Vampire-Das RPG IV

Sie konnte ja verstehen, warum es ihm gegen den Strich ging zu lernen, aber dass er es so durch und durch negativ sehen musste! Jesaiah nippte an ihrem Glas und sah dann zu dem zweiten Glas, das auf dem Tisch stand. Es war nur halb leer. Jimena hatte nicht sonderlich viel zu sich genommen. Sie hatte auch nicht wirklich gut ausgesehen, als Jess sie am frühen Abend aus dem Zimmer hatte kommen sehen. Verständlich. Wenn man bedachte… Jesaiah hatte gerade ihr Glas ausgetrunken, als es an der Tür klingelte. Sie stellte das Glas in die Spüle und war im nächsten Augenblick auch schon an der Tür. Mit einem Lächeln fiel ihr Blick zuerst auf Hector. „Hey“, sagte sie, dann wanderte ihr Blick zu Galon, dem sie beinahe förmlich zunickte. „Galon“ Sie trat beiseite, damit die beiden anderen eintreten konnten.
Derweil öffnete sich die Tür des Gästezimmers und Jimena sah heraus. Hector lächelte matt und ging auf sie zu. Sie verschwanden im Gästezimmer, während Jess Galon in die Küche führte.
„Danke, dass du hergekommen bist“, sagte sie, bot ihm einen Stuhl an und wies kurz darauf auf einen Blutbeutel. „Hunger? Ich habe es eben erst aufgewärmt“, sagte sie und holte bereits ein weiteres Glas aus dem Schrank. „Casey ist auch da. Und wach. Noch. Hoffe ich zumindest. Er muss für eine Prüfung lernen, sonst hätte er dem Gespräch sicherlich beigewohnt, da es ihn betrifft. Hm… Also… Ich werde Casey verwandeln. Ich habe eine Weile darüber nachgedacht. Ich denke… das könnte die Lösung für sein Kontrollproblem sein.“

Eine freudige Begrüßung sah eindeutig anders aus. Aber Jess redete mit ihm und bat ihn in ihr Haus. Da musst er wohl annehmen, dass sie ihm nicht mehr allzuböse war. Während Hector zu Jimena aufschloss, warf Galon einen guten Blick auf sie. Aber er machte sich auch nichts vor. Er kannte die Ältere kaum, äußere Anzeichen konnte er keine Entdecken, aber sie war Vampirin, da waren alle Spuren schon längst verwischt. Ob gestern wohl jemand dran gedacht hatte Fotos zu machen? Nachdenklich folgte er Jess in die Küche und wunderte sich kurz, dass Casey nicht anwesend war. Er konnte ihn riechen und auch hören, daher hatte er angenommen, dass er am Gespräch teilnehmen würde. Er lehnte das Essen ab und wurde dann auch schon aufgeklärt, wo Casey war. Schmunzelnd sah er in die Richtung des Zimmers in dem er Casey vermutete. "Vorbildlich. Eine gute Mutter bist du. Danke, dann muss ich nicht zu irgendwelchen Gesprächsterminen vor seinen Lehrern sitzen und mir Lügen aus den Haaren ziehen", sagte er und neigte seinen Kopf leicht in Jess Richtung. Danach wanderten seine Augenbrauen an seinen Haaransatz. "So", sagte er zögerlich und sah Jess fragend an. "Hast du das vor. Und wie soll das helfen?"

„Sehr witzig. Ich denke, keiner von uns beiden hat Lust, dass sich die Schule beschwert. Er sollte sich wirklich mehr Mühe geben. Sicher, es ist nervig, aber auch eine Chance. Und da er sich mit einem der Schüler dort versteht, sollte er nicht riskieren zu fliegen, um dann woanders zur Schule gehen zu müssen“, antwortete Jesaiah, bevor es zum anderen Thema kam. Caseys Verwandlung.
Jesaiah nahm gegenüber von Galon Platz und strich sich das blonde Haar zurück.
„Ich bin der Beweis, dass es klappen könnte“, sagte sie ernst, faltete ihre Hände locker auf der Tischplatte und lehnte sich leicht vor. „Als Damion mich wieder verwandelt hat… war die Erschafferbindung wieder da. Und ist es noch. Ich denke nicht, dass er es weiß. Und ich hoffe, dass das unter uns bleibt. Aber… darum geht es mir. Wenn ich Casey verwandle und es so zu einer Erschafferbindung kommt, könnte ich ihm helfen, seine Kontrolle in den Griff zu bekommen. Langfristig. Effektiv“, erklärte sie sachlich und sah den Älteren gespannt an. „Es wäre eine Chance… Und ich würde sie nicht in Betracht ziehen, wenn ich nicht davon überzeugt wäre, dass es klappen könnte“, setzte sie ernst hinzu.

Galons Augen wurden größer, während Jess sprach. Das war ein Aspekte, den er über das Heilmittel nicht gewusst hatte. Die Frage war, ob es überhaupt jemand gewusst hatte. Auf die Idee waren nicht mal seine Wissenschaftler gekommen. Vielleicht besser. Auf den zweiten Gedanken wurde er paranoid. Jemand der Casey kontrollierte hatte plötzlich eine kleine Gewalt auf seiner Seite, die viel Schaden anrichten konnte. Wer könnte es gewusst haben? Und hätte die Möglichkeit so weit zu planen? "Wie stark ist diese Bindung? Könntest du ihn wirklich aufhalten, wenn er im Blutrausch ist?", fragte er stattdessen und lehnte sich auf dem Stuhl leicht zurück.

