Vampire-Das RPG IV

Italien war groß.. England auch. Aber darum ging es wohl nicht. Und Hector hatte Recht. Jack kannte Italien und würde sich nicht ganz so verlassen fühlen wie in anderen Ländern. Wenn er klüger gewesen wäre und mehr geübt hätte, könnte er Italienisch sogar besser als bloß die rudimentären Floskeln. Wenn er nicht in England bleiben durfte, dann wäre Italien die beste Alternative. Einen kurzen Moment überlegte Jack, ob er Hector das sagen sollte, als dieser sich dafür entschuldigte nicht vorher etwas gesagt zu haben. Dabei sah er nicht nur ziemlich schuldbewusst drein, Jack hatte das Gefühl Hector würde am liebsten im Boden versinken. Dabei war das größte Problem wahrscheinlich er, Jack selbst gewesen, der verhindert hatte, dass Hector ehrlich war. Seine Reaktion auf diese Aussage bloß vor wenigen Tagen.. Die konnte Jack sich zu gut vorstellen. Er war wirklich nicht sonderlich nett gewesen. "Muss es nicht", antwortete er daher stattdessen und griff nach Hectors Hand. "Wirklich nicht. Das.. Okay, es ist nicht wirklich okay für mich. Aber ich kann mich damit arrangieren. Vielleicht ist es besser, wenn ich hier weg komme", einen Moment starrte Jack in die Ferne und lächelte dann traurig. "Victoria hat mir versprochen nach meiner Familie zu sehen, ich weiß also, dass sie nicht alleine ist. Und ich... Ich hab sie dann nicht immer in erreichbarer Entfernung und denk ständig drüber nach, wie ich vielleicht doch hin könnte. Um mich jetzt auch noch zu fragen, wie ich es schaffe, dass sie es schaffen ohne mich zu leben. Es ist für uns beide nicht einfach das Ganze hier. Aber weißt du, ich würde das mit niemand anderem lieber durchmachen müssen!"

Mit einem kleinen, zaghaften Lächeln sah der Ältere seinen Freund an, als dieser seine Hand ergriff. Musste er nicht. Es musste ihm nicht leid tun. Jacks Worte taten unwahrscheinlich gut und nahmen ihm etwas von seinen Schuldgefühlen. Gleichzeitig war es sich ziemlich sicher, dass ein Gespräch in dieser Art vor ein oder geschweige denn vor zwei Wochen noch ganz anders ausgesehen hätte. Vielleicht hatte er ja doch irgendwie einen günstigen Zeitpunkt dafür gefunden.
Hector nickte langsam, um Jack zu zeigen, dass er ihn verstand. Natürlich war das nicht wirklich in Ordnung für ihn. Nicht bei allem, was er die letzten zwei Wochen verloren hatte und er, Hector, eröffnete ihm nun auch noch, dass er seine Heimat verlassen musste. Er hoffte, dass Jack es tatsächlich so meinte – dass er selbst der Meinung war, dass es besser sein könnte, London zu verlassen. Denn, wenn er das wirklich glaubte, würde ihm das Bevorstehende hoffentlich etwas weniger schwer fallen…
Ein wenig erstaunt hob Hector die Brauen, als Jack Victoria zur Sprache brachte. Sie hatte -was? Er unterbrach den Jüngeren jedoch nicht, sondern lauschte ihm bis zum Ende und bekam dann doch eine ganz trockene Kehle und vielleicht etwas feuchte Augen – aber wirklich nur etwas! Blinzelnd sah Hector seinen Freund an, lächelte matt (und vielleicht etwas dankbar) und räusperte sich. „Das freut mich. Sehr“, sagte er, räusperte sich noch einmal und wurde etwas ernster. „Das… das gleiche gilt auf für dich“, fügte Hector etwas leiser hinzu und fuhr sich mit einer Hand über den Nacken, ehe er Jack etwas neugierig musterte. „Wann hat Victoria dir eigentlich dieses Angebot unterbreitet? Das war- ungewöhnlich nett von ihr. Sie hat hoffentlich nicht irgendetwas dafür verlangt, oder?“

Brachte er Hector da gerade zum weinen? Fast hätte Jack den letzten Teil doch geschluckt war am Ende aber froh alles ausgesprochen zu haben. Er hoffte allerdings, dass Hector ergriffen war, weil er sich freute. Gerade wollte er ein wenig unsicher nachfragen, als Hector diese auch schon beantwortete. Ein Lächeln erschien auf Jacks Gesicht und er atmete auch ziemlich erleichtert durch. Dass Hector sich nicht wünschte er wäre nicht hier, war schon wirklich befreiend. Zumindest bis sein Freund ihn fragte ob Victoria etwas verlangt hatte für ihr Versprechen. "Bevor du zurück gekommen bist und nein, hat sie nicht", antwortete er ein wenig überrascht und wurde dann ziemlich besorgt. "Hätte sie es sollen? Hab ich da einen Fehler gemacht? Sie meinte, sie kann mich verstehen und hat es mir versprochen. Dass da eine Bedingung dran geknüpft war hat sie nicht gesagt. Sollte ich lieber nachfragen? Ich will ihr nicht meine Seele verkauft haben oder deine..", fragte er etwas unruhig. Vampir sein und wie die Leute hier miteinander um gingen war alles noch sehr neu für ihn. Bisher hatte er noch keine groben Fehler gemacht, aber bisher war auch Hector immer bei ihm gewesen und hatte ihn bremsen können. Das traf dieses Mal nicht zu, Hector war nicht da gewesen und Victoria hatte ihm genau das Steak vor der Nase baumeln lassen, dass ihn durch jeden Feuerring hätte springen lassen. Vielleicht sogar, wenn er es vorher gewusst hätte.

Hm. Bevor er zurückgekommen war. Das erinnerte ihn daran, wie er sich zuvor gefühlt hatte… Und wozu es ihn gebracht hatte. Hector verzog leicht das Gesicht und nickte langsam. Victoria hatte also seine Abwesenheit genutzt. Oder sie war einfach vorbeigekommen, um nach Jack zu sehen. Was eigentlich wirklich nett und aufmerksam von ihr war. Vielleicht hatte ja Galon sie darum gebeten? Oder es vorgeschlagen? Er könnte ihn danach fragen. Sollte er jedoch nichts davon wissen… Ging es wohl doch von ihr aus. Hector kaute leicht auf der Unterlippe. Lief es zwischen den beiden eigentlich wieder besser? Vielleicht… vielleicht kriselte es ja wieder und Victoria könnte einen ähnlichen Männergeschmack haben… Hectors Blick wurde zunehmend sorgenvoller. „Ich… Nein. Ich denke nicht. Keine Ahnung. Was meinst du damit, sie kann dich verstehen?“ Er runzelte die Stirn und ermahnte sich zur Ruhe. Als ob Victoria sich hinter seinem Rücken an Jack ranmachen würden! So war sie nicht. Hoffte er.
„Solange du nichts unterschrieben hast, sollte es wohl in Ordnung sein… Uhm“ Hector fuhr sich mit der Hand über den Nacken. „Victoria ist meistens eher kühl oder unnahbar. Zumindest gegenüber den meisten Kerlen. Daher war ich etwas erstaunt, als du meintest, sie würde nach deiner Familie schauen. Das ist wirklich sehr nett von ihr. Aber irgendwie muss sie wohl einen weichen Kern haben und nett sein, sonst wäre Galon wohl nicht mit ihr zusammen“, sagte er und zuckte leicht mit den Schultern. „Was für einen Eindruck hattest du denn?“

Hectors Versicherung klangen nicht gerade sonderlich beruhigend. Vielleicht hatte er ja doch etwas versprochen ohne es richtig mitbekommen zu haben. Victoria jagte ihm schon einen tierischen Respekt ein, aber als sie ihm mit seiner Familie gekommen war, da hatte er einfach zugreifen müssen. "Das mit dem unnahbar kenn ich. Ehrlich gesagt hat sie mir ziemlich Angst eingejagt. Dieser Blick, den sie drauf hat", sagte Jack und schauderte nur halb gespielt. "Nur. Naja, sie hat mir von ihrer Verwandlung erzählt, dass sie ihrer Familie entrissen worden ist und deswegen versteht, wie es mir geht. Das ist wohl der weiche Kern, den du vermutest", fuhr er mit einem leichten Grinsen hinzu. Er hoffte ja, dass Hector mit seiner Einschätzung recht hatte und Victoria wirklich einen guten Kern hatte. Als sie zu ihm gekommen war, hätte er es beschworen, aber bei Hectors Reaktion jetzt gerade war er sich nicht mehr so sicher. Vielleicht hatte sie ihn ja auch an der Nase herum geführt. ".. Du glaubst doch nicht, dass sie mich nur in Sicherheit wiegen wollte? Damit ich aufhöre mich um meine Familie zu sorgen?" Damit er stillschweigend ging und dachte alles wäre in Ordnung, bevor irgendjemand seine Familie .. verschwinden ließ. Plötzlich hatte er Angst, dass er einen sehr sehr dummen Fehler begangen hatte.

