Mutant High 3 - Das RPG

„Das ist es“, pflichtete Gregory ihm bei, seufzte und stützte sein Gesicht in eine Hand. „Und Frauen sind kompliziert…“, fügte er hinzu und warf Erin nur einen kurzen Blick zu. „Aber hey, immerhin hast du nicht das Problem, dass du für mehrere Jahre in zwei Persönlichkeiten aufgespalten warst und dein eines Ich was mit der Frau hatte, auf die du stehst – und die von deinem anderen Ich einfach sitzen gelassen wurde…“, murmelte Greg, schnaubte und bedachte Aaron dann mit einem längeren Blick. „Dafür hast du vermutlich die schwierigere Freundin… Zumindest eine, die aus einer anderen Zeit kam…“ Was letztes Jahr für große Probleme zwischen den beiden geführt hatte… „Wir haben beide nicht unbedingt eine einfache Ausgangsbasis…“, schloss Greg und sah auf, als Cooper auf ihren Tisch zuhielt. „Haben denn heute alle Probleme“, murmelte Greg, als er den Gesichtsausdruck seines Mitbewohners bemerkte. „Woah, Cooper, was ist passiert?“.

„Stimmt. Er ist ja nicht Erik“ Camille schnaubte, verdrehte die Augen und lachte dann. „Du weißt aber genauso gut wie ich, dass er zur Hälfte eben doch Erik ist“, fügte sie leiser hinzu und kniff die Augen leicht zusammen. „Erik und-“ Camille pausierte, blinzelte und fuhr dann fort: „Stiles. Hm. Gut, vielleicht… vielleicht hast du doch Recht“ Sie wog den Kopf leicht hin und her, als würde sie abwägen, wie groß die Chancen sind, dass sich Stiles-Hälfte durchsetzte. Immerhin war Stiles nicht gerade für seine Fraueneskapaden bekannt gewesen… Wahrscheinlich war er sogar noch Jungfrau gewesen… Armer Kerl… „Na gut. Aber ich werde trotzdem Kaya fragen, ob ich bei ihr übernachten kann. Solltest du das Zimmer doch nicht für dich und Greg brauchen, kannst du mir nach dem Date ja noch immer schreiben und ich komme rüber“, schlug Camille vor.

Während Cooper in die Mensa ging, hastete Tyra auf ihr Zimmer, schloss die Tür hinter sich und warf sich dann schluchzend und weinend auf ihr Bett. Die Brille zog sie sich vom Gesicht, legte sie auf dem Nachttisch und vergrub das Gesicht dann in ihrem Kissen. Das alles… Das alles war eine ganz dumme Idee gewesen. Wäre sie besser beim Einzelunterricht geblieben…
Sie zog sich die Decke über den Kopf und hoffe, dass so niemand ihre lauten Schluchzer würde hören können.

"Wem sagst du das", murmelte Aaron und sah Greg dann mit immer höher wandernden Augenbrauen an. Klar, er war in ein Mädchen (offensichtlich) verschossen, die was mit einem anderen hatte. Aber dieser Andere war zum Teil er selbst, da stand die Ausgangslage für Greg doch ziemlich gut. Vor allem, weil besagter Anderer ja nicht mehr einfach auftauchen würde. Sein Cousin schien seinen Denkfehler selbst zu bemerken, als er sich korrigierte und feststellte, dass sie beide nicht wirklich leichte Frauen an den Hacken hatten. "Was du nicht sagst", fügte er hinzu, als Cooper an den Tisch kam. Selbst Aaron musste zwei Mal hinschauen, weil das ein Gesichtsausdruck war, den er bei Cooper noch nie gesehen hatte. Wenn er es nicht besser gewusst hätte, hätte er gedacht sein Mitschüler war angepisst.
"Bree ist passiert", schnaufte Cooper und ließ sich auf einen der freien Stühle fallen. "Sie ist aufgetaucht und hat Tyra so eingeschüchtert, dass sie jetzt wieder in ihrem Zimmer ist."
Aaron blinzelte überrascht. Cooper war angepisst. Soweit er wusste war das noch nie passiert. "Warum ist denn Tyra von Bree eingeschüchtert?", fragte er überrascht und hob abwehrend die Hände, als Coopers Blick sich auf ihn richtete. "Bree ist eine Bitch, schon klar. Aber was hat das mit Tyra zu tun." Und das war der Moment, in dem Coopers Blick wieder den, einer leicht verwirrten Kuh annahm. Noch wusste ja keiner von ihrem Zusammenstoß gestern und nach der Reaktion gerade, war Cooper ziemlich bewusst, dass Tyra nicht wollte, dass alle es wussten. Dabei fand er ihre Reaktion ziemlich cool. Am Ende zuckte er nur etwas hilflos die Schultern. "Sie war eben Bree.."

Ehe Erin sie darauf hinweisen konnte, dass die andere Hälfte Stiles war, fiel Camille es auch selbst auf. Auf die abwägende Reaktion ihrer Freundin lächelte Erin schwach. Eben. Stiles. Wenn er mit von der Partie war, dann würde wohl kaum eine heiße Nacht drauß werden, vor allem keine, die nicht ohne vorherige lange Diskussion und Einverständniserklärungen von beiden Seiten angeleiert wurde.. Und jetzt hatte Erin Bilder davon im Kopf, wie Stiles Verträge aufsetzte, bevor er Greg Kondome zuschob.. Das Bild verscheuchte sie ganz schnell wieder und konzentrierte sich auf ihr Freundin. "Ja, danke. Machen wir das so. Am Ende lästern ist bestimmt drin", antwortete sie mit einem halben Lächeln und widmete sich dann wieder ihrem Frühstück.

Gregory hatte sich wieder zurückgelehnt, als sich Cooper auf einem der freien Stühle sinken ließ. Erstaunt und neugierig hob er eine Braue, als der Jüngere zu berichten begann, wobei richtig viel erzählte er nicht. Nur, dass Bree Tyra eingeschüchtert hatte. Bree. Gregory brauchte gar nicht lange nachzudenken, um sich in Erinnerung zu rufen, wer das Mädchen war. Erik wäre beinahe in ihrem Bett gelandet (hatte leider die falsche Zimmertür gewählt).
Blinzelnd sah Greg von Aaron zu seinem Mitbewohner, als sein Cousin die Frage stellte, die auch ihn interessierte. Cooper wich allerdings aus und sorgte bei dem Älteren für nur noch mehr Fragezeichen. „Oh…kay. Und Tyra kommt allein klar?“, fragte Greg. Tyra kam ihm immer ziemlich schüchtern und zerbrechlich vor – außer, wenn sie mit Cooper zockte. Aber wenn Bree sie eingeschüchtert hatte (und da gab Greg Aaron recht, Bree war eine Bitch und konnte zu anderen Mädchen richtig eklig sein), dann sollte Tyra jetzt vielleicht nicht allein sein…
Gregory sah sich kurz um und entdeckte dann den Tisch, an dem Bree mit ihren Mitläuferinnen saß. Vivian stocherte eher lustlos in ihrem Teller herum, während Bree und Shannon munter plauderten.

„Ich hoffe für dich, dass es nicht viel zu Lästern geben wird“, gab Camille schmunzelnd zurück und fiel dann wieder in Gedanken. Stiles. „Glaubst du… dass Stiles jemals Sex hatte? Ich habe nie mitbekommen, dass er mit irgendwem was gehabt hätte. Irgendwie… Naja, irgendwie traurig. Dass er nie diese Erfahrung für sich allein machen konnte…“, murmelte Camille, nippte an ihrem Tee und sah kurz zu Gregory hinüber. Inzwischen war Cooper zu Greg und Aaron gestoßen. Ein merkwürdiges Bild. Und es führte Camille wieder vor Augen, dass Kaya noch immer nicht aufgetaucht war. Ob sie vielleicht blau macht, um Zeit mit Kara zu verbringen?

Aaron hatte keine richtige Vorstellung, was Tyra konnte oder nicht. Er kannte das Mädchen ja gar nicht, aber da die Frage auch nicht an ihn gerichtet war, hielt er sich mit seiner Meinung zurück. Wobei er Greg da zustimmen musste. Wenn Bree involviert war, dann hatte Tyra jetzt vermutlich kein Selbstwertgefühl mehr und würde ganz sicher nicht alleine klar kommen. Scheinbar kam auch Cooper der Gedanke. Dieser sah plötzlich etwas unsicher aus der Wäsche. "Meinst du nicht? Sie war schon ziemlich durcheinander... Aber.. Sie wollte mir auch nicht zuhören", gab er zu bedenken und wandte sich dann der Tür zu. Sollte er doch hinter ihr her? Tyra war eigentlich eine wirklich starke und witzige Persönlichkeit, aber selbst Cooper war aufgefallen, dass sie gar nicht gut mit Kritik umgehen konnte. Nein, falsch. Sie konnte nicht mit dem Gedanken umgehen, dass sie kritisiert wurde. Ob es jetzt wirklich passierte oder nicht. Sie nahm sich die Worte anderer viel zu sehr zu Herzen, vor allem, wenn sie sie besser ignorieren sollte. Er wünschte sich, sie würde sich seine Worte so zu Herzen nehmen.

