Vampire-Das RPG III

Seufzend lehnte Liane sich an die Fensterscheibe des Zuges. Wie öde sie doch diese Fahrten immer fand. Langweilig war das. "Jetzt zieh doch bitte nicht solch ein Gesicht, Lia.", kam plötzlich eine weiche, versöhnliche Stimme von links. "Ich kann doch auch nichts dafür, dass wir so lange fahren müssen - du wolltest unbedingt in diese Bibliothek."
"Jaah ja.", murmelte Lia und wandte sich dann an ihren Begleiter. "Ich weiß, du hast ja Recht. Aber trotzdem...", sie schob trotzig die Unterlippe vor. "Züge sind das langweiligste auf der Welt."

"Konserven, das war auch kein Scherz. Oh Gott..." Damon verzog das Gesicht und ging dann zögerlich auf den Kühlschrank zu. Ein Blick hinein genügte ihm, dass er sich zu Emlyn umschaute - mit einem Blick, als hätte er ein Gespenst gesehen. "Das ist ja krank! Und ihr trinkt alle davon? Wie viele Leute leben hier?"

Noch bevor Javen etwas erwidern konnte, erklang die Ansage für den nächsten Halt. Ein erleichtertes Seufzen entwich Liane und sie sprang hastig auf. "Los los los!", drängte sie. "Schneller!"
"Keine Panik!", lachte Javen und holte ihr Gepäck auf dem Fach über ihren Köpfen. "Wir kommen schon rechtzeitig aus dem Zug raus, keine Angst."
"Bei deiner Schnelligkeit muss man Angst haben, den Ausstieg zu verpassen.", stichelte sie und lief zur Zugtür. Als diese sich gerade öffnete, sprang das Mädchen heraus und atmete tief ein. "Aaah...", seufzte sie. "Endlich frische Luft. Komm schon, Javen!", rief sie dann über die Schulter.
Dieser lachte nur leise, als er sich mit den zwei Reisetaschen über den Schultern durch die Tür zwängte. Als er endlich draußen war lächelte auch er in den wolkenlosen Sternenhimmel.

"Ich weiß es nicht genau!", erwiderte Emlyn wahrheitsgemäß, während sie zwei Gläser aus dem Hängeschrank nahm und auf die Anrichte stellte. Dann griff sie an Damon vorbei in den Kühlschrank und holte zwei Konserven hinaus, die nach kurzer Zeit und einigem Kleckern in die Gläser umgefüllt waren.
"Ich..hm, wünsche Guten Appetit!", sagte sie in dem hilflosen Versuch, witzig zu sein und schob Damon dann eines der Gläser rüber.

"Hm", machte Damon, griff nach dem Glas und nippte. Aus dem simplen Nippen, wurde dann doch erstaunlich mehr und ehe er sich versah, brannte ihm der Durst im Hals und das Glas war im nächsten Augenblick leer.
Als er das leere Glas vor seine Augen hielt, schüttelte er sich, während ein wenig Blut noch an seinen Lippen schimmerte.
"Gruselig..."

"Mir ist langweilig!", maulte Amanda und schob trotzig das Kinn hervor. Schons seit einer geraumer Stunde wanderten sie und Thomas durch die Straße und schwiegen. "Ich will was machen."
Thomas grunzte etwas Unverständliches. Wer wollte denn unbedingt nach draußen? Er sicherlich nicht! Er hatte gerade so ein spannendes Buch...
"Thommyyyyy....", quängelte Amanda weiter und sprang auf seinen Rücken. Ein gefährliches Grinsen breitete sich auf ihrem Gesicht aus. "Können wir jagen gehen?"
"AUF KEINEN FALL!!", platzte es erschrocken aus Thomas heraus und er versuchte Amanda zu packe, doch sie wandt sich aus seinem Griff und klammerte sich noch fester an seinen Rücken.
"Dann beiße ich eben dich!!", beschloss sie trotzig und hatte ihre Zähne schon verspielt auf seinem Hals gelegt, als sie plötzlich innehielt. Was war das für ein komischer Geruch? So roch Thommy doch gar nicht...
Thomas' Herz fing an wild zu schlagen und es kostete ihm alle Mühe nicht in Panik zu verfallen. Jetzt wusste sie alles.
"Mach keinen Scheiß, Jael wird sonst wieder sauer und ich krieg den ganzen Ärger!!"
Doch Amanda reagierte gar nicht auf Thomas' Schimpfen, sondern sog intensiv die Luft durch die Nase ein.
"Du riechst so gut...", nuschelte sie fast benommen und Thomas wollte sich gerade einbilden, dass sie nichts merkte, als sie sich plötzlich auf seinem Rücken versteifte. "Du warst jagen, oder?! Du warst jagen! Ohne mich!!"