„Ja, den Blick hat sie verdammt gut drauf“, stimmte Hector zu und hatte ihn bildlich vor Augen. Er hatte sich schon mal gefragt, warum Victoria so war. Mit Galon ging sie schließlich ganz anders um. Was auch immer der Grund war, ihre eisige Art sorgte dafür, dass man sie fürchtete und/oder respektierte, was wohl nicht ganz verkehrt war, schließlich war sie die First Lady von London. Als Jack von Victorias Verwandlung sprach, wanderten Hectors Brauen leicht nach oben. Ihrer Familie entrissen? Hector hatte bislang nie etwas über Victorias Vergangenheit gehört, zumindest keine Details. Er wusste natürlich, dass sie und Galon in der gleichen Gruppe Vampire gewesen waren, aber mehr als das… war zumindest nicht in seinem Gedächtnis hängen geblieben, sollte Galon ihm doch mal mehr erzählt haben. Hm. Hector lächelte matt und nickte langsam. „Das ist er wohl. Der weiche Kern“, bestätigte er und schüttelte dann bestimmt den Kopf. „Nein. Victoria wird es so gemeint haben, wie sie es gesagt hat. Sie ist eine ehrliche Haut. Du musst dir wegen ihres Versprechens sicher keine Sorgen machen. Sie wird es halten. Und wenn du magst, rede ich nochmal mit ihr. Oder Galon“, sagte er. „Ich… meine Sorgen gingen eigentlich in eine andere Richtung… Naja…sie und ich…könnten einen ähnlichen Männergeschmack haben“, sagte er leise und unangenehm berührt.

Als Hector erklärte, dass er sich keine Sorgen in die Richtung machen musste, die seine Gedanken genommen hatten, ließ Jack den Kopf auf die Schulter seines Freundes sinken. Er sollte wirklich anfangen mehr zu denken und weniger zu reagieren. Oder weniger Horrorfilme gucken. Nur weil Victoria unheimlich und ein Vampir war, machte sie das noch lange nicht zu einem Bösewicht. Er schüttelte leicht den Kopf, ohne ihn von der Schulter zu heben. Hectors Geruch einatmen war einfach zu schön und ziemlich beruhigend. Vermutlich hätte es ihn ein bisschen sorgen sollen, dass er Hunger bekam wenn er so an seinem Freund schnüffelte. Aber hey, das wurde auch langsam langweilig. Und Hector war schon immer irgendwie zum anbeißen gewesen. Seine Gedanken wurden abgelenkt (vermutlich ziemlich gut, dass sie das wurden) als Hector dann aufklärte, was seine Befürchtung gewesen war. Jack hob verwirrt den Kopf und sah Hectors unbehagen, was seine Frage aber nicht wirklich weiter erklärte. "Den selben Männergeschmack?", fragte er verwirrt. "Sie ist doch mit Galon verheiratet. Ich würde mich jetzt nich wirklich mit ihm vergleichen", fuhr er fort. Der Ältere war nicht nur Optisch völlig anders, er hatte auch einen viel einschüchternderen Charakter. Wenn Jack ein paar Jahrhunderte zum Üben hatte, würde er vielleicht auch so reserviert sein können, aber warum Hector Angst haben musste, dass Vic ihn, Jack, anbaggern würde? Erst da ging ihm auf, was Hector eigentlich gesagt hatte. "Du stehst auf Galon?!", fragte er völlig überrumpelt und fassungslos.

„Hmh“, machte Hector auf Jacks Worte hin. Ja, Victoria war mit Galon verheiratet und ja, er, Jack, war nicht wie Galon. Offensichtlich hatte sein Freund nicht ganz die Sub-Information herausgehört, die in Hectors Worten gesteckt hatte. Ob er deswegen erleichtert sein sollte? Bevor er zu einer Antwort kam, schien bei Jack allerdings der Groschen gefallen zu sein. Mit einem leicht schiefen Lächeln sah er seinen Freund an und zuckte mit den Schultern. „Ich stand auf Galon. Das ist lange her. Sehr lange. Sonst wäre ich nicht sein Trauzeuge gewesen“, antwortete er. Das wäre in der Tat ziemlich masochistisch gewesen, hätte er noch Gefühle für Galon gehabt. Aber das war wirklich schon sehr lange her und er hat schon seit mehr als hundert Jahre keine Gefühle mehr für den Älteren. Nicht auf diese Art.
„Aber ja, ich stand auf ihn… Er war der erste Kerl, für den ich Gefühle hatte. Aber Galon hatte schon immer nur Augen für Vic. Keine Chance für mich. Oder sonst irgendeinem anderen Lebewesen. Ich habe es ihm auch nie erzählt“, erzählte Hector und zuckte erneut mit den Schultern. „Ich bin längst darüber hinweg. Keine Sorge deswegen“, fügte er schmunzelnd hinzu und drückte leicht Jacks Schultern. „Ich habe schon eine Weile nur noch Augen für dich, falls es dir entgangen sein sollte.“
 
Jess sah blinzelnd von ihrem Bildschirm auf, als sich ihr Handy leise vibrierend meldete. Casey konnte es nicht sein, der musste mittlerweile schlafen. Und vier Uhr war auch noch nicht. Neugierig nahm sie ihr Handy in die Hand und entdeckte neue Nachrichten von Bels. Seit der Ältere vor einigen Monaten London verlassen hatte, hatten sie beide gelegentlich miteinander geschrieben oder sogar telefoniert. Sie waren in Kontakt geblieben. Bis vor etwa zwei Wochen. Seit der Sache mit dem Anschlag hatte Jess ein paar Nachrichten unbeantwortet gelassen, weil sie nicht den Kopf dafür gehabt hatte. Darunter waren auch Nachrichten von Bels gewesen.
‚Bist du in Ordnung, Jess? Ich mache mir Sorgen, auch wenn Asmee meinte, du seist noch in London und am Leben. Melde dich bitte, Belsazar‘.
Jess lächelte, als sie seinen Namen am Ende las. Belsazar. Sie beide hatten Namen aus der Bibel. Hm. Sie hatte nie gefragt, wieso seine Eltern diesen Namen für ihn gewählt hatten…
‚Entschuldige das Schweigen. Hier war einiges los. Hättest du Lust nachher zu telefonieren? So gegen 3 Uhr? Ich hoffe, dir geht es gut, J‘, schrieb sie und schickte die Nachricht ab.

Es dauerte einen Moment, bis Jack die Vergangenheitsform auffiel. Stand. Wie in: stand nicht mehr auf ihn. Es beruhigte Jack tatsächlich so sehr, dass er sich etwas schuldig fühlte. Immerhin war Hector eine ganze Ecke älter als er, da gab es bestimmt mehr als nur eine Flamme, von der Hector ihm nicht erzählt hatte. Wobei es Galon schon etwas sehr heraushob, dass er der erste Mann gewesen war, in den Hector sich verliebt hatte. Als Hectors Hand sich auf seine Schulter legte und leicht drückte, lief ein Schauer durch seinen Körper. Was auch sehr damit zusammenhing, was Hector ihm währenddessen sagte. Aber wer würde schon nicht gerne hören, dass man die Gedanken und Gefühle seines Geliebten beherrschte? "Nur für mich, hm?", fragte er etwas heiser und war auf eine andere Art und Weise hungrig als vorher. Was aber seine Augen trotzdem heller werden ließ. "Dann sollte ich wohl dafür sorgen, dass es so bleibt", raunte er kaum noch hörbar, während er die Hand hob und seine Hand über Hectors Hals in seinen Nacken gleiten ließ. Er fand sich ziemlich gut, als er nicht gleich die Zähne in Hectors Hals schlug sondern stattdessen seinen Hals küsste und sich langsam über sein Kinn höher arbeitete, bis er die Lippen seines Freundes erreichte.

