Vampire-Das RPG II

Zuerst wehrte sich Emlyn, versuchte, sich Damions Griff zu entwinden, schlug sogar mit den Fäusten auf seinen Brustkorb ein, aber vergebens.
Schließlich merkte sie, wie ihr Widerstand langsam nachließ, das Schluchzen, das so lange in ihrer Kehle festgesteckt hatte, brach hervor. Sie vergrub das Gesicht in Damions Hemd und liess ihren Tränen freien Lauf.
Wenn das hier die Essenz des Vampirdaseins war...wollte sie dann ein Vampir sein?

"Jetzt weint sie auch noch..", dachte Damion und verdrehte die Augen. Das war definitiv die dümmste Idee, die er seit langem gehabt hatte. Jael würde ihm den Kopf abreißen, wenn er zwei Leichen in einem fremden Revier liegen ließ. Was solls, er hatte schon in schlimmeren Zwickmühlen gesteckt. Sanft schob er Emlyn von sich und sah sie ernst an.
"Wir sind hier noch nicht fertig, weinen kannst du später. Entweder hilfst du mir oder du suchst dir deinen Weg zurück zum Haus. Meinst du, du schaffst das?"

Emlyn zog geräuschvoll die Nase hoch und wischte sich mit dem Ärmel ihres Pullover notdürftig über die Wangen.
"Ich weiss nicht", nuschelte sie wahrheitsgemäß, "ich glaube, eher nicht..."

Matthew und Jael hatten mittlerweile das Wohnzimmer erreicht, aber Jilian und Natasha waren nicht mehr da. Matthew runzelte nachdenklich dir Stirn, bevor er tief einatmete.
Jilians Und Natashas Spur fand er fast sofort. Sie hatten den Raum verlassen und waren nach oben gegangen. "Ich wollte kurz nach Jilian und Natasha sehen", wandte er sich mit einem höflichen Lächeln an Jael, "haben Sie eventuell Lust, mich zu begleiten?"

"Dann solltest du hier bleiben", sagte Damion, der sowas schon erwartet hatte. Ohne weiter etwas zu sagen, ließ er Emlyn stehen und überlegte sich, wie er die Leichen am besten verschwinden lassen konnte.

"Wenn ich wirklich nicht stören würde, gerne", sagte Jael und folgte Matt.

Emlyn sah Damion fassungslos nach, blieb aber brav an Ort und Stelle stehen. Schon alleine weil sie viel zu überrumpelt war, um Widerstand zu leisten.

"Sie stören nun wirklich nicht!", sagte Matthew lächelnd und atmete erneut tief ein, um Jilians Spur wahrzunehmen. Dann verließ er das Wohnzimmer und steuerte zielsicher die Treppe an. Im zweiten Stockwerk fand er schließlich das Zimmer, in dem Jilian und Natasha sich befanden. Aber ihr Geruch war nicht der einzige...
Matthew stieß energisch die Tür auf. "Jilian?", fragte er besorgt, "alles ist Ordnung?"
Er "scannte" kurz den Raum. Nein, er hatte Haileys Geruch zwar wahrgenommen, aber sie war nicht mehr hier.

Thomas rümpfte pikiert die Nase, als Maryam gegangen war. Der bittere Nachgeschmack ihrer letzten Andeutung widerstrebte ihm.
>ausschließlich Blutkonserven< hatte sie gesagt. Als wüsste Thomas nicht, worauf sie anspielte! Als würde er einfach...
Schnaubend warf er sich in den Sessel und nahm sein Buch zur Hand. Doch er war mittlerweile so frustriert, was alle von ihm zu halten schienen, dass er es kurz danach von sich legte. Sein Blick wanderte zu Amanda, die ihn immernoch geflissenlich ignorierte.
"Wie lange willst du mich diesmal ignorieren?", fragte er also leicht aggressiv nach. Ja, vielleicht suchte er Streit. Aber irgendwie war das auch sein Recht! Amanda schnaubte jedoch nur beleidigt.
"Wenigstens können wir uns hier aus dem Weg gehen und sind nicht in dem kleinen Keller gesperrt!", höhnte er leise, woraufhin Amanda ihn wutentbrannt anstarrte.
"Ich bleib eh nicht hier!", schnappte sie schnippisch, doch Thomas lachte nur gleichgültig.
"Genau. Vielleicht gehst du ja mal wieder im Sonnenschein spazieren. Gute Idee." Er wusste wie er Amanda auf die Palme brachte - und tatsächlich rappelte sie sich wütend auf und starrte ihn vernichtend an.
"Und vielleicht springst du nochmal vom Dach!", giftete sie zurück.
"Ja, vielleicht mache ich das!", blaffte Thomas nun genauso wütend zurück, mittlerweile standen sie Nase an Nase und knurrten leicht.
"Schön!"
"Schön!"
Schnaubend wandten sie sich ab und waren innerhalb Sekunden in Ausgangsposition. Thomas im Sessel mit dem Buch in der Hand und Amanda auf dem Bett mit der Zeitschrift.

