Mutant High II - Das RPG 6

Fassungslos starrte Zach die Tür an. Wie hatte Nick ihn gerade genannt? Weil er seinem Vater nichts gesagt hatte? Hatte der noch alle Tassen im Schrank? Ein Teil von ihm wandt sich unangenehm. Nick hatte ihn noch nie mit seiner Kurzform angesprochen, jedenfalls nicht seit er sich erinnern konnte. Das hieß wohl, dass er wirklich wütend war. Allerdings war Zach jetzt auch wirklich wütend. Arschloch war er zwar schon öfter genannt worden, aber zum ersten Mal traf es ihn wirklich. Vor allem hatte er das erste Mal das Gefühl es nicht verdient zu haben! "Selber Arschloch! Verschwinde doch einfach!", brüllte er die Tür an und trat dann mit Wucht gegen die Wand. Was weh tat. Ziemlich. Seine Wut machte das nur noch größer, weshalb er sich aus tiefsten Herzen wünschte, dass er Nick nie wieder sehen müsste. Wenn er ihm doch nur nie begegnet wäre!

Dales Kommentar schaffte es tatsächlich, dass Gentle kurz lachen musste. "Du bist wirklich gut darin, Sachen auf ihren Kern runter zu brechen", stellte er mit einem schiefen Lächeln fest, wurde dann aber wieder ernst. "Dass das jetzt auch noch beides gleichzeitig kommen muss, ist ein schlechtes Zeichen", stellte er kopfschüttelnd fest und klappte die Papiermappe, die noch immer aufgeschlagen vor ihm lag, wieder zu, "am besten wäre es eigentlich, wenn die X-Men sich aufteilen würden. Eine Hälfte kümmert sich um das Heilmittel, das andere lotet die Pläne der Bruderschaft aus..." Er runzelte die Stirn. "Allerdings werden wir Lehrer dafür nicht ausreichen. Ich werde ein paar der anderen kontaktieren müssen...weißt du, ob Alexei noch immer bei der Polizei arbeitet?"

"Was kann man hier eigentlich so machen?" Milo hatte sich inzwischen noch einen zweiten Bagel geholt und kaute genüsslich auf einem Happen herum, während er wieder Platz, nahm. "Blake hat waf fon einem Fwimmhalle gefagt." Als die meisten in der Runde ihn daraufhin fragend ansahen, kaute er rasch und schluckte, ehe er wiederholte: "Blake hat was von einer Schwimmhalle gesagt. Gibts noch mehr zu erkunden?" Natürlich kannte er aus den Beschreibungen seiner Eltern schon viele Orte, unter anderem den japanischen Garten und die Stallungen, aber sicherlich gab es noch mehr zu entdecken.

Schlechte Zeichen waren es definitiv, aber Dale freute sich trotzdem, dass er Gentle hatte aufmuntern können. Schnaubend sah er seinen alten Kumpel sarkastisch an. „Nicht, dass ich Kontakt zu ihm hätte, aber soweit ich weiß arbeitet er da tatsächlich noch. Das letzte was ich allerdings mitbekommen habe ist, dass er das Department wechseln musste. Wohin hab ich mir nicht gemerkt. Wieso fragst du nicht seine Schwester, die ist doch noch hier, oder?“, fragte er zurück und rechnete kurz nach. Doch, noch müsste sie das. „Hast du schon drüber nachgedacht ob du die älteren Schüler einbinden willst?“ Die Idee fand er selbst nicht gut, aber er erinnert sich selbst noch daran, dass sie das in dem Alter auch nicht davon abgehalten hatte.

„Ich weiß ja nicht wie weit ihr euch schon umgesehen habt“, begann Yelinna mit einem Lächeln. „Im Schloss haben wir so ziemlich alles, was zu einem guten Internat gehört. Inklusive Musikraum. Und neben der Schwimmhalle gibt es auch noch die Ställe, natürlich der Garten und der Trainingsplatz. Wenn man nett fragt darf man da auch außerhalb des Trainings rein. Oh, und natürlich der Basketball-Platz. Aber dafür ist es im Moment ein bisschen kalt. Hab ich was vergessen?“ Fragend sah sie in die Runde.

"Nachgedacht ja", gestand Gentle mit gerunzelter Stirn, "aber ich glaube nicht dass ich es tun werde. Ich meine, wir haben sie im Spezialtraining auf die verschiedensten Szenarien vorbereitet, aber seien wir ehrlich: Es hat uns nicht unbedingt gut getan, uns in diese Kämpfe zu stürzen." Besonders der Kampf um das UN-Gebäude hatte seine Narben hinterlassen, sowohl seelisch als auch körperlich. "Nach Möglichkeit will ich versuchen, sie da raus zu lassen", fuhr er also fort und seufzte, "wobei ich mir jetzt schon fast sicher bin, dass das nicht funktionieren wird. Die Kinder sind genauso stur wie wir in ihrem Alter."
Während er sprach, hatte sich Gentle eine Notiz gemacht, die er nun beiseite schob. Sollte Alexei tatsächlich noch bei der Polizei tätig sein, würde er über ihn vielleicht ein paar wichtige Daten kriegen können. Ob in letzter Zeit Mitglieder der Bruderschaft beobachtet oder vielleicht sogar verhaftet wurden.

"Hmm, ich denke, du hast alles Wichtige aufgezählt", bemerkte Ty, während Milo aufmerksam zugehört und ab und an genickt hatte. "Eigene Ställe?", fragte er schließlich und konnte sich ein kurzes Grinsen nicht verkneifen, "Leute, ich glaube wir sind falsch abgebogen und in einem Internat für reiche Kinder gelandet. Fehlt ja nur noch der Golfplatz und ein Spa-Bereich!"

Inzwischen ließ Mizukis Hunger sich nicht länger ignorieren, und so schlich sie sich so unauffällig wie möglich in die Mensa um sich einen kleinen Happen zu holen. Nur irgendwas Kleines, vielleicht ein Brot, und dann schnell wieder raus.

