Mutant High 3 - Das RPG

Notion ließ sich natürlich auch von der optimistischen Stimmung mitreißen. Natprlich würde Noah bald wieder bei ihnen sein und auf die Füße kommen. Wobei sie wohl noch ein Wörtchen mitreden würde, dass der Junge - Gregory - alleine auf Elaine aufpassen wollte. Vermutlich durften sie eh nicht alles sofort zu Noah, da konnten auch sie Zeit mit ihrer Enkelin verbringen. Gregorys Vorstellung nahm sie mit einem freundlichen Lächeln zur Kenntnis. Laceys Bruder war er vielleicht nicht, aber es war nah genug dran um zu stimmen, also ließ Notion auch das Thema fallen. "Freut uns auch dich kennen zu lernen. Ich bin Notion, Nate und Noahs Mutter, aber das hast du sicher schon mitbekommen", antwortete sie ihm immer noch freundlich lächelnd.

Erin starrte eine Weile die Decke an und fragte sich, ob Camille überhaupt ein Handy bei sich hatte. Vermutlich war es ja nicht bei ihr gewesen, als sie in dem Kokon rumgelegen hatte. Daran hätte sie eigentlich auch früher denken können. Gerade als sie aufstand um sich etwas bequemeres anzuziehen, vibrierte ihr Telefon. Mit freude sah sie, dass Camille doch geantwortet hatte. Ein bisschen bedenklich fand sie allerdings, dass Mr. Haynes schon wieder zu Camille fahren wollte. Die beiden brachten sich noch um Kopf und Kragen, wenn es wirklich nach Camilles fixer Idee gehen würde. Sie verstand ja, dass der Lehrer durchaus ansehlich war. Aber er war immer noch ein Lehrer. Über das Gegrübel hatte sie zu lange gebraucht und es trudelte eine neue Nachricht von Camille ein, die ihr Herz wirklich wieder in die Hose rutschen ließ. Alles über Gregory erfahren.. Das war zu erwarten gewesen, aber was sollte sie ihrer Freundin da bloß erzählen? Ein Glück kam Gregory nachher noch vorbei, dann konnten sie sich gemeinsam eine Geschichte ausdenken. 'Ist gut, mach ich. Komm schnell zurück', tippte sie am Ende nur und ließ Gregory als Thema unerwähnt. Darüber wollte sie wirklich nicht früher reden, als nötig.

„Das habe ich. Außerdem sehen sie ihnen ähnlich“, antwortete Gregory mit einem schiefen Lächeln. Zumindest hatten sie die Haar- und Augenfarbe ihrer Mutter. Gregs Blick wanderte zu Mr. Haynes Senior hinüber, der schmunzelnd nickte. „Ja, meine Gene haben sich noch nie sonderlich durchgesetzt“, bemerkte er und sah dann mit einem warmen Blick zu Emma. Greg folgte seinem Blick und nickte knapp, nicht wissend, dass Emma gar nicht Notions Tochter war. Sie passte einfach viel zu gut in das Bild hinein. „Ich bin Jared“, raunte der Ältere dann und streckte Gregory die Hand hin. Der Jüngere ergriff sie und schüttelte sie. Jared stellte Greg ein paar unverfängliche Fragen zur Schule, wie es ihm hier gefiel und so weiter, während sich Nate im Stillen an seine Mom wandte.
‚Mom, Noah konnte meine Gedanken nicht lesen. Er dachte, wir hätten ihm das AGG drangemacht… Wahrscheinlich liegt es daran, dass er noch so erschöpft und nicht auf der Höhe ist… Oder?‘, fragte er in Gedanken und sah zu ihr. ‚Vielleicht wäre es ganz gut, wenn du morgen mit Lacey zum Krankenhaus gehst?‘.
 
Eine Stunde später verabschiedete sich Gregory und machte sich auf den Weg zu Erin. Er war ein wenig nervös und machte sich Gedanken. Wahrscheinlich mehr, als Erik sie sich gemacht hätte. Oder je gemacht hat. Greg seufzte, betrat das Haupthaus und schlug den Weg zu den Mädchenzimmern ein. Wenn er Erik wäre… Nein. Nein, so sollte er erst gar nicht anfangen. Er wollte, dass Erin sich für IHN interessierte und nicht für den Erik-Teil in ihm. Daher sollte er vorgehen, wie er es tun würde – und nicht wie Erik. Entschlossenen Schrittes trat er wenig später an Erins Zimmertür heran, klopfte und trat ein. Immerhin hatte sie gesagt, dass sie ihre Tür offenlassen würde. Er kam herein, blieb dann kurz angewurzelt stehen und schloss rasch die Tür, wobei er sich ein wenig wegdrehte. Erin stand neben ihrem Bett und war gerade dabei sich umzuziehen. „Aber Erin, das geht mir jetzt doch ein bisschen zu schnell“, raunte er, lachte und duckte sich gerade noch rechtzeitig, als ein Kissen angeflogen kam. Sie schien sich in ihrem Schlafpulli verheddert zu haben, weswegen er zu ihr trat. Er ging ihr zur Hand und rückte den Pulli zurecht. „Scheint, als wäre ich zum richtigen Zeitpunkt aufgetaucht.“ Er schmunzelte, zog seine Hände zurück, auch wenn er sie am liebsten nach ihr ausgestreckt hätte.
„Die Standpauke habe ich überlebt. Wie du siehst. Ich schätze, morgen kommt Teil 2 von Mr. Valentine“, sagte er und ließ sich auf ihrem Bett fallen.

Eine Weile hatte Erin noch rumüberlegt und was am Ende dann doch ins Bad verschwunden und hatte geduscht. Vielleicht kam Gregory ja auch gar nicht mehr vorbei. Nach der Dusche fühlte sie sich entspannter. Sie ließ das Handtuch gleich im Bad und zog sich vor ihrem Bett um. Gerade als sie dabei war in den Pulli zu schlüpfen klopfte es und die Tür ging auf. Hastig wandte sie der Tür den Rücken zu und versuchte noch schneller in den Pulli zu kommen, was aber nur dazu führte, dass sie sich weiter in ihm verhedderte. Und dann ließ Gregory seinen Spruch vom Stapel. Das meinte er jetzt nicht ernst! Obwohl sie versprochen hatte nichts mehr nach ihm zu schmeißen, tat sie jetzt exakt das. Ein Glück für ihn stand sie vor dem Bett und nicht am Schreibtisch. Danach war sie allerdings wirklich in ihrem Kleidungsstück verfangen und konnte nur hoffen, dass alles wichtige bedeckt war. Verdammt! Was kam er denn ausgerechnet jetzt und musste dann auch noch solch schlechte Sprüche reißen? Da er ihr allerdings auch half und aus ihrer Bredouille befreite, konnte sie ihm schlecht wirklich böse sein. Nervös zupfte sie weiter an ihrem Pulli herum, als hätte sie Angst, dass er nicht alles bedeckte. Dabei war der so groß, dass es ein Kunsstück wäre, wenn er es nicht täte. Als Gregory meinte, dass seine Standpauke morgen erweitert werden würde, vergaß sie einen Teil ihres Ärgers auch. "War es denn so falsch Camille zu besuchen? Sie halten dich doch hier nicht als Gefangen, oder?", fragte sie und sah auf ihn hinab, nachdem er es sich auf ihrem Bett bequem gemacht hatte.

