Fantasy RPG - Der Anfang

"Holst du dir dabei auch keine Erkältung?", rief Verodor ihr hinterher.

Alienor hatte mittlerweile das Dort erreicht, zu dem die Spuren geführt hatten. Einem bulligen, ziemlich dämlichen dreinblickenden Mann, anscheinend der Schmied des Dorfes, hatte sie die Zeichnung hingehalten, woraufhin dieser mit dröhnendem Lachen verkündet hatte: "Das isder Doc, hat misch schon tausn Mal zusammngeflickt!"
"Was wohl auch nötig war!", dachte Alienor, klimperte dann jedoch ein paar Mal mit den Wimpern und dankte dem Kerl, dessen Speichel wohl jeden Moment auf den Lehmboden tropfen würde. Männer waren einfach gestrickt. Er gab sämtliche folgenden Informationen über den Arzt freiwillig heraus, seinen Namen, sein Alter, und, was am wichtigsten war, seinen Wohnort.
Alienor bedankt sich erneut mit einem aufgesetzen Lächeln, schlug das Angebot auf ein Maß Dünnbier charmant aus und machte sich mit eiligen Schritten auf dem Weg zum Hause ihres Opfers. Dass er Arzt war, war eine äusserst vorteilhafte Fügung des Schicksal, vielleicht würde sie sich ja als Patientin vorstellen und ihn dann erlegen?
Ein leichtes Grinsen umspielte ihre Mundwinkel, als das, zugegeben prächtige Haus in Sichtweite kam. Dem Anschein nach verdiente man als Arzt in diesem Dorf nicht schlecht.
Als sich die Haustür plötzlich öffnete, verschwand Alienor sofort hinter einem der Bäume, die das Haus umgaben. Noch bevor das Mädchen, welches die Tür geöffnet hatte, einen weiteren Schritt machen konnte, war sie flink in die Krone geklettert und versteckte sich nun im dichten Blätterdach.

"Keine Sorge Supernanny!", sagte sie grinsend und verließ das Haus. Sie ging schon einige Meter vor und blieb vor einer riesigen Weide stehen. Sie schaute nach oben und der Anblick den wunderschön, kraftvollen Baums beeindruckte sie sehr. Sie setzte sich auf einen Stein der nicht weit weg von dieser Pracht der Natur und nahm aus ihrem Rucksack ein leeres Blatt Papier und einen Bleistift. Mehr brauchte sie nicht. Dann fing sie an zu zeichnen...

Alienor war sich fast sicher gewesen, dass das Mädchen sie gesehen hatte, und hatte leise ihr Kurzschwert gezückt, doch nun wurde ihr klar, dass nicht sie, sondern der Baum beobachtet wurde. Ein spöttisches Grinsen zierte ihre Lippen. Das Mädchen mochte gute Augen haben, aber nicht auf das Wesentliche! Zudem war sie vollkommen ungefährlich, das Schlimmste, was sie ausrichten konnte, war, eine schlechte Zeichnung von ihr anzufertigen.

Verodor blickte ihr hinterher, aus seinem Fenster heraus konnte er sie sitzen sehen unter dieser großen, starken Weide, wie sie sich im Wind bewegte. Schade, dass er durch das geschlossene Fenster den Wind nicht hören konnte, so wandte er sich wieder seinem Gepäck zu und beeilte sich, um fertig zu sein.

Sie war sehr in ihre Zeichnung vertieft, trotzdem spürte sie etwas in ihrer Gegenwart und drehte sich um ohne die Zeichnung halb fertig gezeichnet zu haben. "Verodor?"
Doch sie sah ihn nicht.
Verwirrt sah sie sich um ehe sie sich schulterzuckend wieder ihrer Zeichnung witmete.

"Verodor!" Alienors Muskeln spannten sich an. Das war der richtige Name! Anscheinend befand er sich noch innerhalb der schützenden Mauern seiner Behausung. Vorsichtig steckte Alienor ihr Schwert zurück in die Scheide und zog an ihrer statt den kleinen Reiterbogen von ihrem Rücken. Die Reichweite war mit der eines klassischen Langbogens nicht zu vergleichen, punktete jedoch durch Handlichkeit. Vorsichtig tastete sie mit ihren Füßen nach den Ästen, bis sie eine Posotion fand, sie stabil genug war, um schießen zu können, hielt in der einen Hand den Bogen und griff mit der anderen nach den Pfeilen in ihrem Köcher.