Liane nahm Javen bei der Hand und zog ihn mit sich. "Komm, ich hab Hunger!", quengelte sie und zog den jungen Mann hinter sich her.
"Lass uns erst einmal eine Bleibe für den Tag suchen...", wandte Javen ein. "Es wird bald hell."
Resigniert seufzend sah sie in den Himmel. "Das dauert doch noch ne Eeewigkeit.", maulte sie missmutig. Dann seufzte sie resigniert und gab nach. "Na guut, suchen wir uns eben ein Zimmer."
Javen nickte kurz und stellte die Taschen ab. "Bleib kurz hier, ich bin gleich wieder da.", sagte er lächelnd und lief davon. Nach ein paar Minuten kam er wieder, ein paar Blätter in der Hand. "Hier, unser Hotel. Es ist nichts besonderes, doch für heute sollte es genügen. Außerdem liegt es nicht weit von hier.", fügte er hinzu, als er die Taschen mit einer Hand wieder schulterte und mit der anderen nach Lianes zierlicher Hand griff. Sie ließ sich widerstandslos mitziehen.

"Ich weiß...", murmelte Emlyn, während sie an ihrem Glas nippte. Nur einen kurzen Moment später hatte sie jedoch aus ihr Glas bis auf den letzten Tropfen geleert und sich sogar die Blutreste von den Lippen geleckt.
"Eigentlich ist es krank, das zu sagen, aber ich kann mich an nichts erinnern, was mir als Mensch SO gut geschmeckt hat wie dieses Blut als Vampir..."
Sie schob das Glas mit einem leicht angewiderten Blick von sich.

„Als wäre man dazu verdammt... verflucht“, murmelte Damon nachdenklich und drehte sein Glas in den Händen, dass er schließlich auf dem Tisch abstellte. Sein Durst war damit leider irgendwie nicht gestillt... ganz im Gegenteil, ihm war, als hätte er jetzt noch ein größeres Verlangen danach, als zuvor.
„Man könnte es damit vergleichen, dass alles, was einem gut schmeckt, von dem man träumt und nach dem man sich seht, in dieser Flüssigkeit steckt... wie eine Droge“, brummte er grimmig und schüttelte sich.
„Kann ich noch etwas haben?“

"Natürlich!", sagte Emlyn und nickte, um ihre Worte zu untermalen. Mit wenigen Schritten war sie beim Kühlschrank angelangt, hatte ihn geöffnet und kehrte schließlich mit zwei Konserven zu Damon zurück. "Hier, bitte sehr!", sagte sie mit einem scheuen Lächeln.

"Danke", murmelte Damon, lächelte knapp und nahm die Konserve entgegen. Bevor er sie jedoch öffnete, inspizierte er sie eingehend, drehte sie in alle Richtungen und drückte ein paar Mal darauf herum.
"Die sehen echt aus, wie die ausm Krankenhaus... ich frage mich, wem ich damit wohl das nötige Blut geklaut habe", meinte Damon und schenkte sich auch schon ein, nachdem er es so vorsichtig wie möglich geöffnet hatte.
"Danke... übrigens... für das hier her bringen... erklären... auch wenn ich dir nicht glauben wollte. Spätestens jetzt ist das ganze zu verrückt, um nicht wahr zu sein... wenn das in irgendeinerweise Sinn ergibt... wie war das bei dir?"

