Mutant High 3 - Das RPG

„Das beruhigt mich“, antwortete Camille und lächelte Erin an. Nicht, dass sie wirklich geglaubt hatte, man hätte ihr Bett bereits an jemand anderen vergeben. Schon gar nicht, nachdem sie von der Ärztin erfahren hatte, dass sie nicht die Einzige von der Schule war, die man ins Krankenhaus gebracht hatte. Sie dachte an Stiles, bei dem sie sich mutmaßlich angesteckt hatte.
„Wie geht es eigentlich Stiles? Ich hatte ihn zur Krankenstation gebracht, weil es ihm so schlecht ging. Und dann weiß ich noch, dass sie ihn ins Krankenhaus gebracht haben. Geht es ihm inzwischen besser?“, fragte sie und sah in die Runde. Nate verzog leicht das Gesicht und setzte dazu eine ernste Miene auf. Der fremde Kerl senkte ein wenig den Kopf. Sie wollte schon Erin fragend ansehen, als sich Gregory zu Wort meldete. „Es geht ihm besser. Es hat ihm… sehr leid getan, dass er dich vermutlich angesteckt hat“, raunte Gregory und lächelte matt. Nate unterließ dieses Mal jeden Klapps. Besser, Camille erfuhr später alles… darum kamen sie vermutlich nicht umhin. Wobei… wenn es Camille wusste, wusste es danach womöglich die ganze Schule. Nate biss sich auf die Unterlippe. Vielleicht war es dann doch besser, wenn sie nicht die Wahrheit erfuhr…
„Das war ja nichts, was er entscheiden konnte“, antwortete Camille dem Fremden und lächelte erleichtert. Ihr Blick wanderte dann zu Erin, von ihr zu dem ihr fremden Kerl und wieder zurück.
„Also… wer bist du eigentlich? Seid ihr… verwandt?“
 
„Danke“, antwortete Lacey und sah Mrs. Haynes mit einem warmen, dankbaren Lächeln an. Sie freute sich sehr Noahs Eltern zu sehen. Sie waren bei ihren letzten Besuchen schon so nett gewesen. Als Notion dann jedoch ihre scheinbar harmlose Frage stellte, war es Lacey, als ob sich ihre Kehle zu schnürte. Sie blickte auf Elaine hinab und von ihr wieder zu Mr. und Mrs. Haynes. Eigentlich… eigentlich müsste Noah hier sein. Tränen stiegen ihr in die Augen und sie wandte sich leicht ab. „Entschuldigt“, sagte sie, schniefend und versucht sich mit einer Hand die Tränen wegzuwischen. „Warte, ich nimm dir Elaine ab“, sagte Emma sanft und nahm ihr die Kleine ab, als Lacey auch schon anfing zu schluchzen. Wie es ihr ging? Sie war fertig. Sie hatte so Angst um Noah und Angst vor dem, was kommen könnte.

Erins Lächeln verschwand endgültig, als Camille von Stiles sprach. Niedergeschlagen sanken ihre Schultern herab, während sie überlegte was sie ihrer Freundin sagen sollte. Und das mit nicht nur Gregory, sondern auch noch ihrem Lehrer im Nacken. Eine Weile war es sehr still in dem Raum, während wohl alle darauf warteten, dass irgendjemand etwas sagte. Gregory war es dann, der das Wort ergriff und log. Irgendwie. Mr. Haynes reagierte gar nicht und Erin fiel ein, dass ja eigentlich auch niemand von Stiles und Erik wusste. Sie biss sich fest auf die Lippe, als ihr daraufhin bewusst wurde, dass sie auch mit Camille nicht über Gregory reden konnte. Dafür müsste sie erzählen wer er war und ganz eindeutig wollten die Lehrer nicht, dass es öffentlich wurde. Und außerdem war es Gregorys Geschichte, es wäre wohl seine Wahl mit wem er sie teilte und mit wem nicht. Sie war schon wieder selbstsüchtig, die Hauptsache war doch, dass Camille wieder gesund und wach war! Deren nächste Frage brachte Erin auch gewaltig aus dem Konzept. "Was? Nein! Wir.. er.. äh", hilfesuchend sah sie über ihre Schulter. Irgendeine Geschichte müssten sie doch sicher haben. Die Lehrer waren doch nicht ganz so unvorsichtig sich vorher keine Gedanken gemacht zu haben, oder?

Oh. Notion hatte zwar erwartet und es auch bewusst provoziert, dass Lacey sich öffnete und ihre Gefühle hinaus ließ, aber mit einer so starken Reaktion hatte sie nicht gerechnet. Jetzt tat es ihr leid nicht behutsamer zu Werke gegangen zu sein. Sie hoffte nur, dass Lacey sich hinterher besser fühlen würde. So viele Sorgen in sich hinein zu fressen war einfach nie gut. "Es wird alles gut", sagte sie leise, während sie die junge Frau in die Arme nahm und behutsam über ihre Haare strich. "Er schafft es schon", fuhr sie fort beschwichtigend zu murmeln. 'Wir hätten viel früher kommen sollen', wandte sie sich an ihren Mann, der bisher noch nicht viel getan hatte. Was Notion ihm aber auch nicht verdenken konnte. Es gab wenig, was überhaupt getan werden konnte, außer Händchen halten. 'Vielleicht könntet ihr einen Tee machen. Das Wohnzimmer ist da entlang?', schloss sie jetzt auch Emma in das mentale Gespräch ein und führte Lacey derweil aus dem Flur hinein in die Wohnung.

„Ich heiße Gregory. Ich bin Ms. Johnsons Bruder“, stellte sich Gregory vor und spulte dann die Fake-Geschichte herunter, auf die er sich mit den Lehrern geeinigt hatte. „Ich habe im Sommer meinen Abschluss gemacht und mache jetzt ein Jahr Auszeit, bevor ich anfange zu studieren. Und da Lacey ihr Kind bekommen hat, dachte ich, verbringe ich ein paar Wochen bei ihr. Daher bin ich aktuell auch an der Mutant High und habe so Erin kennengelernt“, erklärte er und sah dann gegen Ende mit einem unverfänglichen Lächeln zu Erin hinüber. „Noch irgendwelche Fragen? Oder reicht dir die Kurzvita?“, wandte er sich dann mit einem schiefen Grinsen wieder an Camille.
„Ich glaube, sie reicht mir. Fürs erste“, antwortete sie mit einem Schmunzeln, fragte sich aber insgeheim noch immer, wie Erin und Greg zueinanderstanden. Vielleicht interpretierte sie aber auch zu viel hinein… womöglich hat er sie einfach hierher gefahren, mehr nicht. Aber warum hatte Erin ihn dann mit ins Zimmer genommen, wenn sie, Camille, Greg nicht kannte. Und umgekehrt.
„Wie wird das eigentlich jetzt ablaufen? Wenn ich zurück an die Schule komme? Ich bin ja leider mal wieder im Rückstand, was den Unterrichtsstoff betrifft“, wandte sie sich seufzend an Mr. Haynes. „Wir werden dir etwas Zeit einräumen. Aber… du wirst nicht umhin können zu büffeln, wenn du deine Prüfungen dieses Schuljahr noch machen willst“, antwortete Nate mit einem mitfühlenden Blick. „Ich bin mir sicher, deine Mitschüler können dir aber beim Lernen helfen. Bis zu den Weihnachtsferien bist du vielleicht schon wieder auf dem gleichen Stand. Spätestens danach“, sagte er zuversichtlich.
 
