Vampire-Das RPG III

Jael sagte nichts und unterdrückte auch ein Schmunzeln. Amanda hätte das bestimmt nicht lustig gefunden, wenn sie es gesehen hätte. Immerhin, Hopfen und Malz waren bei ihr noch nicht verloren. Sie hatte gezeigt, dass sie konnte, wenn sie wollte. Wenn sie nur ein bisschen erwachsener wäre, wäre sie wahrscheinlich eine bezaubernde Person. Seufzend überlegte Jael, wie viele hundert Jahre es wohl dauern würde, bis Amanda vernünftiger wurde.

Als sie das Haupthaus endlich erreicht hatten, wurde es schon leicht hell. Amanda ging mit bestimmten Schritten zum Kühlschrank und schnappte sich die erstbeste Konserve, die sie in die Finger bekommen konnte, nur um sie gierig auszusaugen. Thomas sah ein wenig bedröppelt dabei zu. Noch immer fühlte er sich schuldig.
Als Amanda schließlich schweigend richtung Zimmer verschwand, folgte er ihr, doch sie missachtete ihn vollständig und knallte ihre Zimmertür mit Wucht zu.

"Thomas", sagte Jael, der drauf gehofft hatten ihn wenigstens für einen Augenblick alleine zu erwischen, und griff nach dessen Arm. Dass Amanda ihn so offensichtlich aus dem Zimmer ausschloss kam ihm da ganz zupass.
"Ich hab nichts dagegen, wenn du Jagen gehts, aber reib es Amanda nicht so offensichtlich unter die Nase, ja?", sagte er ruhig.

"Hab ich nicht!", beteuerte Thomas sofort und rieb nervös die Hände aneinander. "Ehrlich nicht. Sie hat es gerochen und mir nicht einmal Zeit gelassen, zu erklären. Es passiert auch nicht wieder, versprochen!"
Er schickte Jael einen entschuldigenden Blick und kaute auf der Innenseite seiner Wange herum. Gott, er hatte so ein schlechtes Gewissen.
"Tut mir leid, dass wir so viel Ärger machen."

Amanda schmiss sich währenddessen auf ihr Bett und zog die Decke über ihren Kopf, warf diese doch wenig später stöhnend und unzufrieden von sich. Sie wollte sich am iebsten irgendwo verkriechen! Und dann fiel ihr Blick plötzlich auf die Kühltruhe...

"Hm, schon gut", seufzte Jael, der sich nur zu gut vorstellen konnte, wie das Treffen abgelaufen war.
"Stellt bis morgen nichts an", sagte er noch und ging dann zu seinem eigenen Zimmer. Irgendwas störte ihn immernoch an der Geschichte.

Thomas ging auch auf sein Zimmer und fragte sich, wie er aus diesem Schlamassel je wieder rauskommen sollte.

Out. Was sagt ihr zu einer neuen Nacht? =)

[Out: Weil sich ja kein anderer traut ]

Am nächsten Abend wachte Javen schon früh auf, die Sonne ging gerade unter. Die letzten Sonnenstrahlen fielen noch einige Augenblicke durch das kleine Fenster neben seinem Bett und streiften noch kurz sein Gesicht, bis es endgültig dunkel wurde. Seufzend rappelte er sich auf. Durch sein ständiges Zusammensein mit Liane hatte er einen komplett neuen Tages-Nacht-Rythmus entwickelt.
Er verdrängte seine Gedanken, beziehungsweise tat dies sein Magen. Er hatte Hunger. Und das nicht wenig. Ein erneuter Seufzer entwich ihm, als er sich anzog und das Zimmer verließ. Den Schlüssel gab er an der Rezeption einer mürrisch dreinblickenden alten Ommi in blassrosa Kleid... War sie schon gestern dort gesessen? Er konnte sich nicht erinnern.
Mit schnellen schritten und den Händen in den Hosentaschen verließ er das Gebäude und lief los. Er hatte keinen Plan, wo er hin sollte und lief einfach der Nase nach.

