Mutant High II - Das RPG 7

Yelinna braucht nicht zu antworten, ihre Augen und das Lächeln sagten überdeutlich: Ich weiß, allerdings nichts davon, dass sie ihren Freund sicher nicht mit ihrer Unpässlichkeit weiter belästigen würde, wenn es sich vermeiden ließ. Auch wenn es nicht nur niedlich war, dass er sich so um sie kümmerte, sondern ihr auch ein Durcheinander an Schmetterlingen in den Bauch zauberte. Was alleine schon fast genug war um die Übelkeit zu vergessen. Leider nur fast.
"Hat jemand den Plan für heute im Kopf?", fragte sie, nach einem weiteren Schluck Tee, der ihr echt nicht schmeckte. Dass kein Unterricht stattfand sondern nur das Training weitergeführt wurde, wusste sie. Allerdings war sie sich ziemlich sicher, dass gestern gesagt wurde, woran sie heute oder die nächsten Tage besonders arbeiten würden. Nur leider hatte ihr Hirn sich geweigert es abzuspeichern, weswegen sie jetzt auch das Gefühl hatte etwas recht wichtiges vergessen zu haben.

Riley wollte ungern wiederholen, was sein Vater ihm gesagt hatte, sah aber ein, dass Alessia sich Vorwürfe machen und sicherlich davon ausgehen würde, dass sein Vater schlecht über sie gesprochen hatte. Drucksend malte er mit dem Finger Kreise auf die Tischplatte. "Mh.. Eher nicht. Es ging dabei mehr um. Naja, um mein Verhalten. Wie gesagt, ich weiß nicht, wie mein Vater so spießig sein kann", sagte er und winkte ab, als würde es alles nichts bedeuten. Was sogar fast stimmte. Riley würde sicher nicht aufhören Alessia zu lieben, nur weil sein Vater enttäuscht war. Allerdings würde er in der nächsten Zeit sicher auch nicht so offensiv mit ihr in der (quasi) Öffentlichkeit der Gänge rummachen. Ein bisschen sauer auf Paige war er in dem Moment schon, schließlich hatte er wegen ihrer Kommentare so gehandelt, was seinen Vater leider nicht interessierte.

„Also wir wollen heute noch ein paar Pläne durchgehen. So eine Art Feueralarmprobe. Nur dass es wohl eher eine Bruderschafts-Angriffs-Probe wird“, antwortete Emma und zuckte mit den Schultern. Da sie nicht zu den Leuten gehörte, die sich freiwillig für die „Kämpfe“ gemeldet hatten, wusste sie auch nicht, was die heute vorhatten. Hin und wieder hatte sie an ihrer Entscheidung schon gezweifelt, allerdings konnte sie auf dem Kampffeld nicht viel machen. Mit bloßer ‚Unsichtbarkeit‘ konnte man niemanden verteidigen oder angreifen. Sie würde daher hier mit den anderen bleiben und auf die jüngeren, die noch hier waren, aufpassen.
„Ist sicher nicht verkehrt. Ich würde mich wundern, wenn unsere Schule nicht eines ihrer Ziele wäre“, antwortete Rodrigo, ehe er sich an Yelinna wandte und ihr erzählte von dem heutigen Tagesplan, soweit er sich noch erinnern konnte.

Nicht unbedingt überzeugt, verzog Alessia das Gesicht, sagte aber nichts. Sein Verhalten? Das war nicht gerade eine präzise Antwort. Und sollte das doch alles sein, dann war es auch ihre Schuld. Sein Verhalten und ihres. Es tat ihr Leid, dass er deswegen eine Standpauke von seinem Vater erhielt. Und natürlich war es blöd, dass sein Vater hier unterrichtete und sie daher immer im Blick hatte. Umso mehr berührte es sie, dass er zu ihr hielt.
„Ich liebe dich, Riley“ Alessia streckte ihre Hand nach der seinen aus, schob ihre Finger zwischen die seine und lächelte ihren Freund warm an. „Was solls!? Dann passen wir eben auf, damit dein Vater nicht noch einmal etwas an deinem Verhalten zu bemängeln hat. Wir können jederzeit in mein Zimmer, oder auf deines. Das Küssen-auf-dem-Gang muss eben fürs erste pausieren“, raunte sie mit einem Zwinkern.