Jared hatte die Tür hinter ihnen geschlossen, hatte sich umgewandt und hatte die Freundin seines Sohnes mit seiner neuen Enkeltochter entdeckt, wobei er an Notion vorbeischauen musste. Während Elaine putzmunter wirkte, schien ihre junge Mutter das Gegenteil zu sein. Lacey sah nicht gut aus, blass und mit dunklen Schatten unter den Augen. Als Notion sich nach ihrem Befinden erkundigte, schien bei der Jüngeren der Damm zu brechen. Jared taste in seinen Taschen, konnte jedoch kein Taschentuch finden, das er Lacey hätte anbieten können. Emma nahm Elaine und gleich darauf wandte sich Notion gedanklich auch schon an sie beide.
Emma nickte, deutete in die Richtung, in der das Wohnzimmer lag und griff mit der anderen Hand nach ihrem Dad. Sie zog ihn sanft mit sich und gemeinsam gingen sie in die Küche. Jared lehnte die Tür an und ging anschließend zum Wasserkocher hinüber. Sobald das Wasser aufgesetzt war, wandte er sich um und sah Emma an. Sie tauschten schweigend einen längeren Blick, dann lächelte Jared matt, ging auf sie zu und umarmte sie behutsam – wobei er auf Elaine acht gab.
„Schön dich zu sehen. Auch wenn die Umstände besser sein könnten“, sagte er lehnte sich wieder zurück. „Na, Kleines, hast es nicht leicht“, sagte er leise zu Elaine, die ihn mit großen Augen ansah.
Derweil hatte sich Lacey leicht gegen Notion gelehnt und war dankbar für ihren Trost. Gleichzeitig fühlte sie sich schlecht, dass sie ausgerechnet bei ihr in Tränen ausbrach. Dabei musste sie sich doch auch wahnsinnig um Noah sorgen. Lacey schniefte, löste sich von Notion und wischte sich mit der Hand über das Gesicht. „Entschuldige“, murmelte sie und gemeinsam gingen sie in das Wohnzimmer, wo Lacey sich hinsetzte. „Momentan bin ich einfach müde. Ich schlafe nicht gut. Dadurch bin ich… wohl so sensibel.“

Erin atmete erleichtert auf, als Gregory sein Stichwort ergriff und seine Geschichte erzählte. Oder eher die Geschichte auf die sich wohl geeinigt worden war. Ihn als Miss Johnsons Bruder auszugeben war schon logisch und ja auch nicht wirklich gelogen. Camille schien es auch ohne Zweifel zu glauben und wandte sich dann anderen Themen zu. Ihr Abschluss war auch ziemlich wichtig für sie und es war ja auch schon die zweite lange Pause im Unterricht. Erin war einfach froh, dass sie nicht weiter nachbohrte, wer Gregory war. Er hatte Recht gehabt, als er nicht mit hinein gewollt hatte und jetzt wäre es Erins Schuld, wenn er deswegen Probleme bekam. Daher griff sie auch recht bereitwillig den neuen Gesprächsfaden auf ohne darüber nachzudenken. "Oh, du kannst mit uns Lernen. Wir sind auch dabei den ganzen Stoff nochmal durchzugehen und Lücken zu füllen", bot sie ihrer Freundin an und lächelte. "Das schaffen wir schon. Wir kriegen uns da beide durch."

Nur weil sie Lacey nicht noch mehr aus dem Gleichgewicht bringen wollte, unterließ sie es auf die Gedanken der jungen Frau zu antworten. Dabei wollte sie ihr sehr gerne sagen, dass sie sich keine Gedanken machen sollte, nicht wegen ihres Gefühlsausbruchs. "Schätzchen, unter diesen Umständen ist es ein Wunder, dass du überhaupt schläfst", antwortete Notion trocken und ließ sich neben Lacey sinken. "Es ist völlig normal, dass du irgendwann am Ende deiner Kraft angekommen bist. Verschließ es nicht mehr, es ist besser, wenn du es raus lässt, damit du mit neuer Kraft wieder aufstehen kannst. Wir hätten früher kommen und dir helfen sollen. Entschuldige, dass wir so lange gebraucht haben", riet sie der jungen Frau und sah sie ehrlich besorgt an. Lacey hatte eine Tochter, für die sie da sein musste, was ihr jetzt noch alles aufgebürdet wurde war nicht fair.

Uns? Kurz wunderte sich Camille über die Formulierung, da sie davon ausging, dass ‚wir‘ Erin und Gregory bedeutete. Was aber ja keinen Sinn machte, da der Ältere seinen Abschluss schon in der Tasche hatte. Allerdings, vielleicht war er ja gerade deswegen ein geeigneter Lernpartner? Hm. Wie dem auch sei, Camille tippte dann doch eher auf die anderen, also Mitschüler von ihnen beiden. Vielleicht ja sogar Cooper. Sie hoffte, dass es dem kleinen Querkopf gut ging.
„Das wäre super, danke. Bei mir wird es wohl mal wieder einige Lücken zu füllen geben“, seufzte sie. Vielleicht konnte sie ja auch noch Cooper fragen. In manchen Fächern war er auch ganz gut.
Dann hatte sie am Ende hoffentlich einen umfassenden Rundumschlag und wäre, wie Nate sagte, hoffentlich bis Weihnachten mit allem durch… Oder spätestens bis die Schule im nächsten Jahr wieder losging. Ihre Gedanken wurden je unterbrochen, als sich Nate räusperte.
„Ich werde noch nach meinem Bruder sehen. Wir sehen uns im besten Fall morgen wieder. Wenn die Ärzte ihr Okay geben, werde ich dich morgen hier abholen“, sagte er an Camille gewandt und drehte sich dann mit ernsterer Miene an Erin und Gregory. „Wenn ihr hier fertig seid, meldet euch bei mir. Ich nehme euch dann mit zurück zur Schule. Bleibt nicht zu lange, Camille muss sich irgendwann noch ausruhen. Und was essen“, bemerkte er und verabschiedete sich dann.
Gregory sah ihm schweigend nach. Er hatte ja schon geahnt, dass es Ärger geben würde und genau das schien Nates Blick eben versprochen zu haben… Egal, die Hauptsache war, dass es Camille gut ging! Mit einem Lächeln wandte er sich ihr wieder zu.
 
Nate suchte das Zimmer seines Bruders auf und trat behutsam ein. Als befürchtete er, er könnte ihn aufwecken – was Quatsch war. Wenn es nur so einfach wäre, dann wäre Nate hereingepoltert, mit Löffel und Topf und hätte so viel Lärm und Radau gemacht, wie nur möglich. Aber leider war es nicht so einfach. Er unterdrückte ein Seufzen und schloss die Tür hinter sich. „Hey Bruderherz“, raunte er, kam näher und legte seinem Bruder kurz die Hand auf die Schulter.
„Ich dachte, ich sehe mal nach dir. Camille ist heute aufgewacht. Es geht ihr gut… worüber ich sehr erleichtert bin. Jetzt ist es an dir aufzuwachen.“ Nate zog sich den Stuhl in der Ecke ans Bett heran und ließ sich darauf nieder. „Lacey… Lacey geht’s nicht so gut. Sie macht sich riesen Sorgen um dich… Und schläft vermutlich kaum. Also… wäre jetzt ein guter Augenblick um aufzuwachen. Emma ist übrigens momentan da und hilft Lacey ein wenig. Ich schaue auch ab und an nach ihr, wenn ich Zeit habe. Aber ich glaube, selbst wenn das ganze Lehrerkolleg ihr helfen würde, sie wäre noch immer fertig. Weil du nicht da bist… Du fehlst uns...“

Camilles Blick wurde leicht verwirrt und Erin fiel ihr Ausrutscher auf. Sie. Mit Mühe verhinderte sie sich umzudrehen und Gregory anzusehen. Zum Glück schien Camille sich aber eine einfache Erklärung zurechtgelegt zu haben. Sie bedankte sich und Erin legte ihr erleichtert die Hand auf das Bein. "Das kriegen wir hin. Du kriegst deinen Abschluss, dafür sorgen wir schon", sagte sie und sah dann über die Schulter, wobei sie eher ihren Lehrer ansah. Der hatte auch gleich etwas zu sagen, bei dem Erin protestieren wollte. Sie waren alleine her gekommen, sie würden auch den Weg zurück schaffen. Ein Blick in Gregorys Gesicht ließ den Protest aber ersterben. Leider konnte sie jetzt nicht fragen ob er in Schwierigkeiten war, weil er sie hergebracht hatte. Das hätte Camille wohl etwas sehr mistrauisch gemacht. Ihr blieb also nichts weiter über als ihre Freundin anzusehen und den Faden ihres Lehrers aufzunehmen. "Wenn du lieber in Ruhe sein möchtest und was essen, dann gehen wir. Es ist einfach nur so schön, dass du wieder wach bist und es dir gut geht."

