Scriptorium Kunst- und Schreibforum
Würden Sie gerne auf diese Nachricht reagieren? Erstellen Sie einen Account in wenigen Klicks oder loggen Sie sich ein, um fortzufahren.

Gläubig?

+14
Laurentia
Chaosente
Neverman
Paoment
Mondlicht
Mambabi
Henry-Lancaster
Seido
SweeneyTodd
Namurai
USS Nelame
nienna
Sandfloh
tuana
18 verfasser

Seite 4 von 5 Zurück  1, 2, 3, 4, 5  Weiter

Nach unten

Glaubt ihr

Gläubig? - Seite 4 Vote_lcap4%Gläubig? - Seite 4 Vote_rcap 4% 
[ 1 ]
Gläubig? - Seite 4 Vote_lcap33%Gläubig? - Seite 4 Vote_rcap 33% 
[ 8 ]
Gläubig? - Seite 4 Vote_lcap21%Gläubig? - Seite 4 Vote_rcap 21% 
[ 5 ]
Gläubig? - Seite 4 Vote_lcap42%Gläubig? - Seite 4 Vote_rcap 42% 
[ 10 ]
 
Stimmen insgesamt : 24
 
 

Gläubig? - Seite 4 Empty Re: Gläubig?

Beitrag von Mailea So 31 Jul 2011 - 8:47

Myri schrieb: Und weil mir nun etliches am Buddhismus auch nicht zusagt, und ich mir meine Religion (wie inzwischen leider oft üblich) nicht einfach von überall "zusammenklauben" will, kann ich doch frei heraus sagen, dass ich überzeugte Christin bin.
.
Naja-zusammenklauben...
Wieso eigentlich nicht.
Keine Religion ist völlig gut, keine zu 100% schlecht.
Wenn man sich selbst eine Basis schaffen kann, um ein gutes, nicht nur auf materiellein Werten beruhendes Leben zu schaffen, ist es denke ich nicht falsch, sich andere Religionen anzuschauen.
Mailea
Mailea
Abschnitt

Weiblich Anzahl der Beiträge : 211
Punkte : 295
Anmeldedatum : 19.06.11
Alter : 27
Ort : In deinem Kleiderschrank

Nach oben Nach unten

Gläubig? - Seite 4 Empty Re: Gläubig?

Beitrag von Chaosente So 31 Jul 2011 - 10:00

Also was mich am meisten am Buddhismus stört, ist die Auffassung, dass der Mensch keine Seele hätte.
Das würde allerdings bedeuten, dass wir austauschbar wären, unwichtig.
Außerdem; was würde unser Handeln, unser Denken ausmachen, wenn es die Seele nicht gäbe, schließlich ist die Seele der Auslöser vom Handeln und Denken.
Während griechische Mythologie sich genauso wie die nordische wie ein Krimi liest, der so verrückt ist, dass sich das eigentlich kein Mensch ausdenken kann,
Richtig, die griechische Mythologie ist eine nette Unterhaltung. Diese menschlichen Götter, die auch total lasterhaft sind und sich auch immer in die Wolle kriegen, kann man nicht wirklich als Religion bezeichnen.
Allerdings finde ich die Geschichte von Buddha genauso unglaubwürdig.
Ein Mann, der bis zu seinem 30 Lebensjahr weder Krankheit, noch Alter, noch den Tod erlebt hat, weil er immer in einer künstlichen Welt von seinen Daddy behalten worden ist, halte ich auch für nicht sehr glaubwürdig. Darauf bezieht sich aber fast der ganze Buddhismus. Auf diesen Mann, der, als er dann doch mal was davon mitbekommen hat und geschockt auf Wanderung gegangen ist, die Erlösung/Erleuchtung bekommen hat.
Ich finde das einfach seltsam. Zumindest den Teil mit der heilen, heilen Welt.
Andere Religionen, das Christentum z.B., haben viel überzeugendere Geschichten oder gar Beweise. So ist die Existenz Jesus Christi von den bürokratischen Römern sogar festgehalten.

_________________

Eine einsame Insel.
Keine Hilfe.
Keine Versorgung.
Niemand wird euch retten.
Was wirst du tun?


Mach mit beim RPG "Gestrandet"!
Chaosente
Chaosente
Abschnitt

Weiblich Anzahl der Beiträge : 276
Punkte : 554
Anmeldedatum : 09.01.11
Alter : 29

Nach oben Nach unten

Gläubig? - Seite 4 Empty Re: Gläubig?

Beitrag von Mailea So 31 Jul 2011 - 20:48

Vielleicht ist der Buddhismus wirklich nicht besonders glaubwürdig, aber ich finde das, was der tibetische Buddhismus vermittelt, besonders wichtig.
Mitleid mit anderen hilft, nicht überheblich zu werden, nicht kaltherzig.
Mailea
Mailea
Abschnitt

Weiblich Anzahl der Beiträge : 211
Punkte : 295
Anmeldedatum : 19.06.11
Alter : 27
Ort : In deinem Kleiderschrank

Nach oben Nach unten

Gläubig? - Seite 4 Empty Re: Gläubig?

Beitrag von Myri So 31 Jul 2011 - 21:45

Naja-zusammenklauben...
Wieso eigentlich nicht.
Keine Religion ist völlig gut, keine zu 100% schlecht.
Wenn man sich selbst eine Basis schaffen kann, um ein gutes, nicht nur auf materiellein Werten beruhendes Leben zu schaffen, ist es denke ich nicht falsch, sich andere Religionen anzuschauen.

Natürlich - wenn du dir eine Basis schaffen willst, ist es nicht schlecht. Aber, wie gesagt, für mich ist es einfach nichts, weil mir dann die Wurzeln fehlen würden - jeder Glaube hat sich immerhin über sehr lange Zeit entwickelt und angepasst und das alles macht, meiner Meinung nach, auch einiges an Tiefe aus.

Andere Religionen, das Christentum z.B., haben viel überzeugendere Geschichten oder gar Beweise. So ist die Existenz Jesus Christi von den bürokratischen Römern sogar festgehalten.

Was ist denn überzeugender daran? Ich würde es nicht so empfinden - du sagst ja, Siddhartha war das reiche Leben gewöhnt und wusste lange nichts von "außerhalb". Aber gerade dadurch scheint es doch umso erzeugender, dass er reif für die Erleuchtung ist, wenn er, obwohl es ein Leichtes wäre, den Rest der Welt zu ignorieren und weiter im Luxus zu leben, dennoch auszieht. Außerdem macht er sein ganzes Leben lang Erfahrungen und versucht sich in verschiedensten Gegensätzen (die sich alle als falscher Weg herausstellen), ehe er die Erleuchtung erlangt. Im Übrigen darf man nicht vergessen, dass kein religiöser Text eins zu eins als historische Quelle betrachtet werden darf - schließlich wurden sie über Jahre und Jahre weitergetragen und, je nachdem was die Menschheit gerade bewegte, verändert. Insofern berichtet die Geschichte von Siddhartha wohl also nicht nur von historischen Fakten, sondern versucht vorallem den Hintergrund und das, was den Buddhismus wirklich ausmacht, weiterzugeben. Insofern halte ich den Buddhismus nicht für weniger "glaubwürdig" als irgendeine andere Religion.

Vielleicht ist der Buddhismus wirklich nicht besonders glaubwürdig, aber ich finde das, was der tibetische Buddhismus vermittelt, besonders wichtig.
Mitleid mit anderen hilft, nicht überheblich zu werden, nicht kaltherzig.

Aber macht das nicht eigentlich sehr viele Religionen aus? Nächsten Liebe, Achtung vor anderen, etc. ist ja eine typische Moral, die in fast allen Glaubensrichtungen gepredigt wird (wenn auch in verschiedener Gestalt und Umsetzung). Also zumindest auf das Christentum kann man das oben genannte auch eins zu eins anwenden.

_________________
Copyright by Miriam Kraft

PERSONS attempting to find a motive in this narrative will be prosecuted;
persons attempting to find a moral in it will be banished; persons
attempting to find a plot in it will be shot.

BY ORDER OF THE AUTHOR, Per G.G., Chief of Ordnance. - Marc Twain
Myri
Myri
Gedicht

Weiblich Anzahl der Beiträge : 480
Punkte : 928
Anmeldedatum : 29.05.09
Alter : 29
Ort : Steiermark

Nach oben Nach unten

Gläubig? - Seite 4 Empty Re: Gläubig?

Beitrag von Mailea So 31 Jul 2011 - 22:41

[quote="Myri"]
Aber macht das nicht eigentlich sehr viele Religionen aus? Nächsten Liebe, Achtung vor anderen, etc. ist ja eine typische Moral, die in fast allen Glaubensrichtungen gepredigt wird (wenn auch in verschiedener Gestalt und Umsetzung). Also zumindest auf das Christentum kann man das oben genannte auch eins zu eins anwenden.

Stimmt.
Aber der ganze tibetische Buddhismus beruht auf Mitleid, auf Friedfertigkeit und Liebe.
Allein aus diesem Grundsatz heraus hat das tibetische Volk sich von den Chinesen versklaven lassen.
Weil sie der Meinung waren, das alles, was die Chinesen ihnen antun irgendwann auf sie zurückfallen würde, und dass sie deshalb Mitleid mit den Chinesen haben sollten, da diese irgendwann für die unzähligen Gräueltaten, das Foltern, das Töten, das Vergewaltigen zur Verantwortung gezogen würden.
Ich bin eine Kämpfernatur, ich werde wütend, wenn man mich schlecht behandelt.
Aber eigentlich will ich das nicht, deshalb habe ich ein Mantra aus dem tibetischen Buddhismus übernommen:
Om Mani Padme Hum.
Das hilft mir, ruhig zu bleiben, klar zu denken und Mitleid und Friedfertigkeit zu leben.
Natürlich hat ihr Glaube den Tibetern nicht geholfen, das ist mir klar.
Aber wer weiß, ob sie nicht völlig ausgelöscht worden wären, wenn sie sich gewährt hätten?
Und ihre Friedfertigkeit finde ich bewunderns- und nachahmungswert.
Mailea
Mailea
Abschnitt

Weiblich Anzahl der Beiträge : 211
Punkte : 295
Anmeldedatum : 19.06.11
Alter : 27
Ort : In deinem Kleiderschrank

Nach oben Nach unten

Gläubig? - Seite 4 Empty Re: Gläubig?

Beitrag von Seido Mo 1 Aug 2011 - 0:19

Ich rieche Illusionen, die man zerschmettern kann. Auf ins Gefecht!

Also was mich am meisten am Buddhismus stört, ist die Auffassung, dass der Mensch keine Seele hätte.

Du glaubst an Seelen? Ich nenne das ein Gehirn mit ausreichender Kapazität, um den eigenen Körper als "Ich" zu empfinden, in der Lage, Hormone auszuschütten die in uns Gefühle hervorrufen und blah das ist mir schon zu viel Getippe. Es sollte auch so klar sein was ich meine.
In meinen Augen sind btw alle Religionen schwachsinnig. Alle verschaukeln die Leute in irgendeiner Form, dass es "etwas größeres" gäbe, das wir nicht fassen können. Wenn man unbedingt an etwas glauben muss, dann doch lieber an die eigenen Fähigkeiten, die sind - je nach Person - echt und können von niemand anderem schlecht- oder auch gutgeredet werden.
Aber ich bin mal nicht so. Die einzige von mir noch gutzuheißende "Religion" ist der japanische Shinto, einfach weil es dort keine Gründer und keine Regeln gibt und man quasi machen darf was man will. Denk dir einen Gott des Schnürsenkelzubindens aus und er existiert halt. Zwar erstmal nur für dich, es sei denn du machst ihn publik, aber he, das ist Shinto.

Gruß,
der fiese Atheist
Seido
Seido
Geschichte

Männlich Anzahl der Beiträge : 667
Punkte : 966
Anmeldedatum : 08.01.10
Alter : 68
Ort : Im Dachgebälk

Nach oben Nach unten

Gläubig? - Seite 4 Empty Re: Gläubig?