„Hm? Ja...“ Jilian legte langsam Natasha in ihr Bett, warf dem Fenster einen kurzen prüfenden Blick zu und wandte sich dann zu Matthew um. „Können wir... neue Fenster einbauen lassen? Welche mit Schloss?... Hailey.... war vorhin hier. Sie kam offensichtlich durchs Fenster... es hat mir einen Heiden Schrecken eingejagt, als ich sah, dass jemand an Natashas Bett stand...“ Sie fuhr sich durch die Haare und ging dann auf Matthew zu.

"Natürlich!", erwiderte Matthew besorgt und nahm Jilian behutsam in die Arme, "wir können nachher auch in meine Wohnung zurückgehen. Die ist gegen jegliche Eindringliche, lebendige und tote, gefeit!"

"Das würde mich auf jeden Fall beruhigen..." Jilian lehnte ihren Kopf gegen Matthew und schloss die Augen. "Ich habe Hunger...", murmelte sie und ihre Hände umfassten sacht den Stoff seines Hemdes. "Willst du hier warten, während ich mir etwas zu hole?", fragte sie und schaute müde lächelnd auf.

"Natürlich", erwiderte Matthew mit einem sanften Lächeln, "Jael und ich werden solange auf Natasha aufpassen. Hol dir nur etwas zu essen."

"Gut" Jilian nickte und war im nächsten Augenblick auch schon aus dem Zimmer verschwunden. Es waren nur wenige Sekunden vergangen, da stand sie bereits in der Küche, zog die Türe des Kühlschranks auf und holte für sich gleich zwei Blutkonserven heraus. Der kurze Schock vorhin zeigte nun wohl seine Folgen: Hunger.

Jael hatte sich während Jillians und Matthews Gespräch höflich im Hintergrund gehalten. Das ging ihn nichts an und er empfand es unhöflich zu lauschen.

Nachdem Jilian das Zimmer verlassen hatte, ging Matthew zu Natashas Bettchen. Die Kleine schlief, wie es schien, zumindest atmete sie ruhig und gleichmäßig. Absurd, wenn man bedachte, dass sie es gar nicht benötigte.
"Wenn Hailey irgendetwas planen sollte", murmelte er und hob dann den Kopf, sodass die verspiegelten Gläser Jael ansahen, "würde ich sie umbringen. Auf jede erdenkliche Art und Weise."
Seine Stimme war plötzlich schneidend, eiskalt.

"Das kann ich sehr gut nachvollziehen", erwiderte Jael eben so ernst und sah die kleine Natasha an. Sie war, ohne zu Lügen, ein Wunder. Welcher Vampir in L.A. würde Matthew nicht zur Seite stehen, wenn er die Kleine erst einmal gesehen hatte?
Jael tippte auf eine schwindend geringe Anzahl.

"Könnten Sie mir einen Gefallen tun, Jael?" Matthews Augenbrauen zogen sich zusammen. "William hat mir gesagt, dass Hailey in ihrem untoten Leben viel gereist ist. Meinen Sie, Sie könnten herausfinden, ob sie sich jemals in London aufgehalten hat? Und wenn ja, was sie dort getan hat?"
Er fuhr sich mit der Hand über das stoppelige Kinn. "Womit sie beispielweise ihr Geld verdient hat? Unter welchen möglichen Pseudonymen sie dort gelebt hat?"
Er seufzte kurz. "Ich weiss, dass ich da wirklich sehr viel verlange...aber wenn es Ihnen möglich wäre?"