Seit einiger Zeit dämmerte Noah am Rande des Bewusstseins herum. Nicht richtig wach, aber auch nicht richtig am Schlafen ohne so recht zu wissen wo er war. Aber eigentlich war es ihm auch egal. Er fühlte sich schwach und schwer und hier war es angenehm. Ruhig. Es war vor allem ruhig. Es war wunderbar keinen Krach im Kopf zu haben ohne sich anstrengen zu müssen. Vielleicht hatte ihm ja jemand das AGG gebracht. Der Gedanke ließ ihn bildlich gesprochen die Stirn runzeln. Gebracht? Wohin gebracht? Wo war er eigentlich? Langsam kam er immer mehr zu sich, verließ den angenehmen Ort zwischen Wachen und Schlafen. Etwas piepste leise neben ihm, so regelmäßig, dass er es erst jetzt bemerkte. Und eine Stimme war da, die sprach, aber er bekam nicht so wirklich mit, was gesagt wurde. Aber er kannte die Stimme, oder nicht? Es fiel ein Name, den er aber auch nicht richtig greifen konnte, nur eine unglaublich tiefe Verzweiflung machte sich dann in ihm breit. Er musste etwas für diesen Namen tun, es war wichtig. Nur was? Wieder fiel der Name, dieses Mal hörte er ihn wirklich. Lacey. Seine Brauen zogen sich zusammen, während er versuchte sich daran zu erinnern, was er für Lacey tun musste. Eine Angst setzte sich in seinem Inneren fest. Oder hatte sich schon festgesetzt und er bemerkte sie nur jetzt erst wieder? Er musste sie schützen. Es war etwas passiert, wovor er sie schützen musste. Sie und.. Elaine! Als wäre ein Damm gebrochen kamen die Erinnerungen zurück. Die Schule, die Krankheit und seine Angst seine Familie angesteckt zu haben. Davor musste er sie schützen, sie durften sich nicht anstecken. Und plötzlich hatte er Angst, dass sie hier war und seine Versuche Fruchtlos gewesen waren. Es war unglaublich schwer die Augen zu öffnen, aber schließlich schaffte er es. Eine weiße, unbekannte Decke war über ihm. Kraftlos drehte er den Kopf zur Seite und blinzelte die Person neben ihm einen Moment an. "Nate?", fragte er und wundert sich selbst über die heisere und schwache Stimme, die wohl von ihm gekommen war.

Camille sah ihrem Lehrer kurz nach und war in Gedanken bei ihm und seinen Bruder. Sie hoffte sehr für Nate, dass sein Zwilling bald aufwachte. Die jüngere hätte ihm gerne noch etwas gesagt – aber nicht in Erins und Gregorys Anwesenheit. Vielleicht würden sie morgen die Möglichkeit haben, sollte sie das Krankenhaus verlassen dürfen. Blinzelnd sah Camille zu ihrer Freundin, als diese mit ihr sprach. „Hm, ein bisschen müde bin ich schon – aber ich will nicht, dass du schon gehst“, antwortete Camille und lächelte ihre Freundin an. „Allerdings… eine Kleinigkeit könnte ich schon essen-“ „Ich kann mich darum kümmern“, fuhr Gregory dazwischen. „Dann könnt ihr beide ein bisschen unter euch sein. Ich schaue, was ich auftreiben kann“, raunte er und ging bereits zur Tür. „Wirklich? Das… ist sehr nett. Danke!“ Camille lächelte den Älteren an, der ihr Lächeln erwiderte, doch kurz bevor er die Tür öffnete und das Zimmer verließ, da wanderte sein Blick zu Erin. Und dann war er weg. Camille hielt die Luft an, wartete, und dann sah sie Erin mit einem vielsagenden Blick an. „Okay, er steht voll auf dich. Ich hoffe, du hast dich seinetwegen nicht mit Erik in der Wolle“, raunte Camille. „Es ist doch alles in Ordnung zwischen euch… oder?“, fragte sie vorsichtiger. „Oder… ist die Antwort darauf auch zu kompliziert, um das hier zu beantworten?“
 
Nate schwieg einen Moment, fragte sich, was er seinem Bruder noch erzählen sollte. Vielleicht von Emma? Oder… oder doch von Camille? Noah wäre sicher erleichtert zu hören, dass da nichts lief. Und laufen würden. Nicht, zumindest, vor Camilles Abschluss. Nate lächelte schief und öffnete schon den Mund, als er seinen Namen hörte. Er erstarrte. Sein Blick wanderte langsam zum Gesicht seines Bruders und sprang auf, als er bemerkte, dass er ihn ansah. Er war wach! Er war wach und sprach! „Noah!“, rief er freudig auf und blinzelte schon gegen seine Freudetränen an. Nicht nur Camille, jetzt auch noch Noah!? Er konnte es nicht glauben! Rasch griff er nach dem Schalter, der die Krankenschwestern alarmierte und drückte diesen.
„Noah, alles wird gut!“, sagte er, schniefte und wischte sich mit dem Ärmel über das Gesicht. „Wenn Lacey das hört – sie wird ausflippen! Sie wird bestimmt sofort zu dir wollen“, raunte er, lachte und schniefte weiter. Dann gingen ihm andere Gedanken auf. „Hast du Schmerzen? Wie fühlst du dich? Brauchst du was zu trinken?“, fragte er und hörte die Schritte im Flur und kurz darauf, kam eine Krankenschwester herein.

Natürlich sah auch Erin in Gregorys Richtung, als er anbot etwas zu Essen zu holen und natürlich schenkte sie ihm auch ein dankbares Lächeln. Es war schließlich sehr nett von ihm das zu tun, überhaupt hier zu sein, wo es ziemlich unangenehm für ihn sein musste. Daran hatte er wohl nicht gedacht, als er sie eingesammelt und her gefahren war. Sie ja auch nicht. Auf seinen Blick hin wurde ihr Lächeln ganz unwillkürlich etwas wärmer und dann war er auch schon weg. Das Lächeln auf ihren Lippen hielt sich aber noch einen Moment, bis Camille ihren Verdacht äußerte. Schockiert sah sie zurück zu ihrer Freundin. War es wirklich so offensichtlich? Hatte Gregory irgendetwas getan, was ihren Verdacht so schnell aufkommen ließ? Nicht dass es Camille jemals schwer gefallen war Dinge zu sehen wo keine waren. Hier hatte sie allerdings den Nagel auf den Kopf getroffen. Und Erin war nicht in der Lage ihre Fragen ehrlich zu beantworten. Lügen wollte sie aber auch nicht. "Es ist komplizierter, als ich erklären kann", antwortete sie nach einer Weile und fühlte sich schlecht. "Erik.. Wir haben uns nicht in der Wolle. Es hat keinen Streit gegeben, keine Sorge. Aber.. Naja, es ist auch nicht alles in Ordnung. Lass uns das erstmal vergessen, okay?", fragte sie und zwang sich zu einem Lächeln. "Das sind bedrückende Themen und ich will gerade nicht traurig sein. Ich freue mich zu sehr, dass du endlich wieder wach bist. Gott, was habe ich dich vermisst."

"Lacey. Geht es ihr gut?", fragte Noah schwerfällig. Er hatte nicht alles mitbekommen, was Nate ihm so hastig sagte, aber die Sorge um seine Freundin hatte ihn schließlich endgültig aufgeweckt. Die Antwort bekam er aber auch dieses Mal nicht so schnell. Eine Krankenschwester stürmte den Raum, vom Notfallknopf angelockt. Es setzte einen bösen Blick in Nates Richtung für die unnötige Alamierung, aber dann wurde es doch wuselig, weil plötzlich eine Menge Leute um ihn herum stand und Werte prüften oder Fragen stellen, die er gar nicht beantworten konnte. Er war sehr froh darüber, dass irgendjemand dran gedacht hatte sein AGG mitzunehmen, wenn er jetzt auch noch die Gedanken all der Leute im Raum nicht hätte ausblenden können, wäre er wohl durchgedreht. Er konnte so ja schon kaum folgen. Zum Glück dauerte es nicht lange bis die meisten wieder gegangen waren um einen Arzt zu verständigen. Müde schloss Noah die Augen und Atmete durch. Fast wäre er wieder eingeschlafen, dann zog sich seine Stirn zusammen. "Lacey?", fragte er und wandte seinen Kopf in die Richtung seines Bruders.