Emma und Jared kümmerten sich um den Abwasch, Lacey schaute nach ihrer Tochter und vermutlich versuchte sie auch Kontakt zu Noah aufzunehmen, Notion nutzte den Moment um Nate zur Seite zu ziehen und auf den kurzen Gedankenaustausch vorher zurück zu kommen. "Du sagtest Noah konnte nichts hören? Haben die Ärzte irgendwas dazu gesagt, wie es ihm generell geht?", fragte sie leise und zog ihren Sohn neben sich auf das Sofa. Sie hatte noch nicht davon gehört, dass die Mutation durch Krankheit unterdrückt wurde, aber bisher hatte sie auch noch von keinem Mutanten gehört, der wegen einer Krankheit so schwer angegriffen gewesen war.

„Falsch? Nein, ganz sicher nicht. Ich sagte doch, dass mir der Ärger das wert war. Und dabei bleibe ich auch. Aber… in den Augen von Nate und Mr. Valentine war es falsch, ja“, antwortete Gregory, zuckte gleichgültig mit den Schultern und sah in die Ferne, an Erin vorbei. „Und ja, bis auf Weiteres sitze ich hier fest. Du weißt schon, die Successio…“, fing er an und blinzelte mit einem ernsten Ausdruck. Strenggenommen, musste er Erin davon nicht erzählen. Das war nichts Neues. Auch Stiles und Erik hatten hier festgesessen. Und nun, da er, Gregory, tatsächlich ‚zurück‘ war, war die Gefahr noch größer. Wenn die Successio davon erführe…
„Keine Ahnung, wie lange es dauert, bis Mr. Valentine und die anderen sich etwas überlegt haben. Eine Weile kann ich es hier wohl aushalten…“ Sein Blick wanderte nun zu ihr hinüber und er lächelte schief. Zumindest wurde ihm die Aussicht versüßt… Er dachte an das Bild zurück, dass Erin ihm geboten hatte, als er durch die Tür gekommen war. „Naja. Wie dem auch sei. Wenn ich das nächste Mal das Schulgelände verlasse, sollte ich wohl etwas unauffälliger vorgehen. Und mir einen falschen Bart ankleben. Oder… eine Brille aufsetzen“, sagte er und grinste schief. „Zum Glück gibt es Nichts, das mich entstellen könnte“, sagte er und zwinkerte mit dem Auge, über dem sich die Narbe befand.
 
„Nein. Nicht wirklich. Sie sind hineingewuselt und ich… naja, ich habe nicht viel mitbekommen, um ehrlich zu sein. Ich war viel zu froh, dass Noah wach war. Aber ich vermute, dass die Ärzte ohnehin erst noch ein paar Tests durchführen müssen, Blut abnehmen und so weiter, bis sie etwas mit Sicherheit sagen können. Oder so sicher, wie sie eben sein können“, antwortete Nate und zuckte leicht mit den Schultern. „Hattest… du auch sowas schon mal? Dass du die Gedanken von anderen nicht hören konntest? Ohne AGG?“, fragte er seine Mutter.

Natürlich.. Die Successio.. Manchmal vergaß Erin wirklich in welcher Klemme Gregory steckte. Vielleicht lag es auch daran, dass sie den Teil lieber ignorierte, da sie sich nicht sicher war ob sie die Antwort auf ihre Frage hören wollte, ob er zurück zu ihnen wollte. Die Gedanken wurden schnell durch Gregorys Blick vertrieben, sodass sie nicht fragen musste. Den Blick kannte sie von Erik. "Mister! Halten sie ihre Gedanken im Zaum", sagte sie entschieden und zupfte wieder ihren Pulli weiter hinunter. "Ich hoffe mal, dass du beim nächsten Mal einfach so gehen kannst. Du kannst dich doch nicht ewig verstecken müssen." Sie hielt inne, als er ihr zuzwinkerte. Einen Moment blieb ihr fast die Spucke weg. Der Kerl war ja sowas von eingebildet! Was Erik auch gewesen war. Sehr von sich selbst überzeugt. Erin schluckte gegen den Kloß an und schnaubte dann als Antwort. "Nicht entstellen. Ich hätte was schwereres als ein Mathebuch schmeißen sollen", sagte sie, warf aber einen schuldbewussten Blick auf seine Augenbraue.

Notion nickte nachdenklich auf Nates Erklärung. Alles was er nicht sagte, konnte sie eh seinen Gedanken entnehmen. "Nein. Hatte ich nicht. Ich lag aber auch noch nie im Koma. Was ich weiß ist, dass die Mutation durch psychischen Stress unterdrückt werden kann. Aber durch Erschöpfung oder Krankheit. Nein, das hab ich noch nicht gehört. Aber das hier ist wohl auch ein sehr spezieller Fall", sagte sie und drückte beruhigend das Knie ihres Sohnes. Dabei war sie selbst gar nicht mal so ruhig, wie sie tat. Sie machte sich sehr Sorgen um Noah und seinen Zustand. Aber sie wollte auch keine Pferde scheu machen.

„Gedanken? Welche Gedanken?“, gab Gregory zurück, lachte und ließ sich mit dem Rücken auf ihr Bett sinken. Er verschränkte seine Arme hinter seinem Hinterkopf und sah zur Decke, während er Erin zuhörte. „Ich denke nicht. Nicht, wenn es nach ihnen geht“, antwortete er, fuhr sich mit seiner Hand fahrig durch die Haare, wodurch sie zerzaust aussahen. „Wenn es nach ihnen geht, sollte ich am besten ein Jahr hier drinnen versauern… Aber das kommt ganz sicher nicht in Frage“, fügte er schnaubend hinzu und schien einen Punkt an der Decke zu fixieren. Kurz darauf stützte er sich auf seinen Unterarmen auf und sah Erin wieder an.
„Etwas, das schwerer ist als ein Mathebuch?“, wiederholte Gregory, grinste unverschämt und setzte sich auf. „Wie zum Beispiel… dich?“ Bei dem letzten Wort hatte er eine ihrer blonden Haarsträhnen zwischen seine Finger genommen und sich zu ich hinübergelehnt. „Liebend gerne“
Und damit lehnte er sich noch weiter vor, so weit, dass er ihren Hals küssen konnte. Gleichzeitig fuhr seine Hand in ihr blondes Haar und legte sich anschließen in ihren Nacken. Er löste seine Lippen von ihrer warmen Haut, sah ihr für einen kurzen Moment in die Augen und küsste sie dann sinnlich auf den Mund.
 