So weit sie blicken konnte, erstreckte sich diese Straße. Schnell rappelte sie sich wieder auf und lief neben der Straße im Wald entlang. Noch immer konnte sie eingeholt werden, sollten die Schwestern oder der Abt herausfinden, dass sie ausgebrochen war. Und da durfte sie es sich nicht erlauben, auf der Straße entlang zu laufen.

Aus dem anfänglichen Trab wurde schnell ein Rennen, das ihr den Atem abschnürte und ihr Seitenstechen bereitete. Immer wieder fiel sie hin und holte sich Schnittwunden und blaue Flecke.

"Sollte ich jemals in Indurakei ankommen, werde ich als blutiger Brei in den Flußgraben geworfen!", dachte sie sich.

Mittlerweile stand die Sonne hoch am Himmel. Es musste gegen Mittag sein. Fayra konnte nicht mehr. Mehr stolpernd als laufend kam sie die letzten Meter bis in das kleine, verschlafene Dörfchen am Rande der Straße. Fayra war zu hungrig und verwirrt, als dass sie noch auf Heimlichkeit wert gelegt hätte. Sie schaute in ihrem Geldsäckchen nach. Drei einsame Münzen klimperten darin. Immerhin würde es für eine kleine Mahlzeit reichen. Aber wie sollte es danach weitergehen?

Fayra schüttelte den Gedanken ab und sah sich nach einer Spelunke um. Es gab eine Schmiede, mehrere Hütten, einen großen Pferdestall und ein ziemlich großes und stabil gebautes Gebäude, das nicht so wirklich in dieses Dorf zu passen schien. Aber nirgendwo fand sie einen Ort, an dem sie etwas zu Essen bekam. Da sie es nicht einfach aufgeben wollte, durchschritt sie die kleine Ortschaft auf der Suche nach einem Gehöft, auf dem sie etwas Essbares erstehen konnte. Allerdings war das Dorf anscheinend sehr arm und kaum Haus war überhaupt wetterfest. Diese Leute hatten bestimmt weder Essen noch Geld. Also drehte sie sich wieder um und lief auf das prächtige Gebäude zu, das teilweise von einem riesigen Baum verdeckt wurde. Vor dem Haus saß ein Mädchen - nicht viel älter als sie selbst - und malte anscheinend. Zögerlich ging sie auf die Malende zu. Wie sollte sie denn fragen?

"Entschuldigt bitte. Ich bin neu hier im Dorf und habe keinen Proviant mehr. Könntet ihr mir freundlicherweise erläutern, wo man hier im Dorf Essbares erstehen kann?" fragte sie schließlich.

Endlich hatte Verodor fertig gepackt. Gemütlich, wie immer schritt er aus seiner Praxis, wollte die Haustür öffnen und seinen Rucksack anlegen, da erstarrte er plötzlich, als ein kleiner Windhauch an ihm vorbei zog, der ihn bereits auf das nun Folgende vorbereitete. Sein Gesicht wurde blaß, seine Pupillen weiteten sich und der gepackte Rucksack fiel ihm aus der Hand. So schnell er konnte, riss er die Tür auf, rief laut Fionas Namen und schickte dann auch schon eine enorme Druckwelle in Richtung des Baumes unter dem Fiona saß...

Fiona sah zu dem jungen Mädchen auf und fragte sich wer sie war.
"Oh hallo..ehm.."
Sie dachte natürlich sofort an ihre Adoptiveltern, aber sie wollte das junge Mädchen nicht dort hinschicken. Sie würden fragen wer sie geschickt hat und da ihre Familie schon dachte sie wäre wieder in der Stadt strich sie diese Möglichkeit aus ihren Gedanken. "Nun ja..ich habe noch etwas in meinem Rucksack..", sagte sie und nahm etwas essbares, nichts besonderes, aus ihrem Rucksack und hielt es dem Mädchen hin. "Hier bitte...nicht gerade Sterneküche, aber du siehst ziemlich hungrig und müde aus.."
Doch dann mit einem mal hörte sie das Rufen von Verodor und der Wind der aus seiner Richtung kam war so stark dass das Essen das sie dem Mädchen hinhielt zu Boden fiel. Sie erschreckte als sie ihren Namen hörte und blickte blitzschnell in die Richtung aus der Verodors Stimme kam.