Camille zog eine Braue hoch. Erins Antwort klang kryptisch. Sollte sie sich gekränkt fühlen, dass ihre beste Freundin ihr so vehement eine ehrliche Antwort vorenthielt? Was war nur in den wenigen Wochen passiert, in denen sie im Krankenhaus gewesen war? Sie würde es wohl fürs erste nicht herausfinden. Camille biss sich auf die Unterlippe, wie sie sah, dass was-auch-immer-es-war Erin so mitnahm. Sie sah es ihrer Freundin an ihrem Blick und ihrem Mund an. Sie musste sich zum Lächeln zwingend, das sah Camille. ‚Es ist nicht alles in Ordnung‘ – klang nicht gut. Erik hatte seinen Schulabschluss in der Tasche gehabt. Vielleicht hatte er doch eher mit dem Studium angefangen und war weggezogen? Und womöglich funktionierte die Fernbeziehung nicht so gut? Spekulieren konnte sie viel, aber Gewissheit würde sie heute wohl nicht mehr bekommen. Nein, sie gab das Thema auf und bemühte sich um ein anderes, weniger gefährliches.
„Entschuldige. Ich habe schon vergessen, worüber wir eben gesprochen haben“, versicherte sie ihrer Freundin, lächelte milde und fuhr fort: „Ich habe dich auch vermisst. Denke ich… Die meiste Zeit war ich wohl nicht bei Bewusstsein. Und in der Zeit, in der ich irgendwie bei Bewusstsein war, war alles so… schwammig“, versuchte sie es zu beschreiben. „Als ich aufwachte, hätte ich schwören können, gestern erst noch in der Mensa gewesen zu sein… Es fühlt sich merkwürdig an“, sagte sie, ließ den Blick sinken und sah auf ihre Hände hinab. Sie fühlte sich merkwürdig an. Aber sie bekam noch nicht ganz zu fassen, weshalb sie sich so fühlte.

Vom Erscheinen der Krankenschwester zu sehr abgelenkt, beantwortete Nate die Frage seines Bruders nicht mehr. Er zog sich in den hinteren Teil des Zimmers zurück, während weitere Krankenschwester, aber auch Ärzte in den Raum kamen. Es war ein großes Tamtam, aus das Nate sich heraushielt, aus Angst, man würde ihn am Ende nur hinausschicken und nicht wieder hineinlassen. Er wartete daher brav, bis auch die letzte Person das Zimmer wieder verlassen hatte.
Zurückblieb ein müde aussehender Noah. Nein, falsch, müde und miserabel hatte er schon vorher ausgesehen. Aber das war kein Wunder gewesen, nachdem dieser schon so lange im Koma gelegen hatte. Und dann schlug Noah doch nochmal seine Augen auf. Nate lächelte schief und trat wieder näher ans Bett heran. „Es geht ihr gut. Übermüdet und krank vor Sorge um dich, aber gut. Sie hat sich nicht angesteckt. Und Elaine auch nicht“, antwortete Nate. „Wir alle waren krank vor Sorge um dich. Du bist seit drei Wochen hier“, fügte er ernster hinzu, da er vermutete, dass seinem Bruder das Zeitgefühl verloren gegangen war.

Erins schlechtes Gewissen steigerte sich gewaltig. Es war nicht zu übersehen, dass Camille mit ihrer Antwort nicht zufrieden war. Erin wäre es an ihrer Stelle ja auch nicht gewesen. Sie versuchte sich damit zu trösten, dass es bestimmt irgendwann den Moment geben würde, in dem die Geschichte bekannt wurde und sie ihr dann alles erzählen konnte. Solange musste sie eben damit leben ein schlechtes Gewissen zu haben. Mit einem etwas ungezwungernerem Lächeln bedankte Erin sich dafür, dass ihre Freundin auf den Themenwechsel einging. "Du warst ziemlich lange nicht bei bewusstsein, ja. Alle haben sich schon wirklich Sorgen gemacht und die Ärzte waren auch nicht gerade hilfreich. Aber richtig verwirrt hast du dann alle mit deinem Raupen Trick. Ehrlich, Camille, es liefen Wetten an der Schule ob du mit Flügeln wieder aus deinem Kokon kommen würdest", sagte sie und verkniff sich die weniger optimistischen Möglichkeiten.

Erleichtert atmete Noah auf. Er hatte seine Familie nicht angesteckt, hoffentlich auch niemanden sonst. Allerdings bereute er es, Lacey solche Sorgen bereitet zu haben. Sie hatte wahrlich schon genug davon, auch ohne dass er krank wurde. So beruhigt war er fast schon wieder dabei wegzudämmern, als sein Bruder ihm sagte wie lange er hier schon lag. "Bitte was?", fragte er heiser, hatte er doch das Gefühl sich verhört zu haben. Aber Nate wiederholte den Zeitraum und sah ihn dabei auch ziemlich besorgt an. Drei Wochen. Egal wie sehr Noah versuchte sich das vorzustellen, seine Innere Uhr war der Meinung, dass er erst vor ein paar Tagen - höchstens! - in die Krankenstation gestolpert war. "Aber.. warum? Wie.. Das kann nicht wahr sein", murmelte er verwirrt. Erst dann ging ihm auch so richtig auf, was es bedeutete. Lacey war drei Wochen lang völlig alleine mit einem kleinen Säugling gewesen und hatte auch noch Angst um ihn haben müssen. Sein Kopf schien an der Stelle ganz abzuschalten. Alles woran er denken konnte war, dass er zu ihr musste, sie beruhigen und ihr helfen musste. Schwach versuchte er aus dem Bett zu kommen und die ganzen Kabel, die an ihm klebten und im Weg waren, abzunehmen. Sein Bruder stoppte den Versuch schnell und mit einer Leichtigkeit, die Noah nicht einmal beschämen konnte. Alleine das bisschen Bewegung ließen ihn zitternd und schwitzend auf dem Bett liegen. "Gott.. Es tut mir so leid!", flüsterte er leise vor sich hin.

Raupen-Trick. Camilles Mundwinkel zuckten ein wenig abwesend nach oben. Ja… Sie selbst erinnerte sich nicht wirklich daran. Das war etwas, was ihre Mutation von allein gemacht hat, als es nicht gut um sie gestanden hatte. Ihr war einfach dieser Kokon gewachsen, hatte sie geschützt, von außen, aber auch von innen. Und irgendwie… Camille rieb ihre Fingerspitzen, die leicht kribbelten.
Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass dort drinnen etwas mit ihr passiert war. Und damit meinte sie nicht, dass ihr Körper den Virus bekämpft hat, sondern in dem Zuge war noch etwas anderes passiert. „Tja. Vielleicht habe ich ja Flügel“, antwortete Camille mit einem schiefen Lächeln und sah blinzelnd zu Erin auf. „Wie hoch sind denn die Wetteinsätze? Kann ich noch mitmachen?“, fragte sie, als ihr etwas anderes einfiel (was ihr für ihre Verhältnisse relativ spät erst einfiel). „Wie…sehe ich eigentlich aus? Arg schlimm?“, fragte sie und sah an sich hinab – was ihr nicht viel brachte. Sie sah den Kittel, den sie trug und die Decke. Naja, und ihre Hände, die sahen aber aus wie immer. Nicht einmal ihre Fingernägel wirkten sonderlich viel länger…
 
Nate wiederholte seine Worte, als Noah erstaunt aufgefahren war. Ja, das hatte sich Nate schon gedacht, dass sein Bruder das entgangen war. Wie hätte er es im Koma auch mitbekommen sollen?
„Dir ging es beschissen… dann warst du im Koma und die Tage vergingen“, versuchte Noah es mehr schlecht als recht zu erklären. Er war ja kein Arzt und hatte von Medizin kaum eine Ahnung, besser kriegte er es also nicht hin. Sicher, die Ärzte hatten ihm das eine oder andere versucht zu erklären, aber so richtig war nichts hängen geblieben. Was vermutlich auch an seiner Sorge um seinen Bruder (und Camille) gelegen hatte.
Plötzlich machte Noah Anstalten, das Bett verlassen zu wollen. „He! Lass den Scheiß“, raunte Nate und drückte seinen Bruder behutsam, aber bestimmt wieder zurück aufs Bett, was ihm nicht einmal sonderlich viel Kraft kostete. „Leidest du an Amnesie? Ich sagte doch, du warst hier drei Wochen. Ausgeknockt. Was meinst du, wie es deinem Körper geht? Geh es gefälligst ruhig an – es ist niemanden damit geholfen, wenn du zusammenklappst, weil dein Körper noch nicht soweit ist“, raunte er, nahm seine Hände wieder zurück und setzte sich auf die Bettkante.
„Noah, du hast dir das nicht ausgesucht. Du musst dich also für nichts entschuldigen“, antwortete Nate mit einem schiefen Lächeln. „Besser als jede Entschuldigung ist, dass du wieder wach bist. Ich sollte Mom und Dad besser gleich anrufen. Und Lacey- Oder… willst du mit Lacey telefonieren?“, überlegte er und zog sein Handy heraus. „Aber nur, wenn es dich nicht zu sehr anstrengt. Also besser nur ein kurzes Gespräch“, fügte Nate hinzu.