"Nein, das ist kein Problem. Ich muss sowieso zurück, ob ich noch einen Punkt mehr oder weniger auf der Liste habe ist nicht von Belang. Beziehungen habe ich genug, die ich Springen lassen kann, die freuen sich auch immer über Arbeit", grinste Jael und wusste auch schon ganz genau, wen er auf die Sache ansetzen würde. Ein Anruf und die ganze Sache wäre vielleicht schon geklärt, sobald er in London ankam.
"Ich tätige nur schnell zwei Anrufe", sagte er zu Matthew, schlüpfte aus dem Raum und kam 3 Minuten später wieder. Die Schnüffelei war in guten Händen und das Ticket nach London lag bereit.

Damion tauchte schließlich aus dem Schatten heraus wieder auf. Für die Leichen hatte er eine akzeptable Lösung gefunden, blieb nur noch das hysterische Junghühnchen, dass wieder in die Unterkunft geschleppt werden wollte. Vorzugsweise ohne sich von Jael erwischen zu lassen.
"Also, meine Teure, bereit für den langen Weg Heim?", fragte er galant und reichte Emlyn den Arm.

"Vielen herzlichen Dank!" Matthew schenkte Jael ein warmes Lächeln, "Ich stehe tief in Ihrer Schuld!"
Natasha gab ein leises Wimmern von sich, und innerhalb eines Sekundenbruchteils stand Matt an ihrem Bett und hob sie behutsam hoch.
"Möchte Sie sie vielleicht mal halten?", fragte er Jael mit der Andeutung eines Grinsens, "ich befürchte nämlich, Sie sind bei meiner Tochter beliebter als ich!"
Und tatsächlich wand sich Natasha weinend in seinen Armen, bis sie Jael entdeckte. Schlagartig hörte sie auf und gab stattdessen ein leises Glucksen von sich.

"Warum ist es so süss?", fragte Emlyn tonlos, während sie wie hypnotisiert den Asphalt anstarrte, "warum schmeckt etwas so Furchtbares so süss?"
Sie schien wie in einer Art Trance gefangen. Wie abgespult wiederholte sie immer wieder die Worte "So furchtbar, so süss"

Jael zögerte und war hin und her gerissen. Natürlich wollte er das kleine Wunder in Händen halten, anders war sie einfach nicht zu begreifen, aber gleichzeitig wusste er, dass er es als Vater nicht würde leiden können, wenn seine Tochter ständig hin und her gereicht werden würde. Als der kleine Wurm auch noch den Blick in seine Richtung wand und schlagartig aufhörte zu Weinen war er hin und weg.
"Ich glaub sie hat eher Angst vor mir", sagte er denoch tapfer und verschränkte zur Sicherheit die Arme hinter dem Rücken.

"Weil es lebensnotwendig ist. Die Menschen verzichten doch auch nicht auf Fleisch, nur weil sie dafür Tiere umbringen müssen. Das ist das einfache Prinzip des Fressen oder gefressen werden. Menschen wollen leben, also töten sie Tiere. Wir sind nur eine weitere Stufe, um zu überleben töten wir Menschen", seufzte Damion und wurde ohne es selber zu merken tief philosophisch.

"Also ich glaube, Angst hört sich anders an!", sagte Matthew grinsend, während Natasha immernoch munter gluckste, "und ich fasse es als persönliche Beleidigung auf, wenn Sie nicht sofort meine Tochter nehmen!"
Er reichte ihm mit einem Grinsen das brabbelnde Bündel.

"Fressen und gefressen werden", murmelte Emlyn monoton, während der Aspahlt langsam an Faszination einbüßte. "Fressen und gefressen werden...."
Während sie sich ungelenk aufrappelte, veränderte sich ihr Gesichtsausdruck, wurde wacher.
Fressen und gefressen werden, Survival of the fittest...aus darwinistischer Sicht ergab das alles Sinn. Natürlich war es noch immer grausam, aber nun schien Emlyn einen kleinen Blick auf das dahinterliegende Prinzip werfen zu können.
Als sie sich schließlich zu Damion umwandte, war ihr Blick wieder halbwegs klar und Tränen flossen auch keine mehr. "Okay, wir können gehen!", sagte sie leise.