Beitrag von USS Nelame Mo 1 Aug 2011 - 2:46

Seido schrieb:Du glaubst an Seelen? Ich nenne das ein Gehirn mit ausreichender Kapazität, um den eigenen Körper als "Ich" zu empfinden, in der Lage, Hormone auszuschütten die in uns Gefühle hervorrufen und blah das ist mir schon zu viel Getippe. Es sollte auch so klar sein was ich meine.
Wahrscheinlich beschränkst du Liebe dann auch nur auf Sex und biochemische Prozesse. Armes Seido traurig

In meinen Augen sind btw alle Religionen schwachsinnig. Alle verschaukeln die Leute in irgendeiner Form, dass es "etwas größeres" gäbe, das wir nicht fassen können. Wenn man unbedingt an etwas glauben muss, dann doch lieber an die eigenen Fähigkeiten, die sind - je nach Person - echt und können von niemand anderem schlecht- oder auch gutgeredet werden.
Das Problem ist, dass die eigenen Fähigkeiten immer begrenzt sind und sein werden. Wie soll man an etwas glauben, dessen Grenzen man schon allein bei einem Blick in den Spiegel vor Augen hat?
Dazu kommt, dass dies die absolut schädlichste Ansicht ist, die ein Mensch vertreten kann, weil er dadurch zwangsläufig sich selbst als besser erachten muss, denn die anderen Menschen. Das schürt aber wiederum nur Eifersucht, Neid, Groll, Wut und Hass. Sorry, aber da finde ich Demut und Geduld die bessere Alternative.

Natürlich hast du Recht: Jede Religion fängt früher oder später an, den Menschen zu verschaukeln. Das liegt schon alleine daran, dass die meisten Religionen auf Schriften beruhen und nahezu alle Religionen von Menschen verbreitet werden. Dadurch werden alle Gedanken, seien sie nun göttlich oder menschlich, automatisch verfälscht. Will man also wissen, wie es wirklich richtig ist, kann man sich eigentlich nur auf das verlassen, was von einer göttlichen Kraft selber kommt. Da Gott aber nicht zu jedem spricht, kommt automatisch auch jeder vernünftig denkende religiöse Mensch in ein Dilemma, das sich "Zweifel" nennt. Ob und wie man das überwindet, ist dann wieder eine persönliche Frage. Ich persönlich würde empfehlen, sich auf das zu berufen, was an einem selbst am ehesten göttlich ist, sei es nun Liebe, Hass, Nächstenliebe, Leidenschaft, Freude oder was auch immer.

_________________
[color=grey]Als aktiver und ausübender Schreiber hier im Forum habe ich auch ein Autorenverzeichnis
USS Nelame
USS Nelame
Administrator

Männlich Anzahl der Beiträge : 3731
Punkte : 4245
Anmeldedatum : 18.05.09
Alter : 36
Ort : Im Zentrum der Macht

https://klassik-begeistert.de/?s=Daniel+Janz

Nach oben Nach unten

Gläubig? - Seite 4 Empty Re: Gläubig?

Beitrag von Seido Di 2 Aug 2011 - 0:36

Wahrscheinlich beschränkst du Liebe dann auch nur auf Sex und biochemische Prozesse.

Mehr ist das nunmal auch nicht.

Wie soll man an etwas glauben, dessen Grenzen man schon allein bei einem Blick in den Spiegel vor Augen hat?

Ich wende mal ein nicht auf dich bezogenes Fallbeispiel an.
Dein bester Freund ist gestorben. Du weisst, ein Gott existiert, aber ob er Tote erwecken kann... dunno ror. Was du aber ganz sicher weisst, ist dass du selbst sowas nicht kannst.
Nun gehen wir davon aus, dieser Gott könnte das auch nicht, aber du glaubst an ihn und Jahre später lässt er sich doch mal dazu herab dir zu sagen, dass er gar nicht so mächtig ist wie er hingestellt wird.
Also hast du Jahre deines Lebens mit dem Hoffen und Bangen verschwendet, dein Freund könnte doch nochmal wiederauferstehen, letztendlich mit einer riesigen Enttäuschung. Hättest du einfach an deine eigenen Fähigkeiten geglaubt hättest du schon kurz nach seinem Tod mit der Sache abschließen können und wärst psychisch aus dem Schneider gewesen.
Hurra, Gott hat dir gerade Jahre deines Lebens versaut.

Dazu kommt, dass dies die absolut schädlichste Ansicht ist, die ein Mensch vertreten kann, weil er dadurch zwangsläufig sich selbst als besser erachten muss, denn die anderen Menschen. Das schürt aber wiederum nur Eifersucht, Neid, Groll, Wut und Hass.

Wie kommst du darauf, man würde sich selbst als besser erachten wenn man an die Dinge glaubt, die man selbst beherrscht? Ich weiss beispielsweise, dass ich gut kochen und schreiben kann, aber ich denke deswegen noch lange nicht, ich wäre in diesen Dingen besser als ein Restaurantkoch oder Bestsellerautor.
Außerdem weiss ich, dass ich schlecht in Mathematik und Aufräumen bin. Also rede ich mir meine Fähigkeiten in diesen Bereichen auch nicht schön. Eifersüchtig bin ich auch nicht auf Menschen, die sowas beherrschen - man kann alles lernen, wenn man denn will. Aber ich will nicht. Ich bleibe bei den Dingen die ich kann und lasse andere den Rest machen.

Klar, in einer Sache hast du Recht. Wenn ich auf jemanden mit den gleichen Fähigkeiten treffe wie ich und es eine Aufgabe zu erledigen gibt, die man theoretisch zusammen bearbeiten könnte, mache ich sie lieber allein. Denn wie heißt es so schön: Wenn du willst, dass es richtig ist, mache es selbst. Ich verlasse mich lieber auf mein eigenes Können als auf das meiner Mitmenschen. Hassen tue ich sie deswegen aber noch lange nicht. Die sind halt da. Solange sie sich mir nicht aufdrängen ist das okay. Wenn sie lästig werden mit ihrem "lass mich helfen wäh wäh" kriegen sie einen verbalen Watschn.

Mal eine andere Frage: Hier wurde ja einige Male das Stichwort Nächstenliebe genannt. Was tut ihr denn, so ganz an die Allgemeinheit gerichtet, wenn ihr jemandem vertraut und derjenige euch richtig böse in die Pfanne haut? Ist dann Schluss mit Nächstenliebe und wir ignorieren diesen Grundsatz des eigenen Glaubens, oder machen wir weiter und latschen dem nächsten Betrüger in die Arme?
Seido
Seido
Geschichte

Männlich Anzahl der Beiträge : 667
Punkte : 966
Anmeldedatum : 08.01.10
Alter : 68
Ort : Im Dachgebälk

Nach oben Nach unten

Gläubig? - Seite 4 Empty Re: Gläubig?

Beitrag von Chaosente Di 2 Aug 2011 - 1:10

Alles wirklich Seido, ich kann mich da Nelame nur anschließen.
Du tust mir leid.
Ich meine, wie miserabel muss denn dein Leben, dein Vertrauen in deine Mitmenschen sein, wenn du solche Auffassungen hast?
Ich will dich nicht beleidigen, aber jemand, der einen solchen Hass oder Groll, nenn es wie du willst, gegen die gesamte Menscheheit hat, so ein Misstrauen gegen alles lebende, kann einem Menschen nur noch Leid tun. So eine Ansicht auf die Welt hätte ich vielleicht einen Überlebenden von Hitlers Kzen zugetraut, aber nicht einem normalen Menschen, der in realtiv sicheren Zeiten lebt.

Wahrscheinlich beschränkst du Liebe dann auch nur auf Sex und biochemische Prozesse.

Mehr ist das nunmal auch nicht.
Wenn man solche Dinge liest, dann könnte man meinen, dass du in deinem gesamten Leben nie etwas wie Glück erfahren hast.
Und deswegen kann ich nur Mitleid mit dir haben.
Und nur nebenbei bemerkt, dieses Mitleid funktioniert nur auf Grund der Nächstenliebe und da Mitleid nie versickern sollte, bleibt auch die Nächstenliebe bestehen, auch wenn dich jemand übers Ohr gehauen hat.
C e la vie.
Es werden bessere Zeiten kommen.

_________________

Eine einsame Insel.
Keine Hilfe.
Keine Versorgung.
Niemand wird euch retten.
Was wirst du tun?


Mach mit beim RPG "Gestrandet"!
Chaosente
Chaosente
Abschnitt

Weiblich Anzahl der Beiträge : 276
Punkte : 554
Anmeldedatum : 09.01.11
Alter : 29

Nach oben Nach unten

Gläubig? - Seite 4 Empty Re: Gläubig?

Beitrag von USS Nelame Di 2 Aug 2011 - 9:26

So, jetzt noch mal das Ganze ausführlich.
Wie ich zuvor schon gesagt habe, hat Mitleid immer so einen negativen Touch, weshalb ich es lieber als Mitgefühl bezeichnen würde. Das ist einerseits ehrlicher und andererseits aufrichtig/ernsthafter. Es ist sehr einfach zu sagen "ich bemitleide dich" - und dann ist gut. Aber mal aktiv nach Lösungen zu suchen oder zu fragen, ob jemand anderes das überhaupt will, das ist meiner Meinung nach die eigentliche Bedeutung von Nächstenliebe: Ihn so zu akzeptieren, wie er ist, selbst wenn er Dinge tut, die offensichtlich falsch sind. Es ist sein Leben und seine Freiheit damit das höchste Gut, dass es zu achten gibt. Ich als Mensch, der Nächstenliebe übt kann somit also höchsten anbieten, seine Sicht zu erweitern oder meine Meinung zu sagen, aber von ihm zu erwarten, dass er sich jetzt gleich um 180 Grad dreht ist einfach nur engstinig und eine Zumutung. Wer christlich ist, der fühle sich in diesem Zusammenhang an den Splitter und den Balken im Auge erinnert.

Nun zu dem, was du gesagt hast, Seido.
Seido schrieb:
Wahrscheinlich beschränkst du Liebe dann auch nur auf Sex und biochemische Prozesse.

Mehr ist das nunmal auch nicht.
Ich hatte genau dieselbe Sicht und vermute, dass du ein Stück weit auch ähnliche Erfahrungen gemacht hast, wie ich. Aber ich kann dir aus Erfahrung auch berichten, dass das zu kurz gedacht ist. Sex ist keine Liebe, Sex ist Sex. Und erst, wer beides trennen kann, dem gelingt es meiner Meinung nach, echte Liebe zu erfassen und zu begreifen. Ich bin mir des Unterschiedes erst bewusst, seitdem ich echte Liebe erfahren habe. Und zwar fernab jeglicher Sexualität. Mich hat die Musik diesem überwältigenden Etwas namens Liebe näher gebracht. Bei dir ist es vielleicht etwas anderes. Ich aber wünsche dir, dass du auch so eine Erfahrung machst.
Denn mit Liebe hängt viel mehr zusammen, als einfach nur Fortpflanzung. Sicher, die mag ursprünglich der Grund gewesen sein, weshalb sich etwas wie Liebe entwickelt hat und viele Faktoren sind ja auch sexuell begründet (bedenken wir nur die Bindung zu einem Partner, Nähe, Wärme, Verbundenheit, Geborgenheit etc.). Das Schöne an uns Menschen ist aber, dass wir uns weiterentwickeln können. Und so ist die Liebe auch spätestens ab dem Zeitpunkt, seitdem wir Menschen und spirituelle Gedanken machen können, etwas Größeres und Mächtigeres geworden, als der beste Sex der Welt jemals sein könnte.

Du weißt, was echte (Nächsten)liebe ist, wenn du dich auf die Straße stellen und aus ehrlicher Überzeugung sagen kannst, dass du alle Menschen liebst, die da an dir vorbei laufen. Egal, ob du sie kennst, oder nicht Zwinkern

Ich wende mal ein nicht auf dich bezogenes Fallbeispiel an.
Dein bester Freund ist gestorben. Du weisst, ein Gott existiert, aber ob er Tote erwecken kann... dunno ror. Was du aber ganz sicher weisst, ist dass du selbst sowas nicht kannst.
Nun gehen wir davon aus, dieser Gott könnte das auch nicht, aber du glaubst an ihn und Jahre später lässt er sich doch mal dazu herab dir zu sagen, dass er gar nicht so mächtig ist wie er hingestellt wird.
Also hast du Jahre deines Lebens mit dem Hoffen und Bangen verschwendet, dein Freund könnte doch nochmal wiederauferstehen, letztendlich mit einer riesigen Enttäuschung. Hättest du einfach an deine eigenen Fähigkeiten geglaubt hättest du schon kurz nach seinem Tod mit der Sache abschließen können und wärst psychisch aus dem Schneider gewesen.
Hurra, Gott hat dir gerade Jahre deines Lebens versaut.
Das ist ein durchaus gültiger Kritikpunkt. Genauso wie du bin ich gegen diese straffe und verreglementiert dogmatische Bild eines allmächtigen Gottes und noch mehr bin ich dagegen, alle Hoffnungen auf diesen Gott zu projektieren. Das ist wirklich ein dummer, naiver Glaube.