Jesaiah nippte an ihrem Glas, während sie dabei zu sah, wie sich die Rädchen in Galons Kopf drehten. Sie nahm an, dass er von diesem Nebeneffekt nicht gewusst hatte. Wie denn auch? Natürlich war auch nicht gesagt, dass es für Casey genauso sein würde wie bei ihr. Immerhin war sein Heilmittel ein etwas anderes gewesen, als jenes, das man ihr verabreicht hatte.
„Hm… Sie ist nicht so stark wir beim ersten Mal, aber dennoch recht stark. Und ich weiß nicht. Natürlich könnte ich sagen, ja, ich wäre dazu in der Lage, aber ob es wirklich so sein wird… Nein, im besten Fall wird es dazu erst gar nicht mehr kommen, wenn ich mit ihm vorher…übe.
Außerdem… du meintest doch, das Heilmittel, das du ihm gegeben hast, war hochkonzentrierter, richtig? Vielleicht wäre die Bindung dann stärker? Bei der Verwandlung“, sagte Jess.

Jess' Optimismus in allen Ehren, aber Galon konnte ihn nicht ungetrübt teilen. "Oder schwächer", sagte er und fasste die Jüngere fest ins Auge. Er wollte nicht, dass sie sich irgendwelchen Hirngespinsten hingab und dann enttäuscht war, wenn es nicht funktionierte. "Es könnte auch sein, dass die Bindung nur wieder da ist, weil Damion von Anfang an dein Erschaffer war. Oder weil du das original Heilmittel bekommen hast. Casey hat nicht nur eine hochkonzentrierte Version bekommen, sondern eine vollkommen synthetische. Ehrlich gesagt habe ich nicht einmal eine Ahnung ob eine Verwandlung bei ihm überhaupt funktionieren wird", beendete er seine Erläuterung und sah Jess immer noch fest an. "Mal den Teufel nicht gleich an die Wand", sagte Casey hinter ihm und kam in die Küche, wobei sein dunkler Blick gegen Galons Rücken etwas milder wurde, als er Jess ansah. "Ich hab selbst nicht viel Vertrauen in meine Kontrolle, aber deswegen kann Jess es ja wohl wenigstens versuchen. Mach du dich auf das Schlimmste gefasst, dann kann sie das beste Hoffen und alle Rollen sind verteilt."

„Möglich“, sagte Jesaiah leise und erwiderte Galons Blick, nach seinem Einwand, dass die Bindung auch schwächer sein könnte. Sie hatten keine Gewissheit. Das war ihr klar, aber der Ältere zeichnete da doch ein ziemlich düsteres Bild, das sie schlucken ließ. Ja, es war möglich, dass ihre Erschafferbindung nur wieder da war, weil sie von Damion verwandelt worden war, der sie auch schon das erste Mal verwandelt hatte. Möglich. Aber der zweite Punkt… Sicher, Casey hatte nicht das originale Heilmittel bekommen, doch hatte dieses synthetische Mittel wesentlich schneller gewirkt, als das Original. In irgendeinerweise musste es also stärker sein.
Jesaiah presste die Lippen aufeinander, als Galon davon sprach, dass er nicht wusste, ob eine Verwandlung bei Casey überhaupt noch wirken würde. In diesem Fall würde der Versuch sein Tod bedeuten… Und sie wäre daran schuld.
Blinzelnd sah Jess auf, als Casey in die Küche trat. Mit einem bitteren Zug um ihre Mundwinkel lächelte sie matt, als sich ihre Blicke trafen. Nachdem er fertig war, sah Jess wieder Galon an.
„Als du dieses synthetische Heilmittel hast herstellen lassen… haben deine Forscher da keine Tests gemacht? Tierversuche oder dergleiches?“, fragte sie.

Casey holte sich ein Glas Wasser, ehe er sich auf einen Stuhl neben Jess setzte. Unter dem Tisch legte er ihr die Hand auf den Schenkel. Sie sollte sich nicht so viele Gedanken und Sorgen machen, aber er konnte es nachvollziehen und schlecht verbieten. Um ihretwillen hoffte er, dass alles gut gehen würde. Egal was am Ende denn jetzt passierte. Sein Trost war, dass wenigstens ihr körperlich nichts passieren konnte. Während er langsam trank und sich fragte, wann er so einen Durst bekommen hatte, seufzte Galon hörbar.
"Natürlich haben sie das. Aber es war nich wirklich genug Zeit um eine Laufzeit zu testen. Das einzige was sie mir sagen konnten, waren dass bei keinem der Tiere während der Zeit die Wirkung nachließ", sagte er und warf Jess einen tadelnden Blick zu. Als würde er Leute beschäftigen, die ihren Job nicht verstanden. "Hier aber auch wieder das Aber. Es hat mehr Zeit gebraucht das Mittel überhaupt zu kopieren, als es am Ende getestet werden konnte. Ich hätte auch nicht gedacht, dass wir es wirklich mal benötigen würden." Sein Blick glitt zu Casey, der ihm verständnisvoll wenn auch bitter anlächelte. "Die ganze Forschung war nie darauf angelegt das Mittel zur Verfügung zu haben, sondern darauf zu verstehen was es ist und wie es vielleicht am Ende auch gegen uns verwendet werden kann."