Als Amanda aufwachte, beschloss sie, dass sie ziemlich stolz auf sich sein konnte. Heute war der letzte Tag der Wette und sie hatte nichts angestellt, obwohl sie eigentlich Javen beißen wollte. Damit hatte sie sozusagen sich selber ausgetrickst. Trotzdem fühlte sie sich ein wenig niedergeschlagen, während sie im Bett lag und aus dem Fenster starrte. Was für ein Vampir war sie, wenn sie nichtmal jemanden beißen konnte? Was war sie überhaupt, wenn sie auch kein Mensch mehr war?
Grunzend vergrub sie den Kopf unter ihr Kopfkissen und beschloss gar nicht erst aufzustehen, obwohl ihr Kiefer sich jetzt schon vor Hunger schmerzhaft verkrampfte.

Thomas hatte sich bereits mit einer Konserve aus dem Haus geschlichen, sobald er aufgewacht war und streifte jetzt wie ein nervöser Tiger, um den Block.

Jael schloss den letzten Knopf an seinem Hemd und sah dann aus dem Fenster hinaus auf die hell beleuchtete Straße. Jetzt wusste er, was ihm an Thomas und Jagen so merkwürdig vorgekommen war.
Als er die beiden gefunden hatte, hatte Thomas so eine dermaßende Abneigung gehabt, dass er lieber verhungert wäre. Was hatte sich in den paar Tagen geändert? Gut, unmöglich war es nicht, immerhin kannte er jetzt mehr Vampire als nur Amanda, vielleicht fand er sich mit seinem Schicksal ab. Und wieso sollte er lügen?
Seufzend ließ Jael das Thema fallen und verließ sein Zimmer und steuerte die Küche an.

Nach einer Weile kam er an einen kleinen Asia-Imbiss und holte sich dort kurzerhand eine Tüte Chinanudeln, die er gierig hinunterschlang. Sie waren nicht sonderlich gut, aber besser als nichts. Und viel mehr hätte sein Geldbeutel auch nicht hergegeben...
Auf einmal war es Javen, als spürte er von weitem laute, durchdringende Bässe, die seine Umgebung unmerklich erzittern ließen. Er folgte dem Gefühl und schon bald vernahm er laute, dröhnende Musik. An der Tür, hinter der das Geräusch herkommen musste, hielt er inne. Nach kurzem Überlegen öffnete er die Tür und schon schlug ihm eine Wand aus Lärm entgegen. Er ging langsam die metallene Treppe hinunter, auf deren Absatz er gestanden hatte, und ließ den Blick über die tanzende Menge schweifen. Überall flackerten bunte Lichter im Tackt zur Musik mit und schufen eine Atmosphäre des Unwirklichen. Ein leichtes Lächeln schlich sich auf sein Gesicht, als er sich an den Tresen setzte und sich eine Cola bestellte. Dafür müsste sein Geld noch reichen.

Derweil erwachte Liane und schlug die Decke von sich. Nicht das erste Mal war sie froh, dass sie nicht so empfindlich war wie die Menschen, sonst hätte sie nun unerträgliche Rückenschmerzen. So verspürte sie nur ein leichtes Ziehen die Wirbelsäule hinauf.
Mit einem genervten Seufzen stand sie auf und klopfte ihre Kleidung aus. Leise fluchend über den Dreck und den Gestank in dem Zimmer - den sie seltsamerweise erst jetzt bemerkte - suchte sie alle Sachen zusammen und verstaute sie in den beiden Koffern. Dann nahm sie sie und trug sie nach unten, gab den Schlüssel ab und begab sich nach draußen. Beinahe gierig sog sie die frische Nachtluft ein, bevor sie sich nach rechts wandte und loslief.

Matthew hatte Natasha heute in Jilians Obhut gelassen und war bereits früh ins Superiorhaus gefahren. Es gab noch einige Dinge, die er erledigen musste, bevor sein Familienurlaub beginnen konnte. Meist ging es um reine Formailtäten, und Maryam führte viele der Aufgabe, die sie als temporäres Oberhaupt machen sollte, bereits jetzt aus. Aber Vampire waren nunmal die geborenen Bürokraten..
Nun stand er gerade in der Küche und wartete auf Maryam. In seiner rechten hand hielt er ein Glas aus feinsterm Kristall, das fast mir zum Rand mit Blut gefüllt war.

Emlyn klappte zur selben Zeit den Deckel der Kühltruhe auf, in der sie den Tag verbracht hatte. Es war überraschend angenehm gewesen, sie fühlte sich frisch und munter. Sie strich einige Eiskristalle ab, die sich auf ihrer Haut gebildet hatten und verschwand dann im Bad, um sich die Haare zu kämmen.