Sprung um etwa fast zwei Wochen, auf den 10. September, Donnerstagabend
 
Die Fahrt war lang gewesen. Etwas zu lang. Man gewöhnte sich zu schnell an den Luxus, binnen von wenigen Stunden von A nach B zu reisen. Dadurch war Hector es wohl nicht mehr gewohnt, längere Strecken auf anderem Weg zurückzulegen. Fliegen war wegen Jack nicht infrage gekommen. Er eingesperrt mit einem Haufen Menschen über zwei, drei Stunden… Nein, das wäre keine gute Idee gewesen. Daher hatten sie sich einen Wagen gemietet und sind von London aus bis nach Italien gefahren. Zwischendurch mussten sie natürlich auch mal Pause machen und etwas essen, aber das haben sie alles irgendwie hingekriegt, worüber Hector sehr froh war. Und nun… waren sie endlich in ihrem neuen Zuhause angekommen. Ihrem neuen temporären Zuhause. Sobald Jack sich im Griff hatte, könnten sie sich was Eigenes suchen, aber bis dahin würden sie im hiesigen Clan unterkommen.
Hector hatte seinen Wagen in der Tiefgarage des Clansgebäude geparkt und war anschließend mit Jack hinauf gegangen. Er hatte im Voraus mit Francesca gesprochen, welche Adrianas Clan übernommen hatte und hier in Ravenna ihren Sitz hatte.
„Hier wären wir“ Hector warf Jack ein schiefes Lächeln zu und hielt ihm die Tür auf, die sie von der Tiefgarage ins Innere des Gebäudes brachten. „Ich denke, unsere Räumlichkeiten müssten schon bezugsbereit sein-“ „Ja, das sind sie“, unterbrach ihn eine Frauenstimme und nur wenige Meter vor ihnen stand Jupiter. „Willkommen in Ravenna“, raunte sie lächelnd und sah Jack dabei an. Sie erinnerte sich dunkel an den Jungen aus dem Midnights. Das war lange her. Damals war er definitiv noch ein Mensch gewesen… „Ich hoffe, ihr hattet eine gute Reise hierher“, sagte sie und zog aus ihrer Hosentasche zwei Schlüsselkarten, die sie den beiden Kerlen hinhielt. „Hier, die sind für euch. Ich bringe euch zu eurer Suite.“
 
Ein wenig überrascht hatte Jess den Mann angesehen, der ihnen als neuer Mitarbeiter vorgestellt wurde. Vor einer Woche etwa hatte es schon geheißen, dass jemand dazukommen würde, aber da hatte sie sicher nicht mit ihm gerechnet. Er war ihr kleiner One Night Stand von gestern Nacht. Sie hatte ihn im Midnights aufgegabelt, nachdem er ihr erzählt hatte, dass er auf Durchreise war. Was perfekt gewesen wäre. Sie hatte ihm einen falschen Namen genannt und danach kaum mehr Zeit mit Reden verschwendet. Immerhin war es eine reine Zwecksache, gelegentlich mit jemand anderem als Casey zu schlafen. Nur doof, dass ausgerechnet dieser Typ jetzt der neue Mitarbeiter war. Als sie kurz unter sich waren, sah Jess ihn vorwurfsvoll an.
Asa hingegen fand die Situation mehr als amüsiert, hatte sich aber, während die anderen da waren, nichts anmerken lassen. Da sie aber nun unter sich waren, konnte er nicht anders.
„Miranda, hm?“, raunte er mit einem breiten Grinsen und wackelte kurz mit den Brauen.
„Ich dachte, du wärst nur auf Durchreise“, gab Jess etwas brummend zurück.
„Wirfst du mir gerade wirklich vor, gelogen zu haben, Miranda?“ Asa lachte leise.
„Hmpf… schon gut“, brummte vor sich hin.
„Es freut mich sehr, mit Ihnen zu arbeiten, Ms. Whitfield“, sagte er förmlich, verneigte sich leicht und bemerkte amüsiert ihren leicht irritierten Blick.
„Jess reicht. Es wäre merkwürdig, wenn du mich hier mit meinem Nachnamen anreden würdest…“, sagte sie mit einem leisen Seufzen am Ende und ergriff seine Hand.
„Ich dachte mir gleich, dass du nicht wie eine Miranda aussiehst.“
„Das scheint dich aber nicht gestört zu haben“, gab sie schnaubend, aber mit einem schiefen Lächeln zurück. Asa grinste, drückte kurz ihre Hand und ließ sie anschließend wieder los.
 „Nein, das hat es nicht“, sagte er und sie erwiderte das Grinsen.
„Schön. Da wir das geklärt haben, gleich noch etwas anderes: Mir wäre es lieber, wenn wir nicht über vergangene Nacht sprechen.“
„Ein Gentleman schweigt und genießt“, antwortete Asa und machte dabei ein ziemlich vertrauensvolles Gesicht.

Jack streckte sich ausgibig, als er aus dem Wagen stieg. Da sollte man meinen Unbequemlichkeit wäre etwas, dass man als Vampir nicht mehr fühlen würde, aber zwei Tage in einem Wagen auf den Autobahnen hatten ihn da besseres gelehrt. Wobei er zugeben musste, dass es weniger unbequem gewesen war, als es hätte sein können. Hector hatte nicht gegeizt, als er sich einen Mietwagen gesucht hatte. Dankbar tätschelte er die A-Säule des Wagens und ging dann um die Motorhaube herum auf seinen Freund zu, der schon auf dem Weg in das Gebäude war. Oder zumindest an der Tür dahin auf ihn wartete. Unwillkürlich erwiderte er das Lächeln und kam nicht dazu irgendetwas zu antworten, was vielleicht besser war, weil er nicht sicher war, was er Hector gesagt hätte. Als sein Freund ihm gesagt hatte, dass sie gehen mussten war er fast überzeugt gewesen, dass es das beste wäre. Dass sie dann noch zwei Wochen gehabt hatten um alle Dinge zu regeln, die es zu regeln gab, hatte ihm zu viel Zeit zum denken gegeben. Das Heimweh und die Trauer alles hinter sich zu lassen war wohl zu erwarten gewesen. Womit Jack nicht so richtig gerechnet hatte war das hin und her seiner eigenen Überzeugung. Auf dem Weg hier herunter hatte er sich langsam irgendwo in der Mitte eingependelt. Er war sich nicht sicher, ob es gut war London zu verlassen, aber er würde ganz sicher weniger Gedanken an unmögliche Wahnsinnstaten verschwenden, solange sie hier waren. Der Gedanke seine Familie nie wieder zu sehen hatte ihn doch das eine oder andere Mal fast dazu gebracht auszureißen. Jetzt gab es aber anderes, was ihn beschäftigte, die Frau die plötzlich vor ihnen auftauchte zum Beispiel. Ein wenig überrascht zuckte er über das unerwartete Erscheinen zusammen und wurde dann leicht misstrauisch, als die junge Frau ihren Blick auf ihm ruhen ließ. Nicht dass sie unfreundlich drein sah, aber ihr Blick hatte etwas - prüfendes. Jack fühlte sich tatsächlich, als würde sie sich fragen wie er wohl schmecken würde. Was früher ein recht lustiger Gedanke gewesen wäre, in Anbetracht, dass sie alle Vampire waren, allerdings eine etwas schräge Bedeutung bekam. Erst als Hector seine Karte an sich nahm, streckte auch Jack seine Hand aus, um seine Karte zu nehmen. Wenn Hector nicht großartig reagierte, dann war es wohl okay. "Danke", murmelte er und hielt sich dann aber links hinter Hectors Schulter.