Wie kommst du darauf, man würde sich selbst als besser erachten wenn man an die Dinge glaubt, die man selbst beherrscht? Ich weiss beispielsweise, dass ich gut kochen und schreiben kann, aber ich denke deswegen noch lange nicht, ich wäre in diesen Dingen besser als ein Restaurantkoch oder Bestsellerautor.
Außerdem weiss ich, dass ich schlecht in Mathematik und Aufräumen bin. Also rede ich mir meine Fähigkeiten in diesen Bereichen auch nicht schön. Eifersüchtig bin ich auch nicht auf Menschen, die sowas beherrschen - man kann alles lernen, wenn man denn will. Aber ich will nicht. Ich bleibe bei den Dingen die ich kann und lasse andere den Rest machen.
Gut, wenn dir das genug ist, dann sehe ich da kein Problem mit. Leider aber ist nicht jeder Mensch so wie du und viele wollen immer besser sein, als andere, selbst wenn das bedeutet, dass sie über ihre eigenen Verhältnisse und Kräfte leben müssen. Und dann sind wir wieder bei dem Punkt, dass ich sage, das ist eine schädliche Ansicht.

Mal eine andere Frage: Hier wurde ja einige Male das Stichwort Nächstenliebe genannt. Was tut ihr denn, so ganz an die Allgemeinheit gerichtet, wenn ihr jemandem vertraut und derjenige euch richtig böse in die Pfanne haut? Ist dann Schluss mit Nächstenliebe und wir ignorieren diesen Grundsatz des eigenen Glaubens, oder machen wir weiter und latschen dem nächsten Betrüger in die Arme?
Nächstenliebe heißt nicht Selbstaufgabe. Ich interpretiere Nächstenliebe so, dass man bereit sein sollte, anderen zu helfen, so gut man eben kann, wenn dieser es wünscht. Aber nicht, alles für andere zu tun und dabei selber Nachteile einstecken zu müssen oder gar daran kaputt zu gehen.
Und ich vertrete folgenden Grundsatz: Jeder Mensch hat eine Chance verdient. Und da ich nicht Gott bin und auch nicht ewig Nachteile einstecken kann, weil ich darunter selber leide, kann ich eine zweite Chance nur in Ausnahmesituationen geben, wenn es auch wirklich gute Ansatzpunkte gibt. Und sollte es einen Gott geben, so möge er mir vergeben, dass ich seinen Standard nicht erreichen kann. Ich als Mensch muss mir selbst der Nächste sein.

_________________
[color=grey]Als aktiver und ausübender Schreiber hier im Forum habe ich auch ein Autorenverzeichnis
USS Nelame
USS Nelame
Administrator

Männlich Anzahl der Beiträge : 3731
Punkte : 4245
Anmeldedatum : 18.05.09
Alter : 36
Ort : Im Zentrum der Macht

https://klassik-begeistert.de/?s=Daniel+Janz

Nach oben Nach unten

Gläubig? - Seite 4 Empty Re: Gläubig?

Beitrag von Myri Di 2 Aug 2011 - 21:01

Ich wende mal ein nicht auf dich bezogenes Fallbeispiel an.
Dein bester Freund ist gestorben. Du weisst, ein Gott existiert, aber ob er Tote erwecken kann... dunno ror. Was du aber ganz sicher weisst, ist dass du selbst sowas nicht kannst.
Nun gehen wir davon aus, dieser Gott könnte das auch nicht, aber du glaubst an ihn und Jahre später lässt er sich doch mal dazu herab dir zu sagen, dass er gar nicht so mächtig ist wie er hingestellt wird.
Also hast du Jahre deines Lebens mit dem Hoffen und Bangen verschwendet, dein Freund könnte doch nochmal wiederauferstehen, letztendlich mit einer riesigen Enttäuschung. Hättest du einfach an deine eigenen Fähigkeiten geglaubt hättest du schon kurz nach seinem Tod mit der Sache abschließen können und wärst psychisch aus dem Schneider gewesen.
Hurra, Gott hat dir gerade Jahre deines Lebens versaut.

Sorry, aber das Beispiel ist ja wirklich aus der Luft gegriffen. Ich bin schon vielen sehr - nun, sagen wir, wortwörtlich gläubigen (auch mit Schöpfungsgeschichte, etc.) begegnet, aus anderen Religionen ebenso, aber keiner hätte auch nur im Ansatz geglaubt, Gott würde einen Verstorbenen für sie wieder aus dem Jenseits zurückholen. Woher wir Primitivlinge alias Gläubige das wissen? Weil's ja ganz offensichtlich ist, oder hat jemand schon mal von so einem Fall gehört? Leute, die dafür auf Knien den Jakobsweg abrutschen würden, wenn sie wüssten dass es geht, gibt's dagegen viele.
Das Schöne ist allerdings, dass man, als richtiger Gläubiger, gar nicht auf ein Wunder hoffen muss. In dem Sinne würde ich sogar sagen, als Gläubiger verarbeitet man den Tod des Freundes (und nur darum geht es dir ja offensichtlich in deinem Beispiel) sogar besser als ein Atheist: Den man darf darauf vertrauen, dass der Freund in guten Händen, erlöst, ist und man ihn vielleicht einmal wiedersehen kann, während der Atheist nur weiß, dass das Gehirn und die Hormone des Verstorbenen, die ausgemacht haben, was er an ihm geliebt hat, jetzt ein für alle Mal nicht mehr funktionieren und er ihn mit Sicherheit nicht wiedersieht.

Mal eine andere Frage: Hier wurde ja einige Male das Stichwort Nächstenliebe genannt. Was tut ihr denn, so ganz an die Allgemeinheit gerichtet, wenn ihr jemandem vertraut und derjenige euch richtig böse in die Pfanne haut? Ist dann Schluss mit Nächstenliebe und wir ignorieren diesen Grundsatz des eigenen Glaubens, oder machen wir weiter und latschen dem nächsten Betrüger in die Arme?

Nein und nein. Ich halte viel von christlicher Nächstenliebe und derzufolge sollte ich natürlich verzeihen und weiter helfen, wo ich kann. Dass ich das auch tun würde, ist natürlich etwas, das ich nicht für mich beanspruchen kann, aber es wäre das Ideal und ich würde es zumindest versuchen. Und nein, verzeihen heißt nicht, dem nächsten Betrüger in die Arme zu latschen. Natürlich, im Sinne der Nächstenliebe sollte ich diesem jemand helfen, auch wenn er mir noch einmal nur etwas vorspielt. Aber das heißt nicht, dass ich nicht aus meinen Fehlern lerne und die Absichten des nächsten schnell erkenne. Aber verzeihen und weiterhelfen sollte ich.
Natürlich heißt helfen hier nicht, dass ich dem jemand gebe und tue, was immer er fordert. Das muss ja nicht immer das Beste sein und möglicherweise braucht er meine Hilfe auch gar nicht und nützt mich nur aus. In dem Falle kann ich ihm zwar verzeihen (falls er es mal bereut), es ist aber wirklich nicht nötig zu helfen. Hat mein Freund z.B. Spielschulden und fordert von mir noch mehr Geld, wäre es ja wohl christlicher, ihm keines zu geben, dafür aber Hilfe dabei, über seine Sucht hinwegzukommen. Habe ich dagegen meinem Freund in irgendeiner Notsituation das Leben gerettet, er zeigt sich jedoch undankbar und hilft mir nicht, wenn ich ihn einmal brauche, würde ich ihn dennoch ein zweites Mal retten.

_________________
Copyright by Miriam Kraft

PERSONS attempting to find a motive in this narrative will be prosecuted;
persons attempting to find a moral in it will be banished; persons
attempting to find a plot in it will be shot.

BY ORDER OF THE AUTHOR, Per G.G., Chief of Ordnance. - Marc Twain
Myri
Myri
Gedicht

Weiblich Anzahl der Beiträge : 480
Punkte : 928
Anmeldedatum : 29.05.09
Alter : 29
Ort : Steiermark

Nach oben Nach unten

Gläubig? - Seite 4 Empty Re: Gläubig?

Beitrag von Mailea Di 2 Aug 2011 - 21:34

Seido schrieb:Mal eine andere Frage: Hier wurde ja einige Male das Stichwort Nächstenliebe genannt. Was tut ihr denn, so ganz an die Allgemeinheit gerichtet, wenn ihr jemandem vertraut und derjenige euch richtig böse in die Pfanne haut? Ist dann Schluss mit Nächstenliebe und wir ignorieren diesen Grundsatz des eigenen Glaubens, oder machen wir weiter und latschen dem nächsten Betrüger in die Arme?

Nächstenliebe muss man, denke ich zumindest, nicht mit Vertrauen gleichsetzten.
Es bedeutet für mich erst mal:
Ich bin freundlich, höflich, biete meine Hilfe an, versuche, niemanden zu verletzten (geistig und körperlich),
jedem offen und tollerant zu begegnen,und nicht von Äuserlichkeiten und vom Hörensagen auf den Charakter zu schließen.
Was man tut, wenn man von Jemandem verletzt wird, dem man vertraut, hat für mich also zunächst nichts mit Nächstenliebe zu tun.
Mailea
Mailea
Abschnitt

Weiblich Anzahl der Beiträge : 211
Punkte : 295
Anmeldedatum : 19.06.11
Alter : 27
Ort : In deinem Kleiderschrank

Nach oben Nach unten

Gläubig? - Seite 4 Empty Re: Gläubig?

Beitrag von Seido Mi 3 Aug 2011 - 0:42

jemand, der einen solchen Hass oder Groll, nenn es wie du willst, gegen die gesamte Menscheheit hat, so ein Misstrauen gegen alles lebende, kann einem Menschen nur noch Leid tun.

Komisch, dass ich selbst diesen Hass, Groll, whatever, nicht in mir finde. Den sehen immer nur andere und belabern mich dann.

Ich hatte genau dieselbe Sicht und vermute, dass du ein Stück weit auch ähnliche Erfahrungen gemacht hast, wie ich. Aber ich kann dir aus Erfahrung auch berichten, dass das zu kurz gedacht ist.

Es ist deine Erfahrung, zu kurz gedacht zu haben. Ich habe mich übrigens auch schon mal verliebt und war mit dem Mann zusammen. Das war eine ziemlich schöne Zeit, so knapp 3 Jahre, bis er dann zurück in die Heimat gezogen ist und die räumliche Distanz eine Beziehung nicht mehr zuließ. Wir stehen heute noch im Kontakt und treffen uns, wenn er in der Gegend ist. Und trotzdem sehe ich in Liebe nicht mehr als ein von unseren Körpern verzweckmäßigtes Hormonzusammenspiel, um die eigene Arterhaltung zu gewährleisten.

Du weißt, was echte (Nächsten)liebe ist, wenn du dich auf die Straße stellen und aus ehrlicher Überzeugung sagen kannst, dass du alle Menschen liebst, die da an dir vorbei laufen. Egal, ob du sie kennst, oder nicht

Auch den aktuellen Fall Anders Breivik? Oder andere, weniger bekannte Mörder überall auf der Welt, die aus niederen Beweggründen töten/getötet haben?

Sorry, aber das Beispiel ist ja wirklich aus der Luft gegriffen.

Das ist durchaus beabsichtigt. Ich wollte ein Extrembeispiel, das prinzipiell den Kern meiner Ansicht verdeutlicht. Mir ist bewusst, dass niemals irgendwo einer wieder aufsteht.

In dem Sinne würde ich sogar sagen, als Gläubiger verarbeitet man den Tod des Freundes (und nur darum geht es dir ja offensichtlich in deinem Beispiel) sogar besser als ein Atheist: Den man darf darauf vertrauen, dass der Freund in guten Händen, erlöst, ist und man ihn vielleicht einmal wiedersehen kann, während der Atheist nur weiß, dass das Gehirn und die Hormone des Verstorbenen, die ausgemacht haben, was er an ihm geliebt hat, jetzt ein für alle Mal nicht mehr funktionieren und er ihn mit Sicherheit nicht wiedersieht.

Da widerspreche ich. Auch als Gläubiger kannst du niemals mit Gewissheit sagen, dass du ihn wiedersiehst, während du als Atheist in diesem Fall sofortige Gewissheit hast. Unsicherheit nagt über lange Zeit tiefe Wunden in die Psyche, kann krank oder sogar wahnsinnig machen. Klingt sehr poetisch, ist aber wahr.

Aber das heißt nicht, dass ich nicht aus meinen Fehlern lerne und die Absichten des nächsten schnell erkenne. Aber verzeihen und weiterhelfen sollte ich.