Jesaiah legte ihre Hand über die von Casey, während sie ihn mit einem warmen Blick bedachte. Sie wusste seine Geste zu schätzen, wenngleich es ihre Sorgen nicht einfach wegwischen konnte. Galon hatte da durchaus einige Punkte angesprochen, die auch ihr immer wieder durch den Kopf gegangen waren. Sie aber nun in aller Deutlichkeit von jemand anderen ausgesprochen zu hören, war noch einmal etwas anderes. Ganz besonders der Punkt, dass er sich nicht sicher war, ob man Casey überhaupt noch verwandeln konnte… Das war der einzige Punkt, an den Jess bislang nicht gedacht hatte.
Von Casey sah Jess wieder zu Galon, als dieser antwortete. „Ich verstehe… Nun, letztlich ist es wohl besser so, dass nichts mehr davon übrig ist…“ So konnten die Vampirjäger es zumindest nicht gegen sie verwenden. Oder jemand anderes. Wobei… Jesaiah verwarf den Gedanken und richtete diese stattdessen lieber wieder auf das eigentliche Thema.
„Wie dem auch sei… Es besteht eine gute Möglichkeit. Und… naja… da gibt es noch eine klitzekleine Kleinigkeit. Ich werde, bevor ich Casey verwandle, noch jemand anderen zuvor verwandeln… um sicherzugehen“, fügte sie etwas leiser hinzu.

Der nachdenkliche Blick in Jess Augen gefiel Galon nicht. Er machte sich eine innerliche Notiz und ließ es bei sich bewenden, aber auch Casey war das kurze aufblitzen in Jess Mimik nicht entgangen. Stirnrunzelnd fragte er sich, was sie wohl wieder für einen Gedanken gehabt hatte. Sie dachte doch wohl hoffentlich nicht darüber nach, wie sie selbst an mehr von dem Mittel kam. So dumm konnte sie einfach nicht sein. Seine Hand entspannte sich wieder auf ihrem Bein, obwohl er nicht einmal mitbekommen hatte, dass er fester zugegriffen hatte. Als Jess ihren Plan weiter ausführte, wandte Casey den Blick wieder dem Herrn und Meister aller Londoner Vampire zu und tarnte sein Lachen als Hustenanfall. Immer noch mit dem Lachen kämpfend nahm er das Glas zur Hand und trank einige kleine Schlucke. Galon ignorierte derweil den älteren und sah Jess mit einer Mischung aus Unverständnis und Überraschung an. "Sicher zu gehen, dass was? Du keine Kanninchen erschaffst. Aus versehen?", fragte er und schüttelte den Kopf. Natürlich war ihm klar, dass das nicht der Fall war, aber die Idee, die Jess da zu haben schien, war ja noch wunderlicher als ihre erste. "Mit Charles hast du ja wohl schon einen schlagenden Beweis dafür, dass sich keine eigentümlichen Marotten herausbilden, wenn du jemanden verwandelst."

Jesaiah sah mit einem verständnislosen Blick zu Casey. Nicht sicher, ob er tatsächlich hustete, oder nicht. Da er jedoch gleich nach seinem Glas griff, beließ sie es dabei und wandte sich wieder Galon zu, der sie ähnlich verständnislos und zusätzlich überrascht ansah. Jess schnaubte, als der Ältere ihr mit Kaninchen gab. „Das ist es nicht. Eher… Ich will sicher gehen, nicht aus der Übung zu sein. Dass ich Charles verwandelt habe, ist schon eine Weile her und damals… er lag bereits im Sterben, als ich ihm mein Blut gab. Ich muss nicht viel tun. Wenn ich Casey verwandle, möchte ich zuvor sicher gehen, dass ich… jemanden auch verwandeln kann, wenn er nicht gerade einen Unfall hatte und bereits Unmengen an Blut verloren hat“, sagte sie entschlossen. „Aber keine Sorge. Ich werde es nicht damit überstürzen und irgendjemanden verwandeln…“ Nicht, wie ihr Erschaffer es zu tun pflegte… In regelmäßigen Abständen. Mit kleinen Ausnahmen.

"Herr Gott bewahre mich vor diesen ..", murmelte Galon und rieb sich dann sehr müde die Nasenwurzel. Übung verlieren? Bei der Verwandlung von Vampiren? Wenn es irgendeine Möglichkeit gäbe eine hundertprozentige Versicherung zu bekommen, dass eine Verwandlung funktionierte, dann hätten schon sehr viele früher angefangen zu üben. "Damion ist kein Vorbild, dem du nacheifern solltest. Nur weil es bei ihm scheinbar immer klappt, heißt es nicht, dass du nur Üben musst um sicher zu gehen", sagte er schließlich und sah Jess streng an. Wie konnte sie sich diesen Hirngespinnten bloß hingeben. "Nichts und Niemand kann dir irgendeine Garantie geben, dass eine Verwandlung klappt. Und wenn dein Versuch fehlschlägt, was dann?"
"Lass es gut sein, Galon", mischte Casey sich leise ein und und sah selbst den älteren Mann düster an. "Sie weiß es. Wenn es ihr mehr Sicherheit gibt, dann lass es sie doch tun, wie es ihr passt."