Lächelnd sparte Dale sich den Hinweis darauf, dass es die Kids wohl nicht darauf warten würden, ob sie gefragt wurden. Im schlimmsten Fall würden sie einfach alleine loslaufen, das hatten sie ja auch getan. "Wenn sie nicht sogar sturer seind", stimmte er ruhig zu. Die Art, wie Gentle sich schon wieder eine Notiz machte ließ ihn leise Seufzen. "Im Moment etwas fiel, was du dir merken musst, hm? Wenn ich dir irgendwie helfen kann, dann sagst du bescheid, oder? Ich werd jedenfalls auch in meinen Kreisen mal die Ohren offen halten."

Mit großen Augen wandte Yelinna sich an Milo. "Oh, wo du es sagtst, ich hab tatsächlich vergessen die Saunalandschaft und das Massageparadies zu erwähnen", fügte sie vollkommen ernst hinzu. Nach ein paar Sekunden fingen ihre Lippen allerdings an zu zucken, was wohl ziemlich klar machte, dass sie nur Scherzte.

„Warte, ich bin davon ausgegangen, dass wir hier her wollten. Hatten wir uns die Adresse nicht heraus geschrieben?“, fragte Kaya, tat so, als würde sie einen Zettel aus ihrer Hosentasche ziehen und hielt anschließend ihre Hand Milo hin, während sie mit einem Finger auf ihre Handinnenfläche deutete, als würde dort etwas stehen. „Da, da steht es doch! 'Alibi-Schule' für Superreiche/ Spa/ Paradies auf Erden – großes Grundstück, kaum zu verfehlen“, gab sie in einem Ton von sich, als würde sie es tatsächlich von einem Zettel vorlesen und lachte dann.
„Mich wundert es nur, dass bei dem göttlichen Essen nicht alle fett sind“, fügte sie grinsend hinzu und sah einmal die Runde.
„Irgendwie krank... Keiner hat auch nur ein Gramm zu viel – wahrscheinlich sind wir doch im Paradies gelandet. Deswegen sehen sie alle wie Engel aus, besonders die zwei“, raunte sie und deutete dabei auf die beiden blonden Mädchen.
„Ouh, Schätzchen, ich bin fern davon ein Engel zu sein“, entgegnete Noemi lachend und winkte ab. „Aber was Emma angeht... Mir gefällt es übrigens, dass du sie wieder blond trägst“, wandte sie sich an ihre Mitschülerin. Tatsächlich hatte Emma in den Ferien die Tönung endgültig rausgewaschen, sodass ihre rote Mähne fürs erste Geschichte war. Genau so wie Spike.
„Danke. Ja... ein bisschen habe ich sie vermisst“, antwortete Emma und zupfte an einer ihrer Strähnen.

„Sagt mal... gibt es hier eigentlich Internet? Also, einen Computerraum oder so? Ich befürchte, dass mein Handy zu alt ist, um Internet zu empfangen“, fragte Blake in die Runde. In Wahrheit war sein Handy durchaus Internetfähig, nur nervte ihn der Umgang mit diesem Urgestein von Technik, da tippte er lieber in eine herkömmliche Computertastatur.

Die Wut verrauchte auch dann nicht, als Nick bereits in dem Bus in Richtung Stadt saß. Zu allem Übel mischte sie sich auch noch mit einem Berg an Enttäuschung.
Für ihn war es einfach natürlich und selbstverständlich, dass die Familie an allem teilnahm, was im Leben eben so an wichtigem passierte. Dazu gehörte ganz klar auch die Beziehung, einen festen Freund oder Freundin. Und er hatte es seinen Eltern erzählt, obwohl er wusste, das sein Vater nicht unbedingt frohlocke würde.
Und Zach? Wenn jemand es verstand, dann ja wohl seine Eltern, es kann also wohl kaum eine Rolle gespielt haben, ihn als seinen festen Freund vorzustellen.
So, wie er es gesagt hatte, klang es, als wäre es ihm schlichtweg nicht so wichtig gewesen, oder einfach egal, ob seine Eltern davon wussten, oder nicht, was Nick in keinerweise nachvollziehen konnte.
Die Wut und die Enttäuschung zogen sich mehr und mehr zusammen und lagen ihm wie Steine im Bauch. Bestimmt würde ihm später noch davon schlecht werden...und wer weiß, vielleicht setzte er sich heute Abend einfach nochmal mit Zach hin. Um das alles zu bereden. So schnell wollte Nick nicht die Flinte ins Korn werfen, auch wenn Zachery nicht gerade die einfachste Person war, für eine Beziehung.

"Was uns hier alle schlank hält ist sein Vater", lachte Yelinna und deutete auf Rodrigo, dem sie auch gleich ein fröhliches Lächeln hinterher schickte. "Je nachdem wie reichhaltig Harold kocht, desto mehr Runden müssen wir im Sportunterricht drehen."

Viel länger als Nick hatte Zach es auch nicht im Zimmer gehalten. Er brodelte vor Wut auf die Ungerechtigkeit, mit der sein Freund ihn gestraft hatte. Er hatte aber nicht vor raus zu gehen, er brauchte irgendeine Form um sich abzuregen, war sich aber nicht sicher, wie er das bewerkstelligen sollte, also lief er für das Erste ziellos durch die Gänge und verfluchte Nick.

"Ich kann mich meiner Cousine nur anschließen, ihr seht fantastisch aus", schmeichelte sich Milo bei Noemi und Emma ein, konnte er mit seinem schiefen Grinsen und einem schelmischen Blick aber so verkaufen, dass er nicht schmierig rüberkam. "Gegen wie viele super mächtige Exfreunde müsste man kämpfen um euch mal auf einen Kaffee einladen zu dürfen?" Sein Zwinkern machte dabei deutlich, dass die Frage höchstens halbernst gemeint war und er einfach versuchte, ein bisschen Smalltalk zu machen.