Erin musste ihrer Freundin da zustimmen: Sie hoffte auch, dass Lästern nicht nötig sein würde. Mit dem folgenden Gedankensprung hatte sie dann nicht gerechnet. Sie verschluckte sich an einem Krümmel und musste heftig Husten. Mit tränenden Augen sah sie Camille an, als sie endlich wieder Luft bekam. "Was zum.. Woher soll ich das wissen? Ich glaub, das will ich gar nicht wissen", brachte sie etwas heiser heraus und verzog leicht das Gesicht. Ein wenig tat er ihr allerdings doch Leid, in dem Sinne, den Camille meinte. Es war schon was Großartiges, was er dann nicht erfahren hatte. Gleich darauf wurde ihr allerdings ziemlich warm, als sie sich dran erinnerte, dass Stiles jetzt irgendwie trotzdem wusste, wie es war. Immerhin hatte Gregory Eriks Erinnerungen und damit auch die von ihnen beiden. Was sie auch wieder dran erinnerte, dass Gregory sie so kannte! "Danke", murmelte sie peinlich berührt in Camilles Richtung. "Ich hatte fest vergessen, dass Greg so ziemlich alles peinliche von mir weiß!"

„Hmm“, machte Gregory, rieb sich mit der Hand über die Stirn, sah dann zu Aaron, von ihm wieder zu Cooper und am Ende noch einmal kurz zu Bree, Shannon und Vivian. Dieses Mal stocherte Letztere nicht mehr in ihrem Essen herum, den das hatte sie inzwischen von sich geschoben und bemerkte nun stattdessen Gregs Blick. Für einen Moment sahen sie einander an, dann ließ Vivian schon fast mit einem schuldbewussten Ausdruck den Blick wieder sinken, während Gregory die Augen zusammenkniff. „Hm, vielleicht-“, fing er an und sah wieder zu Cooper. „braucht es gerade etwas anderes als Worte. Wahrscheinlich könnte sie gerade mehr eine Umarmung gebrauchen. Und eine Schulter zum Anlehnen“ Und vermutlich auch zum Ausheulen. „Vielleicht hört sie dir danach zu“ Er lächelte Cooper matt an. „Also…“ Er überprüfte die Uhrzeit auf seinem Handy. „Ich würde sagen, entweder, du siehst nachher in der Pause nach ihr – was der wesentlich vernünftigere Schachzug wäre. Oder du gehst jetzt. Und verpasst den Unterricht.“

„Was?“ Camille sah ihre Freundin verwirrt an. In ihren Gedanken ging sie noch einmal durch, was sie beide gesagt hatten, war danach aber nicht besonders schlauer. „Und was genau ist daran schlimm?“, hakte sie also nach, lehnte sich vor und stützte ihr Gesicht in eine Hand. „Ich meine, schau ihn dir an! Es ist ziemlich offensichtlich, dass ihn das nicht stört, kein bisschen. Im Gegenteil, er liebt dich trotzdem- oder gerade deswegen. Das ist der buchstäbliche Jackpot“, fuhr Camille fort und machte eine Handbewegung in Richtung des Älteren. Der war allerdings gerade in ein Gespräch mit Cooper und Aaron verwickelt und sah nur einmal kurz auf, wobei sein Blick jedoch nicht zu Camille und Erin wanderte, sondern zu einem ganz anderen Tisch. Camille folgte seinem Blick und landete mit den Augen bei Bree, Shannon und Vivian. Ah. Wahrscheinlich redeten sie gerade über den Vorfall mit Tyra, von dem Camille eben selbst erfahren hatte. Ob Tyra in Ordnung war? Bislang war sie auch noch nicht in der Mensa. Wie Kaya… Und wieder waren Camilles Gedanken bei letzteren. Sie holte nun doch endlich ihr Handy heraus und murmelte ein „Warte kurz, ich muss eben schnell was tippen“ an Erin gewandt. Nach wenigen Sekunden legte sie ihr Handy weg und sah wieder zu ihrer Freundin auf. „Entschuldige, ich habe Kaya kurz geschrieben. Der Unterricht fängt in ein paar Minuten an und sie ist noch nicht hier – irgendetwas stimmt da nicht.“ Es sei denn, Kaya schwänzte und frühstückte mit Kara und Liam in der Stadt…

„Und das ist vorher noch nicht passiert?“, fragte Alessia und sah ihre Tochter mit einem besorgten Blick an. Gemeinsam mit ihrer Ältesten saß sie am Küchentisch beim Frühstück. Riley war bereits unterwegs zur Arbeit und Tessa auf dem Weg zu ihrer Schule. Daher war nur Alessia da gewesen, als Kaya vorhin aus ihrem Zimmer gesprungen kam und von ihrer Zeitreise in die Zukunft gesprochen hatte. Sie hatte ihrer Mom alles erzählt, während Alessia nebenher Tee gekocht und Frühstück für ihre Älteste gemacht hatte. Dankend nahm Kaya den Kamillentee entgegen, pustete über das heiße Getränk und schüttelte daraufhin den Kopf. „Nein. Noch nie“, beteuerte sie und war noch immer ganz aufgekratzt. Ein Sprung in die Zukunft! Sie hatte es sich doch nicht eingebildet…oder? Fast klang es zu verrückt – aber es war so, soo real gewesen! Sie nippte vorsichtig an ihrem Tee und frühstückte danach. Zum zweiten Mal. In der Zukunft hatte sie schließlich auch schon etwas gegessen. In Gedanken überlegte sie schon, wen sie nachher noch davon erzählen würde – Aaron natürlich. Sie müsste allerdings bis zur Pause waren, da er jetzt wahrscheinlich gleich im Unterricht war. Und Kara? Hm, bei ihr könnte sie es gleich versuchen. Und nachher noch Camille… Sie musste über ihren Gedanken kurz schmunzeln. Verrückt, dass sie es in Betracht zog, Camille davon zu erzählen. Vor ein paar Wochen wäre Camille noch mit die letzte Person gewesen, der sie etwas anvertraut hätte, weil Kaya sie immer für verschwatzt gehalten hatte… Jetzt aber war sie sich sicher, dass Camille ihr Geheimnis nicht ausplaudern würde.

Cooper war wirklich versucht direkt wieder loszulaufen und und nach Tyra zu sehen und das mit der Umarmung zu versuchen. "Vielleicht hätte ich das mit der Umarmung gleich machen sollen, anstelle der Kuss", murmelte er nachdenklich in Richtung Tür, ehe ihm einfiel, dass der Kuss ja vorher gewesen war und Bree erst danach aufgetaucht war. Und dann erinnerte Greg ihn daran, dass sie ja Unterricht hatten. Was ihm ziemlich egal gewesen wäre, wenn er nicht gestern erst von Miss Cohen wegen seiner Leistungen zusammengestaucht worden war. Er fiel ein wenig in sich zusammen und rutschte tiefer auf dem Sitz hinunter. "In der Pause. Wenn sie nicht zum Unterricht war. Dann kann ich ihr vielleicht auch was zu Essen mitbringen", seufzte er und schob seine Hände in die Hosentaschen. Aaron hatte sich mittlerweile von seinem ersten Schrecken erholt und seine Stimme wieder gefunden. "Bitte nochmal.. anstelle eines Kusses? Du hast Tyra geküsst?"

Erin wünschte sich wirklich, sie würde aufhören jedes Mal rot anzulaufen, wenn Camille irgendwas zu Gregory sagte. Und jetzt raste ihr Herz auch noch dazu. Denn: Liebte sie trotzdem?! Das mochte ja wahr sein. Aber.. er liebte sie? Das konnte sie so noch nicht glauben, sicher, er hatte all diese Erinnerung von Erik, aber das hieß ja noch lange nicht, dass er auch so empfand. Also, so richtig, wenn er irgendwann mal nicht mehr von den ganzen Eindrücken in seiner Erinnerung überwältigt war. Ein bisschen Angst hatte sie allerdings vor dem Moment in dem er merkte, dass das alles nur in seiner Erinnerung war.. Camille war zum Glück abgelenkt und konnte sie wegen ihrer negativen Gedanken nicht schelten. Als Camille wieder von ihrem Telefon aufsah, lächelte sie. "Vielleicht hat sie ja nur verschlafen. Sie macht sich in letzter Zeit doch auch so Druck. Hab ich so das Gefühl. Oder sie ist in einem Dreier mit Liam und Kara.. Und der Gedanke war eklig. Vergiss, dass ich was gesagt habe", sagte sie und schüttelte sich.