„Ich rede davon, einen Menschen zu verwandeln, das ist nicht gerade mit der Art meines Erschaffers gleichzusetzen“, entgegnete Jesaiah schnaubend und sah Galon leicht verstimmt an. In ihrem Alter hatte Damion schon eine kleine Armee gehabt, wohingegen sie bislang nur Charles verwandelt hatte – der, mit Verlaub, wohl zu vorbildlichsten Vampiren dieser Stadt gehörte. Aber das schien wohl in den Augen des Älteren alles keine Rolle zu spielen. Prinzipiell war sie dankbar dafür, dass Casey sich für sich aussprach. Aber gerade war sie noch sehr wohl in der Lage, ihre Kämpfe selbst zu bestreiten.
„Keine Sorge. Ich werde es ihm nicht gleichtun. Und mir ist sehr wohl bewusst, dass es keine Gewissheit gibt. Nur weil es einmal funktioniert, muss es das nicht beim nächsten Mal. Aber das letzte Mal – das einzige Mal, dass ich es je versucht habe, ist lange her. Und der Blutverlust durch den Unfall Charles kam mir entgegen… Ich möchte mich davon vergewissern, dass ich auch unter normalen Voraussetzungen dazu in der Lage bin… Und was pflaumst du mich überhaupt so von der Seite an!? Im Gegensatz zu den meisten anderen in deiner Stadt, mache ich, was das angeht, nun doch weiß Gott keinen Ärger! Ich setze dich ja sogar vorher darüber in Kenntnis!“, murrte sie und sah Galon an. In diesem Augenblick trat Hector in den Türrahmen der Küche, räusperte sich leise und klopfte gegen die Tür. „Galon? Jimena würde jetzt mit dir Reden.“

Galon öffnete den Mund, ließ sich aber von Hector von seinem Vorhaben abbringen Jess zurecht zu weisen. Es würde ihnen im Moment auch nichts bringen und vielleicht nur Unstimmigkeiten hervorrufen, auf die Galon verzichten konnte. Er hatte genug Probleme und war sich bewusst, dass er einige ganz sicher auch an anderen ausließ. Jess zum Beispiel. Er stand auf, bedankte sich für die Getränke, die er nicht genommen hatte und ging dann mit Hector zu Jimena ins Zimmer.

Casey hatte nach Jess Hand gegriffen, als sie anfing gegen Galon zu wettern. Sie hatte Galons Einwände misverstanden, schien es ihm. "Du weißt, dass es ihm auch nur Sorgen bereitet? Und dass er nicht will, dass du dich in etwas reinsteigerst und am Ende enttäuscht bist, weil es nicht funktioniert hat", sagte er und tätschelte sanft ihre Hand. Eigentlich war er Galon sehr dankbar, dass er es aussprach und einwand, dann musste er es selbst nicht tun, was eh kontraproduktiv für sein Anliegen war. Dabei waren ihm die Risiken selbst bekannt. Die waren aber immer noch besser, als als Mensch zu sterben. Es würde ihn trotzdem gut tun zu wissen, dass sich jemand um Jess dann kümmern und sorgen würde.

Hector warf schweigend einen Blick auf seinen alten Freund, fand jedoch nicht die Zeit, ihn anzusprechen. Mit zwei, drei Schritten waren sie bei der Tür, die zum Gästezimmer führte und dann waren sie auch schon drin und nicht mehr unter sich. Er würde Galon wohl später fragen, was da eben in der Küche passiert war. Die Stimmung war ja doch eher sehr… angespannt gewesen.
Hector schloss die Tür hinter sich, wobei Jimena vom Bett aufgestanden war, als sie beide hereingekommen waren. Sie sah noch immer ungesund blass und erschöpft aus. Dafür war die Wunde an ihrem Kopf verheilt, ebenso wie die an ihrer Lippe.
„Entschuldige, dass ich dich warten ließ, nachdem du… extra hierhergekommen bist“, sagte Jimena und wies auf den Stuhl, den Hector sich vorhin zurecht geschoben hatte, bevor er mit seiner Erschafferin gesprochen hatte.

Jess sah auf die Hand des Älteren hinab, nachdem Galon den Raum verlassen hatte und blickte anschließend indigniert wieder auf. „Ist das so?“, raunte sie mürrisch. „Und wieso sagt er es dann nicht einfach, wenn er es denn so meint?“, gab sie zurück, schnaubte und nahm noch einen großen Schluck aus ihrem Glas. Das Blut war schon fast kalt. Das trug nicht gerade zu ihrer Stimmung bei.
„Weil es nicht funktioniert… Es? Ich glaube, Enttäuschung wäre nicht gerade die vorherrschendste Empfingung, die ich hätte, sollte es nicht funktionieren. Jess presste die Lippen aufeinander und sah Casey eindringlich an. Glaubten die beiden denn, sie wüsste nicht, was passieren konnte? Sie hatte sich ja nicht ohne Grund bislang geweigert, Casey zu verwandeln. Natürlich kannte sie das Risiko! Jess knirschte leise mit den Zähnen und wandte den Blick ab, um Löcher in die Tischplatte zu starren.