"Dann hab ich ja noch ein bisschen Zeit", antwortete Yelinna erleichtert. Schnell würde sie den Tee nämlich nicht austrinken können. "Was machst du denn mit deiner Zeit heute?", wandte sie sich an ihre Freundin, da sie sich auch noch nicht wieder mit Matt am Unterhalten war. Ihn musste sie schließlich nicht fragen, er nahm ja auch am Trainingsprogram teil. Langsam machte sie sich aber doch Sorgen. Alle, die nicht mitkamen, übten auch nicht. Und wie Rodrigo gerade festgestellt hatte, war mit der Möglichkeit zu rechnen, dass die Bruderschaft auch hier einfallen würde. Da sollte sie sich keine Sorgen um ihre Freundin machen? Wo sie die Schule im Grunde ungeschützt zurück ließen? Irgendwie gab es da einen Denkfehler im Plan.

Die Reation auf ihren ersten Satz war ein warmes Lächeln, dass eins ganz deutlich zum Ausdruck brachte, nämlich dass er sie mindestens genauso sehr liebte. Der Rest trieb ihm dann doch wieder die Schamesröte ins Gesicht. Jedenfalls teilweise. Ein Teil der Verlegenheit kam sicher auch daher, dass er sich sehr genau an den Kuss erinnerte und ihn eigentlich auch gerne wiederholen wollen würde. Nur ohne seinen Vater in der Nähe, wenns möglich war. "Das sollten wir vielleicht wirklich. Ich weiß nicht auf was für Ideen er sonst noch kommt. Küssen und co also nur noch in den Zimmern", stimmte er nickend zu, zu naiv um zu bemerken, dass der Satz auch etwas anderes aussagen konnte. Und bei vielen die ihn hörten sicher auch tat.

„Naja, das wird vermutlich schon eine Weile dauern. Wir gehen die Pläne durch, was wir machen müssen, wo wir hin müssen, sollte es gefährlich werden. Außerdem haben die ältesten von uns – ich eingeschlossen – besondere Rollen. Dementsprechend werde ich heute wohl auch etwas trainieren müssen. Zumindest muss ich ein paar Sachen ausprobieren…“, antwortete Emma und sah ihre Hände dabei an, die sie für einen kurzen Augenblick durchsichtig werden ließ. Sie sollte versuchen, im Notfalls Teile des Gebäudes verschwinden zu lassen – vielleicht sogar das ganze Gebäude durchsichtig werden lassen. Und sie musste natürlich testen, ob sie es konnte und wenn ja, wie lange. Mit ihr waren auch noch Nick, Paige und Cas in der Gruppe.
„Mal schauen, ob danach noch Zeit für irgendetwas anderes bleibt“, raunte sie und zuckte mit den Schultern.

„Sicher. In den Zimmern“, stimmte Alessia ihm ernst zu. „In meinem. Deinen. Den Unterrichtszimmern“, setzte sie fast schon frivol grinsend hinzu und zog ihre Brauen vielsagend hoch. „Küssen und Co“ Ihr Blick war ausgesprochen anzüglich. „Ich wusste ja nicht, dass wir von mehr als nur Küssen sprechen. Aber ja, das sollten wir definitiv in die Zimmer verlegen. Ich meine, ich habe einiges schon ausprobiert, aber Zuschauer…wenn man weiter geht als Küssen… darauf stehe ich dann doch nicht so. Vor allen Dingen wenn zu den Zuschauern Lehrer gehören und so“
Alessia zwinkerte Riley zu und lachte dann.
Spontan kam ihr ein Bild im Kopf, wie sie zwei in einer Ferienwohnung übereinander herfielen, ungeachtet dessen, wo sie waren, in welchem Zimmer oder im Flur… Eigentlich wäre es wirklich mal ganz nett, zu zweit irgendwohin zu fahren. Vielleicht sollte sie es ihm mal vorschlagen. Sie könnten das machen, wenn der Tag des Anschlags hinter ihnen lag…

Je mehr Alessia sagte, desto dunkler lief Riley an und rutschte auf seinem Stuhl immer tiefer. Daran hatte er jetzt wirklich nicht gedacht. Eigentlich sollte es ihm tierisch unangenehm sein, was seine Freundin ihm da in den Kopf setzt, vor allem nach der Predigt seines Vaters. Da war es ihm schon fast richtig peinlich, dass ihn ihre Worte so sehr erregten. Er schluckte, als würde das helfen, und setzte sich wieder etwas aufrechter hin, ehe er wirklich noch vom Stuhl unter den Tisch rutschte. Nur die dunkelrote Hautfarbe wurde er nicht los. "Ich glaub", setzte er an und musste sich erstmal räuspern um die richtige Tonlage zu finden. "Das mit den... Klassenzimmern.. Sollten wir erstmal lassen. Wer weiß was mein Vater macht, wenn er das mitkriegt." Mit einer Verwarnung war es da sicherlich nicht getan.