War er gerade kurz mit dem Kopf auf den Tisch aufgekommen? Gregory blinzelte und sah Cooper prüfend an. Anstelle… Was hatte sein Mitbewohner eben gesagt? Kuss? Offenbar war er doch nicht mit dem Kopf dumm aufgekommen und hatte sich das Ganze eingebildet, denn kurz darauf sprach Aaron es an. Gregs Blick wanderte von seinem Cousin wieder zu seinem Kumpel. „Ihr habt euch geküsst? Auf den Mund? Wann? Und… von wem ging der Kuss aus?“, fragte der Ältere zaghaft. Vielleicht hatte Tyra ja Cooper geküsst (in dem Falle tat sie ihm noch mehr leid). Wobei, wenn er so darüber nachdachte, tat sie ihm auch leid, wenn es von Cooper ausgegangen wäre. Dann würde sie sich vielleicht Hoffnung machen, wo keine Hoffnung war. Oder? Greg legte den Kopf etwas schief und betrachtete Cooper. Aus dem Jungen konnte man nur schwer schlau werden – und das dachte er, dessen eine Hälfte Coopers bester Kumpel war und die andere Coopers Mitbewohner.

„Wenn sie verschlafen hätte, hätte Aaron sie doch sicher geweckt“, antwortete Camille, war sich aber gleich darauf nicht mehr so sicher. Würde Aaron so etwas machen? Für sie hatte er so etwas nicht getan. Aber er hatte insgesamt nicht wirklich viel für sie getan, als sie zusammen gewesen waren. Machte sie das traurig? Eifersüchtig? Camille horchte in sich hinein und konnte beides mit Nein beantworten. Über Aaron war sie eindeutig hinweg. Sie trauerte ihm und der miesen Beziehung nicht nach. Sie war aber auch nicht froh, darüber, dass die Beziehung mit Kaya ihn vielleicht zu einem (etwas) besseren Kerl gemacht hatte.
„Und ja… Ja, sie setzt sich ziemlich unter Druck. Das- EW! Erin!“ Camille verzog das Gesicht und sah ihre Freundin entgeistert an. „Liam ist ihr Cousin! Und Kara ihre beste Freundin. Das wäre also auf sämtlichen Ebenen voll schräg. Urks… Die Vorstellung muss ich mir aus dem Hirn brennen, um das Bild loswerden zu können“, jammerte Camille und schüttelte sich. Sie warf noch einen Blick auf ihr Handy, -keine neue Nachricht-, dafür bemerkte sie, dass es gleich klingeln würde.
„Wir sollten langsam los“, seufzte sie und rutschte mit dem Stuhl zurück.

Cooper zuckte schon zurück, als Aaron so geschockt nachfragte. Als Gregory sich dem dann anschloss, war er fast gänzlich von der Rolle. Was wunderte die Zwei das denn? Es war doch nichts komisches. Oder hatte Tyra doch recht gehabt? Ihm kamen (mal wieder) Zweifel an seiner eigenen Handlungsweise. Das wäre mal wieder typisch, wenn er ein Fettnäpfchen erwischt hätte und Tyra nur zu nett um es ihm zu sagen. "Gott, nein", rief er ein wenig hektisch und lachte nervös auf Gregs zweite Frage. Auf den Mund. Herrgott. "Ich hab ihr einen Kuss auf die Wange gegeben, weil sie meinte, dass das komisch wäre. Oder.. nein.. Das war irgendwie anders. Und ich hab das gemacht, um ihr zu zeigen, dass das gar nicht komisch ist", versuchte er zu erklären und war sich plötzlich selbst nicht mehr sicher, wie es überhaupt dazu gekommen war. Aaron hatte die Stirn verwirrt zusammengezogen und versuchte einen Sinn in den Worten seines Mitschülers zu finden. "Also.. Geküsst wie eine Schwester?", fragte er verwirrt, woraufhin Cooper hektisch nickte. "Genau. Was auch sonst?"

Die Abfuhr hatte Erin wohl verdient, so komische Gedanken hatte sie auch gar nicht haben wollen. Warum sie sie dann auch noch ausgesprochen hatte, war ihr auch recht schleierhaft. "Das mit der Familienverbindung versteh ich ja noch, das wäre wirklich etwas schräg.. Aber jedem wie er will", wandte sie trotzdem ein und zuckte leicht die Schultern. "Aber was hast du dagegen, dass sie Freundinnen sind? Ich meine, wenn ich sowas tun würde, dann hätte ich doch lieber jemanden, den ich kenne und vertraue dabei, als jemand völlig fremden", gab sie zu bedenken, als Camille auch schon ankündigte, dass sie zum Unterricht sollten. Sie zog ihr eigenes Handy heran und sah auf die Uhr. Camille hatte recht, es wurde Zeit, dass sie los kamen.

Liam hatte keine Massage gewollt. Dabei hatte Kara extra das Öl mitgenommen, aber nicht einmal eine leicht schmollend vorgeschobene Unterlippe hatte ihn überzeugen können. Dabei hatte Kara sich so viele Gedanken gemacht, wie sie ihrem Freund ein bisschen Entspannung bringen konnte. Am Ende hatte sie mit einem Seufzen nachgegeben und sich wieder hingelegt und an Liam gekuschelt. Es war trotzdem eine gemütliche Zeit gewesen, wo sie die Zeit nutzten über Dinge zu reden, für die sie gestern keine Zeit gehabt hatten. Weil sie einfach eingeschlafen waren.. Wie alt man plötzlich wurde, wenn man Kinder hatte. Karas Finger strichen sanft Muster über Liams Brust, während ihr Gespräch ein natürliches Ende gefunden hatte. Zumindest sagte eine Weile keiner von ihnen etwas, was nicht hieß, dass Kara nicht noch etwas auf der Zunge brannte. "Ich glaube, ich weiß was ich später mal machen möchte. Ich würde gerne ans C.I.A", sagte sie nach einer Weile etwas nervös und fügte dann sehr schnell und abwiegelnd hinzu: "Wenn irgendwann alles ruhiger ist und die Zwillinge alt genug und so."

Was auch sonst. Oh Cooper, dachte Gregory im Stillen und überlegte, ob er nicht nach Tyra sehen sollte. Nur käme das vermutlich komisch. So gut kannten sie sich wohl nicht. Aber sie tat ihm wirklich leid… Greg seufzte leise und bemerkte daraufhin die Aufbruchsstimmung in der Mensa. Ein Blick auf sein Handy verriet ihm dann, dass es für die anderen Zeit für den Unterricht wurde. „Ihr solltet euch wohl auch langsam auf den Weg machen“, sagte er, lächelte erst Aaron, dann Cooper matt an. „Mach dir keinen Kopf. Schau einfach nachher nach Tyra. Vielleicht geht es ihr dann schon besser“, sagte er seinem Mitbewohner. Zuletzt schenkte er auch Aaron ein mitfühlendes, aufmunterndes Lächeln. Das mit Kaya würde hoffentlich ganz bald wieder werden.
Die zwei Jungs packten ihre Sachen und steuerten daraufhin den Ausgang an. Gregorys Blick lag zu dem Zeitpunkt allerdings schon auf Erin. Sie hatte mit Camille zusammen ihre Tabletts abgegeben. Er passte sie auf dem Weg zur Tür ab und hielt sie kurz am Handgelenk fest, damit sie sich zu ihm drehen musste. „Hast du nachher in der Mittagspause kurz Zeit? Es gibt da noch ein paar Dinge, die du fürs Wochenende wissen musst“, sagte er mit einem Lächeln, das bei den meisten Mädchen für Wackelpuddingbeine sorgen würde. Derweil hatte er ihre Hand wieder losgelassen und legte den Kopf leicht schief.

