Fantasy RPG - Der Anfang

"Nein, ach", Verodor seufzte missmütig und verzog erneut das Gesicht, "Du bist einfach noch ein Kind und bei dir besteht die Chance, dich noch zu etwas zu machen, was anders ist, als alle Menschen. Man kann die Unschuldigen nicht für das bestrafen, was die große Masse tut."

"Siehst du...", sagte sie lächelnd und stellte sich jetzt wieder normal hin.
"Also habe ich doch etwas in dir bewirkt! Nicht jeder Mensch ist böse Verodor.."
Sie freute sich darüber das er jetzt so dachte und nicht mehr wie anfangs, als sie sich kennen lernten.
"Trotzdem würde ich auch ohne dich auskommen...
Das bin ich schon öfter als einmal..."
Das lächeln schwand aus ihrem Gesicht und entwickelte sich zu einem neutralen, fast etwas ernsten Gesichtsausdruck.
"Aber ich werde jetzt nicht gehen.."

"Nicht jeder Mensch ist böse? Naja... ich meine... ach, du zählst nicht! Du bist eine Ausnahme", entgegnete Verodor, mit seinen Argumenten am Ende.

"ich bin aber auch ein Mensch!", sagte sie grinsend.
"Ich denke es gibt noch mehr Ausnahmen..
Aber trotzdem, danke."
Fiona trete sich langsam zur Tür und legte die Hand auf den Türgriff und stand nun mit dem Rücken zu ihm. Sie drehte sich mit halben Körper wieder zu ihm um und sagte: "Ich werde jetzt schlafen gehen..Ich bin schon sehr müde.
Du solltest vielleicht auch schlafen gehen...es ist schon spät."

"Ja, das hatte ich vor gehabt! Ich weiß selbst schon gut genug, wann es Zeit ist, schlafen zu gehen", entgegnete Verodor fast vorwurfsvoll, immerhin war er kein kleines Kind mehr.

"Ist ja gut, beruhig dich!", sagte sie leicht seufzend und verließ schließlich das Behandlungszimmer.

Verodor nickte nur selbstgefällig, dann verließ auch er den Raum, machte das Licht aus und wollte sich gerade zu schlafen in sein Bett legen, als...

...Verodor bemerkte das Fiona noch nicht im Bett lag und auf der Eckbank des Schlafzimmers kniete und aus dem Fenster schaute. Sie faszinierte der Anblick der Freiheit und sie liebte die Nacht eigentlich mehr als den Tag. Wenn sie so in die Nacht sah erinnerte sie sich an damals, als sie noch ein kleines Kind war. Sie lief jede Nacht unbemerkt von zu Hause weg um dieses Wesen zu zeichnen, dass ihr so unbekannt schien. Und oft überlegte sie wo das Wesen hin verschwunden war, denn eines Nachts kam es nicht wieder.

"Ich dachte, du wolltest schlafen?", fragte Verodor sie schließlich, als er sie dort so sah.

Sie reagierte mit etwas verspätung, drehte sich sich halb zu ihm um blieb aber auf der Eckbank gekniet. "Hm? Oh..naja..gleich."
Dann wendete sie den Blick von ihm ab und schaute wieder durch das Fenster in die Nacht hinein.

"Du solltest dich lieber bald schlafen legen. Ich bin Nachtelfe... und wir tragen unsere Namen nicht umsonst. Nachts fangen unsere Augen an zu glühen und unsere Haut wird blasser, fast weiß. Oft hält man uns deshalb für böse Wesen, sowohl unter den Elfen, als auch unter den Menschen. Und ich will nicht, dass du mich so siehst", entgegnete Verodor und machte dabei einen ernsten Blick.

Sie drehte sich zu ihm um und setzte sich normal auf die Eckbank.
"Egal wie du aussiehst..ich halte dich nicht für böse...für ungehobelt vielleicht...aber nicht für böse..", sagte sie mit einem sanften lächeln.
"Ich habe schon einmal ein Wesen wie dich gesehen...
Ich war noch ein kleines Kind..
Jede Nacht bin ich von zu Hause weg gelaufen..habe mich heimlich fort geschlichen um das Wesen zu sehen...
Doch eines Tages..
Kam es nicht wieder.."
Ihr sanftes lächeln verwandlte sich in einen traurigen nachdenklichen Gesichtsausdruck und ein leises seufzen ging von ihr aus, ehe sie den Blick abwand.

"Darum fasziniere ich dich also so... Kindheitserinnerungen an ein Gespenst...", entgegnete Verodor skeptisch und rümpfte die Nase.