„Danke dir… Womit verdienen wir eigentlich die Ehre?“, fragte Hector schmunzelnd, nachdem er seine Karte weggesteckt und Jack seine an sich genommen hat. Jupiter grinste schief und zuckte mit den Schultern. „Ich wollte ein paar Landsleute sehen“, raunte sie, „Naja, im Sinne von, Leuten, die ich aus London kenne.“ Sie drehte sich leicht und sah zu dem Jüngeren hinüber. „An dich kann ich mich noch dunkel erinnern. Du warst ein paar Mal im Midnights. Ich war dort an der Theke, ehe ich hierher gezogen bin. Ich bin Jupiter“, stellte sie sich vor und lächelte Jack an. Sie hätte nicht gedacht, dass sie den Jungen noch einmal wiedersehen würde. Ein bisschen machte es sie traurig, ihn so zu sehen, als Vampir. Sie hätte dem Jungen ein normales, langes Menschenleben gewünscht…
„Ich bin übrigens nur ein paar Jahre älter als du und noch keine zwei Jahre Vampir. Wenn du also ein paar Fragen so von Frischling zu älterem Frischling hast, kannst du dich gerne an mich wenden. Kannst du eigentlich Italienisch?“, fragte sie neugierig. Sie hatte in London Kurse besucht, ehe sie hierhergekommen war. Inzwischen konnte sie relativ fließend Italienisch sprechen, nur beim Verstehen hakte es hier und da – besonders dann, wenn ihr Gegenüber schnell sprach.
 
In seiner kleinen Pause holte sich Asa etwas in der Küche zu Essen und ging dann mit drei Gläsern zu Galons Büro. Das erste Glas ließ er bei Victoria und mit den beiden anderen betrat er das Arbeitszimmer seines alten Freundes. Mit einem kurzen Klopfen kündigte er sich an und steckte anschließend den Kopf zur Tür herein. „Darf ich stören?“, fragte er und winkte behutsam mit dem vollen Glas Blut, mit dem er daraufhin eintrat. Er schloss die Tür hinter sich, ging zu Galons Schreibtisch hinüber und stellte das zweite Glas ab, ehe er mit seinem Glas Platz nahm.
„Die Leute sind nett. Ich denke wirklich, dass ich es eine Weile hier aushalten werde“, raunte Asa mit einem schiefen Lächeln. „Eine oder zwei Fragen hätte ich da aber… Diese Jess… kennst du sie gut?“

Als Jupiter sich an Jack wandte und erklärte, dass sie ihn kannte, wurde ihm klarer, warum sie ihm bekannt vorgekommen war. Wo sie es gesagt hatte, erinnerte er sich auch daran sie im Midnights gesehen zu haben. Wobei ihm wohl zugute zu halten war, dass er mehr von Leticia und Hector abgelenkt worden war. An den Rest der Belegschaft hatte er kaum erinnerungen, so häufig waren sie ja auch nicht da gewesen. Was er später gelernt hatte, es handelte sich bei Midnights um eine Vampirbar, die nur an einigen Tagen im Monat überhaupt Menschen hinein ließ. Was einiges erklärt hatte. "Moment, Jupiter? DIE Jupiter?", fragte er und warf Hector gleich auch einen fragenden Blick zu. Die Jupiter, von der Jess ein paar Mal gesprochen hatte, die ihre jüngste Schwester sein sollte. Sofort erwärmte er sich für sie. Wenn sie auch erst so kurz Vampir war.. Es tat gut jemanden zu treffen, der nicht schon tot war, bevor seine Großeltern nach England gekommen waren. Bevor sie überhaupt geboren worden waren! Auf die Frage nach seinen Sprachkenntnissen musste er etwas beschämt zugeben kaum welche zu besitzen: "Zu meiner Schande nicht so richtig. Ein bisschen hier und da. Meine Nonna hat es mir immer vorgeworfen, dass ich zu faul wäre. Ich hätte auf sie hören sollen", erklärte er und lächelte am Ende traurig.

Freundlich winkte Galon seinen alten Freund hinein und ließ seine Arbeit erst einmal Ruhen. Ehe er fragen konnte, wie Asa sich in die Umgebung eingewöhnt hatte, beantwortete er die Frage auch schon. "Das freut mich zu hören", sagte Galon ehrlich. Das klang als könnte er nicht nur einen alten Freund ein wenig länger hier behalten, sondern dem auch helfen ein bisschen mehr Halt im Leben zu finden. Dass er nach Jess fragte überraschte Galon dann aber. "Jess? Sie ist Damions erste Tochter. Ein wenig kenn ich sie also. In den letzten Jahren ist sie - hm, sesshafter trifft es wohl ganz gut. Seriöser vielleicht auch. Ich hoffe sie hat dich nicht irgendwie beleidigt. Sie kann manchmal eine recht lose Zunge haben. Wenn sie etwas gesagt oder getan hat, weswegen du dich unwohl fühlst, dann sag ihr das. Oder wenn dir das zu unangenehm ist, dann sag es mir oder Vic, wir reden dann mit ihr."

„Ja, die Jupiter“, bestätigte Hector schmunzelnd, hoffte aber insgeheim, dass sein Freund nicht gleich mit dem herausplatzte, was er über sie weiß. Besonders der Teil mit der Kontrolle. Zum Glück kam dieser Teil tatsächlich nicht zur Sprache und Jupiter verstrickte Jack stattdessen in ein Gespräch über die Italienische Sprache. Da konnte sich Hector beruhigt metaphorisch zurücklehnen.
„Nonna? So wie ‚Oma‘?“, fragte sie verwirrt und sah kurz fragend zu Hector. „Sein Vater ist Italiener“, erklärte der Ältere, woraufhin Jupiter überrascht die Brauen hochzog und Jack wieder ansah. „Achso. Hm. Wenn du magst, können wir zusammenlernen? Ich bin auch noch nicht 100% fit und habe hier meine Bücher, mit denen ich gelernt habe. Ich kann sie dir auch gerne mal ausleihen“, bot sie dem jungen Mann an, ehe sie unvermittelt stehenblieb.
„Was ist?“, fragte Hector ein wenig erstaunt, als Jupiter auch schon lächelnd auf die Tür vor ihnen zeigte. „Wir sind da“, antwortete sie lächelnd. „Ihr könnt kurz rein, dann bringe ich euch noch zur Küche. Unterwegs kommen wir an ein paar Räumen vorbei, die wichtig sind, sowas wie das kleine Kino, die Bibliothek und Mediathek sowie der Aufenthaltsraum“, fasste Jupiter zusammen, während Hector seine Schlüsselkarte zückte und die Tür aufschloss. Den Vortritt überließ er dann aber lächelnd Jack. Mal sehen, ob ‚Suite‘ übertrieben war oder nicht…
 
„Damions Tochter?“ Asa blinzelte ein wenig erstaunt und nickte dann langsam. Er erinnerte sich noch daran, als Galon ihm zum ersten Mal von seinem Sohn erzählt hatte. Ein unbesonnener Schwerenöter. Und soweit er gehört hatte, hatte sich daran nicht viel verändert. Es war ihm allerdings anzurechnen, dass er offensichtlich einen guten Geschmack hatte. Jess als Tochter… Hm. Er verstand, wieso. Asa lächelte leicht, während er Galon weiterzuhörte.
„Beleidigt? Wegen so etwas würde ich wohl kaum zu dir kommen“, entgegnete er amüsiert und schüttelte den Kopf. „Keine Sorge, es ist nichts von alle dem. Und habe gefälligst ein wenig mehr Vertrauen in mich, dass ich selbst mit solchen Dingen klarkomme und nicht nach einer Stunde schon zu dir rennen würde“, raunte Asa und winkte ab. „Nein… Ich war nur neugierig. Jess und ich sind uns schon begegnet. Im Midnights“, setzte er hinzu und sah seinen Freund schmunzelnd an. Er hatte seinem alten Freund von dem gestrigen Abend vage erzählt – dass er in der Bar eine blonde Frau kennengelernt hatte und er… Spaß hatte mit ihr. Einen Namen hatte er nicht genannt – es wäre ohnehin nicht der richtige gewesen.