"Ich war...", setzte Emlyn an, als ihr einfiel, was Michael gesagt hatte. "Erzähl niemandem, wie du verwandelt wurdest!"
Michael... Für einen Moment legte sich ein bitterer Zug um ihrem Mund, bevor sie aus ihren Gedanken hochschrak und Damon entschuldigend anlächelte.
"Ich kann mich leider nicht mehr erinnern, tut mir leid.", sagte sie und zog leicht die Schultern nach oben.

"Oh... naja, vielleicht besser so", sagte Damon und rieb sich jene Stelle, in der dieser Kerl gebissen hatte. "Ich war kurz zuvor noch mit einer Frau aus... die ich in einer Bar kennen gelernt hatte. Weit haben wir es allerdings nicht geschafft... vor allem sie nicht. Ich glaube... die Frauen haben sie umgebracht... wäre der Kerl nicht gewesen, wäre mir vielleicht das selbe wiederfahren. Wobei... hm, keine Ahnung" Damon zuckte mit seinen Schultern und trank.

Es dauerte nicht lange, da hatten sie das kleine, heruntergekommene Hotel erreicht. Liane rümpfte angewidert die Nase, beschwerte sich jedoch nicht. Dafür hatte sie viel zu sehr Hunger. Sie merkte schon, wie das Brennen in ihrer Kehle anschwoll, so dass es sich wie tausende kleine Messer anfühlte, die ihr die Speiseröhre aufschlitzten. Dennoch hielt sie sich unter Kontrolle, bis sie im Zimmer angelangt waren. Doch gleich, als die Tür ins Schloss fiel, schlang sie die Arme um Javens Hals und lächelte zähnefletschend.
"Hunger.", sagte sie leise, doch eindringlich. Javen nickte und zog sein Messer aus der Hosentasche, klappte es auf und setzte es an seinen Arm. Er biss die Zähne zusammen und schnitt vorsichtig hinein. Man konnte gan nicht schnell genug gucken, wie Liane an seinem Arm hing und das Blut aus der frischen Wunde saugte. Ohne einen Laut von sich zu geben, doch mit schmerzverzerrtem Gesicht warf der junge Mann den Kopf in den Nacken.

"Es ist krank..", murmelte Emlyn leise und sah Damon mitfühlend an. Vorsichtig streckte sie die Hand aus und berührte kurz den Handrücken seiner rechten Hand. "Es tut mir wirklich leid", sagte sie eindringlich, "ich wünschte mir wirklich, das wäre Ihnen, ich meine, dir nie passiert!"

Damon musste kurz über Emlyns Verbesserung lächeln und nickte dann.
Er tätschelte ihr Hand und trank dann auch sein zweites Glas leer.
"Ja, ich auch... ich weiß nicht, wie ich das meinen Eltern sagen soll... ich bin mittem im Studium... und jetzt das... warte, wie lange leben wir? Ist das wie im Film, dass wir... naja... ewig leben?"

"Theoretisch ja", erwiderte Emlyn und biss sich auf die Unterlippe, "und was deine Familie angeht..."
Sie schwieg einen Moment lang bedrückt, als sie an ihren Vater dachte. Er hatte sie wirklich nicht gut behandelt und trotzdem vermisste sie ihn...
"Du darfst sie nicht wiedersehen!", presste sie schließlich mit tränenerstickter Stimme hervor.

Als Liane satt war, löste sie ihre Lippen von seinem Arm und leckte noch einmal sanft über den Schnitt, damit sich die Wunde schloss. Und das gerade noch rechtzeitig. Javen ließ sich erschöpft auf das schmale, quietschende Bett fallen und schloss die Augen.
"Schlaf schön.", flüsterte Liane leise, bevor sie sich umzog - hellblaues Rollkragenshirt und schwarze, enge Hose - und lautlos aus dem Fenster sprang. Elegant landete sie in einer der dunklen Gassen und lief los. Javen schlief und sie wollte endlich diese Stadt kennen lernen.
Gerade wollte sie ihren Streifzug starten, blieb sie schnuppernd stehen. Es lag etwas in der Luft. Ein süßlicher Duft, doch nicht der des warmen Blutes, das sie so liebte. Es war der Geruch anderer Vampire. Wachsam schlich die Kleine weiter, bereit, jeden Moment los zu sprinten und abzuhauen. Wer wusste schon, wie diese Vampire auf Neulinge zu Sprechen waren?