"Mach dir deswegen keine Gedanken", antwortete Galon, nachdem er einen prüfenden Blick über die ältere hatte gleiten lassen. Sie sah schrecklich aus, als wäre ihr wirklich das schlimmste passiert, was sie sich denken konnten. Selbst mit diesem Auftreten hätte Galon ihr einiges geglaubt, was sie ihm erzählt hätte. Er mochte sich kaum vorstellen, wie sie gestern ausgesehen hatte. Vermutlich musste er auch noch einmal mit Jess und Casey sprechen. "Wie geht es dir? Fühlst du dich überhaupt im Stande zu sprechen?", fragte er, als er sich setzte. Natürlich war es wichtig so schnell wie möglich zu handeln, aber es brachte auch nichts, wenn sie Dinge nicht aussprechen konnte oder zusammenbrach.

"Weil er ein alter, knurriger Mann ist, der zu viele Freunde selbst aus dem Weg räumen musste um so einfach Gefühle zu zeigen", antwortete Casey und ließ Jess Hand wieder los. "Weder er noch ich wollen, dass du in dem Fall am Boden zerstört bist. Jess. Sollte es nicht funktionieren.. Du musst mir versprechen, dass du dich nicht.. Das wäre es nicht Wert. Wirklich nicht. Es ist meine Entscheidung gewesen, ich kenne die Risiken auch", sagte er eindringlich. Alleine der Gedanke daran machte ihm Angst, nicht um sich, sondern um Jess. Sie würde schon jemanden finden, der besser zu ihr passte, da war er sich sicher. Sie musste eben nur weiter machen und sich nicht dem ersten Gefühlsausbruch hingeben. Seine Hände umschlossen ihr Gesicht und sah ihr ernst und bittend in die Augen.

Jimena nickte langsam. Natürlich entging ihr nicht Galons Blick. Sie wusste, dass sie furchtbar aussah. Weil sie sich furchtbar fühlte. Bis in ein paar Stunden musste ein Wunder geschehen, ehe sie in den Flieger steigt und von Aglef schließlich abgeholt werden würde. Er würde Lunte riechen, oder sich doch wenigstens Sorgen machen und nachbohren, wenn er sie so sah.
Jimena lächelte schwach, als Galon wieder das Wort an sie richtete, dieses Mal mit einer Frage. Wie es ihr ging? Sie war sich sicher, dass das offensichtlich war. „Ich kann reden. Ich kann… darüber reden, was gestern passiert ist“, korrigierte sie sich, wobei ihr Blick flüchtig hinüber zu Hector wanderte, der ihr aufmunternd zunickte. „Ich weiß aber nicht, inwiefern… es helfen wird. Benôit hat mir… am Ende zu verstehen gegeben, dass er geschützt wird. Dass er in einer anderen Liga spielen würde. Das waren seine Worte“, sagte sie, wobei sie Galon ansah.

Jess schnaubte und verdrehte die Augen, als Casey antwortete. Ja, Galon war ein alter, knurriger Mann. Manchmal, nicht immer, dem Himmel sei Dank. Blinzelnd sah sie ihr Gegenüber wieder an, als er seine Hand zurücknahm und ernster wurde. Zu ernst, nach ihrem Geschmack. Aber das war wohl nach ihren Gesprächsthemen in der letzten halben Stunde nicht allzu verwunderlich. Am Boden zerstört. Noch so eine Phrase. Sie war sich ziemlich sicher, dass sie sich in einem solchen Fall viel elender fühlen würde. Dass keine Phrase dem entsprechen konnte, wie sie sich dann fühlen würde. Leise stieß sie die Luft aus, schmiegte ihr Gesicht in seine Hände und sah ihn mit einem warmen, aber gleichzeitig auch sehr entschlossenen Blick an.
„Casey. Das kann ich dir nicht versprechen. Und sollte es soweit kommen… wirst du ohnehin nicht mehr erfahren, wie ich mich entscheide. Ob ich irgendwelche Versprechen halte, oder nicht. Ich werde tun, was ich für richtig halten werde, was auch immer das zu diesem Zeitpunkt sein wird“, sagte sie ruhig und legte ihre Hände über die seine, drückte sie und nahm sie schließlich von ihrem Gesicht.

Galon nickte langsam und wusste genau was sie meinte. "Ich will dir nicht versprechen etwas erreichen zu können. Nicht sofort. Aber Wissen ist Macht und irgendwann finden wir vielleicht doch eine Möglichkeit ihm seiner Strafe zukommen zu lassen", sagte er ehrlich und lehnte sich leicht auf dem Stuhl zurück. "Außerdem weiß ich lieber, was für Personen in meiner Stadt frei rumlaufen." Er ließ unerwähnt, dass er sowieso nach einer oder mehreren unbekannten suchte, die seine Regierung durcheinander brachte.