"Ich bin nicht sicher ob es noch sowas wie einen Computerraum gibt", versuchte Ty unterdessen, Blakes Frage zu beantworten, "da die meisten Schüler einen Laptop haben, ist das irgendwie hinfällig geworden. Ich weiß aber, dass in der Bibliothek auf jeden Fall einige stationäre PCs stehen, die kann jeder benutzen."

"Das wäre fantastisch." Gentle bedachte Dale mit einem dankbaren Lächeln. "Falls es möglich ist, könntest du versuchen etwas über die Firma rauszufinden, die hinter der Entwicklung des Heilmittels steckt? Der Name war..." Er begann, fahrig die Akten zu durchsuchen und legte schließlich den Finger auf einen der Papierbögen. "WellZyn Corp. Scheint relativ neu zu sein, zumindest hat Gabriel keine Daten gefunden, die älter als 9 oder 10 Jahre sind."

„Oh, es sind sieben höllische Exfreunde“, witzelte Noemi und verscheuchte den Gedanken an Noah, während sie sich an den Film erinnerte, aus dem der Teil stammte. Allein Milos Wortwahl hatte sich schon an Scott Pilgrim erinnert. Mit einem Zwinkern winkte sie dann jedoch ab und trank ihre Tasse leer. „Es sind weniger“, beruhigte sie gleich daraufhin. Emma nickte knapp, immerhin waren es bei ihr auch weniger als sieben, auch wenn sie nicht ganz verstand, auf was sich Noemi da bezogen hatte. An der Schule hier hatte sie zumindest nicht so viele Exfreunde.

„Ah, super. Dann versuch ich es einfach später mal dort“, antwortete Blake und nickte Ty dankbar zu. Es gab einiges, was sie noch recherchieren mussten, am besten, er ging abends mal in die Bibliothek, wenn weniger Leute da waren. Allerdings... so lange Ferien waren, war wahrscheinlich ohnehin nicht viel los. Nachdenklich sah Blake zu Rodrigo hinüber, der Yelinna ein schiefes Lächeln schenkte. Es war wirklich seltsam, die beiden miteinander so zu sehen – vermutlich war es für Milo noch schräger.

Sprung um 1 – 2h

Nachdem Nick alles erledigt hatte, was er in der Stadt hatte machen wollen, hatte er schließlich beschlossen seinen Ärger herunterzuschlucken. Ohne Zweifel sah Zachery das Problem anders als Nick, aus welchem Grund auch immer. Und es war ja nicht das erste Mal, das sie nicht derselben Meinung waren. Immerhin war es ja auch Zacherys erste feste Beziehung.
Ein bisschen mehr Einsicht und ein ruhigeres Temperament hätten vorhin sicher ausgereicht, um das ganze zu aufzuklären. Aber stattdessen hatten sie diesen hässlichen Streit gehabt...
Nick heschloss, Zachery etwas mitzubringen, eine Schachtel mit Pralinen vielleicht. Irgendwo hier gab es eine Chocolaterie in einer Seitenstraße, dachte er und setzte sich in Bewegung.
Allerdings schien ihn sein Orientierungssinn verlassen zu haben, als er schließlich in einer nichtssagenden Seitengasse landete, die leider, nicht wie erhofft, zu der Chocolaterie führte.
Nick wandte sich um, auf dem Weg zurück zur Hauptstraße, als vier bullige Kerl auf ihn zu kamen und den Weg versperrten. „Geld her“, raunte ihm der eine zu und ein zweiter klappte ein Messer aus. In dem sie weiter auf ihn zu gingen, war Nick gezwungen ein paar Schritte nach hinten zu machen – da er nicht unbedingt scharf darauf war, zu testen, wie scharf die Klinge war.
„Okay. Ganz ruhig“ Nick verfluchte den heutigen Tag, an dem scheinbar nichts richtig lief und schob seine Hand in seine Gesäßtasche. Ob er seine Mutation anwenden sollte? Sie waren zu Viert, hier war wenig Platz und er müsste seinen Körper dafür ungeschützt zurücklassen-
doch bevor er zu einem Schluss kam, brummte einer etwas, das wie „Nich'so lahm“ klang, als ihn die erste Faust traf.
Nick stolperte rücklings gegen eine Wand und sah für einen Moment nur Sternchen, als der zweite Schlag auch schon in die Magengrube ging. Er krümmte sich vor Schmerzen, während ihm die Luft wegblieb, der zweite Hieb auf den Kopf nahm ihm dann endgültig das Bewusstsein.
Obwohl ihm der Geldbeutel bereits aus der Jackentasche gefallen war, schlugen und traten die Jungs weiter auf ihn ein, die bereits um diese Uhrzeit ordentlich alkoholisiert waren.
Einer nahm sich den Gelbdeutel, während die anderen drei sich weiter gewaltsam amüsierten, bis einer von ihnen auf einmal zurücksprang. Ein zweiter folgte, fasste sich an den Arm und riss den Kopf in den Nacken. Blinzelnd schrie er auf einmal auf und duckte sich vor etwas weg.
Regentropfen so heiß wie kochendes Wasser fielen auf sie hinab und verbrannten ihnen die Haut. Schnell wichen die Jungs zurück und beschlossen, dass sie hier wohl fertig waren und suchten nach einem sicheren Unterstand, wobei sie auf ihrer Suche von dem heißen Regen weiter gescheucht wurden.

Ella trat aus der schmalen Seitenstraße hinaus und ging auf den Jungen zu, der bewusstlos auf dem Boden lag. Sie hatte ihn schon einmal mit zwei Mädchen in der Stadt gesehen. Die eine, deren Freund von der Bruderschaft gefangen gehalten wird. Noah. Er war Schüler der Mutant High.
Sie kniete sich neben ihm nieder, überprüfte seinen Puls und steckte ihre eine Hand dabei bereits in die Jackentasche, in der sich ihr Handy befand. Das war eigentlich die Chance...
Ihr Kopf ruckte zur Seite, als sie ein leises Geräusch vernahm. Eines, wie es nur Vogelfedern von sich geben konnten. Zwei Vögel saßen auf einer Fensterbank des gegenüberliegenden Gebäudes, denen sie kurz darauf ein dritter anschloss.
Da Raven ihre kleinen Freunde bereits seit Wochen auf sie angesetzt hatte, vermutete sie, dass ihre ehemalige Mitschülerin sicher bereits von ihrem Erscheinen wusste. Aber medizinische Hilfe konnte nicht warten, bis Raven auftauchte. Ella fand bei dem Jungen ein Handy und wählte von diesem aus den Notruf.
Als dieser Minuten später schließlich auftauchte und den Jungen auflas, war sie bereits weg.