Blinzelnd stützte sich Liam auf seine Unterarme auf und sah Kara an. Im allerersten Moment hatte er an das CIA gedacht, dann fiel ihm aber das Culinary Institute of America ein. Er wollte schon etwas sagen, da fügte sie hinzu, dass sie es erst machen wollte, wenn es ruhiger war. Das verpasste ihm einen kleinen Dämpfer. Er wollte nicht, dass Kara auf so vieles verzichtete. Wie sollte er denn da mit gutem Gewissen nächstes Jahr mit einem Studium anfangen? „Weißt du… ich kann auch bei den Mädchen bleiben. Dann könntest du das schon nächstes Jahr machen“, sagte er, fasste nach ihrer Hand und drückte sie mit einem Lächeln. „Ich finde, das ist eine tolle Idee und du solltest das machen, ohne warten zu müssen. Stattdessen kann ich warten. Wirklich! Ich bin mir momentan ohnehin nicht mehr sicher, was ich eigentlich machen will… Wissen deine Dads schon Bescheid? Nick wird sich doch sicher wahnsinnig freuen“, sagte er schmunzelnd.

Cooper war hin und her gerissen, am liebsten wäre er direkt zu Tyra gelaufen. Aber dann würden die Lehrer ihm wirklich die Hölle heiß machen. Also ließ er den Kopf hängen und tat, was Greg ihm sagte. Bevor sie, Aaron und er, am Ausgang angekommen waren, fiel Cooper ein, dass er gar nichts gefrühstückt hatte. "Ich komm gleich nach", rief er Aaron entgegen, der ein wenig überrascht schaute. Sie waren ja schließlich nur in die selbe Richtung unterwegs gewesen, oder?
Cooper sprintete zurück zur Ausgabe und schnappte sich zwei Frühstücksmuffins und eine Banane, ehe er sich beeilte in das Klassenzimmer zu kommen.

Camille lief schon einmal weiter, als Greg ihr Handgelenk nahm. Erin hätte sich fast verschluckt, als er das tat. Es fühlte sich fast an, als hätte sie einen Schlag bekommen. Er hielt sie nur kurz fest, aber ihre Haut fühlte sich danach unglaublich warm an. Unaufmerksam rieb sie sich mit der anderen Hand über das Handgelenk und versuchte sich auf Gregs Worte zu konzentrieren. "Hm? Ja, sicher hab ich Zeit", sagte sie und wandte den Blick ab. Bei dem Lächeln konnte sie sich ja gar nicht konzentrieren. "Etwas das ich wissen sollte? Und mit der Ankündigung schickst du mich in den Unterricht? Uncool", schimpfte sie leise, mit einem Lächeln und schüttelte den Kopf.

Überrascht blinzelte Kara. Sie sollte es ruhig machen und er blieb bei den Mädchen? Da wurde sie fast ein wenig wütend. Ohne auf seine Fragen einzugehen setzte sie sich halb auf und nutze ihre Hände um sein Gesicht fest zusammen zu quetschen. "Das will ich jetzt gerade nicht gehört haben!", sagte sie ernst und sah ihren Freund ziemlich strafend an. "Ich bin heute hier, weil du dir den Arsch so sehr aufreißt, dass du sogar vergisst zu essen und dann sagst du mir, dass du nicht mal mehr weißt wofür!? William Valentine, du reißt dich jetzt zusammen und bist deinen Töchtern ein Vorbild. Es reicht, wenn ich so ein mieserables Beispiel bin. Also, nein, ich werde nicht verschwinden und dich mit den Mädchen alleine lassen. Nicht bevor sie nicht älter sind und du dich in trockene Tücher gewickelt hast. Die Schule läuft nicht weg. Und nein.. Ich hab ihnen noch nichts gesagt", schloss sie ein wenig kleinlauter und ließ Liams Gesicht wieder los.

„Wieso? Vorfreude ist doch die schönste Vorfreude“ Gregory grinste schief und wieder lag dieser Spitzname auf seiner Zunge, den er nur mit Mühe nicht aussprach. Dabei fühlte er sich so natürlich an. Blondie. Das würde Erin aber sicher nur wieder an Erik denken lassen und das war Greg gerade nicht so ganz recht. Also lächelte er über ihren Spitznamen einfach weg. „Bis später dann. Sei schön artig und fleißig während des Unterrichts“, fügte er mit einem Zwinkern hinzu und machte sich dann mit einem leisen Lachen ebenfalls auf dem Weg aus der Mensa.
Bei der Tür angekommen, stolperte beinahe Vivian in ihn herein, die sich gerade noch einmal nach hinten umgesehen hatte, während sie geradeaus gegangen war. „Tschuldige“, brachte sie rasch hervor und sah dabei ziemlich zerknirscht aus. „Ist ja nichts passiert“, antwortete Gregory mit einem Schulterzucken zurück. Vivian nickte knapp und sah nun zur Tür, durch die Bree und Shannon bereits ohne sie verschwunden waren. Gregory folgte ihrem Blick und sah dann langsam wieder zu Vivian. Er erinnerte sich an sie – daran, was zwischen ihr und Erik gewesen war, in dem Sommer vor einem Jahr.
„Du brauchst die zwei Hühner nicht“, sagte er leise, sodass nur sie ihn verstehen konnte. Verwirrt und erstaunt zugleich sah sie wieder zu ihm auf. „Was?“
„Du hast mich schon verstanden. Die ziehen dich nur auf ihr miserables Niveau herunter“, sagte er und setzte sich dann wieder in Bewegung. Vivian sah dabei zu, wie er die Mensa verließ und kaute dabei leicht auf der Unterlippe herum.

„Ich rede ja nicht von meinem Schulabschluss“, wandte Liam ein und seufzte. „Und du bist kein miserables Beispiel! Sag so etwas nicht“, setzte er nachdrücklicher und mit beinahe strengem Blick hinzu. „Ich will meinen Schulabschluss machen – so gut wie möglich, um danach-“ Um einen Job zu bekommen, mit dem er seine Familie versorgen konnte. „Um die Wahl haben zu können. Nur… was ich genau danach machen möchte, das weiß ich noch nicht. Darüber muss ich mir erst noch Gedanken machen… und während ich das mache, kann ich mich doch um die Mädchen kümmern. Und du kannst das mit dem C.I.A. in Angriff nehmen“, schlug er vor und sah seine Freundin fragend an. „Ich glaube… nach meinem Schulabschluss brauche ich ohnehin erst einmal etwas Zeit zum Luftholen. Und ich würde die Zeit gerne bei den Mädchen verbringen. Gerade, da ich ja jetzt schon einiges verpasse.“

Sprung auf die erste Pause

Kara zog ihren Pullover zurecht und verzog leicht das Gesicht. Wurde Zeit, dass sie nach
Hause zu ihren Mädchen kam. Abgesehen davon, dass ihre Väter auch arbeiten mussten und sie sich um ihre Probleme selbst kümmern sollte, wurde Kleidung tragen langsam echt unangenehm. Aber vorher musste sie noch Kaya finden und auch mit ihr reden. Als Liam aus dem Bad kam, war sie fertig angezogen und lächelte ihm etwas traurig zu. Immer so wenig Zeit, die sie gemeinsam hatten. Es würde besser werden, das wusste sie, aber es war schon schwer sich nicht mehr in diesem Moment zu wünschen. "Bereit dich dem Unterricht wieder zu stellen? Und ehrlich, wenn dein Vater dich deswegen häuten will, dann schieb mir die Schuld zu", sagte sie.

Copper war aus dem Klassenzimmer raus gewesen, ehe die Klingel verstummt war. Mit den Muffins im Gepäck machte er sich auf den Weg zu Tyras Zimmer und klopft etwas hektisch an, als er da war. Die Pause war nicht lang und die letzten anderthalb Stunden waren ihm Gregorys Worte nicht aus dem Kopf gegangen. Mitten im Unterricht hatte er nicht gehen können, aber er hatte es doch ziemlich bereut, dass er nicht doch direkt zu Tyra gegangen war. Irgendwas hatte er ihr gesagt oder getan, was falsch gewesen war, er hätte es gleich klären sollen..

Ähnlich wie Cooper hatte Erin sich während des Unterichtes nicht konzentrieren können. Oder anders, sie hatte sich viel mehr damit beschäftigt, was Gregory ihr wohl sagen wollte. Ihr kamen da einige Gedanken, die es ihr ziemlich schwer gemacht hatten dem Stoff zu folgen. Oder auch nur ruhig auf dem Stuhl zu sitzen. Erleichtert atmete sie auf, als es endlich klingelte, nur um gleich darauf entnervt zu seufzen. Sie musste noch zwei Stunden überstehen, ehe Gregory ihr irgendwas sagen würde. Die Pause war vermutlich viel zu kurz um Gregory zu finden und zu zwingen ihr jetzt schon zu sagen, was er ihr erzählen wollte.