"Ein Gespenst?
Nein..es war auch ein Nachtelf..genau wie du!
Ich habe keine Angst vor dir, egal was du tust oder wie du aussiehst..", sagte sie mit ruhiger Stimme und blieb auf der Eckbank sitzen.

"Dann bist du naiv. Du kennst mich doch gar nicht. Ich könnte dich hier und jetzt ausrauben, missbrauchen, töten und es durch mein Wissen so aussehen lassen, als wär es ein natürlicher Tod gewesen. Wieso glaubst du, sollte ich es nicht tun?", entgegnete Verodor provokativ und verrengte die Arme scharf.

"Naja..du hättest es schon längst tun können..", sagte sie und zog die linke Augenbraue leicht nach oben.

"Was, wenn ich einfach nur bisher keine Lust dazu gehabt habe? Ich hätte ja auch nicht gedacht, dass wir so viel Zeit miteinander verbringen, ich dachte eigentlich, ich wär dich heute wieder los. Aber jetzt muss ich dich ja durchbringen und wieso sollte ich das tun? Ich könnt mir doch einfach etwas Spaß besorgen, da hätte ich wenigstens was von!"

Sie schaute ihn etwas skeptisch an.
"Ich habe dich nicht darum gebeten das ich bei dir bleiben darf!
Und ich kann auch jetzt sofort gehen wenn du es von mir verlangst!"
Sofort stand Fiona auf und sah ihn jetzt mit strengem Blick an.
"Ich habe nur versucht nett zu dir zu sein! Die ganze Zeit in der ich jetzt bei dir bin, behandelst du mich wie ein kleines Kind..wie eine ungewollte Last!
Ich muss mich nicht so von dir behandeln lassen!"
Sie war sauer darüber das er sie so abfallend behandelte. Sie versuchte nett zu ihm zu sein, jedoch wollte sie nicht wie eine Bettlerin erscheinen.
"Und jetzt komm nicht wieder damit das ich nicht auf mich aufpassen kann, das kann ich sehr wohl!", sagte sie schließlich.

"So? Wie soll ich dich dann behandeln? Wie einen Erwachsenen? Wie diese Idioten, die von Tag zu Tag in meine Praxis kommen, mürrisch meine Diagnosen anhören und dann lauthals schimpfend darüber, wie teuer eine Behandlung bei mir doch sei, wieder verschwinden in dem Wissen, dass mein Kollege im nächsten Dorf das doppelte verlangt? Nein, ich bin mir sicher, du willst von mir lieber wie ein Kind behandelt werden, als wie einer von diesen!", Verodor blickte sie streng an und da die Sonne sich bereits legte, begannen seine Augen zu lodern, als wäre es Feuer, das aus ihnen sprach und seiner Seele die Kraft verlieh, in der er auch seine mächtigen Zauber sprechen konnte.

"Ich bin kein Kind mehr und ich bin auch nicht deine Patientin!"
Fiona sah das lodern in seinen Augen, sagte aber nichts dazu. Sie wusste wie ein Nachtelf in der Nacht aussah. Nach all den Jahren die jetzt schon vergangen waren hat sie den für sich wunderschönen Anblick dieser Wesen nicht vergessen. Ihre Miene blieb ernst, so als würde ihr das veränderte Aussehen Verodor's garnicht auffallen.

"Was bist du dann, du komisches... Ding", Verodor fehlten die Worte, um entsprechend auf sie einzugehen, diese Situation überforderte ihn gerade, doch entgegen des Angstschweißes, den man normalerweise vermuten würde wurde er dadurch noch beharrlicher und das Glühen seiner Augen noch intensiver.

Sie sah in seine immer glühenderen Augen. Kurz war sie sprachlos und sah ihn nur an. Dann fasste sie sich wieder.
"Ich bin kein Ding! Ich bin ein..Mensch!
Ich meine...du könntest mich ja wie...eine gute Freundin behandeln..
Aber nicht wie ein Kind...
Aus dem Alter bin ich raus..", erwiederte sie seinen Worten.

"Eine Freundin? Was ist das?", wollte Verodor wissen und blickte sie stutzig an.

"Naja..jemandem dem man vertraut, jemanden den man mag.
Zu dem man nett ist...
Hast du keine Freunde? gar keine?", fragte sie noch immer nicht sonderlich verwundert über sein Aussehen.

Verodor schüttelte langsam den Kopf, genauso wenig wusste er, wie man nett zu Leuten sein könnte.