„Hm, mh“, machte Nate und nickte. Das war nicht so schlimm, oder? Bestimmt nicht, versuchte sich Nate zu beruhigen und gleichzeitig auch zu überzeugen. Sicher, Noah hatte die Mutation ihrer Mom, während er, Nate, die ihres Vaters hatte, aber das hieß nicht, dass sie zu 100 % genau so tickte, wie die ihrer Eltern. Oder so. Nate war müde. Er zückte kurz sein Handy und warf einen Blick auf das Display. Es war ganz spät. Kein Wunder, dass er erschöpft war. Besonders, wenn man bedachte, was heute alles passiert war. Für einen ganz, ganz winzig kleinen Augenblick dachte er an Camille. Dachte daran, wie sie ausgesehen hatte und wie heillos erleichtert und froh er gewesen war, sie zu sehen… Und gleich darauf, fiel ihm wieder ein, wie sie gesagt hatte, dass es besser war, wenn sie… das zwischen ihnen beiden nicht vertieften…. Fuck. Nate erstarrte regelrecht, schluckte, steckte sein Handy langsam wieder ein und traute sich gar nicht, zu seiner Mom wieder aufzusehen.

Gregory gab sich ziemlich vertraut und gelassen auf ihrem Bett, wobei Erin nicht wusste, ob sie es gut finden sollte. Vermutlich fühlte er sich einfach wohl in ihrem Zimmer, weil Erik hier so häufig ein und aus gegangen war. Ebenso wie in ihrem Bett. Ihr Blick wanderte von Gregorys Gesicht hinab, als er die Arme hinter dem Kopf verschränkte und bleib kurz vor seinem Hosenbund hängen, wo sein Shirt hochgerutscht war. Hastig drehte Erin sich um und ließ sich dann neben Gregory auf das Bett sinken. Ihre eigenen Gedanken hatten sie ziemlich erschreckt. Sie konnte doch nicht einfach anfangen ihre Finger unter sein Hemd zu stecken! Worüber hatte er gerade noch geredet? Ach ja, eingesperrt sein. "Das werden sie sicher nicht. Dich versauern lassen. Ich meine, du hast einen - zwei Abschlüsse. Sie können dich eigentlich gar nicht halten", antwortete sie ihm nach kurzem Räuspern und wurde gleich wieder von ihren Gefühlen überrascht. Was war denn heute mit ihr los? Erst die irre Idee ihre Finger über Gregorys Bauch wandern zu lassen und jetzt machte sie der Gedanke traurig, dass er jederzeit gehen konnte? PMS? Sie konnte sich doch unmöglich so sehr nach Nähe sehen, dass sie sich einfach irgendwen ins Bett holte. Das machten doch eigentlich nur Jungs, denen es eh egal war. Und sie vermisste Erik noch, oder nicht? Unsicher ging sie in sich selbst und stellte dann erleichtert fest, dass es noch so war. Schmerzhaft, aber erleichtert. Vielleicht reagierte sie deswegen etwas langsam und abwesend, als Gregory sich wieder aufsetzte und seinen unangebrachten Scherz los ließ. Verspätet schnaubte sie abfällig über seinen Vorschlag, aber Worte wollten ihr einfach nicht einfallen, als seine Finger mit ihren Haaren spielten. Das war irgendwie.. merkwürdig intim. Und aufregend. Dabei hatte sie in letzter Zeit den Eindruck bekommen, dass Gregory sich eher unter die braven Jungen einreihte. Vermutlich würde er auch jetzt gleich lachen und das Thema wechseln. Ein wenig enttäuschend. Erin war so überzeugt davon, dass sie erst gar nicht mitbekam, wie Gregory sich zu ihr lehnte, daher zuckte sie überrascht zusammen, als seine Lippen plötzlich an ihrem Hals waren. Seine Hand in ihren Haaren machten es unmöglich wegzurutschen und eigentlich wollte sie das auch nicht. Es fühlte sich so gut an.. Sie biss sich auf die Lippen um keine peinlichen Geräusche zu geben, während ihre Gefühle und Hormone wie elektrischer Strom durch ihren Körper vibrierten. Das war falsch, so falsch! Und trotzdem war sie enttäuscht, als er sich zurück lehnte und sie ansah. Ein etwas bedauerndes Lächeln hing in ihren Mundwinkeln aber ehe sie auch nur einen Ton sagen konnte, küsste er sie schon wieder. Und wie er sie küsste! Dieses Mal konnte sie sich ein überraschten Ton nicht verkneifen. Noch ehe sie sich entscheiden konnte, wie sie reagieren sollte, war ihr Widerstand auch schon dahin geschmolzen. Ihre Finger hatten den Weg in seine Haare gefunden und sie erwiderte den Kuss. Ziemlich enthusiastisch, was den kleinen vernünftigen Teil in ihr sich jetzt schon vor Verlegenheit winden ließ. Als wäre sie eines dieser Mädchen!

Notion schmunzelte leicht über die Überlegungen ihres Sohnes. Ja, ähnliche Mutationen hießen noch lange nicht, dass sie immer alle gleich reagierten. In Noahs Fall konnte ihnen wohl nur die Zeit helfen. Und die Hoffnung, dass es schon wieder gut werden würde. Das Lächeln verblasste recht schnell, als Nates unwillkürliche Gedanken bei ihr ankamen. Es gab Dinge, die wollte sie von ihren Kindern lieber nicht wissen. Und sowas gehörte definitiv dazu. Am abrupten Ende der Gedanken war nicht schwer zu erraten, dass Nate selbst aufgefallen war was er dachte. Sie sah ihren Sohn an, der auffällig ihren Blick mied, und seufzte hörbar. Aber wer war sie, dass sie über ihn urteilen durfte, wo sie selbst eine Affäre mit ihrem verheirateten Chef gehabt hatte? "Du hast ein Händchen dafür in verzwickte Situationen zu geraten. Ich frage mich manchmal von wem du es hast", sagte sie leise und lächelte Nate aufmunternd an.

Die Möglichkeit, dass sie ihn jeden Augenblick von sich und aus dem Bett werfen würde, lag seiner Ansicht nach bei etwa 79 %. Dass er es trotzdem durchzog und sie einfach küsste, war pure Dreistigkeit, ein kleines bisschen Neugier und natürlich ganz viel Sehnsucht. Gott, er hatte sie schon häufiger so küssen wollen… Dass sie es nun aber auch noch erwiderte, war die Kirsche auf dem perfektesten Eisbecher aller Zeiten. Gregorys Hand, die in ihrem Nacken gelegen hatte, wanderte ein Stück nach vorne, strich über ihren Hals und blieb dann an ihrem Halsansatz seitlich liegen, wobei sein Daumen leicht über ihr Schlüsselbein fuhr. Es war berauschend ihre Haut zu spüren, die er zwar so oft in Erinnerungen (durch Erik) berührt hatte, aber nie in echt, nicht mit seinen Händen. Unterdessen hatte er seine zweite Hand an ihre Taille gelegt und wenig später benutzte er sie, um Erin in die Horizontale zu bringen. Er drückte sie sanft auf die Decke ihres Bettes, während er sich über sie lehnte, ohne seine Lippen von ihr zu lassen.
Erst, als er sein Shirt auszog, musste er sich nun doch widerwillig von ihr lösen. Er lehnte sich zurück, streifte es sich über den Kopf und warf es achtlos auf den Boden. Und dann sah er Erin an, wie sie unter ihm lag… und sie ihn ansah. Ihn. Ein angenehmer Schauer lief ihm über den Rücken.
„Stören sie dich?“, fragte er und warf dabei einen kurzen Blick auf seine Narben, die verteilt über seinen Oberkörper waren. Er hatte eine, die kurz unterhalb seines rechten Schlüsselbeins war, dann noch eine, die wie eine Schussnarbe aussah, in der Nähe seiner rechten Schulter und zwei kleinere im unteren Bereich. Das Ganze ging auf seinem Rücken weiter, aber das konnte sie ja nicht von dort unten sehen. Und dann war da natürlich noch sein Tattoo auf seiner linken Brust. Naja, und das andere…