Erin lachte und musste ihre Freundin enttäuschen. "Ich glaube Miss Haviv hat von der Wette Wind bekommen und Fred deswegen die Ohren lang gezogen. Also wird es nichts damit, dass du auch noch wetten kannst. Außerdem. Das müssen aber ziemlich kleine sein, ich kann da keine sehen." Ein bisschen vorsichtiger wurde sie, als es um Camilles Aussehen ging. Konnte sie etwas falsches da sagen? Prüfend sah sie ihre Freundin an. "Also.. Wenn du fürchtest, dass du irgendwie bunt geworden bist. Das ist nicht passiert. Du siehst ziemlich gut aus. Vor allem wenn man bedenkt, dass du in deinem Kokon vor dich rum gelegen hast ohne etwas zu essen bekommen zu können. Gesund siehst du aus." Mit einem Lächeln klopfte sie Camille leicht auf das Bein neben sich.

Es dauerte eine ganze Weile, bis Noahs Muskeln aufhörten von der Anstrengung zu zittern. Ihm wurde langsam klar, wie krank er gewesen war und dass seine Genesung ein ziemlich langer Prozess werden würde. Auch wenn sein Bruder ihm versicherte, dass er sich nicht entschuldigen musste, fühlte Noah sich schuldig als Nate meinte er müsste ihre Eltern und Lacey anrufen. So vielen Leuten, denen er Sorgen bereitet hatte. "Ich weiß nicht. Ich würde schon gerne.. Aber ich glaube.. Ich hab das Gefühl mein Kopf ist noch nicht bereit Gespräche zu führen. Ich will sie nicht noch weiter erschrecken. Vielleicht ist es besser, wenn du sie beruhigst. Vielleicht geht es mir ja morgen schon besser", antwortete er nach einem Moment des Überlegens niedergeschlagen.

„Da bin ich beruhigt. Seit ich wach bin, habe ich mich noch nicht sehen können“, raunte Camille und machte ein nachdenkliches Gesicht. Ständig waren irgendwelche Krankenschwestern und Ärzte um sie gewesen. Und natürlich standen im Krankenhaus auch keine Spiegel herum. Sie zupfte an dem Krankenhauskittel, den man ihr angezogen hatte. „Sie haben mich durchgecheckt und dann in dieses Zimmer geschoben. Und kurz darauf kam auch schon Na-Mr. Haynes. Meinst du, du könntest mir kurz helfen? Damit ich ins Bad kann?“, fragte sie ihre Freundin, ignorierte deren Blick und deutete zur Tür in der Ecke des Zimmers, welche zum Bad führte. Mit Erins Hilfe stand sie vorsichtig auf, machte ein paar wackelige Schritte, dann ging es langsam wieder. Sie schaffte es ins Bad, wobei ihre Beine jedoch wahnsinnig kribbelten. Zuerst warf sie einen Blick in den Spiegel und stellte fest, dass Erin nicht übertrieben hatte. Sie sah wirklich… gesund aus. Camille drehte sich leicht und versuchte einen Blick auf ihre Schulter zu werfen, dann seufzte sie und spritzte sich erstmal Wasser ins Gesicht. Nach fünf Minuten kam Camille wieder heraus. „So, jetzt fühle ich mich halbwegs wieder menschlich – fehlt nur noch etwas zu Essen“, raunte sie, sah hoffnungsvoll zur Tür, aber Gregory schien noch etwas auf sich warten zu lassen. Also packte sich Camille erst einmal wieder in das Bett. Doch gerade als sie das Kissen wieder zurechtgerückt hatte, öffnete sich die Tür. Gregory hatte die Klinke mit dem Ellenbogen heruntergedrückt, da er in beiden Händen ein recht beladenes Tablett trug. „Entschuldigt, hat etwas gedauert“, sagte er mit einem entschuldigenden lächeln und gab der Tür dann einen Schubs mit dem Fuß. Anschließend ging er mit dem Tablett zu Camille hinüber, die große Augen bekam. Gregory hatte scheinbar zielsicher nur Essen ausgesucht, das sie mochte. Ob Erin ihm von ihren Essgewohnheiten erzählt hatte? …
„Danke! Wirklich, vielen, vielen Dank“, raunte Camille, schenkte ihm ein Lächeln und nahm sich als erstes die Pancakes. „Oh. Das hier ist für dich. Falls du Hunger hast. Das Essen in der Mensa ist ja schon etwas her“, sagte Greg und hielt Erin einen kleinen Teller mit einem Sandwich und einem Riegel hin.
 
„Gut. Verstehe ich“, antwortete Nate, sah auf sein Handy hinab, grinste und öffnete die Kamera. Bevor Noah es verhindern konnte, machte Nate ein Bild von ihm. „Siehst zwar echt scheiße aus, aber ich glaube, sie werden sich trotzdem freuen, dich wach zu sehen. Dann zeige ich ihnen eben das Bild“, sagte Nate und grinste breit. „Und keine Sorge, du brauchst nur eine Dusche und Serges gutes Essen, dann bist du bestimmt bald wieder ein hübscher Junge“, sagte er zwinkernd.
„Lacey würde dich eh nehmen, egal wie du aussiehst“ Und das war wirklich nicht gelogen. Wenn etwas in den letzten Wochen deutlich wurde, dann, wie sehr Lacey seinen Bruder liebte. Nate war froh, dass die beiden es doch noch irgendwie geschafft hatten, sich wieder zusammenzuraufen.

Erins Blick war wohl eindeutig, aber Camille ignorierte gekonnt den Vorwurf. Hatte ihre Freundin wirklich vor etwas mit ihrem Lehrer anzufangen? Die Krankheit und Zeit im Kokon hatte dem wohl keinen Abbruch getan, was Erin ein wenig gehofft hatte. Aber es war für sie wohl auch schwer auf andere Ideen zu kommen, wenn der betreffende Lehrer sich nicht fern hielt. Erin seufzte leise und half ihrer Freundin ins Bad, die zuerst noch besorgniserregend wackelig auf den Beinen war. Der Rückweg zum Bett war dann schon viel sicherer und beruhigte Erin. Lachend wandte sie sich auch zur Tür, als Camille vom Essen sprach. "Er ist wirklich schon lange weg. Hoffentlich hat er sich nicht verlaufen", sagte sie und fragte sich gleichzeitig, ob sie Gregory suchen gehen musste. Dann wurde sie aber von Camilles Suche nach einer bequemen Position im Bett. Gregroy ließ dann auch nicht lange auf sich warten. Als sie sah, dass seine Hände mit einem vollen Tablett besetzt waren, sprang sie auf um ihn zu helfen. Nur zu spät, da hatte er die Tür schon wieder geschlossen. Immerhin war jetzt Platz für das Tablett auf dem Bett. Es hatte den Anschein, dass er die Cafeteria hier geplündert hatte. Ein wenig verwundert sah sie auf den Teller, den er ihr entgegen hielt. "Oh, danke. Aber was ist mit dir?", fragte sie nach einem kleinen Moment und sah sich um, ob er auch für sich einen Teller mitgenommen hatte. "Du hast ja auch schon eine Weile nichts gegessen."