Und wie ist es, wenn du immer wieder solche Fehler begehst, bist du eines Tages Gespenster siehst und jemanden, der wirklich Hilfe bräuchte, als Betrüger siehst? Am Ende stellt sich heraus wie es war und du hast die Schuldgefühle. Wie gehst du dann damit um?
Seido
Seido
Geschichte

Männlich Anzahl der Beiträge : 667
Punkte : 966
Anmeldedatum : 08.01.10
Alter : 68
Ort : Im Dachgebälk

Nach oben Nach unten

Gläubig? - Seite 4 Empty Re: Gläubig?

Beitrag von Mailea Mi 3 Aug 2011 - 1:19

Seido schrieb:
Und wie ist es, wenn du immer wieder solche Fehler begehst, bist du eines Tages Gespenster siehst und jemanden, der wirklich Hilfe bräuchte, als Betrüger siehst? Am Ende stellt sich heraus wie es war und du hast die Schuldgefühle. Wie gehst du dann damit um?


Hm...gute Frage.
Würde ich aber gerne mal zurückgeben, zu dir, Seido.
Das ist schließlich etwas, das einem auch passieren kann, wenn man Atheist ist.
Was machst du, wenn du merkst, das jemand dein Vertrauen missbraucht hat?
Mailea
Mailea
Abschnitt

Weiblich Anzahl der Beiträge : 211
Punkte : 295
Anmeldedatum : 19.06.11
Alter : 27
Ort : In deinem Kleiderschrank

Nach oben Nach unten

Gläubig? - Seite 4 Empty Re: Gläubig?

Beitrag von USS Nelame Mi 3 Aug 2011 - 2:24

Seido schrieb:
Ich hatte genau dieselbe Sicht und vermute, dass du ein Stück weit auch ähnliche Erfahrungen gemacht hast, wie ich. Aber ich kann dir aus Erfahrung auch berichten, dass das zu kurz gedacht ist.

Es ist deine Erfahrung, zu kurz gedacht zu haben. Ich habe mich übrigens auch schon mal verliebt und war mit dem Mann zusammen. Das war eine ziemlich schöne Zeit, so knapp 3 Jahre, bis er dann zurück in die Heimat gezogen ist und die räumliche Distanz eine Beziehung nicht mehr zuließ. Wir stehen heute noch im Kontakt und treffen uns, wenn er in der Gegend ist. Und trotzdem sehe ich in Liebe nicht mehr als ein von unseren Körpern verzweckmäßigtes Hormonzusammenspiel, um die eigene Arterhaltung zu gewährleisten.
Wundert mich auch nicht. Das Prinzip Liebe ist so kompliziert, dass ich bis jetzt ein dickes Sachbuch von 200 Seiten und mehr schreiben könnte, weil so unglaublich viele Faktoren eine Rolle spielen, dass es schon sehr schwer ist, die einzelnen Stufen oder Ausprägungen von Liebe zu trennen und für sich selbst zu sehen. Denn, wie ich gesagt habe:
Du weißt, was echte (Nächsten)liebe ist, wenn du dich auf die Straße stellen und aus ehrlicher Überzeugung sagen kannst, dass du alle Menschen liebst, die da an dir vorbei laufen. Egal, ob du sie kennst, oder nicht


Du weißt, was echte (Nächsten)liebe ist, wenn du dich auf die Straße stellen und aus ehrlicher Überzeugung sagen kannst, dass du alle Menschen liebst, die da an dir vorbei laufen. Egal, ob du sie kennst, oder nicht
Auch den aktuellen Fall Anders Breivik? Oder andere, weniger bekannte Mörder überall auf der Welt, die aus niederen Beweggründen töten/getötet haben?
Auch die.


In dem Sinne würde ich sogar sagen, als Gläubiger verarbeitet man den Tod des Freundes (und nur darum geht es dir ja offensichtlich in deinem Beispiel) sogar besser als ein Atheist: Den man darf darauf vertrauen, dass der Freund in guten Händen, erlöst, ist und man ihn vielleicht einmal wiedersehen kann, während der Atheist nur weiß, dass das Gehirn und die Hormone des Verstorbenen, die ausgemacht haben, was er an ihm geliebt hat, jetzt ein für alle Mal nicht mehr funktionieren und er ihn mit Sicherheit nicht wiedersieht.

Da widerspreche ich. Auch als Gläubiger kannst du niemals mit Gewissheit sagen, dass du ihn wiedersiehst, während du als Atheist in diesem Fall sofortige Gewissheit hast. Unsicherheit nagt über lange Zeit tiefe Wunden in die Psyche, kann krank oder sogar wahnsinnig machen.
Nur, dass du als Gläubiger niemals unsicher sein wirst. Denn Glaube ist stärker, als alles Wissen und solange man glaubt, ist das, woran man glaubt für einen selbst so unumstößlich sicher, dass selbst besseres Wissen einen nicht erreichen dürfte. Was du also tun müsstest, um einen Gläubigen in solche Unsicherheit oder gar Wahnsinn zu treiben, ist seinen Glauben erschüttern. Und das ist eine noch viel schwerere Aufgabe, als zu glauben.

Aber das heißt nicht, dass ich nicht aus meinen Fehlern lerne und die Absichten des nächsten schnell erkenne. Aber verzeihen und weiterhelfen sollte ich.
Und wie ist es, wenn du immer wieder solche Fehler begehst, bist du eines Tages Gespenster siehst und jemanden, der wirklich Hilfe bräuchte, als Betrüger siehst? Am Ende stellt sich heraus wie es war und du hast die Schuldgefühle. Wie gehst du dann damit um?
In der Situation befinde ich mich gerade und ich denke, das ist u.A. Folge davon, dass mein Glaube erschüttert wurde. Nicht von Menschen oder von Wissen - sondern durch Ereignisse und daraus entstehenden Erkenntnissen. Denn hätte ich nicht an dem Konstrukt, das mir aufgedrängt worden ist, zweifeln müssen, wäre ich wohl nie in die Situation gekommen, Gespenster zu sehen.
Ich bereue heute, was ich getan habe, weiß aber gleichzeitig, dass es notwendig war, um aus den Lügengeschichten, die mir aufgetischt worden sind, die Wahrheit raus zu ziehen und einen wirklichen, ehrlichen Glauben zu entwickeln. Klar, es ist scheiße gelaufen. Und ich bin auch nicht perfekt. Aber ich musste diese Fehler machen, um zu werden, wer ich bin. Ich brauch heute nicht mehr in die Welt rausgehen und vom jüngsten Gericht oder von Tod, Teufel, Sünde, Hölle und so weiter zu berichten, um meinen Standpunkt zu verteidigen. Stattdessen kann ich meinen Blick weiten, über das, was wortwörtlich in der Bibel steht, hinweg schauen und den Glauben, den ich habe, real anwenden. Das ist viel mehr wert, als stumpf- und starrsinnig das zu leben, was andere für richtig und weise gehalten haben (um ihre eigenen Geldkassen aufzubessern).

P.S: Der christliche Glaube bietet dafür eine einfache, wie geniale Lösung. Nämlich die Vergebung der Sünden. Damit ist er der einzige mir bekannte Glaube, der trotz Fehlern eine Erlösung zulässt. Dass heißt, selbst die Dinge, die man bereut, können einen auf diesem Wege befreien.

_________________
[color=grey]Als aktiver und ausübender Schreiber hier im Forum habe ich auch ein Autorenverzeichnis
USS Nelame
USS Nelame
Administrator

Männlich Anzahl der Beiträge : 3731
Punkte : 4245
Anmeldedatum : 18.05.09
Alter : 36
Ort : Im Zentrum der Macht

https://klassik-begeistert.de/?s=Daniel+Janz

Nach oben Nach unten

Gläubig? - Seite 4 Empty Re: Gläubig?

Beitrag von Myri Mi 3 Aug 2011 - 6:21

Auch den aktuellen Fall Anders Breivik? Oder andere, weniger
bekannte Mörder überall auf der Welt, die aus niederen Beweggründen
töten/getötet haben?

Wie Nelame sagte, auch die. Das heißt ja nicht, dass man sie freilassen
soll (das wäre wieder gegen die Nächstenliebe, da ja andere darunter
leiden müssen). Nur darf man nicht aufgrund ihrer Taten in Hass gegen sie
verfallen, sondern sollte ihnen idealerweise verzeihen (sofern sie
bereuen, anderenfalls ist es (für sie) sowieso gleichgültig) und fair
behandeln. Prinzipiell beruht der christliche Glaube ja darauf, dass uns
durch den eigenen Willen Freiheit zugestanden wird - dementsprechend ist es die Wahl jedes Einzelnen, Entscheidungen zu treffen und die Folgen zu tragen (Gefängnis für einen Mörder). Jedoch sollte die Nächstenliebe dafür sorgen, dass trotz noch so schwerer Sünden niemals unmenschlich mit jemandem umgegangen wird (auch wenn dieser mit anderen so verfahren ist).

Das ist durchaus beabsichtigt. Ich wollte ein Extrembeispiel, das prinzipiell den Kern meiner Ansicht verdeutlicht. Mir ist bewusst, dass niemals irgendwo einer wieder aufsteht.

Dann verstehe ich den Kern deiner Aussage nicht ganz.


Da widerspreche ich. Auch als Gläubiger kannst du niemals mit Gewissheit sagen, dass du ihn wiedersiehst, während du als Atheist in diesem Fall sofortige Gewissheit hast. Unsicherheit nagt über lange Zeit tiefe Wunden in die Psyche, kann krank oder sogar wahnsinnig machen. Klingt sehr poetisch, ist aber wahr.

Wieso habe ich als Gläubiger keine Gewissheit, als Atheist aber schon? Beide Ansichten kann man nicht beweisen.

Nur, dass du als Gläubiger niemals unsicher sein wirst. Denn Glaube ist stärker, als alles Wissen und solange man glaubt, ist das, woran man glaubt für einen selbst so unumstößlich sicher, dass selbst besseres Wissen einen nicht erreichen dürfte. Was du also tun müsstest, um einen Gläubigen in solche Unsicherheit oder gar Wahnsinn zu treiben, ist seinen Glauben erschüttern. Und das ist eine noch viel schwerere Aufgabe, als zu glauben.

Dass der Glaube stärker ist als Wissen, würde ich nicht behaupten. Wie kommst du darauf? Glaube ist stark, natürlich, aber er sollte mit dem Wissen vereinbar sein bzw. sich danach richten.

Und wie ist es, wenn du immer wieder solche Fehler begehst, bist du eines Tages Gespenster siehst und jemanden, der wirklich Hilfe bräuchte, als Betrüger siehst? Am Ende stellt sich heraus wie es war und du hast die Schuldgefühle. Wie gehst du dann damit um?

Was hat das mit Nächstenliebe zu tun? Das kann sowohl dem Selbstlosesten wie auch einem ausgesprochenen Egoisten passieren und wird doch nicht dadurch bestimmt, ob man den Betrügern vergibt oder nicht.

_________________
Copyright by Miriam Kraft

PERSONS attempting to find a motive in this narrative will be prosecuted;
persons attempting to find a moral in it will be banished; persons
attempting to find a plot in it will be shot.

BY ORDER OF THE AUTHOR, Per G.G., Chief of Ordnance. - Marc Twain
Myri
Myri
Gedicht

Weiblich Anzahl der Beiträge : 480
Punkte : 928
Anmeldedatum : 29.05.09
Alter : 29
Ort : Steiermark

Nach oben Nach unten

Gläubig? - Seite 4 Empty Re: Gläubig?

Beitrag von Seido Do 4 Aug 2011 - 0:40

Würde ich aber gerne mal zurückgeben, zu dir, Seido.

Ehrlichgesagt habe ich noch nie jemandem Hilfe verweigert, der sie gebraucht hätte. Darum kann ich nicht sagen, was ich in der Situation tun würde, aber vermutlich würde ich einfach mit meinen Schuldgefühlen leben und die Sache irgendwann vergessen. Solange es nicht gerade etwas wirklich Extremes war vergisst man alles im Laufe der Zeit.

Was machst du, wenn du merkst, das jemand dein Vertrauen missbraucht hat?

Das ist hingegen schon leichter zu beantworten. Mein Vertrauen wurde schon häufiger ausgenutzt und die Situation entwickelte sich immer in dieselbe Richtung. Ich beobachte die Leute, die das taten, tue das selbst heute noch, obwohl einige der Fälle schon Jahre her sind, und warte auf ein Straucheln. Irgendwann wird sich eine Gelegenheit bieten, bei der ich zupacken kann und werde. Und dann wird es demjenigen richtig wehtun. Als jemand, der sich an keine Grundsätze gebunden fühlt, habe ich auch keine Hemmungen so etwas zu tun. Da erreicht mich nicht mal ein schlechtes Gewissen.