„Von euch beiden. Ganz eindeutig. Die Mischung macht es“, antwortete Nate mit einem schwachen Lächeln und seufzte. Nun sah er doch zu seiner Mutter auf und machte ein schuldbewusstes Gesicht. Er wusste selbst, dass das, was er getan hatte, schon ausreichen würde, um ihn der Schule zu verweisen. Wenigstens waren sie nie weitergegangen als sich zu küssen.
„Ich weiß auch nicht, was mit mir los ist… Ich habe einfach kein Händchen dafür. Meine Frauenwahl ist in letzter Zeit immer eine Katastrophe“, sagte er und seufzte. Mit Ausnahme von Marisol… aber das hatte nicht geklappt. Und dann war er auf die Irre von den Successio hereingefallen. Und danach… Camille. Stöhnend ließ er sein Gesicht in seinen Händen verschwinden. „Vielleicht brauche ich mal eine Auszeit nach diesem Schuljahr…“

Alles war irgendwie in einem Nebel aus Hormonen versteckt. Erin bekam nicht einmal mit, dass Gregory sie auf die Decke drückte, bis er sich aufrichtete und sie an ihm vorbei die Decke sehen konnte. Atemlos, kribbelig und sehr warm, lag sie da und versuchte wieder mit den Ereignissen Schritt zu halten. Ihren Blick deutete Gregory wohl falsch, dabei hatte sie nicht einmal wirklich ihn angesehen, sondern sich selbst ein wenig fassungslos gefragt, was sie sich eigentlich gedacht hatte. Das war nun wirklich das absolute Gegenteil davon Gregory keine Hoffnungen zu machen! Blinzelnd fokussierte sie ihren Blick auf Gregorys Gesicht, der irgendwie hinab sah. Ob sie was störte? Sie folgte seinem Blick und sah auf seinen jetzt nackten Brustkorb. Was sie eigentlich hatte vermeiden wollen, weil sie sich eigentlich einige Gehirnzellen funktionstüchtig erhalten wollte. Sie hätte sich da keine Sorgen machen müssen. Kaum sah sie hin, da fiel ihr auch sehr offensichtlich auf, was Gregory meinte. Erst erschrocken, dann zunehmend entsetzt sah sie die Narben an. Was hatte man ihm bloß angetan? In was war er verwickelt gewesen. Erst als sie ihre Finger sah, bemerkte sie, dass sie die Hand gehoben hatte und kurz davor war über die rundliche Narbe an seiner Schulter zu streichen. Verwirrt und unsicher stoppte sie die Bewegung. Einen Moment hielten sie beide still, dann ballte Erin ihre Hand und ließ sie auf ihre Brust sinken. Das Hochgefühl vom Kuss war mittlerweile verflogen, was blieb war Mitleid für Gregory und eine ziemliche Verlegenheit über das was sie getan hatte. Da sie aber schon vorher recht erhitzt und sicherlich auch ziemlich zerwühlt gewesen war, fiel Gregory der Wechsel zwischen den Gefühlen hoffentlich nicht so auf. Wobei es Erin ziemlich schwer fiel ihm jetzt noch in die Augen zu sehen. "Entschuldige. Es liegt nicht an den Narben. Ich.. weiß nur nicht was da in mich gefahren ist. Das war falsch. Es tut mir Leid. Normalerweise mache ich sowas nicht", murmelte sie und suchte nach einem Weg, wie sie aus der doch recht peinlichen Lage hinaus kommen konnte, ohne Gregory großartig zu berühren.

Verstehend erwiderte Notion das Lächeln ihres Sohnes, musste aber doch den Kopf schütteln. "Ich fürchte den Teil hast du von mir", meinte sie ruhig und seufzte sehr leise. Ihre Männerwahl war häufig auch recht zweifelhaft gewesen, nachdem Jared weg gewesen war. Nate so deprimiert zu sehen, ließ ihr Herz bluten. Sie stand auf und setzte sich neben ihn, um ihn in den Arm zu nehmen. Gefühle waren manchmal einfach so viel Stärker als der Verstand, das wusste Notion. Und Nate war wirklich in einer verfahrenen Situation. "Vielleicht hilft es wirklich. Raus zu kommen, andere Leute kennen zu lernen. Nicht mit den ganzen Verpflichtungen hier kämpfen zu müssen", stimmte sie ihm zu und strich leicht durch seine Haare. Dabei meinte sie nicht nur seine Verpflichtungen als Lehrer, sondern auch die, die als Teil der X-Men an ihn gestellt wurden. Sie wusste aus Erfahrung, das man manchmal unter den Erwartungen schier erdrückt werden konnte. Wenn Nate da raus wollte, dann hatte er ihre Unterstützung.

Sie hatte ihn gar nicht angesehen. Das wurde mehr als deutlich, als sie ihren Blick über seinen Oberkörper wandern ließ und dabei zunehmend entsetzter aussah. Jetzt hatte sie seine Narben gesehen. Greg beobachtete, wie ihre Hand nach oben wanderte und schließlich unmittelbar vor seiner Schulter und der dortigen Narbe anhielt. Er bewegte sich nicht und schwieg. Er war viel zu sehr damit beschäftigt, aus Erins Mimik und Gestik zu lesen. Und eines war mehr als deutlich daraus zu lesen: Mitleid. Greg gab sich Mühe nicht die Nase zu rümpfen. Er überlegte, ob er ihre Hand einfach fassen und sie an die Narbe legen sollte, aber da zog sie ihren Arm nun doch zurück.
„Sowas?“, wiederholte Greg, verharrte wo er war und sah auf Erin hinunter, die seinen Blick mied. Nunja. Nicht nur seinen Blick, sondern eher seinen Anblick.
„Was genau meinst du?“, fragte er, lehnte sich nach vorne und stützte seine eine Hand neben ihrem Kopf auf dem Bett ab. „Dass du meinen Kuss erwidert hast? Oder, dass du deine Hand in meine Haare versengt hast? Dass…“ Er lehnte sich tiefer zu ihr hinunter, um sie erneut zu küssen, als sie ihm die Hand auf den Mund drückte. Kurz blinzelte er verblüfft, dann lachte er. „Ich verstehe schon. Mein Aussehen hat dich ganz aus dem Konzept gebracht“, bemerkte er, wobei er mit seiner freien Hand nach der ihren griff. Als nächstes hauchte er kleine Küsse auf ihre Finger, wobei er sie mit einem Blick ansah, der die Zimmertemperatur schlagartig steigen ließ.

