damit arrangiert hat, ich bin sicher, dass es für ihn von Vorteil ist, wenn er wieder Vampir wird." Auf Jesaiahs Kommentar weiter arbeiten zu wollen, nickte Jael und wandte sich dann auch wieder seiner Arbeit zu, vollkommen unwissend darüber welchen Schaden er am Selbstbewusstsein seiner Kollegin angerichtet hatte.

„Uhm…ja“, antwortete Hector und fuhr sich unangenehm berührt mit der Hand über den Nacken. Er hatte das vielleicht eben etwas zu großspurig gesagt. Selbst wenn es zutraf. Er hatte sehr viel Geld – was weniger angeberisch klang. „Sagen wir doch einfach, ich habe genug Geld, in Ordnung?“ Er schmunzelte leicht und ließ seine Hand wieder sinken. „Ich habe mich früh für Zahlen, Handel und Finanzen interessiert. Nicht ohne Grund habe ich ein Studium über Finanzwesen angefangen“, fuhr er fort und zwinkerte Jack zu. „Allerdings… ich hatte schon sehr viel Glück, was dazu geführt hat, dass ich zu so viel Geld kam. Ich habe einfach auf die richtigen Dinge gesetzt und gute Investitionen gemacht, von denen ich heute noch profitiere. Ein paar Anteile hier und da…“ Er zuckte erneut mit den Schultern. „Kannst du staunen und gehen gleichzeitig? Sonst befürchte ich, kommen wir heute nicht mehr in der Küche an“, sagte er neckend und nickte zum Ende des Flurs, das er hoffte, demnächst zu erreichen. Hunger hatte er schließlich immer noch. Den wollte er durchaus gerne stillen. Besonders, nachdem Jack von ihm gleich zweimal getrunken hatte… was er nicht bereute! Ha! Ganz sicher nicht. Dafür hatte es sich viel zu gut angefühlt…

Ihre Stimmung konnte kaum weiter sinken. Es brauchte etwas, aber schließlich konnte sich Jess doch aufraffen und schaffte es, sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren. Tatsächlich half ihre Arbeit sogar ein wenig dabei, sich abzulenken. Irgendwann kam Charles dazu, sprach mit Jael über ein paar geschäftliche Sachen und erkundigte sich bei ihr, wie es ihr ging. Er hatte schon immer ein feines Gespür für so etwas gehabt. Dennoch gab sie sich alle Mühe, sich nichts anmerken zu lassen. Und vielleicht dachte er ja auch, dass ihr die Ereignisse dieses Monats noch in den Knochen steckten, zumindest bohrte er nicht nach und ließ sie wieder weiterarbeiten.

Staunen und gleichzeitig gehen? Das sollte er wohl hinkriegen, auch wenn ihm eine ganze Menge durch den Kopf ging. Zum Beispiel, was Hector als 'ein wenig Geld' ansah, wenn er selbst so viel hatte. Aber es war beruhigend, dass zumindest Hector wohl immer ein Händchen für Investitionen gehabt hatte. Das machte es etwas einfacher mit Hectors Reichtum umzugehen. Wobei es eher um die angedeutete Menge ging, als um den Reichtum in sich. Seine Eltern hatten ja auch nicht am Hungertuch genagt. Der Gedanke ließ einen Stich durch seine Brust ziehen. Seine Eltern. Die ihr Einkommen jetzt sicherlich mit Freude eingetauscht hätten, wenn sie dafür ihren Sohn wieder bekommen hätten. In merklich gedrückter Stimmung folgte er Hector in die Küche und holte wieder die Gläser aus dem Schrank, während Hector die Beutel in die Mikrowelle legte. Es war Jack immer noch etwas unheimlich die Beutel aus dem Kühlschrank zu holen. Dass er den Geruch von Blut so unglaublich appetitlich fand, brachte ihn immer noch etwas durcheinander und war etwas, über das er lieber nicht zu sehr nachdenken wollte.

Sprung um ungefähr eine Stunde, noch 29. August 2032
 
Sie hatten eher schweigend ihr Blut in der Küche unten aufgewärmt und dann zu sich genommen, was vielleicht auch daran gelegen hatte, dass sie nicht allein gewesen waren. Ein paar Vampire waren vor ihnen da gewesen und als sie gingen, kamen die nächsten herein. Nachdem sie beide genug getrunken hatten (vor allem Hector, da er doch den größeren Hunger gehabt hatte), schlenderten sie über die Flure zurück aufs Zimmer. Dort angekommen, ging Hector zu seiner Tasche und holte seinen Laptop hervor. „Wie wäre es, wenn wir nach einem geeigneten Handy für dich schauen. Und wenn du magst, auch ein paar Klamotten, falls du möchtest. Oder was du sonst gerne hättest“, raunte er, stellte den Laptop auf dem Sofatisch ab und ließ sich anschließend auf dem Sofa nieder. Von diesem sah er zu Jack hoch und hob leicht die Brauen. Sein Freund machte so ein Gesicht… „Du siehst aus, als würde dir was auf dem Herzen liegen… Raus damit, Jack“, forderte er den Jüngeren mit einem sanften Lächeln auf und lehnte sich zurück. Eine kleine Ahnung hatte er schon… es gab da noch ein wichtiges Thema, über das sie beide noch nicht gesprochen hatten und was Jack zuletzt sicher sehr beschäftigt hatte…