Irgenwann hatte Zach ein Plätzchen gefunden, an dem er auf jedenfall in Ruhe Nachdenken konnte. Eins der Klassenzimmer war offen und er hatte sich ans Fenster gesetzt und rausgestarrt. Je länger er starrte, desto weniger wütend wurde er allerdings. Schließlich hatte Nick ja auch nur ausgesprochen was Zach eh schon geplagt hatte. Er hatte sich so lange davor gedrückt seinen Vätern etwas zu sagen, dass ihm das Schlechte Gewissen deswegen schon gar nicht mehr aufgefallen war. Bis Nick es aussprach. Er sollte sich entschuldigen, sobald er Nick sah. Nein, er sollte jetzt gehen und Nick suchen, dass der in die Stadt gefahren war, wusste er ja nicht. Er machte sich auf den Weg zurück zum Zimmer, wurde aber auf halben Weg von einer Panikattacke überfallen. Stolpernd kam er zum stehen und stützte sich an der Wand ab, um nicht zu fallen. 'Neinneinneinneinneinnein! Nicht schon wieder!', dachte er panisch. Nick passierte etwas. Von einer Sekunde zur nächsten war er wieder acht Jahre alt, die Angst war genau die selbe wie damals. 'Egal was, er darf nicht sterben', war so ziemlich der einzige Gedanke den er hatte, neben 'Thomas wird mich umbringen'. Er konzentrierte sich so sehr auf den ersten Gedanken, dass ihm schwindelig wurde und er sich setzen musste. Zitternd saß er auf dem Boden, die Arme um sich geschlungen.

Alle Telefonate, die Dale geführt hatte, hatten ins Leere geführt. Dementsprechend frustriert schlug er wieder bei Gentle auf. "Nichts. Jedenfalls nichts, was wir nicht schon wüssten. Scheinbar halten sie sich sehr bedeckt was ihre Forschungsfelder betrifft. Fimenpolitik alá Chinesische Mauer. Keiner kommt rein, niemand kommt raus. Himmel, wenn ich unsere Geheimnisse so gut einschließen könnte", seufzte er und ließ sich auf einen freien Stuhl fallen.

Soraya hatte einen alten Kollegen im Salem Center Memorial besucht, genauer gesagt den Pharmakologen Paresh Hashmi. Denn auch mit fast 10 Jahren praktischer medizinischer Erfahrungen konnten Medikamente manchmal knifflig sein, und Soraya wollte sichergehen, dass sie die Wirkung des Heilmittels zu 100% verstand. Doch auch wenn Paresh mit einer Engelsgeduld jede ihrer Fragen beantwortet und die Wirkung des Medikaments erklärte hatte, dieses schwer greifbare Gefühl der Unsicherheit blieb, als Soraya mit den Akten in der Hand zurück ins Erdgeschoss fuhr. Es war sicherlich nicht das letzte Mal, dass sie Paresh fragen würde...
Normalerweise hätte Soraya den Hinterausgang genommen, doch da sie mit dem Wagen vor der Klinik parkte, ging sie durch die Notaufnahme nach draußen. Vorbei an einer Gruppe Halbstarker, die ganz offensichtlich in einem Kampf den Kürzeren gezogen hatten, an entnervten Müttern mit brüllenden Kleinkindern und halb dösenden Patieten, die wahrscheinlich schon seit dem frühen Morgen hier warteten.
Soraya war schon fast zur Tür hinaus, als zwei Sanitäter hereinstürmten und ihr mit knappen Worten befahlen, aus dem Weg zu gehen. Diesen Sanitätern folgten kurz darauf zwei weitere Sanitäter samt Krankenbahre, wobei Sorayas Blick kurz das Gesicht des Verletzten streifte, welches größtenteils von einer mit Blut verschmierten Atemmaske bedeckt wurde. Es war nicht so dass sie das Gesicht erkannte, aber da war dieses unbestimmte Gefühl, das etwas nicht stimmte. Weswegen Soraya, anstatt das Krankenhaus zu verlassen, stehen blieb, und schließlich den Sanitätern folgte. Ob sie nun 10 oder 15 Minuten später an der Schule war, würde keinen Unterschied machen.

"Das hatte ich befürchtet." Gentle seufzte leise und massierte sich kurz die Nasenwurzel, ehe er fortfuhr, "scheint ganz so als müssten wir erst einmal herausfinden, mit wem genau wir es zu tun haben. Mir gefällt das ganz und gar nicht." Er nahm einen Schluck von dem Kaffee, den einer der Harolds ihm freundlicherweise vorhin vorbei gebracht hatte, und stellte die Tasse dann wieder beiseite. Seine Augen ruhten auf der Telefonnummer, die Yelinna ihm vorhin gegeben hatte. Nachher würde er versuchen, Alexei anzurufen. Wenn sie bei WellZyn nicht weiterkamen, dann vielleicht bei der Bruderschaft?
"Meinst du, das könnte irgendwie mit Stevens zusammen hängen?" Gentle hatte die Frage ausgesprochen ohne darüber nachzudenken, und bemerkte erst einige Sekunden später, was er tatsächlich gesagt hatte. "Ich meine, es ist natürlich Schwachsinn, aber..." Er fuhr leiser fort. "Irgendwie spukt der Gedanke einfach in meinem Kopf herum."