"He", wehrte Noah sich schwach, als er merkte, dass Nate ein Foto von ihm machte. Aber es überstieg ganz einfach seine Kraft auch wirklich was zu tun. Er war seinem Bruder hilflos ausgeliefert. Auch was seine blöden Sprüche anging. Er fühlte sich nicht, als ob eine Dusche oder ein Essen überhaupt etwas an seinem Zustand ändern würde. "Ich hoffe sie will mich noch", murmelte er müde auf Nates Kommentar zu Lacey. Nach dem was er sie hatte durchstehen lassen, hätte er sicherlich verdient etwas gestraft zu werden. Oder eine Weile alleine gelassen. "Oh", fuhr er fort, ehe Nate irgendwen anrufen konnte. "Danke, dass ihr dran gedacht habt mein AGG mitzunehmen. Es ist gut sich nicht auch noch damit rumquälen zu müssen." Dankbar lächelte er dabei zu seinem Bruder hoch und war bereit ihn gehen und seine Telefonate führen zu lassen. Vielleicht konnte er ja kurz die Augen schließen während er weg war.

Gregory zuckte mit den Schultern und fuhr sich dann mit der Hand über den Nacken. Camille fühlte sich kurz an Erik erinnert und fragte sich, ob die zwei sich nicht kannten. Vielleicht waren sie ja Freunde? „Ich habe in der Cafeteria einen Riegel gegessen“, antwortete Gregory derweil auf Erins Frage. „Und ich habe noch einen Apfel mitgenommen.“ Er klopfte sich auf die Jackentasche, steckte dann seine Hand hinein und zog wie zum Beweis tatsächlich einen Apfel heraus. Klar, auf ein Sandwich oder etwas anderes hätte er vermutlich mehr Lust gehabt, aber noch mehr hatte er nicht auf das Tablett laden können. Und die Mädels gingen vor. Da musste der Apfel für ihn ausreichen. Von seinem Apfel sah er wieder zu Erin hinüber und lächelte. Camille kaute und guckte zu. Ein bisschen war das wie Kino. Leider schien Gregory in diesem Moment wieder einzufallen, dass sie auch noch da war. Lächelnd wandte er sich an sie. „Ich hoffe, ich habe euch nicht bei irgendetwas unterbrochen“ „Oh, nein, nein, hast du nicht! Du kamst wie gerufen“, antwortete Camille munter, nahm noch einen Bissen von ihren Pancakes und tunkte sie in Mus und Puderzucker. Gregory beobachtete sie dabei und blinzelte ein wenig erstaunt. Er brauchte aber einen Moment, bis er wusste, was ihn eigentlich so erstaunte. Camille genoss das Essen. Sie so genüsslich essen zu sehen… war ungewohnt. Soweit er von Erik und Stiles Erinnerungen ausgehen konnte. Schön, sie so zu sehen. Vielleicht war ja irgendetwas mit ihr passiert, in diesem Kokon. Gregory sah etwas verstohlen zu Erin hinüber und lächelte wieder.
 
Nate lachte. „Hast du nicht gehört? Natürlich will sie noch!“, antwortete er, ging wie selbstverständlich davon aus, dass sein Bruder seine Gedanken gehört hatte. Als dieser dann aber kurz darauf von dem AGG sprach, blinzelte Nate verwirrt. „Wie? Das AGG? Nein, daran haben wir nicht gedacht? Ich meine, du lagst im Koma. Ich hätte es dir mitgebracht, wenn ich gewusst hätte, dass du heute aufwachst- Warte. Heißt das… du hörst meine Gedanken nicht? Seit ich hier bin nicht?“, fragte Nate verdutzt und überlegte, woran das liegen könnte. „Vielleicht… liegt es an den Medikamenten? Irgendwelchen Mittelchen oder so?“ Er hatte einfach keine Ahnung von alle dem, fand das aber noch die plausibelste Erklärung.

Fast hätte Erin ihm ihr Sandwich angeboten. Sein Blick als er den Apfel zeigte sagte ziemlich deutlich, wie sehr er sich darauf freute den zu essen. Das Gespräch mit Camille hielt sie davon ab und wohl auch nur gerade eben noch rechtzeitig. Irgendwie hatte Erin kurzfristig vergessen, dass ihre Freundin ja auch noch hier war und der Gesichtsausdruck von Camille sah vage wissend aus. Halb erschrocken überlegte Erin was sie Gregory gesagt hatte, dass Camille auf Ideen kam. Andererseits.. Es war Camille, sie war sowieso immer schnell dabei Ideen zu haben wo keine waren.. Ihre Gedanken wurden abgelenkt von dem Anblick ihrer Freundin beim Essen. Es war nicht mehr unbedingt ungewöhnlich sie wirklich essen zu sehen. Aber mit so viel Appetit.. Es gefiel Erin, aber es machte sie auch ein wenig stutzig. Hoffentlich hatte die Zeit im Kokon ihre Freundin nicht zu sehr verändert. Dabei sollte sie nicht so egoistisch sein, bisher schien es Camille ja sehr gut zu gehen. Nur weil sie sich ihre Freundin aus egoistischen Gründen zurück wollte, brauchte sie sich jetzt nicht ärgern, weil es Camille besser ging.

Nicht.. Sie hatten ihm nicht.. Langsam hob Noah die Hand an erst ein Ohr, dann das andere. Kein AGG. Nate verarschte ihn nicht. Wie konnte er nicht das Gerät tragen und trotzdem alleine in seinem Kopf sein. Geschockt und sprachlos schüttelte Noah den Kopf auf die Frage seines Bruders. Er hatte sie auch nicht gehört, als Nate ihn zurück auf das Bett gedrückt hatte und wenn er ehrlich war, hatte das AGG nie funktioniert, wenn er Körperkontakt hatte. Spätestens da hätte es ihm eigentlich auffallen sollen. Der Vorschlag seines Bruders, dass es an den Medikamenten liegen konnte, war der Strohhalm, an den er sich klammerte. Obwohl es noch nie vorgekommen war, dass er durch Medikamente seine Mutation nicht hatte nutzen können. Aber er war ja auch noch nie im Krankenhaus gelandet. "Vielleicht. Vermutlich. Erstmal.. sollte ich wohl froh sein nicht alles und jeden hier hören zu müssen", antwortete er daher mit einem tapferen Lächeln. Das würde bestimmt wieder werden. Vielleicht war sein Organismus ja auch einfach nur gerade heillos mit allem überfordert und sparte Kraft.

Sollte er beunruhigt und besorgt sein? Nate wusste es nicht so recht. Dass sein Bruder so gar keine Gedanken hörte, war neu. Eine ungewohnte Situation. Vielleicht sollte er mit seiner Mutter darüber sprechen. Wenn jemand Ahnung von so etwas hatte, dann sie. Und wenn jemand Noah diesbezüglich beruhigen konnte, dann war sie auch hierfür die richtige Person. Also bemühte sich Nate erst einmal um eine zuversichtliche Miene. „Bestimmt! Dein Körper ist offensichtlich nicht auf der Höhe, ehrlich, du siehst aus wie ein Zombie, das war kein Scherz vorhin. Gib dir und deinem Körper Zeit zu genesen. Die Gedanken anderer Leute wirst du sicher früh genug wieder hören – Genieße es daher, wenn mal Ruhe ist. Kann jetzt sicher nicht schaden“, raunte er und schenkte seinem Bruder ein aufmunterndes Lächeln. „Ich mache mich jetzt wieder auf den Weg – je eher unsere Eltern und Lacey davon erfahren, umso besser! Sollte etwas sein, ruf mich an. Meine Telefonnummer ist hier hinterlegt, die Krankenschwestern können das also arrangieren“ Nate stand auf, drückte Noahs Schulter leicht. „Ich bin verdammt froh, dass du wieder zu dir gekommen bist“, sagte er mit belegter Stimme.
 