Gemeinsames Lernen klang erstmal nicht schlecht, wobei Jack ein bisschen fürchtete gegen Jupiter ziemlich schlecht dazustehen. Immerhin hatte sie schon einen Vorsprung, nur nur was das Italienische anging, sondern auch das Vampirsein an sich. Trotzdem nahm er dankbar das Angebot an. Sie waren hier weit weg von allem, was er kannte, wenigstens schon mal ein zumindest bekanntes Gesicht zu haben, die ihm auch noch helfen wollte, war gerade ein secher im Lotto.
Als offensichtlich wurde, dass Hector nicht direkt in das jetzt geöffnete Zimmer gehen würde, trat Jack schon fast etwas zögerlich sein. Nach Jupiters Beschreibung was es in diesem Haus alles gab, war er doch etwas eingeschüchter, wie das Zimmer wohl sein würde. London hatte er schon als ein ziemlich umfangreich ausgestattetes Haus empfunden, aber einen Kino Saal hatte es da nicht gegeben. Zumindest keinen, den er zu sehen bekommen hatte. Die Vorsicht war auch angebracht gewesen. Das Zimmer verdiente die Bezeichnung wirklich nicht. Es war riesig, eher eine kleine Wohnung und obwohl Jack sich darüber nie viele Gedanken gemacht hatte, konnte er sehen, dass die Ausstattung teuer gewesen war. Es hatte dieses gehobene Flair überbezahlter Designer, ohne aufdringlich zu sein. Jack war sich nicht sicher, ob er sich hier wohlfühlen würde, aber bisher enthielt das Zimmer.. Diese Wohnung ja auch keine persönlichen Gegenstände. Er sah zu Hector und fühlte sich direkt nicht mehr so fehl am Platz. "Ihr gebt euch hier echt Mühe die Leute zu beeindrucken", sagte er in Jupiters Richtung, mit einem Lächeln, das zugab dass es bei ihm geklappt hatte.

Natürlich hatte Galon Vertrauen in seinen Freund und dessen Fähigkeiten mit Leuten klar zu kommen. Aber er kannte auch Jess. Er schenkte Asa ein amüsiertes und leicht Schuldbewusstes Lächeln, das einem verwunderten Blick wich, als Asa erzählte, dass er Jess vorher schon begegnet war. Ganz automatisch fragte Galon sich, wann das wohl gewesen sein mochte, wurde jedoch mit der Aussage überrascht, dass es erst vor so kurzer Zeit gewesen war. Er erinnerte sich gut daran, mit Asa über seinen Ausflug ins Midnights gesprochen zu haben, hatte ihm diese Bar sogar erst vorgeschlagen. Da hatte es ihn noch gefreut, dass sein Freund sich nicht einigelte, sondern hinaus zog und Gesellschaft suchte. Jetzt zu erfahren, dass er sich mit Jess vergnügt hatte, rückte das Treffen in ein völig anderes Licht. Hatte er vorher aus Takt nicht gefragt, wie weit der Spaß gegangen war, war es jetzt nicht einmal mehr eine Frage, wie dieser Spaß ausgesehen haben könnte. Jess konnte ihrem Erschaffer in der Hinsicht erstaunlich ähnlich sein. Was Galon viel eher beunruhigte war, dass Jess eigentlich vergeben war. Oder sein sollte. Er verzog das Gesicht und stieß ein Stoßgebet zum Himmel aus, dass Jess nicht anfing sich noch mehr in Damions Richtung zu entwickeln. "Ich weiß tatsöchlich nicht, was ich dir darauf antworten sollte. Jess ist mit der Besitzerin des Midnights befreundet. Und es ist eine beliebte Bar. Aber.. Nun, ich bin mir nicht sicher, ob du dir Hoffnungen in irgendeine Richtung machen solltest. Sie ist in den letzten Jahren eigentlich ziemlich fest mit Casey zusammen gewesen", sagte er. Aus seinem Ton war dabei recht deutlich der Nachsatz: und ich will verdammt sein, wenn ich weiß, warum sie jetzt mit anderen Männern rummacht, zu hören.

Nach Jack betrat auch Hector die Suite, sah sich um und stellte zufrieden fest, dass es auf jeden Fall ein Upgrade zu London war. Amüsiert sah er zu seinem Freund hinüber, der doch ziemlich von dem, was er sah, überwältigt war. Jupiter blieb derweil im Türrahmen stecken und lehnte sich leicht dagegen. „Hm. Ja, schon. Aber die Suite gibt es trotzdem nicht für jeden“, antwortete Jupiter und nickte in Hectors Richtung. „Das war ganz und allein Vitamin B.“
Hector sah ein wenig ertappt drein, rieb sich räuspernd den Nacken und trat an das Fenster. „Ihr habt hier aber auch ein klasse Wetter“, raunte er und sah hochkonzentriert aus dem Fenster. Jupiter lachte, als Jack einen Kommentar dazu abgab, woraufhin Hector sich mit einem entschuldigenden Lächeln zu seinem Freund umdrehte.
„Meiner Freundin gehört der ganze Schuppen hier- Also, willkommen im Club“, wandte sich Jupiter an Jack mit einem schiefen Grinsen. „Ganz davon zu schweigen, dass sie das Oberhaupt des Clans ist… Und nein, ich habe mich bis heute noch nicht ganz daran gewöhnt, dass mit so viel Geld um sich geworfen wird. Liegt aber vielleicht auch daran, dass ich davor nichts hatte.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Wie sieht es aus? Wollt ihr euch noch ein bisschen die Suite bestaunen, oder seid ihr bereit für den Rest der Tour?“
 
Ja, den ersten Teil hatte Asa gewusst. Er hatte in der Bar gesehen, wie sich Jess mit der Besitzerin, Leticia, unterhalten hatte. Sie wirkten sehr vertraut miteinander. Und auch den Teil mit der beliebten Bar konnte er bestätigen. Die Bar war recht voll gewesen, was wohl eindeutig für ihre Beliebtheit sprach. Das letzte Detail, welches Galon da ansprach, das hatte er tatsächlich nicht gewusst, aber es verwunderte ihn auch nicht. Stattdessen lächelte er leicht und nickte.
„Das würde einiges erklären. Sie hatte da… so einige Regeln“, sagte er und sah schmunzelnd zu seinem alten Freund. „Keine Sorge, ich gehe nicht in die Details. Immerhin… ist sie so etwas wie deine Enkelin. Und keine Sorge, ich habe mir keine Hoffnungen in diese Richtung gemacht. Jess hat… auf ihre Art mir vermittelt, dass das eine einmalige Sache war“, sagte er und nippte an seinem Glas. Er hoffte, er hatte Jess damit jetzt keinen Ärger eingebrockt… Hm.
„Hör mal… Du behältst das für dich, oder? Jess hatte mich eigentlich darum gebeten, nicht darüber zu reden…“

Überrascht von Jupiters Antwort wandte Jack sich seinem Freund zu, der peinlich berührt dem Blick auswich und den Rückzug an das Fenster antrat. Wegen Hector hatten sie ein solches Ungetüm von Unterkunft. Nachdem er erst vor kurzem erfahren hatte wie reich Hector war, durfte ihn das hier eigentlich gar nicht so sehr überraschen. Was er dann auch mit einem leisen Seufzen kundtat: "Warum auch sonst", fragte er niemand bestimmten in Raum. Während Jupiter lachte, sah Hector ihn jetzt doch entschuldigend an. Weil Jack ja nicht eigentlich etwas dagegen hatte und Hector ja wohl wenig dafür konnte reich zu sein, lächelte er beruhigend. Sein Interesse wurde dann wieder von Jupiter auf sich gezogen. "Deiner Freundin?", fragte er ungläubig, nachdem er "Schuppen" und dieses Gebäude zusammen gebracht hatte. Jupiters Freundin war die Obermotz dieses Clans. Da hoffte er für sie, dass sie weniger erschreckend war, als Galon in London. Jupiter war ganz sicher keine Victoria, wofür er ziemlich froh war. "Wow. Du hast gewonnen. Deine Freundin ist eindeutig exzentrischer als meiner", sagte er, nachdem er seine Verwunderung überwunden hatte, mit einem amüsierten Grinsen. Da kam ihm Hector plötzlich gar nicht mehr so überzogen vor. Auf ihre Frage hin warf er dann einen eher vorsichtigen Blick zu Hector. Sie hatten eine lange Fahrt hinter sich und weil Jack keinen Führerschein besaß, hatte Hector alleine fahren müssen, wenn er also lieber Ruhe wollte, dann wäre es für ihn okay. "Also.. Ich würde den Rest schon gerne sehen", sagte er langsam, um Hector die Möglichkeit zu geben anders zu entscheiden.