Milo war gerade auf dem Weg zur Schwimhalle als er Schritte und schweres Atmen hörte. Neugierig wie er war, konnte er einfach nicht widerstehen und folgte dem Geräusch, nur um kurze Zeit später Zach zu finden, der wie ein Häufchen Elend auf dem Boden saß, die Arme um den Körper geschlungen. "Hey", sagte Milo leise und beugte sich vor, den Kopf leicht schief gelegt, "ähm..alles okay?" Die Frage war eher rhetorisch, denn allein am Zittern konnte man erkennen, dass bei Zach definitiv NICHT alles okay war.

Dale Körperhaltung änderte sich abrupt. Von frustrierter Erschöpfung war er sehr schnell in unbehaglicher Habacht-Stellung. Mit zusammengezogenen Brauen sah er seinen Freund an und schüttelte langsam den Kopf, was leider keine Verneinung war. "Der Kerl ist lange tot. Ich wüsste nicht, wie das zusammenhängen soll. Außer, dass ein paar Deppen die selben Ideen haben", sagte er langsam, klang aber selbst für sich nicht überzeugend genug. "Guter Gott, ich hoffe du irrst dich", fügte er deswegen fast verzweifelt hinzu und sank wieder auf dem Stuhl zusammen. Jetzt verstand er wenigstens, wieso Gentle so dringend die Schüler raushalten wollte. Noch so einen Zusammenstoß - Da bekam sogar Dale das Bedürfnis seinen Sohn im Keller einzusperren und ihn nicht wieder rauszulassen.

Lügen oder Wahrheit, das waren Zachs Optionen und keine von beiden kam in Frage. Keiner würde ihm jetzt eine Lüge abnehmen und die Wahrheit konnte er nicht aussprechen, schon gar nicht einem eigentlich völlig Fremden gegenüber. Wenn er allerdings eines gut konnte, dann war das ablenken und abwiegeln, also zwang er sich zu einem zitternden Lächeln und versuchte immerhin das Zittern zu stoppen. "Geht schon. Mir ist nur schwindelig. Geht gleich wieder", murmelte er und hoffte, dass Milo nicht weiter nachhaken würde. Im selben Moment überrollte ihn allerdings die nächste Panikattake. Wenn Nick nicht hier war (davon ging er stark aus, sonst würde ihm wohl nichts so schlimmes passieren), wie konnte er dann helfen?!

"Glaub mir, das hoffe ich auch", seufzte Gentle und schüttelte den Kopf, "ich hoffe, dass das nur ein albernes Hirngespinst ist und ich einfach nur überspannt bin." Er fuhr mit der Hand über seinen verspannten Nacken und drückte probeweise mit zwei Fingern auf dem verhärteten Muskel herum, während er seine Gedanken schweifen ließ. Und sich prompt schuldig fühlte, weil er hoffte, dass Morpheus damals alle von Stevens Leuten erwischte hatte. "Wahrscheinlich ist es auch genau das", fügte er murmelnd hinzu und machte eine wegwerfende Handbewegung, "nur ein Hirngespinst. Reiner Blödsinn."

Mitleidig sah Milo Zach an. Der Groschen war gefallen, und da er nun verstand, worum es ging, konnte er auch helfen. Naja, zumindest ein wenig. "Hey, Zach", raunte er also und ging neben ihm in die Hocke, "versuch mal, in sieben kurzen Atemzügen einzuatmen, und dann in elf kurzen auszuatmen." Um Zach zu zeigen, wie es ging, machte er es ihm zwei Mal vor und zählte die Atemzüge an den Fingern ab. "Das sollte helfen", fügte er leise hinzu und lächelte Zach aufmunternd zu, "und falls es das nicht tut, gib mir ein Handzeichen. Ich hab da noch was auf dem Zimmer, das dir helfen könnte."

"Das wäre der einfache Weg, nicht wahr?", fragte Dale mit einem schiefen, halb ironischen Lächeln. "Der einfache Weg ist nie gut. Wir sollten dem Gedanken nachgehen. Oder sagen wir, du solltest dem Gedanken nachgehen", fügte er mit einem etwas breiteren Lächeln hinzu. Immerhin hatte er selbst keine Ahnung, wie er da anfangen sollte und würde auch spätestens morgen wieder in meinem Meeting sitzen, sonst schmeißt der Vorstand mich tatsächlich noch raus."

Mitmachen war einfacher als zu widersprechen, also versuchte er sich an dem Atmen, kam aber mit dem Zählen immer wieder durcheinander, weil er viel zu sehr damit beschäftigt war darüber nachzudenken, was für ein Arsch er tatsächlich war. Er hatte gewusst, was passieren konnte und war trotzdem blind in genau die selbe Scheiße gerannt. Nur dass dieses Mal Nick der Leidtragende war. Kraftlos fuhr Zach mit der Hand durch die Luft und schüttelte leicht den Kopf. "Wird nichts. Ich sollte vielleicht einfach in mein Zimmer gehen. Danke für die Hilfe", sagte er, sein Lächeln verblasste aber sehr schnell und wurde von einem äußerst selbstquälerischen Blick abgelöst-

Gentle schmunzelte. "Das dürfen wir natürlich nicht riskieren", bemerkte er und lachte tatsächlich kurz, "wobei ich mir sicher bin dass du nur deinen Pheromonspiegel ein bisschen hochschrauben müsstest damit der Vorstand wieder aus der Hand frisst." Er war froh dass Dale offensichtlich gut damit klar kam, die Familienfirma zu leiten, besonders da er ja früher immer sehr mit dem Gedanken gehadert hatte. "Bleibst du denn noch zum Essen?", fragte er also und ergriff dankbar die Möglichkeit eines Themenwechsels, "Hannah würde sich so freuen, dich mal wieder zu sehen. Und bevor du fragst, sie kann inzwischen wirklich gut kochen."

Milo runzelte besorgt die Stirn. "Also nur damit das klar ist", fing er also an und sah Zach ernst an, "du musst mir nicht sagen worums hier geht, aber ich kenn Panikattacken. Die sind nicht ohne. Lass mich dich wenigstens noch bis zu deinem Zimmer begleiten, ja? Dann muss ich wenigstens kein schlechtes Gewissen haben oder befürchten, dass du hier im nächsten Moment kollabierst."