Mitfühlend nickte Yelinna. Zeit war etwas, dass im Moment immer mehr zur Mangelware wurde. Je mehr man versuchte sie zusammen zu halten, desto schneller schien sich sich zu verlaufen. "Bald wirds besser. Dann machen wir einfach alle Urlaub. Schwänzen ne Woche die Schule oder Nutzen den Sprinbreak um mal richtig zu entspannen", versicherte sie halb im Scherz und hoffte doch, dass sie das wirklich mal würden tun können.

„Hmh“, machte Alessia und sah erst einmal davon ab, noch weiter auf seiner Wortwahl herum zu reiten. Jetzt tat es ihr doch etwas Leid, so weit gegangen zu sein. Auch wenn es eigentlich ganz süß war, wenn er so rot wurde. Das hatte sie irgendwie schon immer an ihm süß gefunden. Seitdem sie ihn damals gefragt hatte, ob er ihr Nachhilfe geben konnte. Wenn es nach ihr ging, war das ihre beste Idee gewesen.
„Ich hatte übrigens eben eine Idee. Keine Sorge, hat nichts mit Klassenzimmer zu tun“, beruhigte Alessia ihn im Vorfeld, räusperte sich und rutschte näher an den Tisch.
„Was hältst du davon, wenn wir… naja…in den nächsten Ferien zusammen was machen? Irgendwo zusammen hinfahren? Wochenendurlaub, oder so? Oder meinst du, deine Eltern würde es dir nicht erlauben?“, fragte sie – dass sein Vater dagegen auch etwas haben könnte, war ihr tatsächlich erst eben gekommen. Hoffentlich hielt Rileys Mutter das für eine tolle Idee und setzte sich durch!

„Das klingt fantastisch!“, stimmte Emma ihr sofort zu und war Feuer und Flamme für die Idee. Urlaub, freie Tage und Erholung würden bestimmt das Beste sein, um all den Stress und die Auseinandersetzungen mit der Bruderschaft vergessen lassen. Zumindest vorübergehend.
„Ein bisschen Sand, Strand, Sonne, ein wenig Alkohol meinetwegen auch-“ „Und dir vertrauen sie die Kinder an?“, warf Rodrigo neckend ein.
„Klar. Zweifelst du etwas an meiner Kompetenz?“, entgegnete Emma und lachte.
„Aber stimmt, ein Wochenendurlaub klingt toll. Da wäre ich auch dabei. Oder sollte das ein reiner Mädchenurlaub sein?“, fragte er und sah dabei zu Yelinna hinüber.

Riley betete tatsächlich ganz heimlich für sich, dass sie nicht noch mehr Anspielungen bringen würde. Er musste ja jetzt schon erstmal ne viertel Stunde warten, ehe er wieder aufstehen konnte. Jedenfalls hätte er das gemusst, wenn sie was anderes gefragt hätte. Verwundert blinzelte er und klappte seinen Mund wieder zu. Zusammen Urlaub machen? Klang super, würde er sofort. Leider hatten seine Eltern da tatsächlich ein Wörtchen mitzureden. "Ehrlich. Ich weiß es nicht. Vielleicht wenn ich erstmal vorsichtig anfange meine Mutter weich zu klopfen. Woran hast du denn dabei gedacht?", fragte er, wobei er sich gedanklich schon einige Strategien für seine Mutter zurecht legte. Den begründetsten Zweifel den sie vorbringen konnte war sein Alter. Aber wenn er mit Alessia unterwegs war, dann sollte das ja kein wirkliches Problem darstellen. Hoffte er.

Yelinna konnte das Meer schon förmlich riechen und die Sonne auf der Haut spüren. Schade, dass sie nicht sofort los konnten. Mit einem breiten Lächeln sah sie dem Necken zwischen Emma und Rodrigo zu. Das würden super Ferien werden, die sie sich definitv alle verdient hatten. Auf Rodrigos Frage hin packte sie ihn am Kragen und zog ihn zu sich. "Wenn das ein Versuch ist dich zu drücken, dann lass dir gesagt sein, dass ich deinen Arsch höchst persönlich in meinen Koffer verfrachten werde. Also komm bloß nicht auf die Idee ich könnte Ferien ohne dich gebrauchen", drohte sie ihm mit einem Lächeln und gab ihm einen langen Kuss.