Gregory hatte sich einen Stuhl herangezogen und zu den beiden Mädchen gesetzt. Er aß seinen Apfel, während Camille aß und immer mal wieder Fragen stellte. Sie wollte wissen, was sie verpasst hatte. Im Unterricht, aber auch was den Virus betraf. Ob andere sich auch angesteckt hatten, wie die Lage war, usw. Gregory kaute, tauschte einen Blick mit Erin und sah dann wieder zu Camille. „Ein paar hat es noch erwischt. Man ist sich noch immer nicht so richtig sicher, was das eigentlich ist. Eine normale Grippe ist es nicht, so viel konnten sie inzwischen feststellen“, antwortete er. „Noah Haynes liegt auch hier. Er ist fast so lange wie du schon hier. Lacey macht sich große Sorgen um ihn“, fuhr er ernster fort. „Das tut mir leid. Das muss sicher furchtbar für sie sein. So kurz nachdem sie das Kind bekommen hat“, sagte Camille und warf dem Älteren einen einfühlsamen Blick zu. Sie hatte Ms. Johnson und ihren Unterricht immer gemocht. Außerdem hatte sie es furchtbar romantisch gefunden, dass sie und Mr. Haynes etwas miteinander hatten. Eine richtige Lehrer-Romanze! Mit Baby! Aber nun das? Sie dachte kurz an Nate und konnte sich nur vage vorstellen, wie schrecklich die vergangenen Wochen für ihn gewesen sein mussten.
Camille kaute langsamer, hinterfragte für einen Moment ihre Entscheidung, blieb dann aber dabei. Es war besser, wenn sie nichts Ernsthaftes anfingen. Es könnte ihm am Ende alles kosten. Sie unterdrückte ein Seufzen und schob sich das letzte Stück Pancake in den Mund, nachdem sie es großzügig in den Puderzucker getunkt hatte. Danach griff sie nach dem Müsliriegel, zog die Verpackung ab und biss ab. Der Riegel war gerade aufgegessen, als es an der Tür klopfte und Nate kurz darauf eintrat. „Wir müssen aufbrechen“, sagte er und wirkte ein wenig zerstreut.
Gregory kniff leicht die Augen zusammen, musterte den anderen, stand aber ohne Widerworte auf. Er stellte den Stuhl zurück an seinen Platz und warf das Kerngehäuse seines Apfels in den Mülleimer. „Es war schön, dich kennenzulernen. Ich hoffe, du bist bald wieder an der Schule“, wandte er sich an Camille und verabschiedete sich.

Erin bemühte sich ihre Freundin auf den neuesten Stand zu bringen, ohne heikle Themen (Gregory und Erik) anzusprechen. Es half, dass Camille nicht direkt dazu nachfragte, sonder wirklich mehr an der Schule und dem Unterricht interessiert war. Während Gregory ihr Fragen beantwortete, lehnte Erin sich ein wenig zurück und fragte sich, ob sie Camille wohl je die Wahrheit sagen konnte. Sie seufzte leise und warf einen Blick in Gregorys Richtung. Eigentlich hatte er es ja noch schwerer, außer den Lehrern wusste ja auch niemand wer er eigentlich war. Ehe sie da weiter kam, ging die Tür auf und Mr. Haynes scheuchte sie hinaus. Erin war ein paar Schritte zurück gefallen und bekam nur mit, dass ihr Lehrer mit Gregory sprach. Sie hoffte, dass er nicht ärger dafür bekam sie hergebracht zu haben. Irgendwie fühlte sie sich jetzt gleich doppelt schuldig, weil sie Camille angelogen hatte und Gregory etwas unerlaubtes wegen ihr getan hatte. Die Fahrt zur Schule würde sicherlich ganz toll werden.

„Noah ist aufgewacht“ Nate sah zu Gregory hinüber und beobachtete ein bisschen erstaunt, wie dieser sich tatsächlich ehrlich darüber freute. „Wirklich?“ Zuerst waren Gregs Brauen, dann sein Mundwinkel nach oben gewandert. Das waren gute Neuigkeiten! Wenn Lacey das erfuhr! Jetzt hatte sogar er es eilig nach Hause zu kommen. Er freute sich unheimlich für sie – wusste, wie viel es ihr bedeuten würde. „Das freut mich zu hören. Ist er… in Ordnung?“, fragte er vorsichtig, als ihm bewusst wurde, wie lange Noah im Koma gelegen hatte. Und anders als Camille hatte er nicht in einem Kokon gelegen.
Nate verzog kurz das Gesicht. „Gut, denke ich. Den Umständen entsprechend. Aber ich bin kein Arzt. Er war ansprechbar, das war schon Erleichterung genug“, antwortete der Ältere und Greg nickte. Das war ja immerhin schon einmal etwas. Dann war der andere hoffentlich bald wieder auf den Beinen und zurück bei seiner Familie. „Ich vermute aber, es wird etwas brauchen, bis er körperlich auch wieder so fit ist“ „Klar. Sicher“ Gregory nickte erneut und warf dann einen Blick über die Schulter zu Erin. Sie hatten den Ausgang des Krankenhauses erreicht und folgten Mr. Haynes nun zu seinem Auto. Dabei ließ sich Gregory ein wenig zu ihr zurückfallen und lächelte.
„Ich vermute, dir ist jetzt ein Stein vom Herzen gefallen? Camille wird bestimmt im Handumdrehen wieder an der Schule sein“, raunte er lächelnd.

Erin blinzelte gegen die tiefstehende Sonne, als sie aus dem Krankenhaus trat. Einen Moment blieb sie stehen und atmete tief durch. Hoffentlich kam Camille bald raus, die frische Luft würde ihr sicherlich auch besser tun, als die desinfizierte in ihrem Zimmer hier. Gregory kam auf sie zu und auf sein Lächeln musste Erin einfach antworten. "Ja, schon", antwortete sie auf seine Frage, wobei ihr Lächeln verschwand als sie sich zum Gebäude zurück drehte. "Es ist gut, dass sie wieder wach ist und es ihr gut geht. Wäre schön, wenn sie sie schnell raus lassen." Ein wenig verhalten drehte sie sich wieder Gregory zu und schickte ihm ein verlegenes Lächeln. Wenn jemand verstehen würde, warum sie nicht vor Freude im Quadrat sprang, dann wohl er. Irgendwie war er schon wieder der einzige, mit dem sie wirklich reden konnte. Aber hier war sicher nicht der richtige Ort. Mr. Haynes stand schon ungeduldig neben seinem Wagen. "Komm, wir sollten gehen, ehe unser Lehrer dir doch noch die Ohren lang zieht", sagte sie und legte ihre Hand um Gregorys Oberarm um ihn zum Auto zu ziehen.

„Oh, das wird er später so oder so“, antwortete Gregory mit gesenkter Stimme, ließ sich aber bereitwillig und mit einem schiefen Lächeln von ihr zum Wagen ziehen. Die Fahrt selbst verlief relativ ruhig. Mr. Haynes schien in Gedanken zu sein – oder sich ausschließlich auf die Fahrt zu konzentrieren. Gregory konnte sie vorstellen, dass dem Älteren viel durch den Kopf ging. Dass sein Bruder wieder wach war, musste sicherlich eine enorme Erleichterung für ihn sein. Hoffentlich kam er bald wieder auf die Beine. Lacey konnte momentan nicht noch mehr Sorgen gebrauchen, dachte Greg und sah aus dem Fenster.
Sie erreichten schließlich die Schule und Nate parkte das Auto in der Garage. Als Gregory gerade ausstieg, raunte der Ältere seinen Namen. „Greg. Du willst doch sicher auch zu Lacey, oder? Wir können gemeinsam gehen“, raunte Nate, wobei er ein streng dreinsah. Gregory lächelte und warf die Autotür ins Schloss. „Sicher“, antwortete er, zuckte mit den Schultern und ging dann zu Erin hinüber. „Ich sagte ja, ich bekomme heute noch meine Standpauke“, sagte er leise mit einem schiefen Lächeln. „Aber das war es wert“ Er sah zu Nate, der den Wagen abschloss und dann zu dem Jüngeren hinübersah.
„Kann ich nachher noch bei dir vorbeikommen?“, fragte Gregory, der erst bei dem letzten Wort wieder zu Erin sah.