Schockiert sah Dale Genlte an. "Als ob ich sowas tun würde", widersprach er mit großer Inbrunst und einem schelmischen Grinsen. Das eine oder andere Mal hatte er das tatsächlich gemacht, nur nicht um nicht rausgeschmissen zu werden, sondern um schneller zu dem Konsenz zu kommen, den er sich vorgestellt hatte. "Ich wollte schon fragen, ob das ein Mordanschlag werden soll. Aber unter diesen Umständen kann ich ja nicht nein sagen. Hannah und gut kochen, das muss ich erlebt haben. Außerdem hätte ich nur einen Abend im Hotel, mein Flieger geht erst morgen. Also, gerne. Danke für die Einladung. Oh, bevor du los stürmst. Ich hätte da tatsächlich noch eine Frage." Fast als würde er erwarten, dass Gentle sofort Nachhause laufen würde, hob er die Hand und sah seinen Kumpel nachdenklich an. "Ich hab vorhin Zach getroffen, zusammen mit einem anderen, Nick glaub ich. Weißt du was darüber?"

Sah man ihm das echt so sehr an? Wundern sollte ihn das allerdings nicht, trotzdem sah Zach alles andere als begeistert aus der Wäsche. Widerstrebend nickte er. "Okay, schon gut. Musst du dir nicht machen", seufzte er leise und schob sich an der Wand entlang in eine stehende Position. Jetzt war ihm tatsächlich schwindelig, weswegen er erstmal an die Wand gelehnt stehen blieb und abwartete, dass die schwarzen Punkte verschwanden.

"Soweit ich dem allgemeinen Klatsch glauben darf, scheinen die beiden ein Paar zu sein", antwortete Gentle wahrheitsgemäß auf Dales Frage, wobei er überrascht klang, "wusstest du nichts davon?" Er klappte die letzten Ordner wieder zu und schob sie endgültig beiseite. Darum konnte er sich auch später kümmern. "Ich muss zugeben dass ich da jetzt nicht unbedingt hinterher bin zu erfahren. wer mit wem zusammen ist, aber soweit ich weiß, verbringen Zachery und Nick schon einige Wochen zusammen. Mittlerweile sind sie auch Mitbewohner."

"Na komm." Milo hatte einen Arm um Zachs Brustkorb gelegt und forderte ihn mit einer Kopfbewegung auf, seinerseits seinen Arm um Milos Schulter zu schlingen. "Ich hab noch Rescuetropfen auf meinem Zimmer", erklärte er, während sie dem Gang zu den Treppen folgten, "das ist so Pflanzenzeug, Bachblüten. Hilft aber tatsächlich gut wenns mit der Panik akut ist."

So, dann hatte ihn sein Gefühl doch nicht betrogen. "Aber Mr. Abidemi, was sind das denn für moralische Zustände hier?", fragte er gespielt vorwurfsvoll mit einem Lächeln. "Wenn ich gewusst hätte, dass alle festen Pärchen zusammen wohnen, dann hätte ich mir wohl lieber ein Internat mit höheren Gebüren besorgt. Der faule Kerl macht doch schon wenig genug für die Schule." Er meinte seine Vorwürfe zum Teil sogar ernst, aber eher den letzten Teil, den seinen Sohn betraf, der steckte seiner Meinung nämlich viel zu oft seine Nase in andere Sachen als die Schulbücher. "Und, nein. Er hat nichts gesagt."

"Ich dachte die sind für neurotische Hunde da", murmelte Zach. Wenigstens hatte er seinen Humor noch nicht ganz verloren. Vielleicht lag es daran, dass seine Mutation keine Warnsignale mehr schrillen ließ. Egal was, es war vorbei und obwohl er sich nicht wohl fühlte, eher als würde er sich lieber für den Rest seines Lebens in ein Loch verkriechen, hatte er nicht das Gefühl, dass seine Welt demnächst untergehen würde. Also legte er seinen Arm um Milos Schulter, die Hilfe konnte er wirklich gut gebrauchen. So ganz vertraute er seinen Knien nicht.

Noch immer bewusstlos bekam Nick von allem, was um ihn herum passierte, nichts mit. Weder wie man ihn in den Krankenwagen brachte, noch wie er ins Krankenhaus kam. Um ihn herrschte ein Gewusel, nachdem man ihn in einen Raum geschoben hatte. Krankenschwestern, Ärzte, Assistenzärzte, medizinische Ausdrücke wurden hin und her geworfen und Kleidung zerschnitten, während über ihm das grelle Licht schien.

Noemi hatte das Handy zwischen Ohr und Schulter geklemmt und räumte nebenbei ihre Sachen ein. „Hat er das?“, hakte sie nach und warf ein Oberteil auf den Wäschehaufen, den sie gleich noch in die Waschküche bringen musste. „So, so... Nein, natürlich habe ich kein Problem damit, wenn Felipe dich begleitet. Scheinbar hat seine Mutter einen sehhhr guten Einfluss auf ihn“
Sie lachte und warf noch zwei weitere Kleidungsstücke auf den Wäschehaufen, ehe sie sich auf ihrem Bett fallen ließ. „In Ordnung. Grüß deinen Dad und deine Brüder von mir! Machs gut!“

„Da wären wir“ Matthew hatte den Auto in einem sicheren Stadtviertel geparkt und den Motor ausgemacht. Er hatte Kaya und Kara versprochen, sie beide in die Stadt zu begleiten und ihnen zu zeigen, wo sie einkaufen konnten. Leider war es Kaya kurz bevor sie los wollten, nicht so gut gegangen – das war zumindest das, was Matt glaubte. Kaya hat lediglich krank gespielt, damit ihre Freundin mit Matt alleine sein konnte, für den sie scheinbar eine Schwäche hatte.
„Also... wohin zuerst? Was wolltest du denn alles einkaufen?“, fragte er und sah sich nebenbei nach dem Parkscheinautomaten um, der hier irgendwo sein musste.