„Nein“, antwortete Liam mit einem Lächeln, ging zu ihr und gab ihr einen langen Kuss. „Aber ich fühle mich so gut wie die ganze Woche nicht.“ Er lehnte sich zurück, obwohl er sie am liebsten wieder an sich gezogen hätte. Sie fehlte ihm. Er hatte sich das vor ein paar Monaten alles viel leichter vorgestellt, dass sie ihm nicht so sehr fehlen würde, weil sie über Telefon miteinander sprechen, sich texten und an den Wochenenden immer sehen würden…
„Sag Kaya, dass ich ihr nicht böse bin. Tatsächlich bin ich ihr sogar wirklich dankbar. Ich bin froh, dass wir reden konnten. Und uns natürlich sehen konnten – sag auch deinen Dads vielen Dank, dass sie solange auf die Mädchen aufgepasst haben“, sagte er, drückte kurz ihre Hand und ging dann mit ihr zur Tür. „Wegen meinem Dad mache ich mir übrigens momentan keine Sorgen… Ich habe das Gefühl, er hat selbst gerade genug um die Ohren, weswegen er nicht viel mitbekommt“, raunte er und zuckte mit den Schultern. „Zumindest hat er wohl die letzten Tage hier an der Schule übernachtet.“

Als die Tür aufging, stand nicht Tyra im Türrahmen, sondern Mr. Valentine. Kurz blinzelte dieser erstaunt, dann lächelte er. „Cooper. Ich nehme mal an, du wolltest zu Tyra“, sagte er und drehte sich leicht wieder nach hinten um. „In diesem Fall mache ich mich wieder auf den Weg. Wir haben alles besprochen und deine Fragen sind geklärt- Oder möchtest du noch etwas wissen?“
Tyra, die mit etwas blassem Gesicht auf dem Bett saß, schüttelte leicht den Kopf. „Nein“, murmelte sie und Mr. Valentines Blick wurde weicher. „Kopf hoch, Tyra. Ich bin mir sicher, dass es nicht so schlimm sein wird, wie du gerade denkst“, sagte er, dann bedeutete er Cooper, dass er ruhig hereinkommen konnte und schloss danach die Tür hinter sich. Tyra lächelte mühsam, rückte ihre Brille zurecht und versuchte nicht daran zu denken, dass sie vermutlich furchtbar aussah. „Hey… Ist der Unterricht schon rum?“

Camille warf ihrer Freundin einen Seitenblick zu und fragte sich, ob sie auch nur ein Wort von dem, was ihr Lehrer gesagt hatte, mitbekommen hatte. „Wenn du nachher meine Notizen brauchst, sag Bescheid. Im Gegensatz zu dir habe ich aufgepasst“, raunte sie mit einem schiefen Lächeln. Nebenher steckte sie ihre Hand in ihre Tasche und fischte ihr Handy heraus. Sie blieb unvermittelt steht, woraufhin Bree beinahe in sie hineingelaufen würde. Wütend zischte die andere sie an, aber davon bekam Camille nicht viel mit. Kaya hatte ihr auf ihre Nachricht vorhin geantwortet – sie war daheim bei ihrer Familie, krankgeschrieben. Ein besorgter Ausdruck trat sofort auf Camilles Gesicht. „Oh. Kaya ist krank. Deswegen war sie nicht in der Mensa. Und nicht im Unterricht“, murmelte sie.

Liams Kuss verhinderte, dass sie sich schon wieder Sorgen um ihn machen konnte. Und danach konnte sie gar nicht damit anfangen, weil er sagte, dass es ihm ja zumindest so gut wie lange nicht mehr ging. Sie schnappte sich noch ihre Jacke und die Tasche, ehe sie Liam zur Tür folgte. "Mach ich, mach ich", antwortete sie ihm ein wenig abgelenkt auf seine Bitten. Sie suchte schon nach dem Autoschlüssel um auch sicher zu sein, ihn dabei zu haben. Ehe sie ihn gefunden hatte, sprach er aber über seinen Vater und sie hob fragend den Kopf. "Wie, er schläft hier an der Schule? Ist denn wieder irgendwo wieder Stress und es wird schon ein Einsatz geplant?" Kaum war ihr der Gedanke gekommen, rutschte ihr das Herz in die Hose. Liam würde sicher mit auf so einen Einsatz gehen, immerhin war er einer der Älteren und ganz unerfahren war er auch nicht. Sie war ja selbst auch das eine oder andere Mal dabei gewesen (ganz abgesehen von der Vergangenheitsaktion) ohne sich je groß Gedanken darüber zu machen. Sie waren immer alle ziemlich Aufgeregt gewesen, wenn sie mit durften, aber jetzt bekam sie Angst um Liam. Es konnte immerhin ziemlich viel ziemlich leicht schief gehen. Und sie wollte ihn nicht verlieren. Trotzdem verkniff sie es sich, ihn zu bitten nicht teilzunehmen, falls es denn überhaupt einen Einsatz geben würde.

Cooper blinzelte, hob den Blick und sprang überrascht zurück, als er seinen Rektor erkannte. Mit dem hatte er hier nun wirklich nicht gerechnet, war Tyra etwa so sehr in Schwierigkeiten? Hatte Bree vielleicht übertrieben und ihr mehr unterstellt, als tatsächlich passiert war? Ehe er etwas zur Verteidigung seiner Freundin sagen konnte, hatte Mr. Valentine sich schon wieder umgedreht und sprach mit ihr. Klang jetzt nicht so sonderlich schlimm, was er sagte.. Immer noch unsicher, was hier lief, folgte er der Aufforderung des Lehrers und schon waren sie unter sich. "Ja", antwortete er etwas gedehnt auf Tyras Frage und wandte sich ihr dann völlig zu. "Ich wäre wohl nicht damit durchgekommen mich rauszuschleichen", fügte er mit einem Grinsen hinzu und ließ sich neben Tyra auf der Bettkante nieder. "Frühstück?", fragte er und hielt ihr einen der Muffins hin, die er aus der Mensa mitgebracht hatte.

"Das.. Was?", fragte Erin und sah sich etwas schuldbewusst nach ihrer Freundin um. Sie beeilte sich auch ihre Tasche zu packen und das Klassenzimmer zu verlassen. Dabei bekam sie nicht mit, dass Camille stehen blieb und rasselte deswegen voll in ihre Freundin hinein. "Was? Krank? Gut, sie sah nicht sonderlich fit aus", stimmte sie zu und fragte sich gleich zwei Dinge: Wie krank musste man sein um nach Hause geschickt zu werden, wenn es eine Krankenstation mit eigener Ärztin an der Schule gab? Und warum nahm es Camille so mit?

„Ja. Du weißt doch, er hat hier ein Zimmer für die Tage, wenn es spät wird oder viel zu tun ist. Momentan… keine Ahnung, ehrlich gesagt, ob es auf einen Einsatz hinauslaufen wird. Ich weiß nur, dass er sich momentan mehr Sorgen um die Successio macht…“, antwortete Liam, wobei ihm unangenehm bewusst wurde, dass er schon lange kein längeres (und ernstes) Gespräch mehr mit seinem Vater geführt hatte. Noch so etwas, das unter seiner Lernerei gelitten hatte. Er musste wirklich etwas ändern. Er sah zu Kara hinüber, die nachdenklich und nicht unbedingt fröhlich dreinsah. „Keine Sorge, ich halte dich auf dem Laufenden“, raunte Liam und stieß sie leicht mit seiner Schulter an. „Ich werde mich übrigens nicht freiwillig melden, sollte es zu einem Einsatz kommen. Nur, wenn es nicht genügend Leute gibt. Falls es das ist, was dir Sorgen macht – ich sehe es deiner Stirn an“, setzte er mit einem leichten Lächeln hinzu und tippte ihr gegen die Stirn.

„Vermutlich nicht“, antwortete Tyra und folgte ihm mit den Augen. Von der Tür aus kam er zu ihr hinüber und nahm neben ihr auf der Bettkante Platz. Blinzelnd blickte sie dann auf den Muffin, den er ihr hinhielt. Frühstück. Nach dem Gespräch mit Mr. Valentin war ihr Appetit definitiv noch nicht wieder da, aber sie wusste, dass sie etwas essen sollte. „Danke dir“ Tyra lächelte ihren Mitschüler an und nahm den Muffin daraufhin an sich. Wie könnte sie ihn auch nicht an sich nehmen? Cooper war extra in seiner Pause vorbeigekommen, um ihr den Muffin zu bringen. Er war wirklich… unglaublich. Sie brach sich ein Stück des Muffins ab. „Entschuldige wegen vorhin. Ich hatte einfach… Panik“, sagte sie leise und schob sich dann das Stück Muffin in den Mund, um erstmal nichts mehr zu sagen. Sie wusste gar nicht genau, wie sie Cooper das erklären sollte – vielleicht war sie auch einfach sozialinkompetent… Wäre doch nicht verwunderlich, nachdem sie so lange allein unterrichtet wurde. Aber Mr. Valentine hatte ja vor ganz bewusst dagegen anzusteuern… Tyra schluckte mühsam ihren Bissen hinunter.