Regeln. Nein, Galon wollte nicht wissen, worum es sich dabei handelte und war froh, dass Asa nicht ins Detail ging. "Enkelin", schnaubte er leise. "Eher ein schlecht gehüteter Sack Flöhe." Das kleine Lächeln in seinen Mundwinkeln sprachen aber eine andere Sprache. Er mochte Jess wirklich und in den letzten Jahren war sie auch eine wirkliche Hilfe geworden. Sie machte den Ärger, den Damion ihm verursachte mehr als wett. Dass Jess aber eine einmalige Beschäftigung gesucht hatte, beruhigte Galon mehr als er zugeben mochte. Er wollte sich ungerne vorstellen, zu welchen Szenen es kommen würde, wenn Casey und sie sich trennten. Er konnte nur hoffen, dass Casey von Jess Ausflug wusste. Ehe er sich entscheiden konnte, ob er mit dem älteren darüber reden sollte, bat Asa ihn auch schon kein Wort darüber zu verlieren. Mit hochgezogenen Augenbrauen sah er seinen Freund an. "Wirklich, Asa? Erst ein Versprechen geben und es vergessen wenn die Neugier zu groß wird? Ich dachte aus den Zeitaltern bist du langsam entwachsen", tadelte er belustigt und nicht ernst gemeint. Asa war in sich kein indiskreter Typ, er wusste schon zu wem er wann was sagen konnte. Vor allem wusste er aber (eigentlich) auch, wann er den Mund zu halten hatte, was eine sehr hohe Qualität war.

„Ich weiß. Ich gewinne immer“, antwortete Jupiter mit einem schiefen Grinsen. „Du kannst froh sein, dass der da nicht so größenwahnsinnig ist und einen Clan leiten will.“ Sie stieß sich von dem Türrahmen ab und sah die beiden Kerle erwartungsvoll an. Jack war bereit und auch Hector nickte zustimmend. Er zwar etwas müde, aber sein Hunger war da doch etwas größer. Daher war es ihm nur recht, wenn Jupiter ihnen zeigte, wo sich die Küche befand. Und danach konnte er duschen, sich umziehen und ins Bett fallen. Vorzugsweise mit Jack, notfalls aber auch ohne ihn, sollte er noch nicht ins Bett wollen.
Also führte Jupiter die beiden Jungs durch den Rest des Hauses, klapperte ein, zwei Räume unterwegs zur Küche ab, machte hier und dort ein paar Kommentare und blieb schließlich bei der Küche stehen. „Keine Sorge, als ich hier das erste Mal war, hatte ich nach einem Tag auch noch keine Orientierung, aber das wird sich schon noch einstellen. Notfalls könnt ihr Brotkrumen streuen“, bemerkte sie schmunzelnd und deutete in Richtung der Küche. Es gab keine Tür, daher gab der offene Türrahmen den Blick in eine sehr geräumige, große Küche frei, mit zwei großen Kühlschränke und nicht weniger als sechs Mikrowellen.
 
Asa verkniff sich die Bemerkung, dass der ‚schlecht gehütete Sack Flöhe‘ aber ganz schön attraktiv war. Und im Bett… Nein, das rieb er seinem Freund lieber nicht unter die Nase. Auch wenn es sicherlich amüsant wäre, seinem Minenspiel dabei zu zusehen. Die Vorstellung allein musste genügen. Mit Unschuldsmine zuckte Asa mit den Schultern, als Galon mit den Anschuldigungen kam. „Wer sagt, dass ich das Versprechen vergessen habe? Habe ich nicht. Deswegen habe ich dir ja davon erzählt. Außerdem habe ich dir ja keine Details genannt. Also… eigentlich habe ich dir nichts erzählt. Nur, dass wir uns in der Bar getroffen haben. Und… uns verstanden haben“, raunte er mit einem breiten Grinsen. „Davon abgesehen weiß ich doch, dass du so etwas für dich behalten kannst. Zumindest solange es nicht dich, deine Frau oder den Clan bedroht“, fügte er zwinkernd hinzu. „Und das tut es nicht, also ist mein Geheimnis bei dir sicher…Hm. Wirst du Victoria davon erzählen? Sie ist hoffentlich nicht in den letzten Jahrhunderten zu einer…hm…wie heißt das heute… Klatsch…uhm…Klatschbase?“

Jack versuchte sich die Wege und Räume zu merken, das tat er wirklich. Er war nur nicht sonderlich erfolgreich. Anders als der Londoner Clan schien das hier ein recht altes Haus gewesen zu sein, als der Clan eingezogen war. Überall war scheinbar etwas angebaut worden zu sein, wodurch das Haus einem Ameisenstock glich. Irgendwann hoffte er einfach nur noch, dass er wenigstens zum Zimmer zurück finden würde. Es beruhigte ihn da weniger, dass Jupiter meinte, sie hätte sich auch erst nicht zurecht gefunden. "Brotkrumen haben hier vermutlich den Vorteil, dass sie keiner aufisst", sagte er leise und sah dann an ihr vorbei in die Küche. Das Teil war riesig! Seine Augen wurden groß, als er die Anzahl der Mikrowellen zählte. "Wie viele Personen wohnen hier, hast du gesagt?", fragte er ein wenig eingeschüchtert. Wenn sie so viele Geräte in der Küche brauchten.. Vielleicht war ihre Tour ja angekündigt gewesen und die anderen Bewohner hatten sich weghalten sollen? Dabei hatte Hector es ihm doch irgendwie angedroht, dass er unter Leute kommen sollte um sich nicht mehr so alleine zu fühlen.

"Indem du mir nichts erzählt hast, hast du aber eine ganze Menge gesagt", antwortete Galon mit einem halben Lachen. Asa hatte schließlich recht, er hatte nicht einmal angedeutet, Galon hatte den größten Teil gedacht. "Ich denke aber nicht, dass ich Vic davon erzählen werde. Wenn du mir sagst, dass nichts passiert ist, dann gibt es ja eigentlich auch gar nichts, was ich ihr sagen könnte." Und wenn es keine Probleme zwischen Jess und Casey gab, gab es ja auch nichts, was er besprechen könnte. Wobei es ihn doch etwas irritierte, dass Jess umtriebig war. Aber das war ja nicht sein Problem, zum Glück. "Nein. Eine Klatschbase ist sie wirklich nicht", antwortete er Asa weiter und verkniff sich ein Grinsen. "Aber wenn du sprachlich mehr in diesem Jahrhundert ankommen möchtest, solltest du wohl auf das kräftigere und weniger schmeichelhafte Lästermaul zurück greifen."

„Oh, hm… keine Ahnung“ Jupiter zuckte mit den Schultern. „Die Leute kommen und gehen. Es gibt eine bestimmte Anzahl an Vampiren, welche hier fest wohnen. Aber auch eine beachtliche Anzahl von… Touristen? Manche bleiben nur ein paar Tage, Wochen oder Monate, dann ziehen sie weiter. Und damit es sich in der Küche nie staut, wurde sie entsprechend ausgerüstet. Zu manchen Zeiten ist die Stadt hier wirklich voll mit Vampiren… Aber tendenziell würde ich sagen, dass hier weniger Leute als in London sind. Zumindest aktuell“, antwortete Jupiter, betrat die Küche und ging an einen der Kühlschränke. „Ihr habt sicher Hunger, oder?“, fragte sie. „Essen wäre himmlisch“, antwortete Hector, woraufhin die Andere zwei Blutbeutel herausholte, in die Mikrowelle bugsierte und anstellte. „Auf eurem Zimmer findet ihr übrigens auch alle nötigen Informationen zum WLAN. Glücklicherweise haben wir hier Glasfaser. Ich vermute als so ziemlich einziges Gebäude hier in Ravenna…“, raunte sie und holte aus dem Hängeschrank zwei Gläser. „Wenn ihr wollt, könnt ihr übrigens auch auf dem Zimmer essen, fühlt euch zu nichts verpflichtet“, raunte sie, woraufhin Hector fragend zu Jack sah.
 