Verodor hatte stattdessen seinen Bogen gezückt und zielte mit Argusaugen auf die Gestalt, die aus dem Baum gefallen war. Seine Kräfte ließen ihn bläulich schimmern und seine Augen hell aufleuchten, als er den Wind weiter anfachte.
"Wer bist du, Assasine?", fragte er mit tiefer und zornerfüllter Stimme.

Alienor sprang blitzschnell auf und blieb in halbgeduckter Haltung stehen. "Du hast dir deine Frage gerade selbst beantwortet!", erwiderte sie sarkastisch und zog ihr Kurzschwert, da der Bogen ausser Reichweite war. "Ein Magier!", dachte sie zornig, "das wird sowas von Aufschlag kosten...!"

Fiona sprang von dem Stein auf auf dem sie gesessen hatte. Das Blatt Papier auf dem die Weide zu sehen war die sie zuvor gezeichnet hatte fiel ihr aus den Händen. Als sie das Wort Assasine hörte bekam sie Angst. Sie hatte angst um den meist ungehobelte Elfen auf den es die Assasine abgesehen hatte. Doch sie wusste auch, dass sie nichts, rein garnichts unternehmen konnte. Sie war nur ein Mensch. Ein Mensch mit keinerlei kämpferischer Erfahrung. "Verodor!!", rief sie.
Trotz allem wollte sie ihm helfen und nicht nur dumm rumstehen und warten wer zuerst den löffel abgeben würde. Dann sah sie schnell zu dem Mädchen das noch immer neben ihr stand. Doch sie wendete den Blick wieder schnell ab und sah zu Verodor und der jungen Assasine.

"Also wirklich ein Assasine!? Wer hat es auf mich abgesehen? Welcher dreckige, erbärmliche Mensch muss mir erst einen Leibeigenen schicken, um mich aus dem Weg zu räumen? Mein alter Meister? Ein unzufriedener Patient? Vielleicht einer, meiner Magierbrüder?", wollte Verodor wissen und hielt weiterhin den Bogen gespannt.

"Meine Kunden bezahlen viel Geld dafür, dass mein Mundwerk nicht so locker sitzt wie Eures!", erwiderte Alienor kühl und fuhr mit der freien Hand an ihrem Bein entlang. Flink zog sie einen ihrer Dolche und warf ihn gezielt in Richtung ihres Opfers. Zwar blieb der Dolch nicht im Arm stecken, verletzte ihn jedoch soweit, dass er nur noch mit größter Mühe den Bogen spannen konnte.

Es war wie ein Traum. Fayra starrte auf die Besucherin des Klosters... und sie kämpfte augenscheinlich mit einem anderen, nicht menschlichen Wesen. Sie riefen sich Sachen zu, doch Fayra hörte nichts davon. Das Blut in ihrem Kopf rauschte und verhinderte jegliche Teilnahme an der Konversation.
Das Mädchen, das ihr kurz zuvor Essen geben wollte, war ebenfalls starr, wie sie aus dem Augenwinkel sehen konnte, ohne ihre Augen von Layla zu loszureissen...

Fiona starrte wie hypnotisiert zu den beiden. Sie wusste nicht was sie tun sollte und sah zu dem Mädchen dass etwas jünger war als sie selbst. "Geh und bring dich in Sicherheit. Los!", sagte sie und wollte nicht dass das Mädchen auch noch verletzt wird. Dann schaute sie wieder zu Verodor und der Assasine. Sie sah wie er am Arm getroffen wurde und hoffte das nicht noch mehr geschehen würde. Ihr gingen hundert Gedanken durch den Kopf wie sie dem Elfen helfen könnte.

Durch den Schmerz, den der Dolch ihm zugefügt hatte, kehrte Verodor wieder zurück in diese Welt und ärgerte sich prompt darüber, wie er das aus lauter Tagträumerei und Rachefanatsie bloß übersehen haben konnte, dass seine Gegnerin einen Dolch auf ihn geworfen hatte - eine Standardattacke, die er normalerweise mit einem kleinen Windhauch hätte abwehren können. Glücklicherweise besaß sein Bogen eine Sehne und Pfeile aus Luftmagie, sodass er wenig Mühe hatte, ihn weiterhin zu bedienen. Wäre es jetzt ein normaler, irdischer Bogen gewesen, sicherlich hätte er die Sehne vor Schmerz loslassen müssen.
"Das hättest du nicht tun sollen!", rief er, ließ los und wartete schon voller Erwartung darauf, was diese Assasinin wohl einem ganzen Hagel aus Luftpfeilen entgegen zu bringen hatte, immerhin verstand er was von sienem Handwerk und hatte so gleich eine ganze Salve aus Luftgeschossen auf sie abgefeuert.