„Hm mh“, machte Camille, während es in ihrem Kopf ratterte. Sie machte sich Sorgen um Kaya. Und vor allem sorgte sie sich darum, dass Kaya vielleicht in eine ähnliche Schiene wie sie rutschen könnte. So richtig gegessen hatte sie in letzter Zeit ja nicht… „Hey, willst du schon mal vorgehen und ich komme gleich nach? Ich will Kaya kurz versuchen anzurufen. Vielleicht kann ich ja was für sie tun. Ihr meinen Mitschrieb abfotografieren und zusenden oder so“, raunte sie und lächelte Erin an. „Bis gleich?“

Als Liam sie mit der Schulter anstieß, glättete Kara schnell ihre Gesichtszüge und sah mit einem Lächeln zu ihm auf. Allerdings zu spät, Liam antwortete treffsicher auf ihre Gedanken und tippe ihr gegen die Stirn. "Was? Nein. Liam, so hab ich das nicht gemeint", rief sie mit schlechtem Gewissen und griff nach seiner Hand. "Ich meine nicht, dass du auf jedenfall losziehen solltest. Aber Liam, wenn sie dich brauchen?" Sie sah ihn eindringlich an. Sicher, sie wollte nicht, dass er sich in Gefahr brachte, dass ihm irgendwas passierte. Aber sie waren alle hier ausgebildet worden, wozu eben auch gehörte, dass siie ihre Fähigkeiten für Einsätze trainierten. Nicht in dem Ausmaß, wie sie es in der ursprünglichen Zeit erlebt hatte, aber trainiert waren sie trotzdem. Wenn Liam sich jetzt weigerte auf Einsätze mitzugehen, könnte das durchaus bedeuten, dass andere dafür weniger sicher waren. Wenn etwas schief gehen würde, wenn er es hätte verhindern können, würde er es sich auch immer vorwerfen. "Natürlich mach ich mir Sorgen. Aber deswegen solltest du nicht anfangen nicht mehr zu leben."

Tyra nahm nicht wirklich begeistert den Muffin entgegen und sah eher so aus, als wollte sie ihn zerrupfen ohne ihn zu essen. Cooper überlegte sie danach zu fragen, was Mr. Valentine entschieden hatte. Es musste ziemlich übel sein, selbst er war noch nie zum Rektor gerufen worden. Er hoffte wirklich, dass die Lehrer nicht Tyra die Schuld für den Vorfall gaben, was irgendwie bedeuten würde, dass er Schuld an ihrer Strafe war. Weil er ihr aber gestern auch nichts über seine eigene Disziplinarmaßnahme gesagt hatte, hielt er den Mund und wartete ab. Was dazu führte, dass sie sich einen Moment anschwiegen, ehe Tyra sich entschuldigte. "Oh, mach dir keinen Kopf darum. Ich muss mich vermutlich viel eher entschuldigen. Ich hätte dich nicht so gehen lassen sollen. Oder Bree und ihren Freundinnen was sagen um sie zusammenzustutzen. Es tut mir Leid, dass ich nichts getan habe", sagte er und legte ihr eine Hand auf das Knie, das er dann leicht drückte. Greg hatte wohl wirklich recht gehabt, er hätte sie nicht so einfach gehen lassen sollen beim Frühstück. Schwänzen wäre wohl auch eine angemessene Reaktion gewesen, egal was ihm das noch an Nachsitzen eingebracht hätte.

Verdutzt stimmte Erin zu und sah ihrer Freundin hinterher, wie sie etwas beiseite trat um telefonieren zu können. Sowas. Irgendwie war Camilles Sorge um Kaya merkwürdig, wo sie vor wenigen Monaten kaum ein Wort miteinander gesprochen hatten. Da vergaß sie tatsächlich sogar, dass Gregory sie auf die Folter spannte. Nachdenklich machte sie sich auf den Weg zum nächsten Klassenzimmer.

„Mich brauchen? Ich glaube, es gibt genug andere mit weitaus nützlicheren Fähigkeiten. Eine Großkatze ist nicht unbedingt das, was man auf jedem Einsatz benötigt“, wandte Liam mit einem schiefen Lächeln ein, meinte seine Worte jedoch durchaus ernst. Sicher, er hatte davon abgesehen genug Erfahrung, er war verlässlich und konnte sich auch ohne seine Mutation zur Wehr setzen. Aber das traf auch auf einige andere zu. Liam drückte ihre Hand und ging mit seiner Freundin weiter. „Du hast eine seltsame Definition von Leben, wenn du meinst, ich würde nicht leben, nur weil ich auf einen Einsatz verzichten würde. Glaube mir, darauf kann ich gut verzichten. Da tu ich lieber andere Dinge…“, sagte er und bedachte Kara von der Seite mit einem leicht anzüglichen Blick, der er kurz darauf schmunzelnd wieder abwandte. Nein, die Einsätze waren ihm eigentlich nie so wichtig gewesen. Nicht so wichtig, wie sie seinem Vater waren… Liam hatte das Gefühl, was das anbetraf, war er doch ganz anders als sein Vater. Er konnte sich auch nicht vorstellen, wie sein Vater hier Lehrer zu sein…

„Dich trifft keine Schuld“, stellte Tyra klar, sobald sie ihren Bissen hinuntergeschluckt hatte. „Also gibt es auch nichts, was dir leid tun muss. Wirklich. Ich- ich, du-“ Tyra verschluckte das nächste Wort, wobei ihr Blick Coopers Hand folgte, die sich auf ihr Knie gelegt hatte. Seine Hand. Auf ihrem Knie.
Und dann spürte sie auch noch, wie seine Finger ihr Knie leicht drückten. War sie froh, dass da noch der Stoff ihrer Jeans dazwischen war – oder nicht? Ihr Herz legte einen Zahn zu und ihr Blick wanderte langsam zurück zu Coopers Gesicht. Wieso war ihr vorher nicht aufgefallen, wie nah Cooper neben ihr saß? Und damit auch sein Gesicht. So. Nah. Er hatte wirklich verdammt schöne Augen. Grüngraue Augen. Und seine Lippen, seine Lippen, sahen so weich aus… Ohne sich dessen bewusst zu sein, lehnte sich Tyra zu ihm vor- und küsste sie ihn. Auf diese verdammt weichen Lippen.

Okay, jetzt kam Kara sich doch ein bisschen doof vor. So wie Liam es ausdrückte, war er wirklich nicht unentbehrlich für irgendwelche Einsätze. "Sag das nicht. Du bist hilfreich und leistest eine Menge. Und ich würde nur sehr schwer auf meine Katze verzichten können", sagte sie und schmunzelte ihm leicht zu. Wobei sie seine Leichtigkeit, mit der er die Einsätze wegwischte, nicht ganz nachvollziehen konnte. Sie war immer gerne mitgegangen. Hatte sich die Teilnahme an dem Einsatz in der Vergangenheit ja quasi erzwungen. Und ihm schien wirklich nicht viel daran zu liegen. Sie sah ihm ins Gesicht und bemerkte seinen Mimikwechsel. Der Blick ließ keine Zweifel daran, was er lieber tat. Mit hastig klopfenden Herzen und heißen Wangen schlug sie ihm leicht gegen den Ellenbogen. "Liam. Ehrlich", raunte sie verlegen und konnte doch das Lächeln nicht von ihren Lippen wischen. Sie hatte so viel Glück mit ihrem Freund.

Cooper blinzelte leicht fragend, als Tyra mitten im Satz abbrach und scheinbar völlig den Faden verlor. Sein Blick wanderte zu ihrer Hand, in der der Muffin vergessen lag. Er hatte sie hoffentlich nicht damit vergiftet, ob sie eine Allergie hatte, von der er nichts wusste? Er hob den Blick wieder und hatte den Mund schon geöffnet um sie zu fragen, als sie ihm plötzlich sehr nahe war und... Küsste. Völlig überrumpelt blinzelte Cooper. Damit hatte er absolut nicht gerechnet. Auch nicht mit dem warmen Kribbeln in seinem Bauch, das er überhaupt nicht einzuordnen wusste. Ohne es zu merken, hatte er seine Hand fester um Tyras Knie gelegt, war aber immer noch unfähig irgendwie zu reagieren. Was Tyra scheinbar merkte. Sie zuckte zurück und sah so schuldbewusst und traurig drein, dass es Cooper glatt das Herz zerdrückte. "He, nein", widersprach er, als sie meinte, dass es doch komisch war. Sein Kopf kam nur etwas langsam dahinter, was sie damit meinte. Komisch, das Küssen. Worüber sie heute morgen schon gesprochen hatten. Er hatte sie heute morgen völlig falsch verstanden, ging es ihm auf. Sie hatte über solche Küsse gesprochen, nicht? Was war er doch für ein Blindfisch.. "Es ist wirklich nicht komisch, Tyra. Du hast mich nur überrascht. He..", suchte er nach Worten und legte dann beide Hände an das Gesicht seiner Freundin, damit sie ihn auch wirklich ansah. Und am besten nicht gleich wieder die Flucht ergriff. "Ich.. Das.. hm.. Danke", stammelte er dann völlig durcheinander, als sie ihn tatsächlich ansah und er plötzlich nicht mehr wusste, wohin er gucken sollte.