„Richtig, richtig“ Asa nickte zustimmend und verkniff sich ein Schmunzeln. Wenn er im Grunde nichts erzählt hatte, dann gab es auch nichts, was Galon seiner Frau erzählen konnte. Und sollte er es doch tun, dann konnte Asa darauf vertrauen, dass Victoria es für sich behalten würde. Als Galon mit dem Vorschlag einer Bezeichnung kam, sah ihn der Ältere aus großen Augen an. „Lästermaul? Sie dreht mir den Hals um, wenn sie hört, dass ich diesen Begriff mit ihr in Verbindung gebracht habe. Was ich natürlich nicht habe! Victoria ist eine sehr beeindruckende Frau. Alles andere als ein Lästermaul!“, raunte er, wobei er den letzten Begriff nur noch flüsterte. Daraufhin trank er sein Glas aus und stand wieder auf. „Nun gut, da wir das wichtigste… klären konnten, werde ich mich mal lieber wieder an die Arbeit machen. Ich habe gehört, der Chef hier ist ein eindrucksvoller, leicht furchteinflößender Kerl, den will ich lieber nicht gegen mich aufbringen“, raunte Asa grinsend, wobei er seine Informationen hinter vorgehaltener Hand hervorbrachte.
„Pass auf, dass er dich nicht in seinem Stuhl erwischt!“

Als Hector zu ihm sah, zuckte er die Schultern. Im Prinzip war es ihm recht egal, was sie taten. Weder das Gebäude noch ihr Zimmer liefen ihnen in der nächsten Zeit weg. Und da sie ja auch noch eine ganze Weile hier sein würden, hätten sie genug Zeit alles in Ruhe in Augenschein zu nehmen. Scheinbar schien es Hector auch egal zu sein. Während er seinen Freund ansah, bemerkte Jack aber, dass er müde aussah. Was ja wohl auch kein Wunder war. "Vielleicht heben wir uns das Erkunden doch besser für morgen auf. Es war eine ziemlich lange Fahrt", sagte er und sah denn mit einem Lächeln zurück zu Jupiter. "Danke für die Tour. Du kannst uns nicht zufällig noch einen Richtungshinweis geben, damit wir das Zimmer heute noch wieder finden? Schlafend im Flur erwischt werden ist hier wohl sicherlich nicht so gerne gesehen."

"Sieh zu, dass er dich nicht dabei erwischt, wie du über seine Frau lästerst", lachte Galon, als Asa ihm seine scherzhaften Warnungen zukommen ließ. Es tat gut einen guten Freund im Clan zu haben, der auch mit einem scherzte. Nachdem Hector immer weniger Zeit gehabt hatte, war ihm aufgefallen, wie sehr er sich daran gewöhnt hatte. Asa jetzt hier zu haben war erfrischend. Ganz abgesehen davon, dass es wieder etwas Entlastung gab, was Victoria glücklich machte. "Besser du arbeitest hart und fleißig, damit er dich ihr nicht zum Fraß vorwirft. Victoria kann sehr hungrig sein."

Jupiter war so freundlich und gab ihnen tatsächlich einen Richtungstipp, sodass Jack und Hector schließlich mit zwei Gläsern und einer Thermoskanne voll Blut wieder bei ihrer Suite ankamen.
„Erinnere mich nachher daran, das restliche Gepäck aus dem Kofferraum zu holen“, raunte Hector, der seinem Freund die Tür aufhielt. Danach zog er die Tür zu und sah sich seufzend um. „Zu meiner Verteidigung… es ist größer, als ich dachte“, bemerkte er mit einem schiefen, verzeihungsheischenden Lächeln. „Es wird gemütlicher, wenn unser Kram hier verteilt ist… Und naja, das eine oder andere werden wir sicher noch kaufen…“, sagte er und deutete zum leeren Regal. „Sowas wie, Filme, CDs oder Bücher.“ Er ging zu Jack hinüber und sie schenkten sich das Blut ein. „Hmm… Hast du schon ins Bad gesehen? Ich habe vorhin kurz hinein gelinst. Es gibt eine große Badewanne… Hättest du Lust mit mir in die Wanne zu steigen?“, fragte er mit einem schiefen Grinsen.
 
„Pff, als ob ich so lebensmüde wäre, über si zu lästern“, schnaubte Asa und machte eine wegwerfende Hand. Mit einem schiefen Grinsen rückte er den Stuhl gegenüber des Tisches wieder zurecht und sah davon auf, als Galon seinen nächsten Kommentar von sich gab. Ein wenig überrascht wanderten seine Brauen nach oben, dann machte sich ein anderer Ausdruck auf seinem Gesicht breit. „Ist das etwa ein unmoralisches Angebot?“, fragte er und tat entsetzt. „Ich glaube, das geht mir jetzt doch etwas zu schnell“ Es brauchte keine drei Sekunden, ehe er anfing zu lachen. „Du solltest besser zusehen, dass Victorias Hunger nie zu groß wird“, bemerkte er zum Abschied mit einem Zwinkern und verschwand dann wieder, um zurück an seinen Arbeitsplatz zu kehren.
Kurz nachdem der Ältere gegangen war, sah Victoria zur Tür des Büros herein. „Und? Ich hoffe für ihn, dass er sich nicht gleich an seinem ersten Tag beschwert hat“, raunte sie mit einem schiefen Lächeln.

Jack nickte gedankenverloren und sah sich in der Suite um. Es wirkte alles ziemlich unpersönlich, aber es war ihn eigentlich gar nicht so unrecht. Immerhin waren sie gerade erst hier angekommen und Jack sich echt nicht sicher, ob er es hier wirklich gut fand. Sein Urteil war aber getrübt. Blinzelnd sah er zu Hector, als dieser sich entschuldigte und lächelte selbst ein bisschen verhalten zurück. Er war sich ziemlich sicher, dass Hector sich nicht anders entschieden hätte, wenn er gewusst hätte wie verdammt groß diese Behausung war, aber er konnte ja im Zweifel für Hector entscheiden. Am Ende lachte er doch etwas ungläubig. "Klar. Wenn wir unsere drei Bücher in die Regale gelegt haben, dann wirkt es hier gleich viel heimeliger", sagte er recht sarkastisch und seufzte dann leise. Sein Freund konnte ja nichts dafür. Jack selbst hatte nicht mehr viel und in den Wagen hätte ja auch keine gesamte Einrichtung hinein gepasst. "Nein, hab ich nicht. Ich war doch ein wenig abgelenkt", antwortete er versöhnlich auf Hectors Frage und blinzelte dann etwas erstaunt. "Zusammen in die Wanne?", fragte er leise, mehr sich selbst aber Hector nickte zustimmend. "Hector, kommst du mir gerade mit unmoralischen Angeboten?", fragte er zwischen Belustigung und Verwunderung schwankend. War das jetzt eine Ablenkung, damit er nicht mehr über das Zimmer und das ganze Geld nachdenken konnte, dass Hector schon verplante?

Zu Asas Glück hatte Galon nichts in reichweite was er nach ihm werfen konnte. Wobei selbst Galon sich nicht sicher war ob er wirklich etwas geworfen hätte. Mit einem schwer zu unterdrückendem Lächeln schüttelte er den Kopf, als die Tür hinter seinem Freund geschlossen war. Das ganze mit Humor nehmen konnte er vor allem deshalb, weil er wusste, dass Asa nie etwas mit Victoria anfangen würde. Die auch gleich wie auf Stichwort in den Raum kam. "Nein", antwortete Galon seiner Frau und lächelte sie warm an. "Er hat sich nicht beschwert und soweit ich es verstanden habe gibt es auch keine Klagen über ihn bisher." Was ihn daran erinnerte, was Asa ihm erzählt hatte. Sein Mund verzog sich kurz, als er daran dachte, dass Jess wohl kaum Grund zur Klage hatte, ehe er den Gedanken wieder abschütteln konnte. "Scheint es gefällt ihm hier. Ich glaube wir haben Glück und können zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Er hat Kontakte und eine Aufgabe und wir kriegen einen vertrauenswürdigen Mitarbeiter."