„Ich weiß nicht. Vielleicht ans Meer? Oder ein Städtetrip?“, antwortete Alessia und zuckte mit den Schultern. Ihr war es eigentlich egal, Hauptsache sie war mit ihm zusammen. Und allein. Keine Mitschüler, keine Lehrer, vor allem keine, mit denen Riley irgendwie verwandt war und die wussten, wie sich Alessia die letzten fünf Jahre benommen hatte (nämlich nicht gerade von ihrer Schokoladenseite). „Es muss ja nicht für so lange sein, sollten deine Eltern nicht wollen, dass wir zu lange weg sind. Ein Wochenende wäre ja auch schon nett. Freitags bis Sonntag. Oder eine Woche…
Was immer dir lieber ist und deine Eltern absegnen“
Ihre musste sie ja schließlich nicht fragen, denen war schon lange egal, was sie wann tat. Bei dem Gedanken fiel ihr wieder ihr Vater ein. Der vermisst war. Höchstwahrscheinlich in den Fängen der Bruderschaft. Wenn der große Tag vorbei war, war er hoffentlich wieder in Sicherheit – und sie konnte mit beruhigtem Gewissen mit Riley wegfahren und mal alles hinter sich lassen.

Rodrigo erwiderte den Kuss, legte danach eine Hand an ihr Gesicht und lachte. „Das würde ich nie wagen. Ferien ohne dich! Kommt gar nicht in Frage. Ich dachte nur, nicht, dass das Angebot nur an Emma gerichtet war. Ich bin erleichtert, dass du auf mich nicht verzichten kannst“, sagte er lächelnd und bemerkte noch aus den Augenwinkeln wie sich Emma und Matt amüsierte Blicke zu warfen.
„Was ist mit dir, Matt?“, wandte sich Rodrigo daraufhin an ihn.
„Ich komme gerne mit. Ich glaube, im Endeffekt werden hier alle Urlaub brauchen. So verrückt wie die letzten Tage schon waren…und von den kommenden mal ganz zu schweigen“, raunte er. „Wir könnten ja noch zwei, drei Leute fragen“, schlug er vor.
„Ava und Luke vielleicht noch“, schlug Rodrigo vor und Emma nickte. Mit Luke verstand sie sich schließlich auch super – ob sie Felipe vielleicht noch fragen sollte? Damit sie, Matt ausgenommen, nicht nur mit Pärchen unterwegs war.

Für Riley hörte sich der Städtetrip eindeutig besser an. Nichts gegen Strand und Sonne, aber meist konnte man da weniger unternehmen. Er mochte es lieber etwas wüliger, da wäre ein Kurzurlaub in einer größeren Stadt doch gar nicht schlecht. Wenn er seine Eltern davon überzeugen konnte, dass es in Ordnung wäre und ihm das Geld dafür geben würden. So viel Taschengeld hatte er nämlich sicher nicht angespart. "Ich bin für die Stadt. Dann darfst du dir eine aussuchen", schlug er grinsend vor. Das verging ihm allerdings recht schnell wieder, als er die Sorgenfalten auf Alessias Stirn sah. Besorgt griff er nach ihrer Hand und drückte sie leicht. "Nichts neues von deinem Vater?", fragte er, wobei es für ihn nicht schwierig war zu erraten woran sie dachte.

"Wir fragen einfach insgesamt rum und mieten uns dann ein Ferienhaus in dem wir alle eine suuuuper Woche verbringen", stellte Yelinna fest und grinste in die Runde. Ihr Blick ruhte einen kurzen Moment auf Rodrigo. Pärchenurlaub wäre auch sehr nett gewesen. Aber alle zusammen, das würde ziemlich lustig werden. Sie freute sich schon drauf, obwohl noch nicht mal ansatzweise etwas geplant worden war. Dass ihr nicht mehr schlecht war, fiel ihr nicht mal auf.

„Nein. Nichts Neues“, antwortete Alessia und hatte Mühe, den Gedanken wieder beiseite zu schieben. Obwohl sie unter ihrem Vater hatte leiden müssen und einen Großteil ihres Lebens seinetwegen in einem Keller verbracht hatte, machte sie sich Sorgen um ihn. Er war ihr Vater und dieses bescheuerte Heilmittel hatte er nur ihretwegen mitfinanziert. Selbst wenn sie inzwischen gut mit ihrer Mutation zurechtkam und auch ihren Frieden damit geschlossen hatte…
„Ich hoffe er lebt noch…“, sagte sie leise, atmete tief ein und versuchte fürs erste einen Schlussstrich darunter zu ziehen.
„Wie dem auch sei… Es bringt nichts, sich Sorgen zu machen. Momentan kann ich nichts tun… Also… ich suche gerne eine Stadt für unseren Städtetrip aus“, sagte sie und versuchte auf die Weise einen holprigen Themenwechsel.