"Oh, guten Abend", sagte Jael, als er in die Küche kam und Matthew vorfand. Aus dem Schrank nahm er sich ein Glas und holte sich dann eine Konserve aus dem Kühlschrank.

"Hallo Jael!", begrüßte Matthew ihn mit einem freundlichen Lächeln, "wie geht es Ihnen?"
Er hob das Glas an die Lippen und trank den letzten Rest. "wie ist es hier gestern ohne mich gelaufen? Ich hoffe doch, gut?"
Mit einem entschuldigenden Lächeln legte er den Kopf leicht schief. "Leider hat uns Natasha gestern ziemlich auf Trab gehalten. Man sollte nicht meinen, das ein so kleines Wesen derartigen Trubel veranstalten kann!"

Jael lächelte verstehend und runzelte kurz die Stirn.
"Ich war nicht lange hier. Ich hatte vor mir die Stadt anzusehen. Und habe eine.. interessante Begegnung gehabt. Eine Vampirdame, ich möchte meinen ziemlich alt", sagte er, während er zwischendurch an seinem Glas nippte. Er hatte sich die Begegnung mit Liane auch noch nicht weiter durch den Kopf gehen lassen, Thomas hatte ihn ein wenig abgelenkt. Die Begegnung mit Amanda und Thomas lies er lieber aus dem Spiel, vor allem Javen.
"Und Thomas war anscheinend jagen", fügte er ein wenig skeptisch hinzu.

"Das sind zwei überaus interessante Begebenheiten", erwiderte Matthew und runzelte die Sirn. Mittlerweile hatte er sein Kristallglas grob asugewaschen und in der Spüle stehen lassen. "Wären Sie eventuell bereit, mir etwas mehr über die Vampirdame zu erzählen? Für gewöhnlich legen besonders die älteren Vampire Wert darauf, sich offiziell anzumelden."
Er beugte sich mit einem amüsierten Grinsen näher zu Jael. "Unter uns, sie mögen es, wenn man ihnen einen pompösen, offiziellen Empfang bereitet."

"Nein, natürlich nicht", meinte Jael und musste über Matthews Darstellung von älteren Vampiren lachen.
"Nun, sie scheint nicht diese Art von altem Vampir zu sein. Sie war recht erstaunt mich zu sehen, bzw. andere Vampire als sie selbst. Wenn ich sie richtig verstanden habe kommt sie von ziemlich weit Nördlich."

"Wie interessant", bemerkte Matthew und rieb sich nachdenklich das Kinn, "nun ja, es kommt zwar äusserst selten vor, aber ab und an tauchen tatsächlich Vampire in den Großstädten auf, die sich für die letzten ihrer Art halten. Es ist für sie meistens ein ziemlicher Kulturschock..."
Er runzelte kurz die Stirn. "Meinen Sie, dass sie für längere Zeit hier bleiben wird? Ich würde sie gerne einmal kennen lernen."

"Sie hat nicht gesagt wie lange sie bleiben wollte", sagte Jael und wusste nicht, ob er hoffen sollte, dass Matthew sie nie traf. Er wurde das Gefühl nicht los, dass ihm Javen nicht gefallen würde, eher, dass er es nicht dulden würde. Jedenfalls nicht in seiner Stadt.

"Nun ja, dass lässt sich bestimmt auch zu einem späteren Zeitpunkt in Erfahrung bringen", erwiderte Matthew schulterzuckend, "es ist ja nicht so, dass uns die Zeit davonrennen würde!"
Er lachte kurz und verschränkte dann die Arme vor der Brust. "Sie sagten, Thomas wäre jagen gewesen?", fuhr er schließlich fort und runzelte kaum merklich die Stirn, "verzeihen Sie mir, aber ich hatte nicht das Gefühl, dass es sich bei ihm um ein...Naturtalent handelt?"

"Nein, wahrhaftig nicht. Allerdings wüsste ich nicht, wieso er lügen sollte. Vor allem, da Amanda sich darüber ziemlich aufgeregt hat. So sehr, dass sie fast ihr Versprechen vergessen und auch jagen gegangen wäre. Vielleicht gewöhnt er sich langsam an die Situation", sagte er und zuckte mit den Schultern. "Der heilende Einfluss von Artgenossen?"