„Hm, mh“, machte Nate, so halb überzeugt, dabei war die Idee eben aus seinem Mund gekommen. Nur hing an so einer Entscheidung so vieles… „Nur fehlt der Schule jetzt schon ein Lehrer. Eigentlich zwei“, fügte er seufzend hinzu. Lacey war in Elternzeit und Noah im Krankenhaus. Wenn er dann auch noch wegfiel… Nein, er musste definitiv bis zum Ende des Schuljahres bleiben. Und dann… dann würde es wohl darauf ankommen. Ob Matt jemand Neues fand. Ob Noah… wieder fit genug war. Nate biss sich nachdenklich auf die Unterlippe. Allerdings… er musste zugeben, dass er eine Auszeit wohl dringend nötig hatte… Allein die letzten Wochen hatten schon sehr an seinen Nerven gezerrt. Er verzog das Gesicht zu einem bitteren Lächeln, legte einen Arm um seine Mutter und lehnte sich leicht gegen sie.

Wie konnte Gregory nicht verstehen, was sie meinte? Es war so offensichtlich, dass sie das ganze hier nicht tun würde. Ihn, in ihrem Bett, ihn sie küssen lassen. Schon gar nicht dabei mitmachen! Dass er es dann auch noch aussprach, machte es nur noch schlimmer. Dabei hatte sie gedacht gar nicht verlegener werden zu können. Und dann lehnte er sich wieder zu ihr. Wollte er sie etwa wieder küssen! Ihr Herz machte einen aufgeregten Hüpfer und in Panik schob Erin ihre Hand zwischen sie, die promt auf seinem Mund zu liegen kam. "Dein.. was?!", fragte sie durcheinander und konnte es nicht lassen sein Aussehen nochmal ins Auge zu fassen. Hastig richtete sie ihre Augen wieder auf sein Gesicht und erkannte ihren Fehler zu spät. Der Blick. Sie vergaß so ziemlich alles um sich herum, sogar dass er ihre Finger küsste. Braver Junge war er gerade ganz sicher nicht. Gerade jetzt war es nicht schwer wirklich zu glauben, dass er und Erik eine Person waren. Erin blieb ein der Atem weg, während sie sich fragte, was Gregory wohl noch tun würde. Wie weit er gehen würde... An dem Punkt unterbrach Erin lieber ihre Phantasie. "Das meine ich!", haspelte sie und versuchte ihre Hand seinem Griff zu entziehen. "Wir sollten das wirklich nicht tun. Das ist nicht gut für uns." Es war zumindest nicht gut für ihren Seelenfrieden, weil wenn sie ehrlich war, gefiel ihr die Seite von Gregory gerade viel zu gut.

"Liebling. Hör auf an die Schule und andere zu denken, wenn es um dich geht. Die Mutant High ist schon mit weniger Lehrern ausgekommen. Und es freut mich, dass du dir so große Sorgen um deinen Bruder machst, aber die grausame Wahrheit ist, dass du ihm nicht helfen kannst. Niemand von uns kann es. Es hilft niemandem, wenn du dich aufreibst, weil du meinst du musst irgendwelche Erwartungen zu erfüllen", sagte Notion bestimmt. Nach einem Moment schob sie Nate leicht von sich und legte ihre Hände an sein Gesicht. Sie zwang ihn dazu zu ihr aufzusehen und nutzte den Moment um ihn ernst anzusehen. "Dein Leben ist genauso viel Wert wie das aller anderer. Wenn du weg musst, dann tu es."

Gregory verkniff sich nur mit Mühe ein schiefes Grinsen. Es war geradezu niedlich wie durcheinander er sie brachte. Zugegeben, er kämpfte nicht gerade mit fairen Waffen – aber fair war nun mal noch nie seine Art gewesen. Er ließ ihre Hand aus seinem Griff und hob nun doch ein wenig belustigt eine Braue. „Für uns?“, wiederholte er und musterte Erin dann schweigen.
„Hm. Nach eingehender Überlegung würde ich eigentlich sogar das Gegenteil behaupten. Also für mich ist es ziemlich gut. Und gerade schien es zumindest so, als würde es dir auch gefallen…Oder täusche ich mich da?“, fragte er mit einem schiefen Lächeln. Er streckte seine Hand nach ihr aus, strich ihr das Haar zurück und fasste daraufhin ihr Kinn. „Ist es wegen ihm? Erin, du weißt hoffentlich, dass du ihm nichts schuldig bist und zu nichts verpflichtet bist. Erik… kann nicht mehr wütend werden. Oder böse. Oder eifersüchtig“, sagte er ernst, aber in einem mitfühlenden Ton.
Sanft strich er nun mit seinem Daumen über ihre Haut, ehe er ihr Kinn freigab. „Ich werde dich hier nicht verführen, um mit dir zu schlafen. Nicht, dass ich nicht will, aber… Wenn es irgendwann passiert, dann will ich mir sicher sein, dass du es auch willst. Mit mir. Ohne, dass du an ihn denkst.“

Erin wandt sich unter seinem Blick und weigerte sich ihre Wortwahl genauer zu erklären. Das wäre viel zu peinlich. Wenn er jetzt schon nicht überzeugt war, dass es nicht richtig war, würde er danach erst Recht davon überzeugt sein, dass sie weiter machen sollten. Und Erin war sich nicht sicher, ob sie nicht mitmachen würde. Er war ziemlich überzeugend. Und dann ruinierte er den Moment wieder. Was war er doch für ein selbstgefälliger Kerl. Natürlich fand er es gerade ziemlich gut, er wollte sie schließlich auch küssen! Aber sie konnte ihm nicht antworten. Wenn sie ehrlich antwortete, würde es ihn freuen, aber anlügen konnte sie ihn auch nicht. Wenn sie sagte, dass es ihr nicht gefallen hatte, dann wäre es eine Lüge. Sie bekam weiche Knie, als er durch ihr Haar strich und sie dann sanft, aber bestimmt, dazu zwang ihn anzusehen. Und bewies ihr dann, dass er so gar nicht verstand, was in ihn vor ging. "Natürlich ist es wegen Erik", sagte sie und schluckte. Was sie gerade getan hatte, war Erik gegenüber alles andere als fair gewesen, völlig unabhängig davon, ob er es ihr übelnehmen konnte oder nicht. Sie fühlte sich schlecht deswegen und machte jetzt ernste Versuche Abstand zwischen sie zu bringen. Was bedeutete, dass sie rückwärts von Greg weg rutschte und sich aufsetzte. Mit dem Rücken gegen die Wand gelehnt zog sie die Beine vor die Brust und verschränkte die Arme um den Knien. "Er war mein Freund. Ich liebe ihn. Es ist egal, ob er wütend oder eifersüchtig wegen irgendetwas wird. Ich will ihn nicht betrügen. Und das schließt ganz besonders ein mit dir oder sonst wem zu schlafen. Also, nein. Ich mag dich, aber ich werde nicht mit dir schlafen. Das kann ich nicht."