Das waren zu viele Umschwünge in zu kurzer Zeit. Worauf sollte er denn jetzt als erstes reagieren? Der Drang sie wegen ihrem Vater (dem Arsch) zu trösten und ihr zu versichern, dass sie ihn sicher wiedersehen würde (leider), war am größten. Er öffnete geraden den Mund um sie zu trösten, da stand plötzlich sein kleiner Bruder grinsend neben ihm. "Hey Riley", grüßte der seinen größeren Bruder und wippte von den Ballen auf die Haken, ehe er sich neben Alessia auf den Stuhl fallen ließ. "Hallo Alessia. Wie geht's?"
Riley stutzte kurz und fragte sich, wieso er jetzt eifersüchtig auf seinen kleinen Bruder war. "Was machst du hier Jeremy?", fragte er, ein ganz kleines bisschen bissig und versuchte sich zusammen zu reißen. Es war doch nur sein kleiner Bruder, klar freute der sich Alessia wieder zu sehen.

Überrascht blinzelte Alessia auf, als auf einmal der kleine Junge an ihrem Tisch stand. Sie erkannte ihn, noch bevor er sich neben sie auf dem Stuhl setzte. Mit einem Lächeln sah sie ihn an, ehe sie antwortete. „Jeremy! Mein Gott, das ist aber eine Überraschung! Danke der Nachfrage, mir geht’s gut“
(Gut gelogen, wenn man bedachte, worüber Riley und sie gerade noch gesprochen hatten)
„Es ist schön dich zu sehen. Das letzte Mal ist schon etwas her. Wie geht es dir?“, fragte sie, wobei sie nicht bemerkte, wie Leonie Tesgal im selben Augenblick die Mensa betrat.
Die hatte schon vor ein paar Tagen, beschlossen, sich Urlaub zu nehmen und es nun endgültig umgesetzt. Wozu hart arbeiten, wenn in ein paar Tagen das Leben vieler Freunde und von Familie auf dem Spiel stehen würde? Also nutzte sie lieber die Zeit und sah nach dem rechten – vor allem nach ihrer Familie. Mit einem warmen Lächeln winkte Leonie bereits Riley zu.

Nachdem sein Bruder aufgetaucht war, war es nicht schwer zu erraten, dass seine Mutter auch da sein musste. Die beiden gab es an der Schule eigentlich nur im Doppelpack. Er drehte sich auf seinem Stuhl um und tatsächlich, da kam seine Mutter zur Tür hinein. Lächelnd hob er auch die Hand, wunderte sich aber doch, was sie hier wohl machte. Und wieso sie seinen Bruder mitnahm. Jeremy nutzte derweil die Möglichkeit Alessia lang und enthusiastisch von seinem Schultag zu erzählen. "Jer. Ich glaub Alessia interessiert es nicht wirklich was Miss Howard zu deiner Mathearbeit gesagt hat", warf er über die Schulter an seinen Bruder, der daraufhin eingeschnappt den Mund schloss.

„Riley!“, begrüßte Leonie ihren Sohn, während Alessia Jeremy mit einem Lächeln antippte und ihm zuflüsterte, dass sie es gar nicht so uninteressant gefunden hatte. „Alessia! Schön dich zu sehen“, wandte sich Leonie an das Mädchen, bei dem sie immer wieder das Gefühl hatte, eine jüngere Version von sich selbst zu sehen – gruselig, aber irgendwie nett. „Mrs Tesgal, es freut mich ebenfalls, sie wieder zu sehen“
„Liebes, du kannst mich ruhig duzen. Ich bin mir sicher, ich hatte es dir bereits an Weihnachten angeboten“, gab Leonie mit einem Zwinkern zurück.
„Ja…richtig. Tut mir Leid“, entschuldigte sich Alessia und wurde etwas rot.
„Ich hoffe, ich störe euch nicht“ Leonie drückte ihren Ältesten kurz, ehe sie sich an den Tisch stellte.
„Ich hatte Sehnsucht nach meiner Familie und dachte, Jeremy und ich besuchen euch hier. Dein Dad weiß auch nichts von unserem Besuch“, sagte sie schmunzelnd.

