Vampire-Das RPG III

Sie lehnte den Arm mit einem entschuldigenden Lächeln ab. Sie war zwar neugierig auf diese Vampire, ihren Lebensstil, ihre Sitten und ihr Wesen, doch sie war nicht lebensmüde. Vorsichtig folgte sie Matthew und behielt Jael im Auge. Zwar hatte sie ihn in der vorherigen Nacht schon getroffen, doch es war ihr, als würde er dem anderen Vampir sehr viel Respekt entgegen bringen. Matthew Murdoch musste älter sein als er wirkte und auch mehr Einfluss besitzen, als sie anfangs gedacht hatte...
Als sie an dem Gebäude ankamen konnte Liane nicht umhin zu staunen. Es war wirklich ein riesiges Haus, doch bei dessen Namen zog sie fragend eine Augenbraue hoch. "Superior?"

"Das ist eine furchtbar lange und furchtbar ermüdende Geschichte!", erwiderte Matthew mit einem leisen Lachen, "die Kurzvariante lautet: Wir sind einer der größten Clans von Los Angeles. Und ich bin das Oberhaupt dieses Clans."
Für gewöhnlich war er nicht so direkt, was seinen Status betraf, aber bei einem Vampir, der wahrscheinlich hunderte Jahre älter als er selbst war, war es doch besser, so etwas kurz anzumerken.
"Darf ich Ihnen eine Blutkonserve anbieten?"

Interessiert lauschte Liane ihm. Soso, ein Clan also. Sie hatte nicht gewusst, dass es so etwas überhaupt gab. Sie hatte diese Geschichten immer für Legenden und Märchen gehalten. Vampire, die zusammen lebten wie eine große Familie, ein Clan. Ihr Blick wurde beinahe ein wenig wehmütig, doch als er von Blutkonserven sprach schüttelte sie den Kopf. "Nein, Danke.", sagte sie und konnte sich eine Grimasse kaum verkneifen.

Jael kam sich gerade ziemlich überflüssig vor. Egal wie viel er Zuhause in London zu sagen hatte, hier und jetzt war er gerade nur ziemlich grün hinter den Ohren.

"Du verstehst das nicht!" Mittlerweile war Thomas' Stimme nur noch ein aggressives Fauchen, so sehr kämpfte er gegen den Drang an, Noah einfach zu beißen. Er hatte es nicht geschafft zu trinken, bevor Noah ihn überfallen hatte, die Konserve lag noch immer in seiner Jackentasche, doch er wollte nicht vor Noah trinken. "Ich will, dass du dich fernhälst!"
Noah lachte jedoch nur und stellte sich dicht vor Thomas, mit einer provozierenden Geste. "Ich weiß, dass du mich nicht beißen kannst! Und falls doch... wenn ich ein Vampir bin, dann ist eh alles leichter!"
Grinsend legte er seinen Hals frei und trat noch näher an Thomas ran. Womit er jedoch nicht rechnete war, dass Thomas mit einer so schnellen Bewegung, dass er sie nichteinmal sah, ihm einen kräftigen Schlag gegen die Brust gab, so dass Noah von den Füßen gerissen und einige Meter wegeschleudert wurde.
Noch während Noah keuchend nach Luft schnappte, drehte Thomas sich um und ging mit schmerzverzerrtem Gesicht davon. Kaum war er um die Ecke gekommen, griff er nach der Konserve und biss gierig hinein, während er versuchte den schweren Stein in der Brust zu ignorieren.

Matthew stutzte. "Ich entnehme Ihrem Tonfall, dass Sie Konserven nicht gerade zugeneigt sind?", fragte er, während er die Tür hinter sich schloß, "kann ich Ihnen möglicherweise etwas Anderes anbieten?"

"Das haben sie richtig erkannt. Und nein, Danke.", sagte Liane wieder mit einem höflichen Lächeln auf den Lippen. Als die Tür jedoch ein leises Klicken von sich gab, als sie ins Schloss fiel, zuckte sie fast unmerklich zusammen. Trotzdem zwang die ihren Blick zu Metthew und Jael.

Währenddessen hatte Javen die Disco verlassen und lief weiter die Straße entlang, versunken in seine eigenen Gedanken. Wohin sollte er nun gehen? Sollte er Liane suchen gehen? Wenn ja, wo? War sie etwa wieder zu diesem anderen Vampir gegangen? Was, wenn ihr wieder etwas passiert war?
Noch bevor er irgendeine dieser Fragen beantworten konnte, rannte er frontal in jemanden hinein. "Oh, Verzeihung!", rief er erschrocken, doch dann blinzelte er irritiert. Der junge Mann, in den er gelaufen war, hielt etwas in Händen, das aussah wie ein Plastikbeutel. 'Will er sich etwa ersticken?', schoss es ihm durch den Kopf, doch schon im nächsten Moment erkannte er, dass der Mann... trank.