Auch die.

Und was passiert sobald getötet wird? Schließt du sie dann aus deiner Nächstenliebe aus, was ja wiederum ein Widerspruch zu diesem Grundsatz wäre? Oder fährst du die Schiene weiter, trotz des Wissens, dass derjenige unglaublich viele Leben auf dem Gewissen hat?

Nur, dass du als Gläubiger niemals unsicher sein wirst.

Absolute Dementierung ist hoch gegriffen. Was ist mit den Leuten, die täglich ehrlich für die Gesundheit eines geliebten Menschen beten, nur damit der dann doch recht qualvoll dahinvegetiert und erst Wochen später stirbt? Ich denke nicht, dass die noch sonderlich an Gott glauben, wenn sich ein Sterbevorgang auf schmerzhafte Art und Weise über einen extrem langen Zeitraum hinzieht. Natürlich wieder nur ein prinzipielles Beispiel, es kann auch um andere Dinge gehen.

Denn Glaube ist stärker, als alles Wissen und solange man glaubt, ist das, woran man glaubt für einen selbst so unumstößlich sicher, dass selbst besseres Wissen einen nicht erreichen dürfte.

Da kann ich auch nicht zustimmen. Ein dauerhaft Verkrüppelter kann noch so sehr daran glauben, irgendwann wieder unversehrt zu sein, es wird nicht passieren. Wenn ihm ein Dutzend verschiedene Ärzte entsprechende Diagnosen stellen wird auch er irgendwann an seinem Glauben zweifeln und unsicher werden, bis hin zur vollkommenen Aufgabe.

Jedoch sollte die Nächstenliebe dafür sorgen, dass trotz noch so schwerer Sünden niemals unmenschlich mit jemandem umgegangen wird (auch wenn dieser mit anderen so verfahren ist).

Das ist mE ein sehr naiver Gedanke. Würde die ganze Welt so christlich denken könnte ich mich also verhalten wie die sprichwörtliche Axt im Walde, ich gehe ins Gefängnis und werde umsorgt, komme irgendwann frei... und mache das gleiche nochmal. Wo ist der pädagogische Effekt? Die Zeit im Gefängnis, in der man täglich 3 Mahlzeiten bekommt, einen kostenlosen warmen Schlafplatz und - in deutschen Zellen - sogar Bücher, Fernseher und andere Annehmlichkeiten?

Wieso habe ich als Gläubiger keine Gewissheit, als Atheist aber schon? Beide Ansichten kann man nicht beweisen.

Das erkennt man schon an der Definition des Wortes glauben. Ich bin überzeugt davon, etwas könnte so passieren, aber einen Beweis werde ich niemals haben, solange der Fall nicht eintritt.
Der Atheist verlässt sich nicht auf's Glauben. Der Atheist hört den Wissenschaftlern zu und wendet deren Errungenschaften an.
Die Menschheit konnte beweisen, dass Gott nicht hinter den Wolken sitzt, wie sie im Mittelalter gedacht haben. Wir können auch kürzlich Verstorbene - ich spreche hierbei von wenigen Minuten - wieder reanimieren, und manche erzählen zwar von einem lichtigen Tunnel, bwäh bwäh... aber dabei muss man bedenken, dass viele Menschen schlichtweg sensationsgeil sind und das Gehirn noch immer nicht vollends erforscht ist. Es ist also durchaus plausibel, dass da noch ein paar elektrische Signale zwischen den Zellen hin und her springen und random Bilder erzeugen.
Seit Tausenden von Jahren gibt es keinen Beweis, der eine Existenz Gottes oder eines Nachlebens darlegt. Gläubige glauben daran, aber wir Atheisten akzeptieren das erst, sobald man uns den Beweis nachprüfbar vorlegt. Darum wissen wir für die Dauer der mangelnden Beweisführung, dass es nichts gibt.

Was hat das mit Nächstenliebe zu tun? Das kann sowohl dem Selbstlosesten wie auch einem ausgesprochenen Egoisten passieren und wird doch nicht dadurch bestimmt, ob man den Betrügern vergibt oder nicht.

Wenn ich mich recht erinnere - ich kann gerade nicht zurückklicken, meine Mittagspause ist eigentlich eh schon vorbei - sagtest du, du würdest merken wenn man dich ein zweites Mal in die Pfanne hauen will, um deine Nächstenliebe auszunutzen. In diesem Fall merkst du es aber nicht, sondern setzt es voraus, was mit Nächstenliebe nicht vereinbar ist.

Ich merke, meine Pause ist definitiv zu kurz für dieses Frage-Antwort-Spiel.
Seido
Seido
Geschichte

Männlich Anzahl der Beiträge : 667
Punkte : 966
Anmeldedatum : 08.01.10
Alter : 68
Ort : Im Dachgebälk

Nach oben Nach unten

Gläubig? - Seite 4 Empty Re: Gläubig?

Beitrag von Myri Do 4 Aug 2011 - 1:11

Das ist hingegen schon leichter zu beantworten. Mein Vertrauen wurde schon häufiger ausgenutzt und die Situation entwickelte sich immer in dieselbe Richtung. Ich beobachte die Leute, die das taten, tue das selbst heute noch, obwohl einige der Fälle schon Jahre her sind, und warte auf ein Straucheln. Irgendwann wird sich eine Gelegenheit bieten, bei der ich zupacken kann und werde. Und dann wird es demjenigen richtig wehtun. Als jemand, der sich an keine Grundsätze gebunden fühlt, habe ich auch keine Hemmungen so etwas zu tun. Da erreicht mich nicht mal ein schlechtes Gewissen.

Das halte ich aber für bedenklich. So bist du letztlich (abgesehen von der Tatsache, dass du kein Vertrauen missbraucht hast) kein bisschen besser als derjenige, den du "bestrafst". Natürlich, man kann sagen, es ist gerecht. Aber wie kann ein Mensch jemals beurteilen, was nun wirklich die angemessene Strafe für eine Tat ist?

Das ist mE ein sehr naiver Gedanke. Würde die ganze Welt so christlich denken könnte ich mich also verhalten wie die sprichwörtliche Axt im Walde, ich gehe ins Gefängnis und werde umsorgt, komme irgendwann frei... und mache das gleiche nochmal. Wo ist der pädagogische Effekt? Die Zeit im Gefängnis, in der man täglich 3 Mahlzeiten bekommt, einen kostenlosen warmen Schlafplatz und - in deutschen Zellen - sogar Bücher, Fernseher und andere Annehmlichkeiten?

Aber das ist nunmal christlich. Es mag naiv für dich klingen, ich würde aber sagen, noch naiver ist es, zu denken, durch harte Strafen könnten Verbrecher "gebessert" werden. Hass als Reaktion auf Hass schürt letztlich nur - richtig! - noch stärkeren Hass.

Seit Tausenden von Jahren gibt es keinen Beweis, der eine Existenz Gottes oder eines Nachlebens darlegt. Gläubige glauben daran, aber wir Atheisten akzeptieren das erst, sobald man uns den Beweis nachprüfbar vorlegt. Darum wissen wir für die Dauer der mangelnden Beweisführung, dass es nichts gibt.

Nein, ihr wisst, dass beides möglich sein kann. Dass es nach dem Tod nichts gibt, könnt ihr hingegen nur genauso glauben, wie wir es tun.

Wenn ich mich recht erinnere - ich kann gerade nicht zurückklicken, meine Mittagspause ist eigentlich eh schon vorbei - sagtest du, du würdest merken wenn man dich ein zweites Mal in die Pfanne hauen will, um deine Nächstenliebe auszunutzen. In diesem Fall merkst du es aber nicht, sondern setzt es voraus, was mit Nächstenliebe nicht vereinbar ist.

Genau, deshalb hat es mit Nächstenliebe auch nichts zu tun. Wenn mir das einmal passieren sollte, kann ich nunmal nichts dagegen tun. Ich kann nur weiter versuchen, nach bestem Wissen und Gewissen zu helfen. Aber das ist für jeden gleich, ob er nun etwas von Nächstenliebe hält oder nicht. Wieso sollte es also etwas mit der Diskussion zu tun haben?

_________________
Copyright by Miriam Kraft

PERSONS attempting to find a motive in this narrative will be prosecuted;
persons attempting to find a moral in it will be banished; persons
attempting to find a plot in it will be shot.

BY ORDER OF THE AUTHOR, Per G.G., Chief of Ordnance. - Marc Twain
Myri
Myri
Gedicht

Weiblich Anzahl der Beiträge : 480
Punkte : 928
Anmeldedatum : 29.05.09
Alter : 29
Ort : Steiermark

Nach oben Nach unten

Gläubig? - Seite 4 Empty Re: Gläubig?

Beitrag von Seido Fr 5 Aug 2011 - 0:46

Aber wie kann ein Mensch jemals beurteilen, was nun wirklich die angemessene Strafe für eine Tat ist?

Wenn du nicht an eine allgemeine Ansicht gebunden bist kannst du das für dich selbst beurteilen. Wer sich zu viele Gedanken um das Wohl anderer macht, auch der Straftäter, verliert mMn das Interesse an sich selbst. Ich erwähne nur die unzähligen Fälle, in denen Mörder und Kinderschänder mit deutlich zu niedrigen Strafen versehen wurden oder sogar sehr früh freikamen, weil es unchristlich sei, sie länger wegzusperren oder zu töten. Und wer denkt an die Angehörigen der Opfer oder das Opfer selbst, die in ständiger Angst leben müssen? Die Christen nicht, wie es aussieht.

Hass als Reaktion auf Hass schürt letztlich nur - richtig! - noch stärkeren Hass.

Das ist eine klischeehafte Sichtweise, die nur noch manchmal stimmt. Einen Hassenden zu unterwerfen und lange genug zu binden wird dazu führen, dass er seinen Hass vergisst und sich dir dauerhaft unterordnet oder anschließt. So geschehen in dem ein oder anderen Krieg, in dem sich große Nationen kleinere einverleibt haben - und heute merkt man kaum noch einen Unterschied zwischen den zwei vormals getrennten Völkern. Meine Familie stammt ursprünglich aus Preußen, und wir sind - ganz ohne Hass oder Unmut - Deutsche, obwohl die Menschen vor x Jahren ganz sicher nicht froh darüber waren, nun tatsächlich zu Deutschland zu gehören. Die Zeit trägt Hass nunmal effektiv ab.

Nein, ihr wisst, dass beides möglich sein kann. Dass es nach dem Tod nichts gibt, könnt ihr hingegen nur genauso glauben, wie wir es tun.

Ich finde meine Aussage unmissverständlich ausgedrückt, darum kann ich nur nochmals darauf verweisen. Dinge, für die es keinen Beweis gibt, existieren offiziell nicht. Darum glaubt man auch nicht, dass es doch sein könnte - solange es keinen eindeutigen Beweis für eine Existenz gibt existiert sie nicht.
Ich würde nun gern ein dazu passendes Bild verlinken, aber ich bin eben noch auf der Arbeit. Zuhause hab ich es irgendwo auf dem Rechner. Jedenfalls ist es typisch für Gläubige (ich verallgemeinere nun ganz bewusst), die "religiöse Logik" anzuwenden. Wenn jemand sagt "Es gibt keinen Beweis für Gottes Existenz" kommt immer zurück, es gäbe auch keinen Beweis für seine Nichtexistenz. Das ist vergleichbar damit, dass ein Mann vor Gericht steht, weil er verdächtigt wird eine Frau vergewaltigt zu haben. Und er wird schuldig gesprochen, weil es keinen Beweis für seine Unschuld gibt, obwohl es auch keinen für seine Schuld gibt. Auf so einer undurchdachten Basis zu diskutieren macht mir keinen Spaß, also lass uns diesen Absatz im folgenden herauslassen.

Genau, deshalb hat es mit Nächstenliebe auch nichts zu tun.

Ich finde, es hat durchaus mit der Nächstenliebe zu tun. Du verwehrst jemandem die Nächstenliebe und erfährst es erst, wenn es bereits zu spät ist. Daraus ergibt sich für mich sehr vereinfacht dargestellt, dass Schuldgefühle in der geschilderten Situation das Produkt der vernachlässigten Nächstenliebe sind.

Aber das ist für jeden gleich, ob er nun etwas von Nächstenliebe hält oder nicht.

Klar, das schon. Aber ich interessiere mich nunmal dafür, wie ein gläubiger Mensch, der die Nächstenliebe hoch hält, mit der Situation umgeht. Was ein Nichtgläubiger tut ist mir so egal wie der bekannte Reissack in China.
Seido
Seido
Geschichte

Männlich Anzahl der Beiträge : 667
Punkte : 966
Anmeldedatum : 08.01.10
Alter : 68
Ort : Im Dachgebälk

Nach oben Nach unten

Gläubig? - Seite 4 Empty Re: Gläubig?