„Was?“, fragte Liam unschuldig und zuckte mit den Schultern, musste aber gleich darauf leise lachen. „Ich bin froh, dass du nicht auf mich verzichten kannst. Und die Kleinen werden mich als Kuschellöwen hoffentlich auch noch lieben lernen“, fügte er schmunzelnd hinzu und wünschte, er könnte nach seinen Mädchen sehen. Leider wartete der Unterricht auf ihn und die kurze Pause war bald um. Als sie in den Gang bogen wollten, auf dem das Klassenzimmer lag, liefen sie beinahe in Camille hinein, die ihr Handy ans Ohr gepresst hielt. „Klar, das mache ich. Du k- huch“, raunte sie und wich zur Seite. Dabei wanderte ihr Blick von Liam zu Kara. „Kara ist übrigens gerade hier, willst du- Oh. Okay. Klar. Bis dann, Kaya“, verabschiedete Camille die andere, nahm das Handy vom Ohr und legte auf (nicht, ohne das Display dabei verwirrt anzusehen).
„War das Kaya? Ist sie nicht im Unterricht?“, fragte Liam stirnrunzelnd.
„Nein, sie ist daheim bei ihrer Mom“, antwortete Camille und steckte ihr Handy weg, wobei sie überlegte, wie viel sie überhaupt erzählen sollte. „Kaya ging es gestern Abend wohl nicht so gut. Ms. Marais hat sie nach Hause geschickt und krank geschrieben“, setzte sie hinzu.
„Oh, die Arme“, sagte Liam und nahm sich vor, seiner Cousine später zu schreiben.

Ihre Gedanken waren noch ganz benebelt und berauscht von Coopers Blick und seinen Lippen. So nahm sie für einen Moment auch gar nicht wahr, dass ihr Herz heftig in der Brust wummerte und sie ihre Hand ob, um sie an sein Gesicht zu legen. Doch als ihre Finger seine Haut berührten, wurde ihr auf einen Schlag nur zu deutlich bewusst, was sie da gerade tat. Himmel Herrgott, sie hatte ihn geküsst! Auf seine Lippen, seine wirklich weichen Lippen, Gott verdammt! Und das schlimme dabei war, dass er nicht reagierte. Tyra zog erst ihre Hand und dann den Rest von sich zurück und schnappte nach Luft, während ihr das Herz nach unten sackte. „Oh Gott, tut mir leid, ich-“, stammelte sie, wobei sie ein ganzes Stück von ihm wegrutschte. Besser, sie brachte mehr Abstand zwischen sie beide. Wäre das hier Coopers Zimmer, dann hätte sie jetzt auf ihr Zimmer flüchten können – aber leider waren sie bei ihr. „S-Siehst du? Es ist doch komisch“, stammelte sie weiter und verbarg ihr Gesicht hinter ihren Händen. Sie schnaubte schon fast panisch, als Cooper versuchte, das Gegenteil zu beteuern. Nur überrascht – ja, klar. Dann spürte sie, wie er ihre Hände wegzog und dann seine Hände an ihr Gesicht legte, damit sie ihn ansah. Ihr Mund wurde sofort ganz trocken und ihr Herz stolperte. Er hatte keine Ahnung, dass er es damit nur noch schlimmer machte… „Du kannst mich nicht mal ansehen, Coop. Sag mir nicht, es wäre nicht komisch, wenn du es doch komisch findest“, sagte sie leise und lächelte traurig. „Glaube mir, du musst mich nicht schonen. Schlimmer kann der Tag ohnehin nicht mehr werden.- Weißt du, ich dachte mir schon, dass du nicht so für mich empfindest. Das ist in Ordnung. Wirklich. D-Du bist mir wichtig. Und ich will dich nicht als Freund verlieren…“, sagte sie und sah ihn besorgt an. Hatte sie es jetzt kaputt gemacht? Alles?

"Die Mädchen lieben dich, in jeder Form", antwortete Kara mit einem warmen Lächeln und hakte sich bei ihrem Freund ein. Durch seine Größe sah sie nicht, wer sonst noch im Gang war und wäre tatsächlich fast in Camille reingelaufen, als die plötzlich vor ihnen auftauchte. Ihr Mund blieb offen stehen, als sie mitbekam, mit wem Camille da telefonierte. Hastig klappte sie den Unterkiefer wieder hoch und kramte nach ihrem Handy um zu schauen, ob Kaya ihr geschrieben hatte. Was sie nicht hatte. Mit einem Stirnrunzeln sah sie in die Richtung ihrer ehemaligen Mitschülerin. Warum wusste Camille, was mit Kaya los war, wenn sie selbst keine Nachricht von ihrer besten Freundin bekommen hatte. Ihr war klar, dass Kaya sich ziemlich alleine fühlte und auch dringend neue Freunde an der Schule brauchte. Aber musste es ausgerechnet das Klatschmaul der Schule sein? Erst Aaron, jetzt Camille.. So langsam bekam Kara das Gefühl ihre Freundin gar nicht mehr zu kennen. Und dann war da noch die Eifersucht, weil sie als Freundin scheinbar nicht mehr zählte. "Hat sie gesagt, wie lange sie zu Hause bleibt?", fragte sie möglichst neutral und überlegte, ob sie vielleicht bei Kaya vorbei fahren sollte. Zumindest, wenn Kaya ihr antwortete und Besuch haben wollte. Vielleicht ging es ihr ja auch richtig schlecht. Aber hätte sie ihr dann nicht geschrieben?

"Nicht.. Nicht komisch", antwortete Cooper und hob hektisch den Kopf um sie anzusehen. Was nur so halbwegs klappte. Jedes Mal, wenn sein Blick ihren traf, war er wieder völlig verwirrt und sah schon weg, ehe er sich dazu entschlossen hatte. Es wurde einfacher, als Tyra meinte, dass ihr Tag nicht schlimmer werden konnte. Er hatte ihr den Tag tatsächlich gerade ruiniert. "Es ist nicht komisch. Ich bin nur.. Ich weiß nicht... Das war.." Das Kribbeln in seinem Bauch wurde jedes Mal, wenn er einen Satz began und schon verlor er den Faden und wusste nicht mehr, was er ihr sagen wollte. Was echt nicht half, er wollte Tyra schießlich nicht einen noch schlimmeren Tag bescheren. Und dann warf sie ihm ein Rettungsseil zu, dass er nur zu gerne ergriff. "Ich will dich auch nicht als Freundin verlieren. Du bist toll und witzig und guckst mich nicht an, als wäre ich verrückt, wenn ich rumlaber", sagte er und grinste sie verhalten an. Erst da fiel ihm auf, dass seine Hände noch an ihren Wangen lagen und hastig ließ er sie los.