Zur selben Zeit drehte Emma draußen im Park eine Runde, nachdem sie sich vorhin reichlich aufgewärmt hatte. Sie hatte noch immer ein bisschen Hoffnung, dass ihr Dad kommen würde und blieb bei jedem Rascheln der Sträucher und Büsche stehen. Nur war da niemand.
Niedergeschlagen trottete sie schließlich wieder auf das Haupthaus zu.

Neugierig hatte Kara die Hälfte der Zeit aus dem Fenster gestarrt und die Stadt beobachtet. Eigentlich nicht anders als bei ihnen und trotzdem kam sie ihr vollkommen verändert vor. Dass Kaya so plötzlich "krank" geworden war, kam ihr zwar komisch vor, andererseits war es ihr ja nach dem Sprung sowieso nicht gut gegangen. Und ganz nebenbei fand sie es auch gar nicht so schlimm alleine mit Matt zu fahren, der Junge war echt nett. "Ich brauch ein paar Klamotten für mich und Kaya und Blake möchte seine Nachos haben. Ansonsten. Können wir machen was wir wollen", antwortete sie ihm mit einem fröhlichen, vorfreudigem Lächeln und sah ihn an.

Seufzend lehnte Yelinna sich auf ihrem Schreibtischstuhl zurück und rieb sich frustriert den Nacken. Sie hatte keine Lust zu lernen, aber weil sie ja mit Emma den Filmabend machen wollte und sie über die Ferien so wenig getan hatte, wollte sie den Moment jetzt nutzen. Nur leider hielt ihre Konzentration höchstens für einen Satz, was nicht hilfreich war. Aus tiefsten Herzen wünschte sie sich Rodrigo wäre hier, damit sie etwas anderes tun konnte, aber leider kam auch hier ihr Verantwortungsbewusstsein in den Weg. Irgendwann musste sie lernen, also wenn Rodrigo nicht da war, musste sie sich endlich mal zusammenreißen.

"Das wundert mich", bemerkte Gentle stirnrunzelnd, "ich meine, es ist nicht so dass ihre Beziehung ein Geheimnis wäre. Und soweit ich weiß, haben sich Zachs Leistungen in den meisten Fächern sogar leicht verbessert seit er und Nicks Mitbewohner sind." Gentle rutschte mit dem Stuhl ein Stück zurück und stand dann auf. Mit wenigen Schritten war er beim Fenster und öffnete dieses ein Stück, um ein wenig frische Luft rein zu lassen.

"Naja, es hilft, also sage ich mal: Was gut genug für neurotische Hunde ist, ist auch gut genug für mich." Auf Milos Lippen lag ein schiefes Lächeln während er Zach half, den weg zu dessen Zimmer zurück zu legen. "Ich hab panische Angst vor Nadeln", gestand er schließlich, als die Tür des Zimmers in Sichtweite kam, "Impfungen und alles andere, was mit Spritzen zu tun hat, war die Hölle für mich. Meine Mutter fand schließlich durch Zufall diese Tropfen, und seitdem hab ich immer ein Fläschen dabei. Falls ich mich mal wieder an irgendwas Rostigem schneide und eine Tetanusspritze brauche."

Soraya wusste, dass sie das Behandlungszimmer nicht betreten durfte, doch da einer der Notfallmediziner die Tür offen gelassen hatte, stellte sie sich unauffällig in die Nähe und lauschte. Namen von Medikamenten, Daten und Befehle wurden durcheinander gerufen, und Soraya lehnte sich vor um einen kurzen Blick auf die Szenerie erhaschen zu können. Und in just diesem Moment flackerte etwas Blaues, Schemenhaftes auf, nur wenige Zentimeter über den Köpfen der Ärzte. Ein Gesicht. "Nick." Soraya spürte, wie sich ihr Magen zu einem eisigen Klumen zusammenzog während innerhalb von Sekunden die Erkenntnis durchsickerte, dass die Ärzte da gerade um das Leben ihres Schülers kämpften. Während sie gegen das Bedürfnis ankämpfte, sofort in das Behandlungszimmer zu stürmen, arbeitete ihr Hirn auf Hochtouren. Wenn sie dort hinein ging, würde sie bestenfalls stören, im schlimmsten Fall aber die Behandlung behindern. Und so lief sie stattdessen in Richtung der Anmeldung, um eine Krankenschwester zu fassen zu bekommen.

„In Ordnung“ Matthew lachte und schnallte sich ab. „Klamotten und Nachos. Dann gehen wir am besten in die Mall. Die ist nicht weit weg, die Straße runter, rechts rein und dann müsste man sie schon sehen“, erklärte er Kara und legte eine Hand an die Klinke. „Dann mal los“ Mit einem Lächeln nickte er ihr zu, sah dann kurz in den Seitenspiegel, bevor er die Autotür öffnete und nach draußen trat. Sofort pfiff ihm ein ordentlicher Wind um die Ohren. Gleich nachdem er die Autotür wieder geschlossen hatte, zog er seinen Reißverschluss der Jacke hoch. Das letzte, was er wollte war, noch in den Ferien krank zu werden. In der Mall war es wenigstens nicht so windig, ein Grund mehr, dort einkaufen zu gehen.

Die Wäsche stopfte Noemi in eine Leinentasche und sah dabei zweimal auf die Uhr. Vermutlich war Felipe noch mit seiner Mutter in der Stadt. Schade. Es brannte ihr regelrecht unter den Nägeln, mit ihm über den Geruch der Neuen zu sprechen. Irgendetwas stimmte da nicht. Entweder sie bekam bald einen Schnupfen, oder es stimmte etwas mit diesen Kindern nicht. Nicht einmal Paige war da, deren Nase sicher auch schon geholfen hätte.
Seufzend schwang sie ihre Tasche über die Schulter und machte sich mit der auf den Weg in den Waschkeller.