Ohje. Diese ganzen Geheimnisse, die seine Eltern bloß immer hatten. Ob Überraschungen die Liebe wirklich frisch hielten. Nachdenklich schielte er kurz zu Alessia rüber, dann schob er den Gedanken wieder von sich. "Nein, du kannst uns gar nicht stören", antwortete er seiner Mutter und sah jetzt zu seinem Bruder. Okay, solange der da war sollte er den Kurzurlaub nicht ansprechen, sonst würde sein Vater schneller davon Wind bekommen als er gucken konnte. Jeremy, der immer noch wegen der Abfuhr seines Bruders am schmollen war, hüpfte vom Stuhl runter und verkündete laut: "Ich geh Papa suchen!", ehe er mit stampfenden Schritten aus der Mensa lief. Wieder wanderte Rileys Blick zu seiner Freundin. Ob sie seine Mutter jetzt schon drauf ansprechen sollten, mit dem Urlaub? Vielleicht wollte Alessia sich das ja doch erst nochmal überlegen. "Mom. Bist du hier, weil dieser Kampf kommt?", fragte er stattdessen.

„Sind wir nicht alle deswegen hier?“, gab Leonie nachdenklich zurück und schien kurz in Gedanken, ehe sie ihren Sohn wieder anlächelte. „Ich habe mir jetzt Urlaub genommen. Die letzten Tage davor wollte ich nicht mit Hochzeitsplanungen verbringen. Schon gar nicht mit dem Wissen, dass du dich dem Kampf anschließen möchtest“ Leonie sah ihrem jüngsten Sohn noch einen Augenblick nach, ehe sie einen der Stühle zurückzog und darauf Platz nahm.
„Ich weiß, dass ich es dir bereits gesagt habe, dass ich von dieser Idee nicht begeistert bin. Wirklich nicht. Aber ich verstehe es. Dein Vater und ich haben an nicht minder gefährlichen Aktionen teilgenommen…mal mehr, mal weniger freiwillig“, sagte sie und fasste sich dabei an die Narbe.
„Willst du es dir nicht trotzdem nicht nochmal überlegen?“, fragte sie und sah kummervoll Riley an. Alessia traute sich gar nicht, zu Mrs. Tesgal aufzusehen. Sie fühlte sich (mit)schuldig daran, dass Riley beschlossen hatte, sich den Kämpfen und den Trainings dafür anzuschließen. Manchmal vergaß sie darüber auch, dass er erst 16 war.

Genau das Gespräch, das er erwartet hatte, von dem er aber gehofft hatte, dass seine Mutter es nicht aufnehmen würde. Wunschdenken. Als ob seine Mutter nicht darüber sprechen konnte, wo sein Vater doch schon ständig darauf kam. Seufzend sah er zu Alessia rüber. Sie würde es sich sicher nicht anders überlegen und er würde sie sicher nicht alleine da rein laufen lassen. Wie konnte er auch? Dazu hatten seine Eltern ihn nicht erzogen. "Mum, ich weiß du meinst es gut, aber ich werde Alessia und die anderen nicht antreten lassen und selbst hier an der Schule sitzen und Däumchen drehen. Das kann ich einfach nicht", erklärte er ihr, wobei es klang, als würde er sich entschuldigen. "Das würdest du doch sicher nicht wollen."

Rileys Worte machten es natürlich nicht besser. Und auch wenn er ‚Alessia und die anderen‘ gesagt hatte, sie selbst hörte nur ihren Namen und hatte dementsprechend ein riesiges, schlechtes Gewissen. Alessia spürte förmlich, wie der Blick von Mrs. Tesgal auf sie fiel.
„Komm mir nicht so, Riley Tesgal“, antwortete Leonie ernst, wurde dabei aber nicht laut.
Sicher war sie stolz, dass Riley so dachte und die anderen unterstützen wollte, aber in diesem Fall dachte sie auch egoistisch. Sie hatte Angst um ihren Jungen. Er war so verdammt jung und erst seit ein paar Monaten hier an der Mutant High. Er war ein Anfänger und die Bruderschaft würde keine Rücksicht gegenüber solche nehmen.
Leonie fuhr sich mit der Hand über das Gesicht und sah erneut zu Alessia hinüber.
„Und du bist dir auch ganz sicher?“, fragte sie das Mädchen, aber nicht ganz so eindringlich, wie sie es bei ihrem Sohn getan hat. Im Gegensatz zu ihm, war sie, nach europäischen Maßstäben, bereits volljährigen und war darüber hinaus schon seit Jahren hier an der Schule und hatte ihre Mutation im Griff. Davon abgesehen hatte Leonie auch von dem Verschwinden von Alessias Vater gehört. Der Zufall, dass einer der Mitwirkenden des Heilmittels einfach verschwand, war zu groß – die Bruderschaft hatte sicher ihre Finger mit im Spiel.
„Ich bin mir sicher“, antwortete Alessia und nickte, wobei sie jedoch schuldbewusst drein sah.