Beitrag von Myri So 7 Aug 2011 - 21:31

Wenn du nicht an eine allgemeine Ansicht gebunden bist kannst du das für dich selbst beurteilen. Wer sich zu viele Gedanken um das Wohl anderer macht, auch der Straftäter, verliert mMn das Interesse an sich selbst.

Es ist aber unsere Verpflichtung an das Wohl anderer zu denken (weil man sich ja selbst auch wünscht, dass an das eigene Wohl gedacht wird - und zwar, auch wenn man sich einmal auf Abwege begangen hat). Natürlich kann man es auch nach dem Der-Stärkere-frisst-den-Schwächeren-Prinzip in der Natur sehen oder nach seinen eigenen Maßstäben urteilen und richten (wenn man sich selbst fair in diese Härte miteinbezieht). Aber das ist nunmal nicht die christliche Sichtweise, und das finde ich auch gut so.

Ich erwähne nur die unzähligen Fälle, in denen Mörder und Kinderschänder mit deutlich zu niedrigen Strafen versehen wurden oder sogar sehr früh freikamen, weil es unchristlich sei, sie länger wegzusperren oder zu töten. Und wer denkt an die Angehörigen der Opfer oder das Opfer selbst, die in ständiger Angst leben müssen? Die Christen nicht, wie es aussieht.

Du kannst aber jemanden nicht einsperren oder härter bestrafen in Hinblick auf eine Tat, die er vielleicht einmal begehen könnte.
Natürlich sollte das Augenmerk der Nächstenliebe ersteinmal auf den unverschuldeten Opfern liegen (und ich kann glücklicherweise sagen, dass wir in einer sehr sicheren Zeit und an einem sicheren Ort leben, auch wenn selbst dadurch nur ein Teil an Verbrechen verhindert werden kann; dennoch ist der Schutz für Opfer - sobald ihre gefährliche Lage einmal bekannt ist, hellsehen kann schließlich keiner - sehr gut und die Gefängnisstrafen auch angemessen lang). Trotzdem sollte die Nächstenliebe auch für den Schutz der Täter sorgen, ihnen die Chance auf eine menschliche Strafe und Besserung bzw. wenn möglich auch Vergebung bieten.
Würde man den Opfern die Freiheit geben, mit ihren Tätern zu verfahren, wie sie wollen, gäbe es wohl im ersten Affekt viele Grausamkeiten, die an die der ursprünglichen Tat heranreichen. Aber damit stellt man sich selbst nur auf die gleiche Stufe.

Das ist eine klischeehafte Sichtweise, die nur noch manchmal stimmt. Einen Hassenden zu unterwerfen und lange genug zu binden wird dazu führen, dass er seinen Hass vergisst und sich dir dauerhaft unterordnet oder anschließt. So geschehen in dem ein oder anderen Krieg, in dem sich große Nationen kleinere einverleibt haben - und heute merkt man kaum noch einen Unterschied zwischen den zwei vormals getrennten Völkern. Meine Familie stammt ursprünglich aus Preußen, und wir sind - ganz ohne Hass oder Unmut - Deutsche, obwohl die Menschen vor x Jahren ganz sicher nicht froh darüber waren, nun tatsächlich zu Deutschland zu gehören. Die Zeit trägt Hass nunmal effektiv ab.

Ich denke du solltest hier aber zwischen "Größerem" (Völkern und Generationen) und "Kleinerem" (Individuen und maximal einer Lebenslänge unterscheiden). Denn bei ersteren ist es weit leichter, den Hass zu zerstreuen und vergessen, da er mehr oder weniger im Volk verteilt ist und schon dadurch leichter zerstreut werden kann. Nach dem Wechsel von ein, zwei Generationen fühlt sich ohnehin kaum einer mehr persönlich betroffen, weil es schließlich "immer" schon so war, auch wenn die Eltern von einer anderen Zeit erzählen. Im Laufe der Weltgeschichte sind tausende Völker zerbrochen, zusammengeschlossen, vertrieben und wieder angesiedelt worden - und bestimmt war viel Hass dabei im Spiel. Aber irgendwann ist alles verjährt und vergessen.
Ich habe allerdings von Einzelnen gesprochen, die nicht so leicht vergessen, da der Hass nur sie etwas angeht und deshalb ein sehr persönliches Problem ist. Schon möglich, dass auch sie sich unterordnen und zum Schein gehorchen, solange es keinen Ausweg gibt, aber dennoch bleibt das Verlangen, sich irgendwann zu rächen - und eine Mögleichkeit ergibt sich meist, wenn man nur lange genug wartet.

Ich finde meine Aussage unmissverständlich ausgedrückt, darum kann ich nur nochmals darauf verweisen. Dinge, für die es keinen Beweis gibt, existieren offiziell nicht. Darum glaubt man auch nicht, dass es doch sein könnte - solange es keinen eindeutigen Beweis für eine Existenz gibt existiert sie nicht.
Ich würde nun gern ein dazu passendes Bild verlinken, aber ich bin eben noch auf der Arbeit. Zuhause hab ich es irgendwo auf dem Rechner. Jedenfalls ist es typisch für Gläubige (ich verallgemeinere nun ganz bewusst), die "religiöse Logik" anzuwenden. Wenn jemand sagt "Es gibt keinen Beweis für Gottes Existenz" kommt immer zurück, es gäbe auch keinen Beweis für seine Nichtexistenz. Das ist vergleichbar damit, dass ein Mann vor Gericht steht, weil er verdächtigt wird eine Frau vergewaltigt zu haben. Und er wird schuldig gesprochen, weil es keinen Beweis für seine Unschuld gibt, obwohl es auch keinen für seine Schuld gibt. Auf so einer undurchdachten Basis zu diskutieren macht mir keinen Spaß, also lass uns diesen Absatz im folgenden herauslassen.

Wenn du nicht mehr darauf antworten willst, in Ordnung. Aber eine Gegenantwort brauch es schon.
Also hat sich vor Kopernikus die Sonne um die Erde gedreht? Wissenschaftlich gesehen, kann man über etwas, für das es keine Beweise gibt, rein gar nichts sagen. Weder dass es exististert, noch dass es das nicht tut. Dementsprechend kannst du in diesem Bereich nur glauben oder eine exakte Stellungnahme verweigern.
Ich verstehe natürlich, wenn du nun meinst, damit könnte man natürlich alles behaupten, solange es keinen Gegenbeweis gibt, der sich wiederum nicht bei jedem Unsinn leicht erbringen lässt. ("Beweis mir, dass es kein Fliegendes Spagettimonster gibt!") Aber zu behaupten, etwas existiere nicht, nur weil es keine Beweise - in keine Richtung - gibt, ist nunmal nicht wissenschaftlich korrekt. (Es gibt schließlich Hinweise auf ein Leben nach dem Tod - die immer gleichen Nahtoderfahrungen, die du schon erwähnt hast - genauso wie immer neue Theorien darüber, wie sie sich widerlegen und mit Gehirnfunktionen erklären lassen können - bewiesen ist aber nichts.)


Ich finde, es hat durchaus mit der Nächstenliebe zu tun. Du verwehrst jemandem die Nächstenliebe und erfährst es erst, wenn es bereits zu spät ist. Daraus ergibt sich für mich sehr vereinfacht dargestellt, dass Schuldgefühle in der geschilderten Situation das Produkt der vernachlässigten Nächstenliebe sind.

Klar, das schon. Aber ich interessiere mich nunmal dafür, wie ein gläubiger Mensch, der die Nächstenliebe hoch hält, mit der Situation umgeht. Was ein Nichtgläubiger tut ist mir so egal wie der bekannte Reissack in China.

So gesehen verstehe ich nun, warum du die Frage in Bezug auf Nächstenliebe gestellt hast.

_________________
Copyright by Miriam Kraft

PERSONS attempting to find a motive in this narrative will be prosecuted;
persons attempting to find a moral in it will be banished; persons
attempting to find a plot in it will be shot.

BY ORDER OF THE AUTHOR, Per G.G., Chief of Ordnance. - Marc Twain
Myri
Myri
Gedicht

Weiblich Anzahl der Beiträge : 480
Punkte : 928
Anmeldedatum : 29.05.09
Alter : 29
Ort : Steiermark

Nach oben Nach unten

Gläubig? - Seite 4 Empty Re: Gläubig?

Beitrag von Seido Mo 8 Aug 2011 - 2:02

Es ist aber unsere Verpflichtung an das Wohl anderer zu denken

Warum ist es das? Wer hat das zu einer Pflicht gemacht? Der Staat? Gott? Die Kirche? Meine Pflicht ist es jedenfalls nicht.

Du kannst aber jemanden nicht einsperren oder härter bestrafen in Hinblick auf eine Tat, die er vielleicht einmal begehen könnte.

Nein, nicht für etwas, das vielleicht passieren wird, das ist richtig. Aber für etwas das er bereits getan hat. Als ich in diesem Schuljahr im Religionsunterricht die Thematik Todesstrafe besprochen habe hat uns unsere Lehrerin eine Liste der deutschen Strafen ausgeteilt. Ich finde zwar nur noch die Zusammenfassung mit Stichworten, aber die meißten Strafen sind absolut lächerlich. Das kann ich gerade meinen Notizen entnehmen:

Mord - lebenslänglich - hierzulande also 15 Jahre, wenn ich nicht irre.
Totschlag - 5 Jahre oder lebenslänglich
Körperverletzung mit Todesfolge - 1 - 10 Jahre
Sexueller Missbrauch von Kindern - 6 Monate bis 10 Jahre

Das sind für dich ausreichende Strafen? Die Liste ist lang, ich hab keine Lust alles abzutippen. Die Verbrechen darauf sind ausnahmslos grausam, und bei allen stagniert die Freiheitsstrafe von ein paar Monaten bis ein paar Jahren. Manchmal kommen die Täter auch mit einer Geldstrafe davon.
Ich kann dir sagen was für mich eine ausreichende Strafe ist. Ein glatter Genickschuss. Eine Giftspritze. Ein elektrischer Stuhl. Natürlich nicht gleich für jeden, sondern gemessen an der Grausamkeit, mit der der Täter zu Werke gegangen ist, gemessen an dem Leid der Opfer oder Angehörigen.
Und sag nun nicht "15 Jahre sind lang". Nicht, wenn du mit allem versorgt wirst was du brauchst. Wenn du lecker Mittagessen aus der Gefängniskantine kriegst, Bücher aus der Gefängnisbibliothek. Eigentlich ist das Gefängnis sogar dein Schutz. Da draußen gibt es unzählige Menschen, die dich gerechtfertigt tot sehen wollen. Aber um dich herum sind Mauern. Keiner kommt rein, du wirst gefüttert, darfst weich schlafen, Sport treiben, Lesen, TV schauen, Arbeiten. Und sobald draußen Gras über die Sache gewachsen ist - denn was kümmert die Öffentlichkeit, dass in Haus 8 auf der Bremer Straße noch immer geweint wird - lassen sie dich raus. Und dann kommt es darauf an wie du tickst.

Ich habe allerdings von Einzelnen gesprochen, die nicht so leicht vergessen, da der Hass nur sie etwas angeht und deshalb ein sehr persönliches Problem ist.

Gut, dann eben im Bezug auf Einzelne. Freunde und Verwandte trösten dich. Du lenkst dich ab, wechselst vielleicht den Wohnort, siehst die Person, die du hasst, nie wieder. So geschehen mit mir. Dass ich kein gutes Verhältnis zu meiner Mutter habe ist nirgends ein Geheimnis, nicht mal in diesem Forum. Sie ist weggezogen. Bis eben hab ich vergessen, dass ich mal mit ihr zusammengelebt habe. Ich hab einfach vergessen, dass ich sie hasse, und das nach 17 Jahren, die ich mit ihr unter einem Dach verbringen musste. Und was ich oben erwähnt habe - Trost, Geborgenheit - das habe ich kaum erfahren. Früher, als die Wunden noch frisch waren, habe ich mir gesagt ich würde sie am liebsten mit einem Baseballschläger totprügeln. Immer ins Gesicht, ihre dumme Fresse so richtig blutig schlagen. Jetzt, beim Schreiben und nachdenken, kommt das Verlangen wieder, aber bis eben war sie einfach weg. Sie und der dazugehörige Hass haben für mich nicht mehr existiert. Und ich gebe dir Brief und Siegel, dass ich spätestens morgen früh wieder vergesse an sie zu denken.