"Sie brauchen nichts zu befürchten", sagte Matthew, dem das leise Rascheln von Lianes Kleidung aufgefallen war, als sie zusammenzuckte, "wenn ich vorhätte, Ihnen etwas anzutun, wäre es längst schon geschehen."
Er setzte ein charmantes Lächeln auf. "Ich versichere Ihnen, dass ich Ihnen nichts Böses will. Allerdings muss ich gestehen, dass ich durchaus an Ihrer Geschichte interessiert wäre."

Thomas zuckte zusammen, als jemand gegen ihn lief und warf der Person einen vernichtenden Blick zu, während ihm ein leises Fauchen entfuhr. Es dauerte jedoch nicht lange, bis er sich wieder gefangen hatte und erschrocken zusammen zuckte.
"T-tut mir leid!", stotterte er schnell und ließ die leere Konserve hinter dem Rücken verschwinden, nachdem er sich umständlich über den blutigen Mund gewischt hatte. Als er diesen Jungen von letzter Nacht - Jander? - wiedererkannte, schlug sein Herz bis zum Hals. Wie viel hatte er gesehen? "Ich habe Sie nicht gesehen, Mr....?"

Liane schüttelte nur leicht den Kopf. "Schon... in Ordnung. Ich bin normalerweise nicht so ängstlich.", sagte sie ein wenig zerstreut. Doch dann fiel ihr Blick auf die Sonnenbrille des älteren Vampirs und sie wurde unweigerlich neugierig. "Darf ich so dreist sein und fragen, weshalb sie auch bei Nacht eine Sonnenbrille tragen?", platzte es mit einem Mal aus ihr heraus und sie hoffte, dass Matthew es nicht missverstand oder gekränkt wäre.

Einen Moment lang blinzelte Javen irritiert, doch dann erkannte er den jungen Mann. Das war doch der Vampir, der sich vor Amanda und O’Coileáin gestellt hatte...?
"Bercell. Javen Bercell. Wir wurden uns noch nicht vorgestellt, wenn ich mich nicht irre, Mr...?", fragend hob er eine Augenbraue hoch und trat einen Schritt zurück. Er hatte gelernt, dass Vampire es nicht so gern hatten, wenn Menschen ihnen so nah auf die Pelle rückten...

"Natürlich dürfen Sie fragen!", erwiderte Matthew mit einem freundlichen Lächeln, "ich trage diese Sonnenbrille, weil ich seit 249 Jahren keine Augen mehr habe."
Das Lächeln fror merklich ein. "Ein kleines Andenken an vergangene Zeiten."

"Danes. Also Thomas Danes... Ich... entschuldige mich abermals."
Thomas ging ebenfalls einen Schritt zurück, um die Entfernung zwischen ihm und Mr. Bercell zu vergrößern. Er hatte jetzt zwar getrunken, aber trotzdem war der Geruch des Mannes zu intensiv, um nicht verlockend zu sein.
"Ich nehme an, Ihre... äh... Gefährtin ist bei Ihnen?", stammelte er schließlich, mit einem gewissen Anflug von Unbehagen. Wer wusste schon, wie wütend sie noch auf ihn war!

Liane sah ihn betroffen an. "Das... tut mir leid. Ich wollte Sie... nicht verletzen.", stammelte sie entschuldigend. Das hätte sie nicht gedacht. Dieser Mann bewegte sich so sicher und natürlich, dass sie nie im Leben auf diese Tatsache gekommen wäre. Sie schallte sich innerlich, weil sie so etwas gefragt hatte.

Javen blieb still stehen, um Danes nicht zu reizen - immerhin war er ein Vampir. "Nicht der Rede wert. Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen.", wehrte er hastig ab. "Und nein, Liane und ich hatten gestern... eine kleine Meinungsverschiedenheit und gehen derweil getrennte Wege."

"Ich bitte Sie", erwiderte Matthew mit einem höflichen Lächeln, "Sie haben sich nun wirklich Nichts zu schulden kommen lassen. Wenn ich ehrlich sein soll, ich es angenehmer, wenn die Leute mich direkt darauf ansprechen, als wenn sie lange Zeit herumdruksen, um dann doch zu fragen."

"Wenn Sie meinen.", sagte Liane leise, mehr zu sich selbst, als zu Matthew. Dann lächelte sie. "Direkte Fragen sind mir aber auch lieber, also kann ich Sie in gewisser Weise verstehen."

"Oh, das tut mir Leid!", sagte Thomas sofort und wollte die Hände bedauernd in die Luft heben, dann fiel ihm jedoch die leere Konserve wieder ein und er ließ sie auf halben Wege wieder sinken. "Aber ich bin sicher, dass sie sich bald wieder verstehen werden."
Er brachte ein schiefes Lächeln zu Stande und fragte sich, warum er nicht einfach ging. Trottel!