Hector nickte. „Wir beide. In der Wanne. Gleichzeitig“, wiederholte er klar und deutlich, wobei sich bereits ein freudiges Strahlen auf seinem Gesicht ausbreitete. Er konnte sich gerade nichts besseres vorstellen, als mit Jack in die Wanne zu steigen. Was hatte er doch für einen brillanten Einfall! „Wie kommst du denn darauf? So un-offensichtlich wie mein Angebot war?“, gab Hector zurück und lachte. „Ich lag schon ewig in keiner Badewanne mehr und mit niemand anderem würde ich sie lieber teilen als mit dir! Also? Wie wäre es?“, fragte er, wobei er sich bereits das Shirt über den Kopf zog. Grinsend ließ er das Kleidungsstück zu Boden fallen und näherte sich dann rückwärts dem Bad. Den Blick dabei immer schön auf Jack und die Finger nestelten bereits an dem Reißverschluss seiner Hose. Als die wenig später auch auf dem Boden lag, schmunzelte Hector schief. „Sieht hier doch schon gleich viel gemütlicher aus“, bemerkte er, zwinkerte und war kurz darauf auch schon im Bad und ließ das Wasser ein. „Bringst du das Essen mit? Das wird das beste Bad aller Zeiten überhaupt!“, kam es enthusiastisch aus dem Badezimmer. Inzwischen trug Hector nur noch seine Boxershorts. Mit einer Hand hielt er sich am Rand der Wanne fest, während er sich über diese leicht lehnte und die Proben von kleinen Duschgels und allem möglichen anderen Schnickschnack inspizierte, der hier im Bad stand. Wie in einem Hotel, dachte er und schraubte eines der Fläschchen auf, um daran zu riechen.
 
„Kommt vielleicht noch. Er hat ja auch vielleicht erst ein, zwei Stunden gearbeitet, wenn überhaupt. Und in der wurde ihm sicher alles Mögliche erklärt“, bemerkte Victoria schnaubend, verschränkte die Arme und lächelte dabei leicht. Sie meinte es nicht so pessimistisch. Asa war ein guter Kerl und sie war sich sicher, dass die anderen ihn sicher mögen werden. Allerdings kannte er sich in diesem Zeitalter noch nicht so aus, tat sich mit der Technik schwer und musste daher in einiges erst eingearbeitet werden. Bis er also eine tatsächliche Hilfe für sie ist, würde es noch etwas dauern. Dafür bekamen sie jedoch einen verloren geglaubten Freund und vertrauenswürdigen Mitarbeiter, wie Galon es ausdrückte. Darüber hinaus… Ihr Lächeln wurde wärmer, mit dem ihren Mann bedachte. Darüber hinaus, tat Asa Galon gut. Besonders jetzt, da Hector nicht mehr da war. Jeder brauchte enge Vertraute und Freunde… Und Asa hatte schon vor Jahren bewiesen, was für ein guter Freund er war.
„Mal schauen, was er nach einer Woche hier sagt“, bemerkte Victoria schmunzelnd und wandte sich wieder der Tür zu.

Als Charles gegangen war, hatte Jess dem Neuen die Bedienung seines Laptops erklärt, erst die Grundbedienung, dann die wichtigsten Programme und dort wiederum die wichtigsten Funktionen. Charles hatte sich entschuldigt und war etwas früher gegangen, würde dafür jedoch morgen länger arbeiten. Anstatt allerdings nach Hause oder zu Asmee zu fahren, schlug er eine andere Richtung ein. Es dauerte nicht lange, bis er aus der Sub stieg, die Untergrundhaltestelle verließ und wenig später vor Haustür von Jess und Casey stand. Bevor er klingelte, warf Charles noch einen letzten prüfenden Blick auf seine Armbanduhr. Es war spät, aber noch nicht so spät. Die Chance, dass Casey noch wach war, standen hoch. Er ließ den Arm mit der Uhr wieder sinken und betätigte die Klingel. ‚Casey? Hier ist Charles‘, raunte er in die Gegensprechanlage, als diese zu surren begann.

Alleine das Lächeln auf Hectors Gesicht, ließ Jacks Knie weich werden. Weil sein Kopf immer noch meinte, dass sein Körper reagieren musste, hielt er automatisch die Luft an. Und blieb dabei, weil nichts ihm sagte, dass er wieder Luft holen sollte. Hector dabei zusehen wie er sich auszog, hatte ihn allerdings auch schon viel früher vergessen lassen zu atmen, also war es gar nicht so anders als sonst. Nur konnte er den Anblick jetzt ungetrübt genießen. Als Hectors Finger seine Hose öffneten, machte Jack schon einen Schritt auf ihn zu und lief seinem Freund dann nur nicht willenlos hinterher, weil der im Bad verschwand und Jacks Gehirn wieder die Chance hatte online zu kommen. Jack schnaufte und erinnerte sich an ein belauschtes Gespräch zwischen seiner Mutter, Cassandra und seiner damals höchstens 10 jährigen Schwester. Seine Mutter hatte den beiden Mädchen erklärt, dass man Männern nicht immer geben durfte, was sie von einem verlangten. Nicht wenn sie ernst genommen werden wollten und sich ihre Unabhängigkeit bewahren wollte. "Denn wie soll denn der Mann euch als unabhängige Person sehen, wenn ihr immer nur nach seinem Willen springt", hatte sie gesagt. Irgendwie traf das jetzt wohl auch auf ihn zu. Hector war ja schließlich ein Mann und Jack war viel zu häufig dabei zu springen, wenn Hector schnippste. Wobei es auch wirklich schwer war etwas nicht zu tun, wenn man es selbst so sehr wollte. Und im Moment wollte Jack sehr, sehr gerne mit Hector in die Wanne steigen. Egal ob das schlau war oder nicht. Jack nahm sich fest vor, das Thema so nicht fallen zu lassen und holte dann die Gläser, die Hector abgestellt hatte ehe er selbst ins Bad gegangen war. "Das beste Bad? Ich weiß ja nicht. Bad und Essen klingt so..", abrupt hörte er auf zu sprechen und blieb wie erstarrt kurz hinter der Tür stehen. Und das lag nicht an dem schon recht beeindruckenden Anblick, wie Hector sich halb über die Wanne lehnte. Das hatte er schon bemerkt, allerdings fiel sein Blick dann auch auf die Wanne. Badewanne wollte Jack das gar nicht nennen. Das war ein Pool! Die gesamte ziemlich großzügige Ecke des Bades wurde von dem Aufbau eingenommen und Jack wäre jede Wette eingegangen, dass diese Wanne auch eine Whirlpool-Funktion hatte. "Das ist die Wanne?!", fragte er überflüssigerweise ziemlich überrascht und verstand gleich viel besser, warum Hector mit ihm gemeinsam hinein wollte. Alleine hätte er den Weg hinaus ja nie wieder gefunden. Ein Glück hatte er vor der Tour nicht ins Bad geschaut..

Galon bemerkte, wie Victorias Lächeln liebevoller wurde, was ihn kurz verwunderte. Woran sie wohl dachte? Er hoffte an ihn, aber vielleicht meinte Victoria auch, dass sie weniger Arbeiten müssten, wenn sie Asa fester einbinden konnten. Bei seiner Frau war das manchmal etwas schwer zu entscheiden. Auf ihren weiteren Kommentar lachte er leise. "Wenn er es bis zum Ende der Woche aushält ist es zu spät für ihn zu verschwinden. Wir sollten ihm schnell einen guten Vertrag aufsetzen", antwortete er und sah seiner Frau hinterher, wie diese sich wieder an ihren Arbeitsplatz machte. Ehe sie zur Tür hinaus war, rief er noch einmal nach ihr: "Vic." Als sie sich zu ihm umdrehte, lächelte er liebevoll: "Ich liebe dich."

Casey räumte die Spülmaschine aus und fragte sich, ob er schon mal die Wäsche sortieren sollte, damit er morgen eine Maschine anschmeißen konnte, ehe er zur Uni ging. Nicht, dass er auf das Sortieren wirklich wert legte, aber Jess hielt es für nötig und ihm gab es etwas zu tun, wenn er alleine in der Wohnung hockte. Ehe er sich entscheiden konnte ob es tun sollte oder nicht, klingelte die Tür. Verwundert sah er in die Richtung der Eingangstür und fragte sich, wer wohl etwas von ihm wollte. Die Gegensprechanlage lüftete das Geheimnis, auch wenn ihn Charles Anwesenheit mehr verwunderte. Ob er etwas angestellt hatte? Halb neugierig, halb besorgt wartete Casey an der Tür, bis er Charles hinein lassen konnte. "Womit hab ich denn diesen Überfall verdient?", fragte er, bevor der Jüngere noch zur Tür hinein war. Um seinen Worten die Spitze zu nehmen, lächelte er fröhlich und winkte den Mann hinein. "Soll ich dir etwas warm machen oder hast du schon gegessen?"