Jael versuchte nich allzu erleichtert zu Lächeln, als er das kleine Bündel entgegen nahm und behutsam in eine, für Natasha, angenehme Postition brachte.
"Sie wird bestimmt bezaubernd, wenn sie erstmal größer ist", sagte er leise und sah sich das kleine Gesicht an, als würde er nach etwas bestimmten Suchen.

"So ists brav", grinste Damion und führte Emlyn aus der Gasse heraus, als wäre nichts gewesen. Innerhalb von Sekunden waren sie im Gewimmel der Menschen verschwunden, während die Gasse unsichtbar hinter ihnen liegen blieb.

"Ich werde sie wohl nicht aus dem Haus lassen dürfen!", seufzte Matthew und machte ein filmreif besorgtes Gesicht, "Wenn sie jetzt schon so eine Macht über Männer hat, wie soll das bitte später werden?" Er grinste schief, wobei seine Eckzähne kurz aufblitzten.

Während Emlyn von Damion regelrecht mitgerissen wurde, lief ihr Gehirn auf Hochtouren. Selektion, natürliche Auslese, Nahrungskette, wie auch immer man es nennen wollte: Fakt war, dass sie sich nach ihrer Verwandlung in eine neue Kategorie einordnen musste: Die der Raubtiere. Carnivoren. Sie musste töten um zu leben...

Jael zuckte zusammen, wie ein ertapptes Kind, und reichte Matthew Natasha zurück. Hätte er nicht schon so lange an seiner Selbstbeherrschung arbeiten können, wäre er tomatenrot angelaufen, so beschränkte er sich auf ein verlegenes Husten und eine dezenten rosa Ton.

Natasha verzog trotzig den kleinen Mund, als sie bemerkte, dass sie nicht länger in Jaels Armen lag, war diesmal jedoch so gnädig, nicht gleich in Tränen auszubrechen. Ein beleidigtes Quengeln war jedoch trotzdem zu hören.
"Ich dachte ich hätte noch Zeit bis zum Teenageralter, bevor ich unbeliebt werde?", lachte Matthew und tippte mit dem Zeigefinger gegen Natashas Stupsnase. Prompt schlossen sich die kleinen Hände um seinen Finger, und bevor er sich versahen, versenkten sich zwei spitze Eckzähnchen in seiner Fingerkuppe.
"Autsch, nein, definitiv unbeliebt!" Matthew verzog leicht das Gesicht zu einem gequälten Lächeln.

"Väter müssen unbeliebt sein, sonst wären sie keine Respektspersonen", schmunzelte Jael, der sein Gleichgewicht wieder gefunden hatte.
"Ich habe übrigens einen Flug für die frühen Morgendstunden bekommen", sagte er dann urplötzlich und erinnerte sich daran, dass er noch ein paar Sachen einpacken musste, bevor er ging. Unter anderem Damion, wo auch immer der sich gerade rumtrieb.

"Okay" Matthew nickte kurz und befreite dann seinen Zeigefinger aus Natashas Würgegriff, "warten Sie, ich habe da noch etwas, das sich vielleicht als nützlich erweisen könnte." Er legte seine maulende Tochter in den Tragekorb zurück und griff dann in die Innentasche seines Sakkos, aus dem er einen Flachmann zu Tage beförderte.
Diesen reichte er nun Jael mit einem leichten Grinsen. "Wenn Sie eine gefütterte Innertasche haben, sollten sie ihn darin aufbewahren, dann it das Blut zumindest nicht eiskalt. Und falls das Bordpersonal Fragen haben sollte, behaupten sie entweder, Sie hätten ausgeprägte Flugangst und bräuchten das, um nicht schreiend durch Flugzeug zu toben, oder behaupten Sie, es enthalte eine lebenswichtige Medizin."
Wenn er gekonnt hätte, hätte Matthew gezwinkert. "Was auf Inlandsflügen klappt, sollte auch bei Auslandsflügen nicht zum großen Problem werden."