Anyways, ich glaube, wir sind hier endlos beschäftigt. Ich versuche immer wieder zu verstehen, wie Menschen an Dinge glauben können die wissenschaftlich widerlegbar oder nicht bewiesen sind. Für mich ist das so, als würde man Scheuklappen aufsetzen und der Realität vorsingen lalala ich seh dich nicht lalala. Mir unverständlich, allerdings bin ich durchaus bereit so etwas hinzunehmen, wenn man mir damit nicht auf die Pelle rückt - Stichwort Zeugen Jehovas etc. pp. .
Ich werde an dieser Stelle aus der Diskussion ausscheiden, da ich denke, dass wir ohnehin niemals zu einem Ergebnis kommen werden. Zu verschiedene Ansichten, schätze ich.

So far,
das System
Seido
Seido
Geschichte

Männlich Anzahl der Beiträge : 667
Punkte : 966
Anmeldedatum : 08.01.10
Alter : 68
Ort : Im Dachgebälk

Nach oben Nach unten

Gläubig? - Seite 4 Empty Re: Gläubig?

Beitrag von USS Nelame Mi 17 Aug 2011 - 2:08

@ Myri: Wer sich vormacht, besser zu sein als andere, der ist in diesem Punkte bereits irrgeleitet, denn wir alle sind Menschen und in dem Glauben, besser zu sein, als andere, erheben wir uns über diese und verstoßen damit gegen das Gebot: Du sollst deinen nächsten lieben, wie dich selbst.
Zweitens: Woher willst du wissen, ob du nicht in der Situation, in der der andere war, genauso gehandelt hättest? Oder vielleicht sogar noch schlimmere Dinge getan hättest?
Wegen einer einzigen Angelegenheit beanspruchen zu wollen, dass du besser bist, als ein anderer ist deshalb scheinheilig und verlogen.

Wenn du anders handeln willst als andere, dann tu es aus Überzeugung. Ansonsten lass es.
Daher würde ich es in dem zuvor von Seido angesprochenen Beispiel genauso machen, wie sie.

P.S: Die einzig wirkungsvollen Strafen sind diejenigen, die die Täter einsehen lassen, was für Fehler sie gemacht haben und die sie das Leid der Opfer miterleben lassen. Noch ist die Technologie nicht so weit, aber eines Tages wird es vielleicht möglich sein, die Täter aus nächster Nähe das Leid derjenigen, die sie verletzt haben, zu begreifen, vielleicht sogar miterleben zu lassen.
Auch da muss ich Seido leider zustimmen, dass unser Rechtssystem noch lange davon entfernt ist. Einen Menschen weg zu sperren, selbst wenn es lebenslänglich ist, ist immer noch viel zu gnädig in Anbetracht mancher Straftaten, wie Mord oder Kindesmissbrauch. Da bin ich persönlich auch eher für Methoden, wie die Todesstrafe oder die (chemische) Kastration.




Aber auch zu Seido muss ich einige Dinge sagen:
Ich stimme dir ja zu, dass es hirnrissig ist, an Dinge zu glauben, die bereits als falsch bewiesen wurden. Aber an Dinge zu glauben, die niemand beweisen kann, weil sie eben Glaubensangelegenheiten sind (wie zum Beispiel die Existenz eines Gottes, die bisher nicht bewiesen werden kann), das ist eine große Stärke und auch Hilfe. Im Gegenteil, ich denke sogar, dass diejenigen, die die Existenz Gottes ausschließen, sich in Wahrheit die Scheuklappen aufsetzen. Möge man sie nun "Materialismus", "Philosophie" oder "Naturwissenschaften" nennen, Fakt ist, dass all diese Dinge Grenzen haben, die durch unsere Menschlichkeit definiert werden. Woran wir nicht denken, das können wir nicht erfassen. Und die Erfahrung lehrt uns, dass es in der Welt sehr viele Dinge gibt, die wir ohne Hilfe nicht erfassen können. Beispiele? Radiowellen, atomare Strahlung, Photonen usw.
Und das sind nur die Dinge, die wir kennen. Wer weiß, was sich da noch alles verbirgt, woran wir nicht mal zu denken ahnen.
Darum ist der Gedanke an Gott ein durchaus kluger, solange seine Existenz nicht widerlegt ist.

Ich persönlich halte es zum Beispiel für bescheuert, an einen Gott zu glauben, der wie ein Racheengel alle Sünden und Verfehlungen eines Menschen aufschreibt und die ihm dann zum jüngsten Gericht vorhält, um ihn dann in die Hölle schmeißen zu können. Genauso ist die Vorstellung, dass ein Gewissen gottgegeben wäre absurd. Ähnlich wie die Idee, die Erde wäre flach oder der Mittelpunkt des Universums.
Das sind für mich Beispiele, an denen man sehen kann, was schief gehen kann, wenn man alles auf den Glauben projiziert. Der Unterschied ist, wie offen man mit allem umgeht. Ist man bereit, neue Dinge anzunehmen? Erkenntnisse auch für wahr zu halten und durch sie zu lernen? Oder bleibt man stur auf seinem Standpunkt beharren und ändert diesen selbst wider besseren Wissens nicht?
Offenheit der Welt und dem Glaube gleichermaßen gegenüber: Das ist es, woraus meiner Meinung nach letztendlich Wahrheit und Weisheit entstehen kann.

_________________
[color=grey]Als aktiver und ausübender Schreiber hier im Forum habe ich auch ein Autorenverzeichnis
USS Nelame
USS Nelame
Administrator

Männlich Anzahl der Beiträge : 3731
Punkte : 4245
Anmeldedatum : 18.05.09
Alter : 36
Ort : Im Zentrum der Macht

https://klassik-begeistert.de/?s=Daniel+Janz

Nach oben Nach unten

Gläubig? - Seite 4 Empty Re: Gläubig?

Beitrag von Myri Mi 17 Aug 2011 - 5:24

Warum ist es das? Wer hat das zu einer Pflicht gemacht? Der Staat? Gott? Die Kirche? Meine Pflicht ist es jedenfalls nicht.

Du hast recht, ich habe mich falsch ausgedrückt. Es ist nicht unsere Pflicht. Es ist eher eine ethische Einstellung, die sich in den meisten Gesellschaften im Laufe der Zeit aus dem Gedanken heraus entwickelt hat, dass nur so das friedliche Miteinander funktionieren kann, von dem letztendlich alle profitieren.

Nein, nicht für etwas, das vielleicht passieren wird, das ist richtig. Aber für etwas das er bereits getan hat. Als ich in diesem Schuljahr im Religionsunterricht die Thematik Todesstrafe besprochen habe hat uns unsere Lehrerin eine Liste der deutschen Strafen ausgeteilt. Ich finde zwar nur noch die Zusammenfassung mit Stichworten, aber die meißten Strafen sind absolut lächerlich. Das kann ich gerade meinen Notizen entnehmen:

Mord - lebenslänglich - hierzulande also 15 Jahre, wenn ich nicht irre.
Totschlag - 5 Jahre oder lebenslänglich
Körperverletzung mit Todesfolge - 1 - 10 Jahre
Sexueller Missbrauch von Kindern - 6 Monate bis 10 Jahre

P.S: Die einzig wirkungsvollen Strafen sind diejenigen, die die Täter einsehen lassen, was für Fehler sie gemacht haben und die sie das Leid der Opfer miterleben lassen. Noch ist die Technologie nicht so weit, aber eines Tages wird es vielleicht möglich sein, die Täter aus nächster Nähe das Leid derjenigen, die sie verletzt haben, zu begreifen, vielleicht sogar miterleben zu lassen.
Auch da muss ich Seido leider zustimmen, dass unser Rechtssystem noch lange davon entfernt ist. Einen Menschen weg zu sperren, selbst wenn es lebenslänglich ist, ist immer noch viel zu gnädig in Anbetracht mancher Straftaten, wie Mord oder Kindesmissbrauch. Da bin ich persönlich auch eher für Methoden, wie die Todesstrafe oder die (chemische) Kastration.

Da hast du/habt ihr natürlich recht, 15 Jahre für Mord sind wenig (bei uns in Österreich ist lebenslänglich, glaub ich, mit 25 Jahren definiert). Zur Sicherheit wäre es durchaus von Vorteil, längere Gefängnisstrafen zu vergeben. Aber dennoch halte ich es weiter für gerechtfertigt, sie trotz ihrer Taten anständig zu behandeln und keine Strafen wie Folter hinzuzuziehen. Solche Strafen zu vergeben ist willkürlich und kann nie zu vollkommener Gerechtigkeit führen - was nun, wenn man Jahre später dahinter kommt, dass der Verurteilte nicht der Mörder war? Dann hat man ihn halt auf gleiche Art und Weise wie die Tat, die ihm vorgeworfen wurde, zu Tode gequält, aber, mein Gott, irren ist menschlich.
Und, tut mir Leid, wer einem Menschen - auch wenn mit vollkommer Sicherheit feststeht, dass er die schreckliche Tat begangen hat - dasselbe wünscht, der ist selbst nur eine Spur besser. Es ist unsere Pflicht, die Opfer zu schützen - wenn es sein muss, mit Lebenslänglich (im wörtlichen Sinne), aber nicht, Rache zu nehmen.

Gut, dann eben im Bezug auf Einzelne. Freunde und Verwandte trösten dich. Du lenkst dich ab, wechselst vielleicht den Wohnort, siehst die Person, die du hasst, nie wieder. So geschehen mit mir. Dass ich kein gutes Verhältnis zu meiner Mutter habe ist nirgends ein Geheimnis, nicht mal in diesem Forum. Sie ist weggezogen. Bis eben hab ich vergessen, dass ich mal mit ihr zusammengelebt habe. Ich hab einfach vergessen, dass ich sie hasse, und das nach 17 Jahren, die ich mit ihr unter einem Dach verbringen musste. Und was ich oben erwähnt habe - Trost, Geborgenheit - das habe ich kaum erfahren. Früher, als die Wunden noch frisch waren, habe ich mir gesagt ich würde sie am liebsten mit einem Baseballschläger totprügeln. Immer ins Gesicht, ihre dumme Fresse so richtig blutig schlagen. Jetzt, beim Schreiben und nachdenken, kommt das Verlangen wieder, aber bis eben war sie einfach weg. Sie und der dazugehörige Hass haben für mich nicht mehr existiert. Und ich gebe dir Brief und Siegel, dass ich spätestens morgen früh wieder vergesse an sie zu denken.

Etwas verdrängen ist für mich aber nicht dasselbe, wie den Hass zu bezwingen. Ich will dir nicht nahe treten, aber so, wie du schreibst, scheint es mir nicht als ob das bereits hinter dir läge. Wenn du nun weiter in ihrer Nähe leben müsstest, würdest der Hass wahrscheinlich verständlicherweise wieder zu brodeln beginnen.

Ich werde an dieser Stelle aus der Diskussion ausscheiden, da ich denke, dass wir ohnehin niemals zu einem Ergebnis kommen werden. Zu verschiedene Ansichten, schätze ich.

Mmmh, ich glaube, das ist eine gute Entscheidung. Wir werden uns sicher nicht einig werden. Ich hab auch schon drüber nachgedacht, es zu lassen, aber ich juckt es irgendwann dann doch, wieder zu antworten. Auch bei Endlosdiskussionen wie dieser.

@ Myri: Wer sich vormacht, besser zu sein als andere, der ist in diesem Punkte bereits irrgeleitet, denn wir alle sind Menschen und in dem Glauben, besser zu sein, als andere, erheben wir uns über diese und verstoßen damit gegen das Gebot: Du sollst deinen nächsten lieben, wie dich selbst.
Zweitens: Woher willst du wissen, ob du nicht in der Situation, in der der andere war, genauso gehandelt hättest? Oder vielleicht sogar noch schlimmere Dinge getan hättest?
Wegen einer einzigen Angelegenheit beanspruchen zu wollen, dass du besser bist, als ein anderer ist deshalb scheinheilig und verlogen.

Wenn du anders handeln willst als andere, dann tu es aus Überzeugung. Ansonsten lass es.
Daher würde ich es in dem zuvor von Seido angesprochenen Beispiel genauso machen, wie sie.

Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, von welchem Beispiel zu redest (möglicherweise, weil ich länger hierzu nichts geschrieben hab) und hab auch nichts gefunden, als ich die früheren Beiträge überflogen hab. Kannst du's vielleicht zitieren, weil ich mich im Moment gar nicht auskenne?

_________________
Copyright by Miriam Kraft

PERSONS attempting to find a motive in this narrative will be prosecuted;
persons attempting to find a moral in it will be banished; persons
attempting to find a plot in it will be shot.