Natürlich konnte Jess ihm das nicht versprechen. Und natürlich hatte sie recht, dass er es nicht merken würde, ja vermutlich nicht einmal kümmern würde, was sie tat sollte es nicht funktionieren. Und trotzdem zogen ihre Worte ihm den Boden unter den Füßen weg. Alleine der Gedanke, dass sie wegen ihm irgendetwas unüberlegtes tun würde... Nein, das konnte er nicht riskieren. Zum ersten Mal, seit er das Heilmittel bekommen hatte, zweifelte er daran ob eine Verwandlung eine gute Idee war. Er hatte immer noch nichts gesagt, als sie seine Hände von ihrem Gesich entfernte und zweifelte daran, dass er noch etwas finden würde. Oder seine Stimme überhaupt mitmachte. Also nickte er am Ende nur andeutungsweise und ließ die Arme sinken.

„Ich will ehrlich sein. Ich bin kein Fan von… Gerichtssprüchen oder Urteilen oder Ratsentscheidungen. Ich weiß, wie manipulativ alles ist. Oder sein kann. Ich ziehe daher eine Strafe abseits der Gerichte vor. Wenn sich die Gelegenheit bietet…“, antwortete Jimena, atmete tief ein und reckte ein wenig das Kinn. Sie wollte, dass Benôit litt. Und sie würde dafür sorgen.
„Aber ich verstehe, dass du davon wissen solltest. Wer in deiner Stadt ist und was dort passiert. Also…“, fing Jimena an, schluckte und begann dann langsam zu erzählen. Sie begann nicht mit gestern Abend, sondern holte etwas weiter aus. Sie berichtete von ihrem Zerwürfnis mit Benôit wegen Aglef. Wie Benôit jedoch weiterhin ihr Informationen zu Hector hatte zukommenlassen, wie er den Kontakt wieder gesucht hatte und wie sie sich schließlich gestern Abend wiedergesehen hatten. Und was passiert war.

„Casey…“ Jesaiah fasste nach seiner Hand und drückte sie behutsam. „Wir sollten uns keine Sorgen deswegen machen. Noch nicht. Erst einmal… brauchst du eine Nachhilfelehrerin. Jemand, der dir helfen kann mit den Schulsachen, die gleichzeitig auch… geeignet ist, um sie zu verwandeln…“ Was Recherchearbeit bedeutete. Sie würde kein kerngesundes Mädchen verwandeln. Oder eines, mit Polizisten in der Familie, oder ähnliches. Sie musste aufpassen und eine gute Wahl treffen.
„Schau nicht so, bitte… Dachtest du denn wirklich, dass ich dir das versprechen würde? Hättest du mir denn so ein Versprechen gegeben, wenn ich dich darum gebeten hätte? Und hättest du mir versichern können, es auch einzuhalten?“, fragte sie mit einem milden Lächeln.

Galons Mine verfinsterte sich während er sich wünschte, dass Jimena ihm das nicht gesagt hätte. Sollte Benoît jetzt auf seinem Gebiet urplötzlich einem Unfall zum Opfer fallen, könnte er nicht einfach die Schultern zucken und den Zufall beschuldigen. Der Ärger über diese Situation wurde aber schnell von dem Verdrängt, was sie weiter erzählte. Auch wenn er es nicht gutheißen konnte, konnte er dann Jimenas Gefühle nachvollziehen. Er hätte sich dann wohl auch nicht mit einem Rechtsspruch zufrieden gegeben. Nachdenklich lehnte er sich auf dem Stuhl zurück und sah eine Weile zur Decke. "Du meinst er will Aglef damit schaden?", fragte er und sah wieder Jimena an. Für ihn hatte ihre Darlegung zumindest so geklungen, zumindest schien der Ältere ein Dreh- und Angelpunkt in der Geschichte zu sein. Ob er es selbst wusste oder nicht.

Nein, hätte er wohl nicht. Aber das machte es nicht besser. Schließlich war Jess nicht er und hatte noch so viel mehr, was sie tun und erleben konnte. Er zwang sich zu einem Lächeln, antwortete ihr aber nicht auf die Frage. Das würde seinen Standpunkt nur schwächen. "Wenn du mich weiterhin so sehr dazu drängst diese Hausaufgaben zu machen, dann solltest du dich beeilen jemanden zu finden, sonst hab ich die Probleme am Ende alle selbst verstanden", sagte er stattdessen.

„Ja. Nein“ Jimena fasste sich an die Nasenwurzel und stieß die Luft aus. „Ich weiß es nicht. Ich… Ich dachte, ich würde ihn kenne. Aber der gestrige Abend hat mich eines Besseren belehrt. Ich kann dir nicht sagen, was genau sein Antrieb gewesen war- Ob es ausschließlich war, um Aglef eins auszuwischen. Hmm. Das sicher nicht. Er hätte Aglef auch anders eine Abreibung verpassen können. Ohne mich…“ Jimena stockte kurz. „Ohne mich auf diese Weise zu verletzen. Nein. Er wollte beides. Und… vielleicht mehr. Vielleicht setzt er auf eine Konfrontation mit Aglef, um ihn zu beseitigen, oder…“ Sie stockte abermals, blinzelte und schüttelte den Kopf. Sie wusste es nicht. Sie konnte hier nur spekulieren, was ihren einstigen Freund zu dieser Tat bewegt hatte.
„Was, wenn wir das Gedankenspiel mal weiterdenken? Was würde passieren, wenn Aglef davon erfährt?“, fragte Hector und sah zwischen beiden hin und her. Bislang hatte er sich schweigend zurückgehalten.