„Was für ein Chaos“ Eine der Krankenschwester war aus dem Raum gekommen und war auf eine Freundin getroffen. Diese warf ihr einen mitleidigen Blick zu und lächelte. „Der Junge von eben? Was ist da passiert?“ „Keine Ahnung, es hatte zwar jemand einen Krankenwagen gerufen, aber als die Sanitäter dort ankamen, war niemand da. Aber wenn du mich fragst, sieht es so aus, als ob er verprügelt worden ist. Gleich nachdem er ausgeraubt wurde, Geldbeutel und Ausweis fehlen. Wenigstens ein Handy hatte er bei sich – ich soll jemanden anrufen, am besten Eltern“, sagte sie und hielt das Handy des Jungen hoch.
„Irgendjemand, der den Jungen wenigstens identifizieren kann und am besten auch noch seine Blutgruppe kennt“

"Echt? Dann muss ich mich bei dem Jungen ja bedanken", antwortete Dale leicht verwundert. Sein Sohn und ein stabiler Lebenswandel? Es passierten eben doch noch Zeichen und Wunder. "Ich glaub auch nicht, dass Zach es absichtlich verheimlichen wollte. Du kennst ihn doch. Er hat es wahrscheinlich einfach vergessen." Mit einer Hand wischte er leicht durch die Luft und schauderte leicht zusammen, als ein Schwall kalter Luft zu ihm vorstieß. "Himmel. Muss das Land so verdammt verschiedene Klimazonen haben? Wo ich gestern war, da hatten wir angenehme 8°C."

Etwas verwundert sah Zach seinen Helfer von der Seite an und lächelte schwach. "Das muss ja häufig vorkommen, wenn du so eine Flasche immer mit dir rumschleppst", murmelte er und lehnte sich lieber gegen die Wand, als Milo die Tür öffnete. Sich mit dessen Problemen zu beschäftigen war einfacher, als über seine nachzudenken. Das machte die Situation erträglicher, wenn auch nur marginal. "Passiert dir sowas wirklich häufig? Dass du dich schneidest und ne Spritze brauchst?"

"Ouh", machte Kara und zog ihre doch recht dünne Jacke gegen den Wind zusammen. Den Kragen konnte sie nicht hochklappen, deswegen zog sie den Kopf tief zwischen die Schultern und als sie sich gegen den Wind drehte, hasste sie sich dafür auf Eitelkeit die Haare offen gelassen zu haben. Sofort hatte sie die wild flatternden Strähnen in den Augen. Genervt drehte sie sich wieder um, damit hatte sie wenigstens das Problem mit den Haaren nicht mehr, dafür ein superkaltes Gesicht. "Wo war die Mall noch? Und: Ist sie gut geheizt?", fragte sie und grinste Matt entschuldigend an. Sie stand noch keine fünf Minuten hier draußen und es fehlte nicht mehr viel, dann klapperten ihr die Zähne vor Kälte. Sie brauchte definitiv was anderes zum Anziehen. Wie gut, dass ihre Eltern ihnen Geld mitgegeben hatten.

"Hier!", rief Soraya und ging mit hastigen Schritten zu den beiden Krankenschwestern hinüber. Die jüngere kannte sie nicht, mit der älteren hatte sie hingegen lange Zeit in der Ambulanz gearbeitet. "Myriam", sprach sie die Frau nun an und knetete nervös ihre Hände, wobei ein leise knirschendes Geräusch zu hören war, "ich kenne den Jungen. Sein Nama ist Nicholas Obrey, er ist einer meiner Schüler." Während sie ungeduldig auf eine Reaktion wartete, konnte sie sehen wie sich der Ausdruck Myriam veränderte. Aus Überraschung wurde ein fragender Blick und schließlich eine ernste Miene, als sie die Bedeutung der Worte begriff. "Komm mit", forderte sie Soraya also mit einer Handbewegung auf, "wir brauchen so viele medizinischen Daten wie möglich, Blutgruppe, wichtige Allergien, alles!"

"Ja, ich vermisse das mediterrane Klima von Rabat auch", gab Gentle mit einem schiefen Lächeln zu, "besonders im Winter. Wir waren in den Winterferien für eine Woche bei meinen Eltern, die Kinder haben es natürlich in vollen Zügen genossen." Schmunzelnd zog er sein Handy aus der Hosentasche und schob es Dale hin. Das Hintergrundbild war der jüngste Spross der Familie Abidemi, Chraya, wie sie mühelos ein Kamel stemmte auf dem ihre Zwillingsbrüder Caden und Cahir saßen.

"Meine Eltern pflegten immer zu sagen, dass ich das Chaos magisch anziehe." Milo hatte die Tür inzwischen geöffnet und half Zach nun zu dessen Bett, sodass er sich setzen konne. "als Kind war ich quasi Dauergast in der Notaufnahme. Siehst du das hier?" Er deutete auf seine Augenbraue, die an einer Stelle von einer feinen Narbe unterbrochen wurde. "Ich bin aus dem Baumhaus gefallen, Nase zuerst. Sie brauchten zwei starke Krankenpfleger um mich ruhig genug zu halten, dass der Arzt die örtliche Betäubung spritzen kann."

„Hier lang“ Matthew hatte den Wagen abgeschlossen und ihn daraufhin umrundet. Mit einem Lächeln legte er eine Hand in Karas Rücken und zog sie sanft mit sich. „Und ja, sie ist beheizt. Gut genug, würde ich behaupten. Sehen wir also zu, dass wir schnell dorthin kommen – Ich hoffe, du hältst so lange durch“, sagte er und musterte sie etwas besorgt von der Seite.
Die Jacke, die sie da anhatte, sah nicht sonderlich warm aus. Allerdings gab es zich Jacken und Mäntel in der Winterzeit, die nicht wirklich wintertauglich waren. Nur 'modisch'.
Seine Mutter hatte auch einige von denen in ihrem Schrank, achtete aber bei Jasmin stets darauf, dass sie draußen warm genug angezogen war. Früher war seine kleine Schwester oft erkältet gewesen. Auch Angina, Mittelohrentzündung und Grippe – wenn es jemand von ihnen hatte, dann immer zuerst Jess.
„Ward ihr eigentlich schon mal hier? Nicht an der Schule, sondern in der Gegend?“