Über Gregorys Schulter hinweg warf Erin einen Blick auf ihren Lehrer und drückte dann beunruhigt den arm ihres Freundes. "Es tut mir Leid, dass du jetzt wegen mir Ärger kriegst. Wenn er zu viel Schuld in deine Richtung schiebt, dann sag ihm er soll gefälligst auch mit mir schimpfen", beeilte Erin sich Gregory zu sagen. Ehe er hinterher schob, dass es die Standpauke wert gewesen war. Ein wenig verwirrt sah sie ihn an und wurde dann gleich von seiner nächsten Bitte überrumpelt. Eigentlich hatte sie ihn nicht mehr bei sich getroffen, seit er ihr gesagt hatte, dass er sie mochte. Jetzt sah sie wieder über seine Schulter zu dem jetzt noch schlechter gelaunten Lehrer. Wenn Gregory nur reden wollte.. "Ja, ja sicher kannst du das. Ich lass die Tür offen", versprach sie und hoffte, dass die Standpauke schnell vorbei sein würde.

„Danke. Bis später“, sagte Gregory lächelnd und wandte sich dann um. Nate scharrte förmlich schon mit den Füßen. Er ging rasch zu dem Älteren hinüber und gemeinsam machten sie sich auf den Weg zur Wohnung von Lacey und Noah. „Das war keine gute Idee gewesen“, fing Nate an und warf dem Jüngeren einen strengen Blick zu. „Ich werde es Matt sagen müssen. Du kannst dich also gleich auf eine weitere Standpauke gefasst machen. Ehrlich- Erin hätte auch allein zum Krankenhaus gefunden. Wieso riskierst du deine Sicherheit? Und auch noch gleich ihre? Was denkst du, passiert, wenn sie herausfinden, dass du wieder zurück bist? Und dich hier in der Schule aufhältst?“ Nate kniff die Augen leicht zusammen. „Und eine Schwäche für Erin hast.“
Der letzte Satz saß. Gregory biss die Zähne aufeinander und erwiderte den Blick des Älteren.
„Ich war vorsichtig. Ich hatte die meiste Zeit die Kapuze im Gesicht und habe nicht viel gesprochen. Und in Camilles Zimmer waren wir unter uns. Es wird schon sicher nichts passiert sein. Keine Sorge. Es kommt sobald nicht nochmal vor“, raunte er und war froh, dass sie bald die Wohnung erreicht hatten.
Dort angekommen musste Nate erst einmal überrascht bemerken, dass seine Eltern da waren. „Mom! Dad!“, rief er überrascht aus und begrüßte sie dann. Sie saßen zusammen mit Emma und Lacey im Wohnzimmer. Elaine war wohl im Bett – von ihr fehlte jede Spur, weswegen Nate auch gleich einen leiseren Ton anschlug. Aus dem Augenwinkel bemerkte er, dass Laceys Augen gerötet waren und sie ihre Teetasse umklammert hielt, als wäre sie ihr Rettungsanker. „Ihr habt aber auch ein Timing!“, sagte er leise, aber laut genug, dass alle im Wohnzimmer ihn verstanden. Strahlend breitete er die Arme aus, während Gregory schweigend hinter ihnen die Tür schloss und nachrückte.
„Noah ist aufgewacht! Wir konnten sogar kurz sprechen“, sagte er strahlend. Lacey blinzelte und hatte das Gefühl zu Träumen. „Ich hoffe für dich, dass das kein Scherz ist. Andernfalls verprügle ich dich“, drohte Emma, doch als Nate beteuerte, die Wahrheit zu sagen, klatschte Emma in die Hände. „Oh Gott sei Dank!“, stieß sie aus. „Wie geht es ihm? Meinst du, ich kann morgen Früh zu ihm?“, fragte Lacey, die am liebsten sofort aufgebrochen wäre.

Notion schmunzelte leicht in ihren Tee. Nate als den verantwortungsvollen Mahner zu erleben, dazu hatte sie auch nicht alle Tage die Gelegenheit. Auch wenn das Thema nun wirklich nicht zum Lächeln war. Gregory war Notion sehr wohl ein Begriff, aber sie musste zugeben, dass sie jetzt in ihrem kurzen Blick nichts unmittelbares düsteres zu sehen war. Da Nate aber so mit Gregory in Gedanken beschäftigt war und dann damit, dass seine Eltern da waren, kannte auch Notion nicht die guten Nachrichten, ehe ihr Sohn sie aussprach. Mit einem Lächen war sie aufgestanden, als Nate sie überrascht begrüßte und ließ sich mit Tränen in den Augen wieder auf das Sofa sinken. "Oh. Oh wie wunderbar!", rief sie, während die anderen noch zwischen Unglauben und Misstrauen schwankten.

Währenddessen war Erin wieder in ihrem Zimmer angekommen. Ein wenig verloren sah sie sich um. Ob es ein Fehler gewesen war Gregory zu erlauben vorbei zu kommen? Mit einem seufzen ließ sich sich auf ihrem Bett nieder und zog ihr Handy aus der Tasche. 'Hey. Hoffe du langweilst dich noch nicht zu Tode. Hab ganz vergessen zu fragen, ob wir dir was vorbei bringen sollen. Wenn du irgendwas brauchst, sag bescheid. Hab dich lieb.', schrieb sie und schickte die Nachricht dann an Camille ab.

Jared legte seinen Arm um Notion, als sie sich wieder zu ihm gesetzt hatte. Auch er war unendlich dankbar und erleichtert, dass sein Sohn wieder aufgewacht war. Hoffentlich behielt Nate Recht und Noah ging es gut und würde bald wieder auf die Beine kommen.
Während Nate sich seinen Eltern zugewandt hatte, war Gregory an Lacey herangetreten, legte ihr eine Hand auf die Schulter und als sie vor Erleichterung anfing zu schniefen, nahm er sie in die Arme. „Siehst du? Es wird alles wieder gut. Er wird wieder auf die Beine kommen. Und Weihnachten werden wir bestimmt alle zusammen feiern können“, sagte er leise zu ihr und drückte sie fest, ehe er sie wieder freigab. Sie schniefte noch einmal, schien jedoch gefasster und lächelte Gregory dankbar an. „Ja. Jetzt wird alles wieder gut“, sagte sie, mit einem leicht zittrigen, aber dennoch sehr hoffnungsvollen Lächeln. Sie war unendlich erleichtert! „Hör mal“, raunte Greg, „Ich passe morgen früh auf Elaine auf und du kannst ins Krankenhaus fahren.“ „Wirklich? Danke dir!“, sagte sie und nickte. Sie musste zu ihm. Vielleicht, wenn sie morgen gegen 8 Uhr losfuhr… Ob er dann schon wach war? Egal, notfalls würde sie warten.
Während Lacey noch in Gedanken war, an was sie alles denken musste (frische Klamotten für Noah usw.), wandte sich Gregory erstmals an das Ehepaar Haynes. Emma kannte er ja schon – sie war schon etwas länger hier. Aber die Haynes sah er zum ersten Mal.
„Ich bin übrigens Gregory. Laceys Bruder. Es freut mich, sie kennenzulernen“, sagte er höflich.

Camille hatte von Nate ihr Handy wieder bekommen. Klamotten würde er morgen mitbringen, die hatte er nun so spontan nicht dabeigehabt. Da es die ganze Zeit ausgeschalten war, hatte es sogar noch etwas Akku, worüber sie sich sehr freute. Gerade, als sie Erin schreiben wollte, ob sie ein paar Klamotten und das Handyladekabel heraussuchen könnte, kam eine Nachricht von ihrer Freundin.
Grinsend las sie die Worte. Wenn das nicht Gedankenübertragung war! ‚Ich wollte dir gerade schreiben! Ja, bitte! Wäre super lieb, wenn du ein paar Klamotten heraussuchen könntest + mein Handykabel. Mr. Haynes wird es morgen bei dir abholen und mir dann vorbeibringen, wenn er nach seinem Bruder schaut. Danke dir!!!‘, schrieb sie und schickte die Nachricht ab. Kurz darauf ergänzte sie noch: ‚Wenn ich wieder an der Schule bin, will ich ALLES über den Kerl erfahren. Und wie ihr euch angefreundet habt (ohne, dass Erik interverniert hat). Hab dich auch lieb (:‘.