Es waren noch andere Vampire in der Küche anwesend, was vielleicht auch ganz gut war. So konnte Jack nicht direkt die Stimmung verderben und eventuell einen neuen Streit vom Zaun brechen. Er wollte nicht, dass sich sein Verhältnis zu Hector wieder abkühlte, nicht wo sie gerade ein paar wunderbare Stunden gehabt hatten. Als sie schließlich wieder im Zimmer waren, hatte er sich fast schon überzeugt einfach nichts zu sagen. Hectors Vorschlag quittierte er mit einem schweren Lächeln und einem halbherzigen Scherz: "Was, bin ich dir etwa nicht passend genug gekleidet? Als dein Gigolo muss ich wohl einen gewissen standard halten." Er zupfte ein bisschen an dem Pulli rum und musste zugeben, dass ein paar mehr Klamotten vielleicht nicht schaden würden. Er schwitzte vielleicht nicht mehr, aber ständig das selbe Shirt tragen war.. Naja, zumindest ungewohnt. Natürlich überzeugte er Hector auch nicht mit der lahmen Ablenkung. Einen Moment zupfte er noch an nicht vorhandenen losen Fäden rum, dann sah er mit einem Seufzen auf und zuckte die Schultern. "Das was es immer ist", gab er zu und warf Hector einen entschuldigenden Blick zu. "Meine Familie. Du hast sie gesehen. Wie ging es ihnen?", fragte er dann doch die Frage, die ihn in den letzten Wochen ständig begleitet hatte.

Da war es. Die Frage und das Thema, das Hector schon vermutet hatte. Er lächelte schwach, als Jack meinte, dass es das übliche Thema war. Das Thema der letzten zwei Woche. Hector klopfte neben sich aufs Sofa. „Setz dich“, sagte er und rückte noch etwas zur Seite, damit sie beide bequem sitzen konnten. Der Jüngere zögerte sichtlich, kam seiner Aufforderung aber schließlich nach. Hector sah ihn an, atmete hörbar aus und überlegte, wo er anfing.
„Es ging ihnen nicht gut. Aber keiner Familie geht es gut, wenn sie ein Kind verlieren, Jack. Es wird dauern, bis es ihnen wieder besser geht. Doch wichtig ist, dass es ihnen wieder besser gehen wird. Und das wird es, bestimmt“, antwortete er ruhig, aber mit mitfühlenden Blick. „Die Trauerfeier…“ Er schluckte kurz. Die Erinnerung daran war noch sehr frisch und zog ihn noch immer herunter. „war… war schön. Soweit Trauerfeiern schön sein können. Aber… für mich war es dennoch die Hölle. Es tut mir ehrlich leid, dass ich dir nichts davon erzählt habe, als ich zurückkam, aber der Tag, die Feier… ich war fertig. Deine Familie so zu sehen… Es wäre nicht gut gewesen, wenn du da gewesen wärst. Selbst wenn du nur ein Zuschauer aus der Ferne gewesen wärst… Für mich war es schon schwer, sie so zu sehen… und ihnen nichts zu sagen.“