Amanda hatte sich doch aus dem Bett gequält - allerdings eher unfreiwillig, weil sie Hunger nicht ertragen konnte. Oder hieß es Durst? Eigentlich trank sie ja...
Über solche Kleinigkeiten dachte sie nach, während sie den Inhalt einer Konserve in eine große Tasse gab und diese zum aufwärmen in die Microwelle stellte.

"Meinen Sie?", fragte Javen und machte ein nachdenkliches Gesicht. "Wahrscheinlich haben sie Recht.", seufzte er schließlich und grinste schief. Dann sah er ein wenig erschrocken auf. "Oh, Verzeihung, ich halte Sie sicher von etwas ab..."

"Nein, keine Sorge... ich hab nur... ich war nur... Spazieren! Genau, ich war spazieren. Ich liebe die frische Nachtluft!"
Thomas verhaspelte sich ein wenig und fragte sich, wie lange er sich eigentlich noch zum Idioten machen wollte. Seufzend fuhr er sich über die Stirn.
"Entschuldigen Sie, dass ich so nervös bin. Ich bin Umgang mit Menschen noch nicht richtig gewohnt."

Javen lächelte verständnisvoll und nickte. "Kann ich gut verstehen.", sagte er. "Aber bei mir brauchen Sie sich nicht zu verstellen, keine Sorge.", versuchte er den anderen zu beruhigen. Es sah vielleicht nicht so aus, doch er rang nach Worten, da er Thomas nicht verärgern oder seine Selbstkontrolle strapazieren wollte. Das war gar nicht so leicht.

Thomas streckte sich ein wenig, so dass seine Haltung begradigt wurde.
"Ich verstelle mich nicht, ich habe es nur nicht gern, wenn andere... Personen... Angst vor mir haben!", erklärte er diplomatisch und erwischte sich dabei, wie er sich selbst auch erst als Mensch bezeichnen wollte. "Ich würde ja anbieten Sie zu begleiten, wohin es Sie auch so spät verschlagen mag, aber ich fürchte, Ihre Begleiterin war gestern schon nicht so begeistert..."
Thomas erschreckte sich selbst über seine Förmlichkeit und musste wieder an Noah denken, der schon immer gesagt hatte, dass Thomas zu steif war.

Javen musste leicht amüsiert lächeln.
"Mr. Danes, ich reise seit fast 5 Jahren mit einer launischen und jähzornigen Vampirdame umher. Glauben Sie mir, vor Vampiren habe ich nur bedingt Angst.", versuchte er klarzustellen. "Und was Lianes Verhalten letzte Nacht angelangt... Dafür entschuldige ich mich aufrichtig. Sie war sicher nur überrascht, so viele ihrer Art anzutreffen. Sie müssen wissen, ihr sind nicht sehr gute... Ereignisse mit anderen Vampiren widerfahren, weshalb sie ab und an ein wenig über reagiert.", erklärte er mit entschuldigendem Blick.

Matthew lächelte Liane höflich zu und wandte sich sich dann Jael zu. "Jael, Sie sind so schweigsam", sagte er etwas verwundert, "entschuldigen Sie bitte, ich hatte keineswegs vor, Sie aus dem Gespräch auszuschließen!"

Thomas lächelte ehrlich, irgendwie mochte er diesen Javen. Eine Schande, dass er ein Mensch war. Oder andersrum. Eine Schande, dass er keiner mehr war.
"Sie müssen sich wirklich nicht entschuldigen. Amanda hätte sich Ihnen nicht so aufdrängen durften, Sie ist manchmal ein wenig... sehr... forsch. Ich habe vielmehr großen Respekt vor... Miss Liane. Es muss eine Menge Kraft kosten mit einem Menschen zusammen zu leben."
Er grinste ein wenig gequält. Er konnte es nichtmal ertragen, dass sein bester Freund in seiner Nähe war. Und auch bei Javen fiel es ihm schwer, die Konzentration von der leicht pulsierenden Schlagader abzuwenden.

"Oh, das ist alles eine Sache der Übung. Zumindest, hat Liane das gesagt.", lächelte Javen schief. "Und sie hatte mehr als 400 Jahre zum Trainieren. Sie hat es sogar eine Weile in einer Schule ausgehalten, doch nach einer Weile mussten wir weiter ziehen... Sie verstehen bestimmt, ihr Körper verändert sich ja nicht mehr." Mit einem Schmunzeln musste er an diese Zeit zurück denken. Lia hatte es sichtlich Spaß gemacht, bei den Menschen zu sein, doch auch, wenn oben im Norden die Sonne nicht so hell schien, war sie schnell sehr müde geworden, was ein weiterer Grund war, die Schule in gewissem Sinne abzubrechen.

Jael lächelte und schüttelte den Kopf.
"Haben Sie auch nicht, ich hatte nur... nicht viel hinzuzufügen."
Im Grunde hatte er immer noch nichts zu sagen. Was sollte man diesem Gespräch auch noch hinzu fügen? Es war immerhin auch noch ein Treffen zwischen zwei älteren Vampiren.