BY ORDER OF THE AUTHOR, Per G.G., Chief of Ordnance. - Marc Twain
Myri
Myri
Gedicht

Weiblich Anzahl der Beiträge : 480
Punkte : 928
Anmeldedatum : 29.05.09
Alter : 29
Ort : Steiermark

Nach oben Nach unten

Gläubig? - Seite 4 Empty Re: Gläubig?

Beitrag von USS Nelame Mi 17 Aug 2011 - 5:58

Myri schrieb:
USS Nelame schrieb:@ Myri: Wer sich vormacht, besser zu sein als andere, der ist in diesem Punkte bereits irrgeleitet, denn wir alle sind Menschen und in dem Glauben, besser zu sein, als andere, erheben wir uns über diese und verstoßen damit gegen das Gebot: Du sollst deinen nächsten lieben, wie dich selbst.
Zweitens: Woher willst du wissen, ob du nicht in der Situation, in der der andere war, genauso gehandelt hättest? Oder vielleicht sogar noch schlimmere Dinge getan hättest?
Wegen einer einzigen Angelegenheit beanspruchen zu wollen, dass du besser bist, als ein anderer ist deshalb scheinheilig und verlogen.

Wenn du anders handeln willst als andere, dann tu es aus Überzeugung. Ansonsten lass es.
Daher würde ich es in dem zuvor von Seido angesprochenen Beispiel genauso machen, wie sie.

Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, von welchem Beispiel zu redest (möglicherweise, weil ich länger hierzu nichts geschrieben hab) und hab auch nichts gefunden, als ich die früheren Beiträge überflogen hab. Kannst du's vielleicht zitieren, weil ich mich im Moment gar nicht auskenne?
gerne. Da wäre einmal das hier:
Myri schrieb:
Seido schrieb:Das ist hingegen schon leichter zu beantworten. Mein Vertrauen wurde schon häufiger ausgenutzt und die Situation entwickelte sich immer in dieselbe Richtung. Ich beobachte die Leute, die das taten, tue das selbst heute noch, obwohl einige der Fälle schon Jahre her sind, und warte auf ein Straucheln. Irgendwann wird sich eine Gelegenheit bieten, bei der ich zupacken kann und werde. Und dann wird es demjenigen richtig wehtun. Als jemand, der sich an keine Grundsätze gebunden fühlt, habe ich auch keine Hemmungen so etwas zu tun. Da erreicht mich nicht mal ein schlechtes Gewissen.

Das halte ich aber für bedenklich. So bist du letztlich (abgesehen von der Tatsache, dass du kein Vertrauen missbraucht hast) kein bisschen besser als derjenige, den du "bestrafst". Natürlich, man kann sagen, es ist gerecht. Aber wie kann ein Mensch jemals beurteilen, was nun wirklich die angemessene Strafe für eine Tat ist?
und gerade neu dazu gekommen...
Myri schrieb:

Nein, nicht für etwas, das vielleicht passieren wird, das ist richtig. Aber für etwas das er bereits getan hat. Als ich in diesem Schuljahr im Religionsunterricht die Thematik Todesstrafe besprochen habe hat uns unsere Lehrerin eine Liste der deutschen Strafen ausgeteilt. Ich finde zwar nur noch die Zusammenfassung mit Stichworten, aber die meißten Strafen sind absolut lächerlich. Das kann ich gerade meinen Notizen entnehmen:

Mord - lebenslänglich - hierzulande also 15 Jahre, wenn ich nicht irre.
Totschlag - 5 Jahre oder lebenslänglich
Körperverletzung mit Todesfolge - 1 - 10 Jahre
Sexueller Missbrauch von Kindern - 6 Monate bis 10 Jahre

P.S: Die einzig wirkungsvollen Strafen sind diejenigen, die die Täter einsehen lassen, was für Fehler sie gemacht haben und die sie das Leid der Opfer miterleben lassen. Noch ist die Technologie nicht so weit, aber eines Tages wird es vielleicht möglich sein, die Täter aus nächster Nähe das Leid derjenigen, die sie verletzt haben, zu begreifen, vielleicht sogar miterleben zu lassen.
Auch da muss ich Seido leider zustimmen, dass unser Rechtssystem noch lange davon entfernt ist. Einen Menschen weg zu sperren, selbst wenn es lebenslänglich ist, ist immer noch viel zu gnädig in Anbetracht mancher Straftaten, wie Mord oder Kindesmissbrauch. Da bin ich persönlich auch eher für Methoden, wie die Todesstrafe oder die (chemische) Kastration.

Da hast du/habt ihr natürlich recht, 15 Jahre für Mord sind wenig (bei uns in Österreich ist lebenslänglich, glaub ich, mit 25 Jahren definiert). Zur Sicherheit wäre es durchaus von Vorteil, längere Gefängnisstrafen zu vergeben. Aber dennoch halte ich es weiter für gerechtfertigt, sie trotz ihrer Taten anständig zu behandeln und keine Strafen wie Folter hinzuzuziehen. Solche Strafen zu vergeben ist willkürlich und kann nie zu vollkommener Gerechtigkeit führen - was nun, wenn man Jahre später dahinter kommt, dass der Verurteilte nicht der Mörder war? Dann hat man ihn halt auf gleiche Art und Weise wie die Tat, die ihm vorgeworfen wurde, zu Tode gequält, aber, mein Gott, irren ist menschlich.
Und, tut mir Leid, wer einem Menschen - auch wenn mit vollkommer Sicherheit feststeht, dass er die schreckliche Tat begangen hat - dasselbe wünscht, der ist selbst nur eine Spur besser. Es ist unsere Pflicht, die Opfer zu schützen - wenn es sein muss, mit Lebenslänglich (im wörtlichen Sinne), aber nicht, Rache zu nehmen.

Es geht bei der ganzen Sache nicht darum, besser zu sein als der andere, den du bestrafst. Es geht einzig und alleine darum, ihm unter Wahrung seiner Menschenwürde die gerechte Strafe zuzuführen. So sehe ich das.
Nächstenliebe heißt nicht, einen überführten Mörder mit ein paar Streicheleinheiten zu versehen, festzustellen, was für eine schwere Kindheit er hatte und ihn dann laufen zu lassen mit dem Vorsatz, er möge sich doch bitte bessern. Nächstenliebe ist (für mich) ihn so zu bestrafen, dass er zwar das Leid und den Schmerz der anderen möglichst intensiv miterlebt, aber ihm dabei seine Würde zu lassen. Alles andere führt nur zu Wiederholungstaten.
Wer einen anderen Menschen also vorsätzlich im Sinne des Mordes getötet hat, bei dem habe ich nichts dagegen, ihm ebenfalls das Leben zu nehmen. Ich habe allerdings etwas dagegen, ihn ebenfalls mit denselben 66 Messerstichen zu töten, mit denen er vielleicht sein Opfer hingerichtet hat. Erlaubt sei ihm eher eine humane Todesart, die schneller und schmerzlos von statten geht.
Sollte er ehrlich bereuen, kann er meinetwegen auch eine mildere Strafe erhalten.
In beiden Fällen gilt natürlich die lückenlose Beweislast. Der Mord wäre ebenso zu beweisen, wie die Reue.

Aber wohl gemerkt: Auch ich bin nur ein Mensch und ob das der göttlichen Bedeutung von Nächstenliebe entspricht, das vermag ich nicht zu sagen.

_________________
[color=grey]Als aktiver und ausübender Schreiber hier im Forum habe ich auch ein Autorenverzeichnis
USS Nelame
USS Nelame
Administrator

Männlich Anzahl der Beiträge : 3731
Punkte : 4245
Anmeldedatum : 18.05.09
Alter : 36
Ort : Im Zentrum der Macht

https://klassik-begeistert.de/?s=Daniel+Janz

Nach oben Nach unten

Gläubig? - Seite 4 Empty Re: Gläubig?

Beitrag von Myri Mi 17 Aug 2011 - 6:23

So bist du letztlich (abgesehen von der Tatsache, dass du kein Vertrauen missbraucht hast) kein bisschen besser als derjenige, den du "bestrafst".

Und, tut mir Leid, wer einem Menschen - auch wenn mit vollkommer Sicherheit feststeht, dass er die schreckliche Tat begangen hat - dasselbe wünscht, der ist selbst nur eine Spur besser.

Wer sich vormacht, besser zu sein als andere, der ist in diesem Punkte bereits irrgeleitet, denn wir alle sind Menschen und in dem Glauben, besser zu sein, als andere, erheben wir uns über diese und verstoßen damit gegen das Gebot: Du sollst deinen nächsten lieben, wie dich selbst.

Ich habe damit lediglich meine Meinung gesagt - die nunmal so aussieht - allerdings sehe ich nicht, wo du herausgelesen hast, dass ich mich deshalb für etwas Besseres halte als euch oder irgendjemanden, der es anders sieht. Falls ihr das so verstanden habt, dann war es gewiss nicht meine Absicht und ich entschuldige mich dafür.
Trotzdem bleibe ich dabei: Wer versucht, Gerechtigkeit zu üben, sollte dabei sehr vorsichtig sein, dass er nicht selbst eben jenen Hass weiterträgt, mit dem der andere den Teufelskreis in Gang gesetzt hat.
Wenn du mich dementsprechend fragst, wen ich für besser halte, einen, der sich trotz Kränkung dazu überwindet, die ehrlich gemeinte Entschuldigung anzunehmen und zu verzeihen bzw. (falls der "Verräter" keine Reue zeigt) zumindest von einer Rache abzusehen, oder einen anderen, der Auge um Auge und Zahn um Zahn (oder mehr) zurückzahlt, was er erdulden musste, dann kann ich das nicht sagen. Jeder hat seine Gründe und Erfahrungen und es ist - wie du gesagt hast - gegen die Nächstenliebe, sich oder andere höher als die übrigen zu stellen (auch Mörder und andere von dir angeprangerte Verbrecher, versteht sich). Wenn du mich aber fragst, welche Tat ich für besser halte, dann ganz klar die des Zweiten.
Ansonsten könnte man sich ja auch nicht das Recht herausnehmen, zu sagen, die Tat eines Verbrechers sei schlecht und gehöre bestraft.

Zweitens: Woher willst du wissen, ob du nicht in der Situation, in der der andere war, genauso gehandelt hättest? Oder vielleicht sogar noch schlimmere Dinge getan hättest?
Wegen einer einzigen Angelegenheit beanspruchen zu wollen, dass du besser bist, als ein anderer ist deshalb scheinheilig und verlogen.

Nun, ganz einfach, ich weiß es nicht. Und das, denke ich, habe ich auch deutlich geschrieben. Ich kann nur sagen, was ich durch Überlegungen für das Beste halte. Ob ich so handeln würde, kann ich nicht sagen, und es spielt für diese theoretische Diskussion auch kaum eine Rolle.
Oder kannst du sagen, dass du - um dein Beispiel vom Mörder, den du trotz schwieriger Kindheit etc. hinrichten lassen würdest - an seiner Stelle anders gehandelt hättest? Dennoch sagst du ganz offen heraus, dass sein Handeln deiner Meinung nach so schlecht war, dass er dafür den Tod verdient. Das scheint mir nicht minder scheinheilig, als meine Aussage darüber, welche Handlung ich in dieser Situation für richtig halten würde. (Nämlich gar nicht; es ist jedermanns - und -fraus^^ - gutes Recht, seine Meinung zu sagen, auch wenn man natürlich nicht verlangen kann, dass man jedes Mal aus Erfahrung sagen kann, was man selbst in so einer Situation täte.)

Wenn du anders handeln willst als andere, dann tu es aus Überzeugung. Ansonsten lass es.

Sehr richtig Zwinkern. Und ich hoffe, dass ich in einer solchen Situation aus meiner Überzeugung handeln könnte. Nur was hat das damit zu tun?

_________________
Copyright by Miriam Kraft

PERSONS attempting to find a motive in this narrative will be prosecuted;
persons attempting to find a moral in it will be banished; persons
attempting to find a plot in it will be shot.

BY ORDER OF THE AUTHOR, Per G.G., Chief of Ordnance. - Marc Twain
Myri
Myri
Gedicht

Weiblich Anzahl der Beiträge : 480
Punkte : 928
Anmeldedatum : 29.05.09
Alter : 29
Ort : Steiermark

Nach oben Nach unten

Gläubig? - Seite 4 Empty Re: Gläubig?

Beitrag von Gesponserte Inhalte


Gesponserte Inhalte


Nach oben Nach unten

Seite 4 von 5 Zurück  1, 2, 3, 4, 5  Weiter

Nach oben


 
Befugnisse in diesem Forum
Sie können in diesem Forum nicht antworten