Gregory rutschte zurück, als Erin mehr als deutlich Abstand zwischen sie beide bringen wollten. Sie lehnte sich dann gegen die Wand und zog ihre Beine an, während er nun in der Nähe des Bettrandes saß und ihr ernst zuhörte. Ja, dass sie ihn liebte, war nicht zu übersehen. Dabei hatte dieser Esel sie gar nicht verdient. Und das hatte Erik auch gewusst. Sie war zu gut für ihn gewesen. Aber vielleicht hatte er sie gerade aus diesem Grund doch irgendwie verdient. Gregory stieß die Luft hörbar aus, fuhr sich in Gedanken mit der Hand über den Nacken und blinzelte.
„Gut. Ist in Ordnung“, antwortete er ruhig und nickte. Er hatte ja ohnehin nicht vorgehabt, es heute soweit kommen zu lassen. Und sollte sie in ein paar Wochen und Monaten noch immer dieser Meinung sein, dann… dann sollte er sich womöglich geschlagen geben. Aber bis zum Ende des Schuljahres hatte er noch eine Chance, sie irgendwie für sich zu gewinnen.
„Darf ich fragen…“, fing er an, machte den Mund dann wieder zu und überlegte, wie er es ausdrücken sollte. „Also. Du willst ihn nicht betrügen und nicht mit jemand anderem schlafen. Aber… willst du das für den Rest deines Lebens tun?“, fragte er ernst und hob seine Hände. „Versteh mich nicht falsch! Das frage ich nicht, um dich zu überreden, sondern… Ich stelle mir das ziemlich einsam vor. Und traurig.“ Er sah sie an, fuhr sich wieder über den Nacken, nicht sicher, ob er sich richtig ausgedrückt hatte und seufzte. „Ich hoffe einfach, du wirst irgendwann wieder glücklich. Das meinte ich damit. Denke ich“ Er schnaubte und fuhr sich durch die Haare. Anschließend wandte er sich von ihr ab, rutschte an denn Bettrand und stand auf. Er klaubte sein Shirt vom Boden und streifte es sich wieder über. Dabei drehte er Erin den Rücken zu, auf dem sich drei weitere Narben befanden, die er sich zu seiner Successio-Zeit zugezogen hatte.

Gregory gab nach, verständnisvoll. Aber er war ja auch einer der guten Jungs. Erik hätte jetzt vermutlich diskutiert oder versucht sie mit süßen Worten zu überzeugen. Greg war da ... anständiger. In diesem Moment war es Erin recht, wo sie dann doch nicht am Ende damit quälen musste, was sie getan hatte. Sie murmelte ein Danke, als er anfing seine Frage zu stellen. Es dauerte eine Weile, bis ihr aufging, was er eigentlich fragen wollte. Ob sie was für den Rest ihres Lebens machen wollte? Tatsächlich saß sie immer noch ein wenig ratlos da, als er vom Bett aufstand. Sie sollte glücklich werden? Der Groschen fiel und sie wurde direkt wieder tief rot vor Verlegenheit. Er wollte wissen ob sie je wieder einen Freund haben wollte. Und sie war sich absolut nicht sicher. "Ich weiß es nicht", murmelte sie nach einem Moment ehrlich und sah in seine Richtung. Sein Rücken sah ähnlich misshandelt aus, wie seine Brust, was es ihr einfacher machte nicht so sehr darüber nachzudenken, wie sich die Muskeln unter seiner Haut bewegten. Er musste echt eine Menge Scheiße durchgemacht haben, die Erin sich nicht einmal vorstellen konnte. Wieder hatte sie einen Moment der Neugierde, die sie fast hätte fragen lassen. Stattdessen wandte sie den Blick zu ihren Knien und blieb bei dem sicheren Thema. "Es ist vier Wochen her, dass Erik gegangen ist. Ich - Keine Ahnung wie es weiter gehen soll. Es ist ja nicht so als hätte er mich sitzen lassen oder wäre gestorben." Auch wenn es sich manchmal so anfühlte, als hätte er es getan. Traurig, verwirrt und müde ließ Erin ihren Kopf auf die Knie sinken und murmelte, fast zu sich selbst: "Ich weiß es einfach nicht."

Gregory streifte das Shirt über und zog den Saum nach unten. Anschließend wandte er sich wieder zu Erin um, die mittlerweile auf seine Frage geantwortet hatte. Schweigend blieb er an Ort und Stelle stehen, während Erin inzwischen auf ihre Knie sah und fortfuhr. Vier Wochen. Seit vier Wochen war Erik weg. Und er war wieder da. Der Gedanke allein war… merkwürdig. Und für Erin war es das sicherlich auch, sehr, sehr merkwürdig. Und ungerecht. Er hatte sie ihren Freund gekostet. Gregory setzte sich wieder in Bewegung und nahm auf dem Bettrand Platz. Mit einem schiefen Lächeln sah er Erin aufmunternd an, die ihren Kopf auf die Knie hat sinken lassen.
„Auch das ist in Ordnung“, sagte er und zuckte locker mit den Schultern. „Nach vier Wochen weiß man das vermutlich wirklich noch nicht… Wie gut also, dass ich es weiß.“ Gregory grinste schief. „Ich weiß, dass der Tag kommen wird, an dem du es weißt. Das wird nicht morgen, oder übermorgen sein, aber vielleicht in ein paar Wochen oder Monaten. Es wird leichter werden. Und du wirst über Erik hinwegkommen. Ohne ihn zu vergessen“, sagte er und fuhr sich danach durch das dunkle Haar. „Und dann wird da dieser unfassbar gutaussehende, charmante, kluge Typ sein – oder mehrere – die aber, zweifellos, alle keine Chance gegen mich haben werden“, setzte er hinzu, sah sie amüsiert an und lachte. „Und zu unseren ‚Aktivitäten‘ von vorhin, das bleibt natürlich alles rein unverbindlich, wenn du das so möchtest. Ich will nur, dass du weißt… dass mir klar ist, dass es für dich zu früh ist. Ich aber gerne dafür zu haben bin. Und so schlecht kann es ja nicht sein, wenn es dich auf andere Gedanken bringt und dir gefällt“, schloss er, wobei er sich über den Nacken fuhr.

Verständnis- und Rücksichtsvoll waren Qualitäten an Jungs, die Erin bisher wenig zu schätzen gewusst hatte. Klar war es nett nicht immer diskutieren zu müssen, aber auf Dauer eben auch langwilig, wenn man immer seinen Willen bekam. Von daher hob Erin ihren Kopf erst ein wenig üngläubig, als Gregory davon anfing, dass sie irgendwann über Erik hinweg kommen würde. War er Dr. Sommer? Ein sehr von sich selbst überzeugter Dr. Sommer! Und trotzdem musste sie gegen ihren Willen lachen, als er meinte, ihre zukünftigen Verehrer würden keine Chance gegen ihn haben. "Du solltest dich nicht zu sehr selbst loben. Am Ende wirst du faul und überheblich und einer der anderen gutaussehenden Typen schnappt sich deine Beute unter der Nase weg", gab sie zurück und schüttelte den Kopf über sein Verhalten. Wobei sie zugeben musste, wenn er sie damit hatte aufmuntern wollen, dann war es ihm geglückt. Zumindest so lange, bis er ihr quasi anbot ohne Verpflichtungen mit ihr rumzumachen. Das Lachen war wie weggeblasen und die Scham, von der sie schon während des Kusses gewusst hatte, dass sie kommen würde, schlug ihr kräftig in die Magengrube. "Das hat vielleicht anders gewirkt, aber so ein Mädchen bin ich nicht. Das erste Mal mit Erik war auch ein Ausrutscher. Okay, das ist jetzt kein guter Punkt zu meiner Verteidigung. Aber.. Es ist nicht meine Art einfach mit irgendwem rumzumachen weil er gerade da ist. Wirklich nicht. Außerdem kannst du mir gar nicht versprechen, dass es unverbindlich bleibt. Nicht wenn du mir gleichzeitig sagst, dass du Gefühle für mich hast", antwortete sie ihm verlegen und lächelte ein wenig traurig zum Ende. Auch wenn sie nicht so für Gregory empfand wollte sie ihm das wirklich nicht antun. Wenn sie mit ihm rummachte oder - Gott behüte - schlief, dann würde er sich Hoffnungen machen, wo keine waren. So fies wollte sie nicht sein.