„Ich arbeite daran. Aber ich kann schließlich nicht jede x-beliebe nehmen. Und ich will auch nicht ständig eine hübsche Frau in deiner Nähe wissen, während ich schlafe… Es sollte also am besten nicht dein Typ sein“, antwortete Jesaiah, stand auf, um noch etwas Blut zu holen, um damit ihr Glas wieder aufzufüllen. „Ich wollte diese Woche mal am frühen Abend die Unis abklappern und dort so einen Wisch aufhängen, dass wir wen suchen. Bei Interesse sollen sie mir ihre Bewerbungsunterlagen per Mail zukommen lassen. Und sobald ich die habe, lasse ich Rubina im Dreck wühlen. Ich will schließlich auch keine Hochstaplerin hier sitzen haben.“

Im Grunde hatte Galon nicht damit gerechnet eine wirkliche Antwort über Benoîts Beweggründe zu bekommen, aber diese unzusammenhängenden Sätze machten es ihm auch nicht leichter einen Sinn zu finden. Finster verschränkte er die Arme vor der Brust. Spielte Benoît sein eigenes Spiel oder war er in das verwickelt, was in London zur Zeit im Verborgenen geschah. Letzteres wollte er wirklich nicht hoffen. Brida war als Strippenzieherin schon schlimm genug gewesen, er musste nicht auch noch einen Gegenspieler wie Benoît bekommen. Als Hector sich meldete hob er den Blick zu seinem Freund und wandte ihn danach Jimena zu. Er selbst kannte Aglef nicht ansatzweise gut genug um ein Urteil darüber abzugeben, was er tun würde, wenn er etwas von Jimenas Vergewaltigung erfuhr.

Casey lachte müde und schüttelte den Kopf über Jess merkwürdige Sorgen. "Du bist paranoid. Was soll Ruby denn finden über diese armen Studenten. Es wird wohl niemand da draußen darauf warten, dass du eine Nachhilfelehrerin suchst um sich dann einzuschleichen und Gott weiß was anzustellen", versuchte er sie zu beruhigen. Leider hatte er nicht das Gefühl es geschafft zu haben, also stand er auf und trat zu Jess. "Und was deine erste Sorge angeht. Ich stehe nur auf einen Typ Frau und der ist sehr selten. Mehr als ein Mal alle tausend Jahre wird so eine Frau nicht geboren. Und da du noch keine tausend Jahre alt bist, musst du dir deswegen also keine Sorgen machen."

Jimena sog die Luft scharf ein und sah kurz zu Galon hinüber, ehe sie wieder Hector ansah. „Er… er würde vermutlich die Stadt auseinandernehmen, bei seiner Suche nach Benôit. Und ihn dann töten. Vorausgesetzt er schafft es… Ich bin mir nicht sicher, wer von den beiden stärker wäre. Aglef…ist, glaube ich, etwas länger schon ein Vampir. Aber nicht viel. Und Benôit ist größer und kräftiger… Ich würde es vorziehen, wenn es erst gar nicht dazukommt. Aber… Ich werde es nicht lange vor ihm verbergen können…“, sagte sie nachdenklich und ließ den Blick sinken.
Hector nickte, ebenfalls in Gedanken. „Damit wird Benôit doch sicher rechnen, oder nicht? Er will, dass Aglef es weiß. Also… will er auch eine Konfrontation?“, fragte Hector und sah von Jimena zu Galon. „Und… vielleicht ist es ihm ja auch ganz recht, wenn Aglef die Stadt auseinandernimmt?“
„Ich weiß nicht… Ich wüsste nicht, was er gegen London haben sollte… Oder gegen dich“, antwortete Jimena und sah zuletzt zu Galon, den sie mit ihrem Satz angesprochen hatte.

„Paranoid?“ Jesaiah hob eine Braue. „Oh, ja, richtig, sowas wird einem ja nicht zugestanden, nachdem man von einer Verrückten bedrängt und von ihren letzten Anhängern für ein halbes Jahr eingebuddelt wird. Also wirklich, was habe ich mir nur dabei gedacht“, sagte sie sarkastisch und blinzelte Casey mit hochgezogenen Brauen an. „Also, wenn hier wer paranoid sein darf, dann wohl ich. Davon abgesehen hast du mich aber falsch verstanden. Rubina soll nur ein paar Dinge herausfinden, die nicht im Lebenslauf stehen wird. Wie die familiäre Situation ist, ob die Person eventuell irgendwelche Krankheiten hat und…nur als Bonus, ob sie womöglich eine kriminelle Vergangenheit hat. Mich juckt es weniger, wenn wir einen Langfinger engagieren, aber jemand, der Drogen ins Haus bringt, landet sofort wieder vor der Tür. Ich will nicht, dass du dir dein menschliches Hirn mit dem Zeig wegpustest. Ich mag nämlich zufällig intelligente Männer. Ich ziehe sie den dummen zumindest vor“, fügte sie mit einem schiefen Lächeln hinzu. Jesaiah sah mit ihren blauen Augen zu ihm auf und fasste nach seinen Händen. „Uhh, ich bin noch nicht ganz überzeugt. Ich glaube, auf dieser Erde wandeln ganz schön viele Frauen. Ich denke, dein Typ könnte da durchaus mehr als nur einmal alle 1000 Jahre auftauchen. Aber ich begnüge mich fürs erste mit dem Gedanken, dass du bislang nur mich gefunden hast“