Alienors Augen weiteten sich, als sie eine Armader von Pfeile zischend auf sich zufliegen hörte, jedoch so gut wie nichts sah. Rasch sprang sie zur Seite, rollte sich ab und stand nun hinter dem schützenden Baum. Doch zerriss einer der unsichtbaren Pfeile ihren Mantel und verfehlte ihre Schulter nur um wenige Millimeter. "Ein Windmagier...", murmelte sie wütend. Gut, hier half Distanz nichts, sie musste ihn direkt angreifen. Und zwar möglichst, ohne vorher umgebracht zu werden!
Ihr gehetzter Blick viel auf das Mädchen, dass noch immer wie versteinert dastand. Es gefiel Alienor nicht, was sie ihr eventuell würde antun müssen, aber die Mission ging vor. Schnell und wendig sie eine Katze sprang sie hinter dem Baum hervor, lief auf das Mädchen zu und zückte ihre Dolchklinge. Noch bevor das arme Ding wusste, wie ihr geschah, war ihr Kopf nach hinten gerissen worden und an ihrer entblößten Kehle lag die silbrig glitzernde Klinge.
"Versuch diesen Trick noch einmal, und ich mache deiner kleinen Begleiterin hier ein hübsches Muster in den Hals!", fauchte sie und fixierte Verodor mit ihren vor Wut funkelnden Augen.

Sie konnte nicht so schnell reagieren und Alienor hielt ihr die Spitze Klinge an den Hals. Mit großen Augen war sie wie erstarrt. Sie wendete den Blick zu Alienor. "Lass ihn in Ruhe!", sagte sie mit angstvoller aber auch wütender Stimme, ohne an ihr Leben zu denken. Doch sie bewegte sich keinen Zentimeter.

"Erbärmlich. Mehr hast du nicht drauf, als ein armes, kleines Kind gefangen zu nehmen?", entgegnete Verodor und spielte bereits mit dem Gedanken, einen Wirbelsturm auf die beiden nieder fahren zu lassen, hielt dann aber doch ein, um Fionas Leben nicht unnötig zu riskieren.
Langsam ließ er den Bogen sinken und ließ seine sibrig glänzenden Augen dabei einmal aufblitzen.
"Was verlangst du?"

"Deinen Kopf!", entgegnete Alienor, "oder die Summe, dir mir für deinen Kopf gezahlt werden soll!" Noch immer hielt sie die Klinge an die Kehle des Mädchens. "Ich will dich nicht töten müssen", flüsterte sie ihr zu, "also sag deinem Freund, dass er besser seinen Zauberbogen wegwerfen soll..."

Angsterfüllt stolperte Fayra wieder rückwärts, weg von dieser komischen Szenerie. Aber der Bann der Bilder war zu stark. Pfeilschnelle Luft, die Mäntel zersäbelt. Wegen so etwas war sie doch aus dem Kloster geflohen!

Aber ausgerechnet Jayla? Sie hatte doch gewusst, dass mit ihr etwas nicht stimmt. Während sie so sinnierend Stück um Stück nach hinten davonstolperte, rannte Jayla hinüber zu dem anderen Mädchen und hielt ihr ein Messer an den Hals.
Sie konnte nicht glauben, dass es sich dabei um die selbe Person handelte, die sie gestern im Studierzimmer des Vaters vorgefunden hatte.

Mittlerweile hörte sie auch die Konversation wieder. Es ging um Kopfgelder, merkte sie erstaunt und hörte gebannt weiter zu.

Sie schaute mit angstvollen Blick zu Verodor und sagte mit genau dem Flüsterton zu Alienor: "Ich flehe dich an Assasine...lass ihn gehen...bitte..."
Sie mochte den Elfen und wollte nicht das er stirbt. Unter keinen Umständen. Aber sie dachte sich schon das sie durch bitten, flehen ihre Meinung nicht ändern konnte, trotzdem versuchte sie es.

Verodor machte große Augen.
"Meinen Bogen? Glaubst du, ich werfe mein Leben so schnell für einen Menschen weg?"