Riley stand einige bange Momente aus. Was wenn Alessia es sich anders überlegte? Oder noch schlimmer, am Ende seiner Mutter zustimmte und ihn auf die Reservebank abschob? Zum Glück kam nichts dergleichen. Der Stein, der ihm von der Seele fiel musste ganz Amerika erschüttert haben. Mit einem Lächeln strahlte er seine Freundin an, ehe er seine Mutter dankbar (aber weniger freudig) ansah. "Wir schaffen das schon. Seit Wochen sind wir am Trainieren und keiner von uns wird alleine da stehen. Und komm ja nicht auf die Idee, dass du dabei sein musst!", rief er seiner Mutter schnell ins Gedächtnis, ehe sie noch auf merkwürdige Ideen kam. Wo sie doch gerade froh waren, dass sie sich raushielt wegen der Schwangerschaft und all dem.

„Werde ich nicht. Wäre ich allerdings nicht in anderen Umständen, wäre ich dabei gewesen. Schon allein um auf dich ein Auge zu werfen“, antwortete Leonie und hätte ihrem Sohn am liebsten auf die Nase getippt. Ihr kleiner Junge. Sie würde an dem Tag tausend Tode sterben, in dem Wissen, dass ihr Mann und ihr ältester Sohn auf dem Schlachtfeld sein würden. Paige hatte zum Glück gleich gesagt, dass sie sich aus den Kämpfen heraushalten wollte.
„Dein kleiner Bruder und ich werden zu euren Großeltern fahren. Damit wir in jedem Fall in Sicherheit sein werden. Ich hatte das bereits mit deinem Vater abgesprochen“ Oder besser gesagt, sie hat sich dazu breitschlagen lassen. Mehrere Tage bei Kits Eltern waren auch heute noch kein Zuckerschlecken. „Paige wollte allerdings nicht mitkommen. Ich wollte versuchen, sie noch zu überreden... Aber ich befürchte, dass sie, ähnlich wie du, einen guten Grund hat und daher nicht zu überzeugen ist“, seufzte sie und warf ihrem Sohn einen vorwurfsvollen Blick zu.
Kurz darauf entdeckte sie ihre Tochter, die gerade mit einem Jungen die Mensa betrat.
Neugierig und verwundert wanderten Leonies Brauen nach oben.
Paige wollte sich eigentlich gleich in die Essensschlange einreihen, bemerkte dann jedoch ihre Mutter und stöhnte dann leise auf.
„Was ist?“, fragte Nick verwundert und sah sie besorgt an. „Tut dir was weh?“
„Nein… Meine Mutter ist hier. Das kann eigentlich nichts gutes heißen“, seufzte sie, lächelte dabei jedoch gekonnt und winkte ihr zu. „Ich befürchte, ich muss erst zu ihr“
„Okay“, antwortete Nick und ging voraus. Auf ihre Mutter zu. Paige bekam große Augen und hätte ihn am liebsten zum Stehen gebracht. Was tat er denn!? Wollte er sich nicht lieber in die Essensschlange anstellen? Wusste er denn gar nicht, dass er geradewegs in die Fänge ihrer Mutter lief? Sie würde sie beide ausquetschen! Mit einem schon fast hängenden Kopf beeilte sie sich, ihm zu folgen.

Wenn seine Mum freiwillig zu den Eltern seines Vaters fuhr, dann musste es wirklich ernst sein. Besorgt griff er nach Alessias Hand und drückte sie leicht. Vielleicht machten sie doch einen Fehler, aber jetzt darüber nachzudenken würde auch nichts bringen. Es würde nur zu Fehlern im entscheidenen Moment führen. Riley hatte aufgepasst, was ihnen erzählt worden war. Fokus war ein großer Teil gewesen. Er bemerkte auch, dass seine Mutter plötzlich interessiert an ihnen vorbei schaute und wandte selbst den Blick über die Schulter. Seine Schwester. Und Nick. Die beiden waren auch ständig zusammen im Moment. Besser als mit Zach, aber irgendwie war es trotzdem falsch. Zu Paige gehörte Matt, niemand anderes. Und dann änderte Nick die Richtung und kam direkt auf sie zu. Riley verkniff sich gerade noch ein Pfeifen. Mutig der Junge. Er hatte ja keine Ahnung, worauf er sich da einließ.