"Was?" Damon sah ärgerlich auf, stutzte dann jedoch und behielt seinen weiteren Ärger für sich. Ihm fiel wieder ein, dass sie im Grunde ja auch noch nicht so lange ein Vampir war und dass es für sie sicherlich auch noch nicht so vertraut war... im Gegensatz zu uralten Vampiren besaß sie vermutlich noch eine Familie. Und die Verluste, die sie gemacht hat, waren noch nicht lange her... Kurzfristig stand Damon auf und nahm Emlyn in seine Arme.

"Entschuldige!", murmelte Emlyn und fuhr sich in einer hektischen Bewegung über die Augen, "das...eigentlich heule ich wegen so etwas nicht!"
Sie versuchte sich an einem Lächeln, das jedoch kläglich misslang.

"Wegen so etwas? Na hör mal, mir ist auch nach Heulen zumute, nur weine ich innerlich - ich bin ja ein Mann. Ein untotet Mann", fügte Damon hinzu, lächelte bitter und holte ein Zewatuch, das er ihr reichte.
"Vermutlich wird das besser... sobald man die 100 Jahre-Marke erreicht hat... ohje..."

Mit schnellen, lautlosen Schritten huschte Liane durch die Gassen. Der Geruch war überall...
Da entdeckte sie einen, mit einer seltsamen Note und beschloss, ihm zu folgen. Es dauerte nicht lange, da kam sie an ein riesiges Gebäude. Die Gerüche überlagerten sich an diesem Ort sehr, überall schien es von Vampiren zu wimmeln.
Neugierig huschte Lia zu einem der Fenster und spähte vorsichtig hinein.

Verwundert sah Jael auf und fragte sich, was er hier eigentlich machte. So wartend, alleine im Zimmer sitzen. Worauf den warten? Casey und sein Bruder waren weg, Damion sicher in London, wo er sich hoffnungvoller Weise um alle anliegenden Dinge kümmerte und Thomas und Amanda waren draußen auf der Straße, wo sie hoffnungsvoller Weise nichts anstellten. Er war tatsächlich frei zu tun und lassen was er wollte. Überrascht blinzelte er die Scheibe an, die das elektische Licht der Stadt ins Zimmer fallen ließ. Wie lange war es her, seit er wirklich mal nichts gehabt hatte, um das er sich kümmern musste? Er konnte sich nicht erinnern.
Amüsiert schnaubend nahm er seine Jacke vom Stuhl (ihm wäre draußen nicht kalt, aber man fiel viel zu leicht unter Menschen auf, wenn man Nachts ohne Jacke rumrannte) und beschloss nach draußen zu gehen. Zeit für ein bisschen Sightseeing.

"100 Jahre...", murmelte Emlyn gedankenverloren, "oder zweihundert. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, so lange zu leben, wenn ich ehrlich sein soll..."
Sie ergriff mit einem dankbaren Lächeln das Zewatuch und putzte sich dann geräuschvoll die Nase. "Danke!", nuschelte sie verschnupft.

Das Zimmer war leer. 'Hm.', dachte Liane und runzelte die Stirn. Die Situation wurde ihr plötzlich ein wenig unangenehm, da sie sich irgendwie beobachtet fühlte, so schlich sie wieder vom Gelände und huschte wieder zurück in die dunklen Gassen.
Nach einer Weile hörte sie das leise Rauschen von eisigem Wasser und beschloss kurzerhand, dem Geräusch nachzulaufen. Schon bald erreichte sie einen breiten Fluss und schritt langsam an dessen Ufer. Ihr Blick ruhte auf den kleinen Wellen und Wirbeln, die das Wasser durchzogen.