Das erste Mal. Ausrutscher. Gregorys Blick wurde ausdruckslos, während er innerlich keine freundlichen Gedanken für Erik diesbezüglich hatte. Seine schlechtere Hälfte hatte mit Erin geschlafen, ob diese offensichtlich betrunken gewesen war. Und das schlechte Gewissen, das Erik hinterher hatte, wusch ihn davon auch nicht rein. Greg schürzte die Lippen und nickte knapp.
„Ich weiß. Das wollte ich damit auch nicht sagen. Also, dass du so ein Mädchen bist“, stellte er klar, lehnte sich etwas nach hinten und stützte seine Arme auf dem Bett auf. Er grinste schief, legte den Kopf etwas schief und sah Erin an. „Oh, wieso nicht? Ich kann dir ja sagen, sollte ein unverbindliches Verhältnis für mich nicht mehr möglich sein. – Aber ich habe dich schon verstanden. Das alles spielt keine Rolle mehr. Du bist so ein Mädchen nicht und ich bin nicht so ein Kerl, der ein Mädchen zu etwas zwingt, das es nicht will“, stellte er klar. Und das meinte er auch so. Er wollte Erin zu nichts bringen, was sie womöglich bereuen könnte. Selbst, wenn das bedeutete, dass sie so schnell keine Gefühle für ihn entwickeln würde… Aber er gab sicher noch nicht auf. Er musste nur etwas… umplanen.
„Dann wäre jetzt die Frage, was wir beiden Hübschen noch machen. Vorausgesetzt du hast nichts gegen etwas Gesellschaft? Oder bist du müde?“

Auf der einen Seite wäre Erin jetzt tatsächlich lieber nicht weiter in seiner Gesellschaft gewesen, auf der anderen Seite war sie durch das Geschehene aber auch so aufgekratzt, dass an Schlaf nicht zu denken war. Und sie wusste jetzt schon, welche Gedanken sie in den Wahnsinn treiben würden, wenn Gregory weg war. Also griff sie den Strohhalm, den er ihr reichte, auch wenn es streng genommen nicht sonderlich fair war es zu tun. Ihm erst zu sagen, dass sie nichts von ihm wollte und dann für ihre eigenen Wünsche ausnutzen... dafür würde sie wohl in der Hölle landen. "Um noch zu lernen ist es wohl zu spät", lachte sie ein wenig verlegen und warf einen Blick auf die Uhr, mehr um etwas zu tun zu haben, was nicht Gregorys Lächeln beobachten einschloss. Dabei fiel ihr allerdings wirklich etwas ein, was sie klären mussten. "Wir brauchen eine Geschichte", sagte sie überrascht und sah Gregory an, der eher verständnislos zurück schaute, weswegen sie die Erklärung gleich hinterher schob: "Camille. Sie will die Geschichte haarklein von mir hören. Wir brauchen also eine gemeinsame Geschichte, was mit - Erik passiert ist und warum du plötzlich da bist. Und Stiles, auch warum Stiles weg ist."

Lernen? Gregory warf ihr einen zweifelhaften Blick zu. „Ja. Viel zu spät“, pflichtete er ihr ein wenig trocken bei. An Lernen hatte er nun weiß Gott nicht gedacht. Und wenn, dann wäre ihm nur noch Biologie recht gewesen… Daher war es doch eine Erleichterung, dass Erin auf etwas anderes zu sprechen kam, auch wenn er nicht gleich wusste, was sie meinte, bis sie es erklärte. Camille. Natürlich. Ihn wunderte es nicht, dass Camille alles wissen wollte. Greg konnte nicht anders, als schief zu grinsen. Durch die Erinnerungen von Erik und Stiles hatte er das Gefühl, Camille schon seit Jahren zu kennen. Und Camille war schon immer ein sehr neugieriger Mensch gewesen. Daran hatte sich nichts geändert, was irgendwie ein tröstlicher Gedanke war.
„Gut“, fing er an, wurde dann zunehmend nachdenklicher, ehe er schließlich antwortete. „Also, was mich anbelangt, dafür brauchen wir ja keine Geschichte mehr. Ich denke zumindest, dass meine Geschichte durchaus plausibel war. Dass ich nach dem Abschluss meine Schwester besucht habe, die ihr Kind bekommen hat und dass ich jetzt eben noch ein paar Wochen hier verbringe. Wir können ja noch hinzufügen, dass ich die Schule interessant finde und überlege Lehrer zu werden, weswegen ich so lange hierbleibe“, raunte er und zuckte locker mit den Schultern.
„Was Stiles betrifft… Wir können sagen, dass ihn der Virus ziemlich mitgenommen hat und er in der Nähe seiner Eltern in einer Kurklinik ist, um wieder zu Kräften zu kommen. Sollte sie ihm eine Nachricht schreiben, könnte ich ihr antworten. Ich habe Stiles Handy“, fügte er erklärend hinzu.
„Bei Erik… Das ist wohl kniffliger“, sagte er, seufzte und ließ sich nach hinten fallen. Die Arme verschränkte er hinter seinem Kopf, wobei sein Shirt ein Stück hochrutschte. „Also… zu behaupten, er hat kurzfristig schon einen Studienplatz bekommen und ist weg, wird sie vermutlich hinterfragen. Erik hätte auch dann nicht zu studieren angefangen. Immerhin war die gemeinsame Reise von euch fest geplant gewesen-“ Er sah zu ihr und verstummte wieder. „Was würdest du denn für eine plausible Erklärung halten?“

Seine Geschichte war tatsächlich recht einfach. Aber sie mussten ja auch nur erklären warum er an der Schule war. Auf seinen Vorschlag hin, dass er ja auch Lehrer hier werden wollen könnte, musste sie lachen. Wenn Camille ihn nur eine Minute in Gesellschaft der anderen Lehrer sehen würde, würde sie wissen, dass er ganz sicher nicht mit dem Gedanken spielte hier zu bleiben. Stiles war auch noch leicht. Die Genesung bei Stiles war wirklich eine sehr einleuchtende Geschichte, die Camille nicht weiter hinterfragen würde. Erik war.. Kniffelig traf es wirklich. Alleine drüber nachdenken was sie Camille erzählen würden, tat Erin weh. Da lenkte Gregorys wieder entblößter Bauch auch wenig dran. "Ich weiß es nicht wirklich. Studienplatz.. Nein.. Sie würde fragen warum wir nicht telefonieren und ich deprimiert bin. Das würde zu viel offen lassen." Sie überlegte eine Weile, aber ihr fiel einfach keine bessere Lösung an. Sie seufzte. "Ich werde ihr wohl sagen müssen, dass wir uns gestritten haben und er.. gegangen ist. Dann gibt es keinen Grund, warum wir telefonieren sollten und allen, warum ich nicht gut gelaunt rumspringe." Wieder seufzte sie laut und deprimiert. Ganz abgesehen davon, dass sie Erik verloren hatte, musste sie Camille auch anlügen. Schon wieder. Sie mochte sich gar nicht ausmalen was passieren würde, wenn Camille das jemals herausfand.