Sogar Alessia bemerkte, dass Mrs. Tesgals Aufmerksamkeit woandershin wanderte. Neugierig folgte sie dem Blick und bemerkte fast zeitgleich mit Riley, wen er betraf: Paige und Nick. Nur mit Mühe konnte sie sich ein Grinsen verkneifen. Oh, sie hatte das Gefühl, das würde gleich unterhaltsam werden.
„Mom! Und ich dachte schon, der kleine Giftzwerg, der uns da eben entgegen gekommen ist, sieht Jer verdammt ähnlich“, raunte Paige im Plauderton los, als sie bei ihnen am Tisch ankam. Zusammen mit Nick. Leonie stand auf und umarmte ihre Tochter herzlich. Hinter ihrem Rücken warf Paige ihrem Bruder allerdings einen panischen Blick zu. Hilf mir!, schien sie stumm zu rufen.
„Schön dich wiederzusehen, Liebes! Und ja, Jermey ist auf der Suche nach eurem Dad“, antwortete sie lächelnd und entließ ihre Tochter dann wieder, um Nick anzusehen.
„Oh, uhm-“, verflixt, jetzt musste sie es tun. Wie konnte Nick nur so ahnungslos sein, da stehen, lächeln, ohne zu ahnen, was ihm nun blühte?, dachte Paige und seufzte innerlich.
„Das ist Nick-“ „Nick Obrey, freut mich sehr Sie kennen zu lernen, Mrs Tesgal!“, stellte Nick sich selbst vor und reichte Paiges Mom die Hand.
„Nick, es freut mich ebenfalls sehr! Endlich habe ich zu dem Namen auch ein Gesicht!“, raunte Leonie und musterte den Jungen möglichst unauffällig. Während Paige das Gesicht verzog und zu ihrem Bruder hinüber sah.
„Mom…weswegen bist du hier?“, fragte Paige, bevor ihre Mutter noch mehr sagen konnte.
„Oh, richtig, gut, dass du fragst-„

Wie sollte Riley denn da helfen? Nick lieferte sich ja quasi freiwillig aus. Entschuldigend zuckte er mit den Schultern und wünschte Nick viel Glück.
Zum Glück war er nicht lange ausgeliefert. Jeremy kan mit großen Sprüngen an den Tisch gehüpft, im Schlepptau ihren Vater. Ob das jetzt gut oder schlecht war, wusste Riley nicht genau. Der Blick, den er und Alessia zugeworfen bekam, bevor Kit seine Frau herzlich begrüßte, ließ ihn etwas beklemmt die Schultern zusammenziehen.
"Leo, weswegen bist du hier? Du hättest doch auch anrufen können", fragte Kit, nachdem er seiner Frau einen Kuss gegeben hatte. Jeremy plusterte derweil die Wangen auf, weil niemand ihn dafür gelobt hatte, seinen Vater gefunden zu haben, und ihn dann auch noch alle ignorierten. Schmollend setzte er sich dicht neben Alessia.

„Hätte ich nicht, da ich dich und unsere Kinder sehen wollte“, antwortete Leonie und warf ihm einen tadelnden Blick zu. Derweil lehnte sich Alessia zu Jeremy und klopfte ihm anerkennend auf die Schulter. „Das ist ja wirklich fix gegangen! Du musst dich hier schon sehr gut auskennen“, sagte sie lächelnd. Sie fand Rileys Bruder wirklich goldig! Lieber sah sie ihn an, als Rileys Vater – aus den Augenwinkel hatte sie den kurzen Blick von Mr. Tesgal bemerkt und der hatte ihr gereicht.
Paige war unterdessen heilfroh, dass ihr Vater sie und Nick vor den Fragen seiner Mutter gerettet hatte. Musste sie nur bei Gelegenheit verschwinden…
„Ich wollte euch sehen. Du weißt doch, dass ich im Job erst einmal pausiere – und Jeremy und ich sehen euch so selten. Daher fand ich, wir kommen euch einfach heute besuchen“, fuhr Leonie fort, während Paige Nick beim Arm nahm und in Richtung Essensausgabe nickte. „Wir holen uns eben was“, raunte sie und machte sich dann vom Acker, während Nick den anderen noch lächelnd zu nickte.

"Du hast eine unbestechliche Logik", antwortete Kit seiner Frau und gab ihr einen weiteren liebevollen Kuss.
Riley nutzte die Ablenkung, um wenigstens den Versuch zu starten dem Vorbild seiner Schwester zu folgen. "Willst du das noch aufessen?", flüsterte er Alessia zu. Okay, er würde später echt ärger von seiner Mutter bekommen, wenn er sich jetzt aus dem Staub machte. Allerdings wäre es weder für ihn noch für Alessia so peinlich wie es werden könnte, wenn sein Vater erzählte, was er gerade beobachtet hatte. Er war sich sicher, dass der das zwar nicht wollte, seine Mutter aber genau die Fragen stellen würde um sowas herauszubekommen.