Hector forderte ihn auf sich neben ihn zu setzen und Jack war sich nicht sicher, warum er zögerte. Vielleicht weil er nicht so nahe bei Hector sein wollte, wenn es wieder eklig zwischen ihnen wurde? Es war seinem Freund anzusehen, dass das Thema auch ihm nahe ging, aber nicht auf eine 'er war genervt'-Art, sondern wirklich emotional nahe. Jack überbrückte die Entfernung und ließ sich vorsichtig neben Hector auf der Sitzfläche nieder, wobei er unbewusst darauf achtete Abstand zwischen ihnen zu halten. Wie auf glühenden Kohlen saß er dann da und wartete, dass Hector anfing zu sprechen. Was Jack schließlich zu hören bekam, tat ihm weh. Fast wäre er wieder aufgesprungen, aber ehe seine Muskeln reagieren konnten, fühlte er sich schon fiel zu niedergeschlagen. Natürlich ging es ihnen nicht gut. Trotzdem hatte er gehofft. Er hätte nicht fragen sollen. Hectors Zuversicht konnte er nicht teilen, er konnte sich nicht einmal zu einem zustimmenden Nicken durchringen. Stattdessen sah er seinen Freund nur ziemlich traurig an: "Das kannst du nicht wissen. Es kann auch alles noch viel schlimmer werden", sagte er ziemlich hoffnungslos und wehrte Hectors Entschuldigung mit einem Kopfschütteln ab. An dem Tag war er auch nicht bereit gewesen darüber zu sprechen, nicht wo es so schlecht zwischen ihnen gelaufen war. Er war sich nicht mal sicher, ob er jetzt bereit gewesen war. Es fühlte sich nicht so an. Selbst obwohl er sich ziemlich sicher war, dass Hector recht hatte und es nicht gut ausgegangen wäre, wenn er dabei gewesen wäre hatte er immer noch das Gefühl, dass er hätte da sein müssen. Dass es irgendetwas gegeben hätte, dass er hätte tun können. Der irrationale Teil von ihm, war sogar überzeugt, dass es gut gewesen wäre, wenn er sich nicht hätte zurückhalten können. Dann wäre die Katze aus dem Sack gewesen und um die Konsequenzen hätten sie sich dann kümmern können, solange seine Familie nur wusste, dass es ihm gut ging. Aber es wäre ja nicht nur seine Familie gewesen, die die Wahrheit dann erfahren hätte. Seufzend versuchte er sich von diesem sinnlosen Thema abzulenken. Es brachte nicht, weil sich nichts ändern würde. "Es tut mir leid, dass du das ertragen musstest. Was ist mit den anderen, meinen Freunden, Cassandra? Ich hoffe sie haben versucht für dich da zu sein. Ohje, ich hoffe sie waren nicht zu aufdringlich." Das ursprünglich etwas feuchte Lächeln wich einer besorgten Miene. Wenn Cassandra sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, konnte sie ziemlich aufdringlich sein und zwar bis sie ihr Ziel erreicht hatte. In dem Fall konnte Jack wohl nur hoffen, dass sie der Anstand und die Trauer etwas vorsichtiger agieren lassen würde.

„Stimmt. Das kann ich nicht wissen. Aber ich hoffe darauf und ich habe etwas Erfahrung, auf die ich vertraue. Menschen… sind meistens widerstandsfähiger als man glaubt. Sie rappeln sich wieder auf. Und das werden deine Eltern sicherlich schon allein für deine Schwestern. Sie werden es packen. Wir sorgen dafür, dass sie die Hilfe bekommen, die sie brauchen, um die Trauer verarbeiten zu können“, antwortete Hector ernst. Er meinte es tatsächlich so. Er hatte darüber schon mit Galon gesprochen. Ihm war es wichtig, dass Jacks Familie die Hilfe bekam, die sie benötigte. Hector fuhr sich flüchtig durch das Haar, während sein Freund seufzte. Das Thema belastete ihn, natürlich, aber Hector hatte das Gefühl, dass er sich heute für ihn mehr zusammenriss… was er zu schätzen wusste.  
„Nein. Nein, das muss dir nicht leid tun. Das war meine Entscheidung. Und es war trotz allem richtig“, fuhr Hector fort. „Deine Freunde… Ich glaube, die waren alle noch ziemlich schockiert. Sie waren… still. Und nett, keine Sorge. Niemand war aufdringlich“, antwortete er mit einem matten, mitfühlenden Lächeln. „Ich… habe deine Eltern gefragt, ob ich irgendwann vorbeikommen kann… und ob ich etwas von dir haben dürfte. Als Erinnerung. Also… wenn du etwas unbedingt von deinen Sachen gerne hättest… sag es mir und ich schaue, ob ich es mitnehmen kann.“

Hoffnung und Erfahrung. Auf erstes mochte Jack gerade nicht trauen und letztes hatte er im Vergleich zu Hector nicht. Im Interesse des Friedens ließ er das Thema fallen und ging auch nicht weiter darauf ein, wie Hilfe wohl aussehen könnte. Es würde wohl kaum etwas beinhalten, dass er beitragen konnte. Nicht wo er so völlig auf Hector angewiesen war in jeder Hinsicht. Da kam es ganz gelegen, dass Hector das Thema wechselte. Nun, zumindest ein etwas anderes, wenn auch nicht unbedingt leichteres. "Etwas...", fing er an und wusste dann nicht, wie er den Satz beenden sollte. Wenn er ein Ding seiner Sachen haben wollen würde, welches wäre das? Der Gedanke kam ihm ziemlich absurd vor. Noch während er überlegte, klopfte es leise und Jael steckte den Kopf in den Raum. "Habt ihr einen Moment Zeit? Ich habe. Nun, etwas für Jack, könnte man wohl sagen", fragte er in seiner ruhigen Art, die Jack manchmal etwas befremdlich fand. Hin und wieder fühlte er sich in eines von diesen Regency Dramen, die seine Mutter so gerne sah und laß. Bei dem Mann merkte man wirklich, dass er nicht aus diesem Jahrhundert kam, nicht mal aus diesem Jahrtausend. Was irgendwie merkwürdig war, da Hector erzählt hatte, dass der andere Mann jünger war.