Endlich hatte Liane gefunden, was sie gesucht hatte. Ein schickes Nobelhotel am Rande der Stadt, in der Nähe eines Parks. Sie buchte an der Rezeption eine Suite auf unbestimmte Zeit und ließ ihr Gepäck von einem der Portiers hinaufbringen. Sie selbst wollte erneut ein wenig die Stadt erkunden. Es gab so viel zu sehen und wer wusste schon, vielleicht würde sie Jael O’Coileáin erneut über den Weg laufen. Denn wenn es eines gab, was sie in ihrem ganzen untoten Leben gelernt hatte, dann war es, dass nichts unmöglich war.
Die Gedanken an Javen verdrängte sie für diesem Moment, sie würde morgen nach ihm suchen. Heute Nacht hatte sie weder Hunger, noch verspürte sie den Drang, bei ihm sein zu wollen.
Ein leises Lied summend lief sie los.

Matthew verzog kaum merklich den Mund, gab aber kaum mehr als ein leises "Hm" von sich. Dass Amanda eine gute Jägerin werden würde, stand für ihr ausser Zweifel. Sie hatte den Jagdinstinkt, man musste nur ein wenig an ihrem Benehmen feilen. Nun ja, oder ein wenig mehr...
"Ich will mich da nicht einmischen", sagte er schließlich, "aber Sie sollten vielleicht einen etwas genaueren Blick auf Thomas werfen. Ich liess Jilian vor einiger Zeit freie Hand bei der Jagd und es endete damit, dass ich mir eine plausible Ausrede für zwei Kinderleichen einfallen lassen durfte."
Er seufzte leise. "Damit will ich nicht sagen, dass Sie ihren Protegés grundsätzlich misstrauen sollte. Es ist nur ein Rat unter Freunden. Selbst ältere Vampire begehn fehler, jüngere aber noch viel öfter."

"Ich hatte auch nicht vor ihn aus den Augen zu lassen. Es ist nur... Amanda beansprucht doch ziemlich viel Aufmerksamkeit. Irgendwie geht Thomas da ziemlich unter. Aber Sie haben recht, irgendwas ist merkwürdig an der Sache, auch wenn ich mir nicht erklären kann was genau."
Nachdenklich sah Jael in sein Glas, bevor er den letzten Schluck nahm.
"Ich kann mich auch noch nicht ganz einig werden, ob ich mit ihm reden soll, oder ob ich das ganze erstmal auf sich beruhen lasse und beobachte", fügte er mit einem leisen Lachen hinzu. "Ich fürchte ich eigne mich nicht sonderlich dazu junge Vampire an ihr neues Leben zu gewöhnen."

Es dauerte eine ganze Weile, da roch sie ihn wieder. Den Geruch anderer Vampire. Sie mussten ganz in der Nähe sein - und es waren viele. War sie etwa wieder in der Nähe dieses Hauses?
Mit gerunzelter Stirn lief Liane weiter. Eine seltsame Stadt., dachte sie und bog in eine weitere Straße ein.

Derweil hatte Javen sich mit seiner Cola in den hinteren Teil des Raums verzogen, in dem er die Musik nicht ganz so laut hören musste. Trotzdem dröhnte sie ihm noch in den Ohren, so dass er sich fragte, ob er wohl am nächsten Tag taub sein würde. Möglich wäre es ja, bei dieser Lautstärke.
Javens bedächtiger Blick wanderte über die Menge, seine Finger klackerten in einem unbestimmten Rhythmus an sein Glas - eine Eigenheit, die er von Liane übernommen hatte.
Es war ihm, als suche er etwas, oder jemanden, doch er konnte nicht sagen was oder wen. Ein wenig verwirrt ließ er seinen Blick weiter schweifen.

"Sie arbeiten auch unter erschwerten Bedingungen!", erwiderte Matthew tröstend und klopfte Jael kurz auf die Schulter, "schließlich befinden Sie sich hier in einer Großstadt, die NICHT Ihre Heimatstadt ist. Sie müssen also selbst erst die inneren Abläufe kennenlernen, bevor Sie sie weitervermitteln können. Zudem handelt es sich bei einem Ihrer Protegés um jemanden, den ich früher als "Ausgeburt des Teufels" bezeichnet hätte!"
Einen Moment lang regte sich in seinem Gesicht nichts, doch dann verzog sich sein Mund zu dem typisch schiefen Grinsen.