"Er muss es gar nicht schaffen", antwortete Galon nach einem Moment und verzog in böser Vorahnung den Mund. "Sollte Aglef zurück nach London kommen, wäre ich gezwungen Maßnahmen zu ergreifen. Vor allem, wenn er hier einfällt ohne die Chance seinen Aufenthalt zu vertuschen. Würde ich nichts tun würde es mich den Rückhalt kosten und wenn ich versuche Aglef aufzuhalten wird er wohl kaum freiwillig Nachgeben. Dazu kommt, selbst wenn er es schafft Benoît zu schaden, wird der Rat es so nicht hinnehmen. Wobei ich mir ziemlich sicher bin, dass Benoît meint Aglef gewachsen zu sein. Oder denkt es wird ihm den nötigen Vorteil verschaffen, wenn Aglef erst durch mich hindurch muss", überlegte er laut. Einen Moment schwieg er und schüttelte dann den Kopf. "Ich sehe nur nicht, warum Benoît daran gelegen sein sollte. Oder was sein Ziel damit ist."

Schuldbewusst zuckte Casey zusammen und sah Jess verzeihungsheischend an. So hatte er es nicht gemeint. Schon gar nicht hatte er damit wieder schlechte Erinnerungen aufkommen lassen wollen. So lnage konnte er sich aber nicht schlecht fühlen, ihr Einwand war dann doch zu ... unschmeichelhaft. Er schnaubte und wandte Jess wieder den Rücken zu. "Vielen Dank für dein Vertrauen. Drogen. Pff, vielleicht sollte ich doch damit anfangen, nur um zu sehen ob ich nicht doch dümmer bin als du denkst", schmollte er leise und ließ sich dann von ihr rumziehen, als sie seine Hände fasste. Ihm wurde etwas warm, als sie ihm quasi nicht glaubte, aber eher in einem guten Sinne. "Glaub mir, es wundert mich mehr, dass nicht mehr Kerle von deinem Typ da sind, die dich mir streitig machen", sagte er und grinste jetzt selbst schief. Zumindest einen Konkurrenten kannte er schließlich. Und es wunderte ihn immer wieder, dass Jess hier und nicht bei Damion war.

Dienstag, 04.10., kurz nach 17:30

Jesaiah war seit vielleicht knapp einer halben Stunde wach. Sie hatte sich auf ihrem Handy einen Wecker gestellt, damit sie wach wäre, wenn Casey nach Hause kam. Manchmal schaffte sie es sogar, vorher noch den Tisch fürs Abendessen zu decken, je nachdem wie früh oder spät er nach Hause kam. Dienstags hatte er immer lange Schule und hin und wieder hängte er danach noch mit Jack ab. Aus diesem Grund hatte sie sich noch die Zeit genommen, noch etwas im Bett zu lesen, ehe sie sich ihren Seidenmorgenmantel überwarf und in die Küche ging. Dort deckte sie für Casey den Tisch – für sie reichte schließlich ein Glas und machte sich gleich darauf auch ihr Frühstück in der Mikrowelle warm. Gerade als sie ein paar Schlucke genommen hatte, klingelte es an der Tür. Jess war mit dem Glas in der Hand bereits auf dem Weg zur Tür, als sie es sich anders überlegte. Man wusste ja nie… Also packte sie den Blutbeutel wieder in die Mikrowelle und kippte ihr Glas in der Spüle aus, ehe sie schließlich die Tür öffnete.
Überrascht blinzelte sie von Casey, der nicht gut aussah, zu einem Jungen, der neben ihm stand.
„Was ist passiert?“, fragte sie besorgt und trat beiseite, damit sie beide hereinkommen konnten. „Casey?“

Sie hatte doch noch etwas mehr Zeit gebraucht, um sich einigermaßen zu sammeln. Wenigstens soweit, dass sie sich zutraute, nicht gleich mit der Wahrheit herauszuplatzen, wenn sie Aglef sehen würde. Denn selbst sie davon überzeugt war, dass es nur fair wäre, ihm gleich alles zu erzählen, wusste sie doch auch, dass Aglef sofort nach London reisen würde… Und das musste sie verhindern. Also würde sie für eine Weile so tun müssen, als wäre nicht passiert…
Jimena zupfte ihren Rucksack zurecht, als sie aus dem Flugzeug stieg und schließlich zum Flughafengebäude gelotst wurde. Ihr Blick ging derweil kurz zum Himmel hinauf. Das Wetter hier in den Niederlanden war nicht wirklich anders als in Großbritannien. Von der Sonne hatten wohl beide Länder heute nicht viel zu sehen bekommen. Besser für sie.
Jimena strich sich eine Haarsträhne zurück, als sie wenig später in die Ankunftshalle trat. Sie brauchte nicht lange, um Aglef zu entdecken. Sie hob leicht ihre Hand und lächelte matt, während sich in ihr alles schmerzlich zusammenzog. Lächeln, Jimena, schön weiterlächeln.