Gregory nickte langsam, überlegte, ob er einwerfen sollte, dass er sie anrufen könnte und sie könnten gemeinsam so tun, als würde sie doch Anrufe von Erik bekommen. Aber das könnte am Ende auffliegen, also verwarf er das ganze gleich wieder. Vielleicht… vielleicht sollten sie Camille einfach sagen, dass Erin Erik mit einer anderen erwischt hatte. Dass sie sich dann getrennt hätten und er die Schule verlassen hat. Erin seufzte und ließ Gregory sich auf die Seite zu ihr herumdrehen. Traurig sah er sie an, während sie ihm ihren Vorschlag unterbreitete – der gar nicht so weit weg von dem seinen war. „Ich glaube… es ist besser, wenn du Camille erzählst, dass du Erik mit jemand anderem erwischt hast. Wenn du sagst, ihr hättet euch gestritten, wird sie bestimmt wissen wollen, worüber. Und das muss schon ein verdammt guter Grund sein, der erklärt, warum ihr aufgebt und es nicht doch weiterhin miteinander versucht… Wenn Erik aber etwas mit jemand anderen gehabt hätte… würde das erklären, warum ihr getrennt seid und er weg… Und er sich nicht mehr meldet…“, sagte er und hatte dabei ein ziemlich schweres Herz. Fast so, als wäre es seine Schuld. Was vielleicht indirekt auch der Fall war, aber eben nur indirekt! Nun seufzte auch Gregory, der sich gleich darauf aufsetzte, einen Arm um Erin legte und sie dann an sich drückte.

Erin gefiel der Vorschlag gar nicht. Was daran lag, dass es so verdammt logisch war und auch das vermutlichste Szenario, warum sie mit Erik irgendwann gestritten hätte. Wenn Stiles Krankheit nicht dazwischen gekommen wäre und Erik nicht sein Leben hätte retten wollen, vielleicht wäre sie jetzt trotzdem hier in dieser Situation ohne Freund. Nun, fast in der selben Situation. Jetzt hatte sie schließlich Gregory, der ihr so sinnvolle und schmerzhafte Vorschläge zum Belügen ihrer Freundin machte. Erin wandt sich unwohl und wollte Gregorys Vorschlag weder zustimmen noch ablehnen, vielleicht dachte sie besser noch eine Nacht drüber nach, bis sie sich an den Gedanken gewöhnt hatte. Als nächstes Lagen Gregorys Arme um sie und sie fand sich gegen seine Brust gedrückt wieder. Er roch so gut.. Es war verdammt schwer sich nicht an Gregory zu lehnen, wo es sich wirklich gut anfühlte in seinen Armen. Der Trost, das war es sicher, den brauchte sie gerade einfach. Kaum hatte sie das gedacht, lag ihr Kopf auch schon auf seiner Schulter und sie musste sich die Tränen verkneifen. "Ich denk drüber nach. Das ist vermutlich die einfachste Lösung", murmelte sie traurig und wusste, dass sie sich jetzt aufsetzen und ihn weg schicken sollte. Ihr Kopf blieb auf seiner Schulter liegen.

Sie mochte seinen Vorschlag nicht. Gregory konnte es ihr ansehen. Er atmete tief ein und überlegte. Ihm wollte aber einfach nichts Besseres oder Glaubhafteres einfallen als das. Sein Vorschlag war gut und trotzdem konnte er auch verstehen, warum Erin sich damit schwertat. Sie liebte Erik und wollte ihn nicht in ein schlechtes Licht stellen. Hinzukam, dass sie natürlich gleichzeitig auch noch Camille dafür anlügen musste. Beides war wohl nichts, was sie gerne tat.
Gregory strich mit seiner Hand beruhigend über Erins Rücken, nachdem sie ihren Kopf auf seine Schulter gelegt hatte. „Vermutlich. Aber du musst das nicht heute entscheiden. Ich verspreche, ich werde weiter darüber nachdenken, vielleicht fällt mir ja noch etwas anderes ein“, antwortete er.
„Ich weiß, dass dir der Vorschlag nicht gefällt. Es ist nur eben der, der in meinen Augen am meisten einleuchtet und logisch ist… deswegen habe ich ihn hervorgebracht. Ich hoffe, das weißt du. Aber ich werde auch noch darüber nachdenken…“, versicherte er ihr, auch wenn er dabei kein sonderlich hoffnungsvolles Gesicht machte – was sie zum Glück nicht sehen konnte.
"Wollen wir... vielleicht über etwas anderes reden? Ich kann dir ein bisschen von mir erzählen. Woher ich die Sammlung an Narben habe", schlug er kurz darauf mit einem schiefen Lächeln vor. Ihm war schließlich vorhin nicht entgangen, wie Erin sie angesehen und eine beinahe auch berührt hätte.

Es beruhigte sie tatsächlich, dass Gregory sie tröstete und ihr über den Rücken strich. Und sie war zu durcheinander um sich deswegen auch noch schlecht zu fühlen. Außerdem roch er einfach gut. Ein bisschen wie Erik, aber doch anders. Langsam entspannte sie sich und ließ Gregorys Entschuldigung oder Rechtfertigung über sich hinweg waschen. Sie war sich nicht ganz sicher, was er eigentlich wollte, aber irgendwie war es auch egal. Sie verstand schon was er meinte und hätte ihm auch recht gegeben, wenn es nicht so unschön für sie wäre. Und Erik. Vor allem für Erik. Halb in Gedanken hörte sie einen Vorschlag und musste sich die Worte erst einmal durch den Kopf gehen lassen. Hatte sie wirklich richtig gehört. Scheinbar. So viel Interpretationsspielraum war da nicht zu finden. Sie lehnte sich zurück und sah Gregory überrascht an. "Du meinst das ehrlich", stellte sie nach einem Moment fest und rieb sich die Stirn. Der Junge war echt unglaublich. Dabei merkte sie selbst gar nicht, dass sie ein wenig lächelte. "Versuchst du ein Ablenkungsmanöver damit zu starten, wie schlecht es dir gegangen ist, damit ich mich nicht mehr schlecht fühle? Schwacher Versuch", fügte sie hinzu und lächelte ihn jetzt ganz offen an.