„Ein paar Tage. Vielleicht bis zum Wochenende?“, antwortete Camille und zuckte ahnungslos mit den Schultern. Ihr Blick wanderte dann von Kara zu Liam. Man sah ihr an, dass ihr noch etwas auf der Zunge lag. Sie biss sich leicht auf die Unterlippe und rückte dann endlich mit der Sprache heraus. „Liam, könntest du uns kurz allein lassen? Ich müsste mit Kara dringend noch etwas besprechen“ Liam blinzelte und dachte zuerst, sie nicht richtig verstanden zu haben. Was hatten denn Camille und Kara jetzt allein zu besprechen? Ging es um Kaya? Er hob eine Braue und registrierte den nachdrücklichen Blick seiner Mitschülerin. „Sicher“, antwortete er schließlich, nickte und verabschiedete sich von Kara, eher er in Richtung Klassenzimmer verschwand.
Camille sah sich derweil um, um zu vermeiden, dass sie jemand hörte.
„Hmm… Es ist so“, fing Camille an, sah sich noch immer prüfend um und knibbelte dabei an dem Träger ihrer Tasche. „Kaya… isst schon seit ein paar Wochen nicht richtig. Und ich habe das Gefühl, dass es immer schlimmer wird. Sie ist ziemlich blass…und dünner…“ Ein bisschen wie Liam, dachte Camille in Gedanken, behielt diesen Kommentar aber für sich und sah Kara dann direkt an. „Ich glaube, dass sie deswegen gerade daheim ist. Meinst du, du könntest mal mit ihr darüber reden? Sie muss… Sie muss wirklich vorsichtig sein. Ich weiß, wovon ich rede“, fügte Camille murmelnd hinzu und lächelte leicht gequält. Mit Essstörungen kannte sie sich aus…

Wenn er ihr noch einmal sagte, der Kuss wäre nicht komisch gewesen, dann würde sie vielleicht schreien. Aber nur vielleicht. Als ob sie Cooper anschreien könnte… Im Großen und Ganzen wollte Tyra einfach nur im Boden versinken. Was war nur in sie gefahren? Cooper konnte da wirklich nichts dafür! Sie hatte ihn mit dem Kuss überrascht und brachte ihn obendrein in eine doofe Situation. Tyras Mundwinkel zuckten leicht nach oben, als Cooper dieses mal beteuerte, dass er sie auch nicht verlieren wollte. Dass er sie toll und witzig fand… Und dann zog er seine Hände von ihrem Gesicht. Nun musste wohl auch ihm aufgegangen sein, dass Körperkontakt keine so sonderlich gute Idee war, wenn er ihr keine falschen Zeichen geben wollte.
„Du bist ja auch nicht verrückt“, sagte Tyra, lächelte matt, wandte den Blick ab und streifte dabei ihren Wecker. „Oh Gott, Cooper! Du musst zur nächsten Unterrichtsstunde, sonst kommst du zu spät“, raunte sie, wobei sie vom Bett aufgesprungen war.

Karas Augenbrauen wanderten auch hinauf, als Camille ihren Freund wegschicken wollte. Das wurde ja immer merkwürdiger hier, aber es machte Kara auch irgendwie neugierig. Was wollte Camille ihr denn sagen, was Liam nicht hören durfte? Als dieser in ihre Richtung sah, nickte sie kurz und versprach ihm gleich nach zu kommen. Sie würde sicher nicht gehen, ohne sich richtig verabschiedet zu haben. Einen Moment sah sie Liam nach, ehe sie sich Camille zuwandte und eher unbewusst die Arme vor der Brust verschränkte. Ihre ablehnende Haltung lockerte sich aber ganz schnell und wurde durch eine besorgte Miene ersetzt. "Du meinst, sie ist gar nicht wirklich krank, sondern hat ein Essproblem? Ist das nicht eher Stress? Sie macht sich nicht weniger Druck, als Liam, wenn ich das richtig mitbekommen habe", sagte sie vorsichtig. Bisher hatte sie zumindest gehofft, dass es der Schulstress war. Das hatte Kaya ihr auch so gesagt. Oder eher, wenn Kara nachgefragt hatte, hatte sie gesagt, das alles gut war. Allerdings hatte Kaya auch mit Camille telefoniert ohne Kara zu sagen, dass es ihr schlecht ging. Vielleicht hatten sich die Spielregeln ihrer Freundschaft ja geändert... So vieles hatte sich geändert, seitdem sie schwanger geworden war.

Nicht verrückt.. Tyra war wohl eine der wenigen, die ihn nicht für verrückt oder zumindest verdammt anders hielt. Sein Lächeln fiel daher auch recht verhalten aus. Er überlegte noch, was er antworten sollte, als Tyra halb durchdrehte und ihn auf die Uhrzeit aufmerksam machte. Ihre Panik war ansteckend. Er stand schon und sah sich hastig um. "Oh.. Oh verdammt", haspelte er und hatte seinen Rucksack in der Hand. "Miss Cohen bringt mich um, wenn ich nicht im Unterricht bin.. Ich... komm später wieder!", rief er und war schon aus dem Zimmer raus, als ihm noch etwas einfiel. Er drehte sich vor der Tür um, machte einen Schritt zurück in den Raum und gab Tyra einen Kuss auf die Wange. "Wir reden später weiter!", versprach er und rannte dann zum Unterricht.

„Ich weiß nicht“, antwortete Camille und verzog das Gesicht. „Anfangs war es sicher der Stress und der Druck, den sie sich wegen allem möglichen macht. Wegen dem Abschluss, dem Studium, aber auch wegen Aaron“ Gegen Ende verdrehte sie missbilligend die Augen und rümpfte leicht die Nase. „Wegen Aaron kann ich nichts zu ihr sagen. Das ist, als wäre ich im Glashaus und würde mit Steinen werfen. Aber ich habe versucht mit ihr wegen dem Abschluss zu reden und wir lernen ja zusammen“, fuhr sie fort und zuckte mit den Schultern. „Wie dem auch sei, ich denke… inzwischen könnte es sich wirklich zu einem Essproblem bei ihr entwickelt haben. Sie… muss irgendetwas ändern. So wie es ist, kann es zumindest nicht weitergehen“, seufzte sie und zupfte an einer ihrer blonden Strähnen. Camille würde Kaya ja am liebsten vorschlagen, sich von Aaron zu trennen – damit sie sich auf sich selbst konzentrieren konnte. Ihre Gesundheit ging schlichtweg vor! Und Camille wollte nicht, dass Kaya am Ende körperlich das gleiche durchmachte… Da fiel ihr Liam wieder ein, von dem Kara eben gesprochen hatte.
„Wie geht es eigentlich Liam? Er sah die letzten Tage und Wochen auch nicht so fit aus“, fragte sie vorsichtig und sah die Ältere an. „Oh, Glückwunsch, übrigens. Zu den beiden Mädchen. Kaya hat mir ein Bild gezeigt – sie sind wirklich zuckersüß“, sagte sie lächelnd.

„Beeil dich!“, raunte Tyra, die schon Anstalten machte, ihm die Tür zu öffnen, aber da kam Cooper selbst in die Puschen, schnappte sich seinen Rucksack und gab ihr sein Wort, dass er später wiederkommen würde. „O-Okay“, sagte sie, folgte ihm bis zur Tür und nickte. Wenn sie Glück hatte, würde er vielleicht einen Teil ihrer Unterhaltung bis nachher vergessen haben… Vielleicht würde er ja auch den Kuss vergessen? Haha… Tyra, träum weiter, sagte sie sich im Stillen, während Cooper schon aus dem Zimmer war. Seufzend ließ sie den Kopf ein wenig hängen, länge eine Hand auf die Klinke und wollte die Tür gerade schließen, als Cooper plötzlich wieder da war und ihr den Kuss auf die Wange gab. Tyra erstarrte zur Salzsäule und bekam große Augen. „Hmmh“, machte sie, aber das hatte der andere schon nicht mehr mitbekommen, Cooper war längst durch den Gang geeilt. Mit roten Wangen und klopfendem Herzen schloss Tyra die Tür und blieb an diese gelehnt stehen.
Sie würden später reden… Ihre Hand wanderte an ihre Wange, an die Stelle, auf die er sie geküsst hatte, während sich ein kleines, hoffnungsvolles Lächeln auf ihrem Gesicht ausbreitete.

Camille konnte Aaron auch nicht ausstehen, das hatte Kara fast vergessen. Dabei hatte sie vermutlich guten Grund dazu, wo sie selbst mit ihm zusammen gewesen war. Auf Camilles Augendrehen seufzte sie und nickte. "Ich hab ihr schon häufiger gesagt, sie soll ihn einfach absägen. Aber das wollte sie nie hören. Zugegeben waren sie eine Zeit lang wohl auch ganz Glücklich miteinander", sagte sie und fing an Rachepläne zu schmieden, sollte Aaron schon wieder daran schuld sein, dass es Kaya schlecht ging. "Ich versuche mal, ob ich was aus ihr raus kriege", versprach sie dann und verzog gleich darauf das Gesicht. Zum einen musste sie wirklich erst einmal nach Hause, zum anderen hatte Kaya sich ja noch gar nicht bei ihr gemeldet und wollte vielleicht gar nicht reden. Camilles nächste Themen kamen etwas schnell, da war Kara fast verwirrt. "Danke..", murmelte sie auf das Kompliment und grinste verschämt. Sie fand ihre Mädchen auch zuckersüß. Furchtbar anstrengend aber zuckersüß. Liam war da ein anderes Thema. Sie sah besorgt in Richtung des Klassenzimmers und wollte Camille gerade tatsächlich sagen, dass es ihm nicht gut ging, als Cooper an ihnen vorbei schoß.

"Sorry!", rief er, nachdem er Kara fast umgerannt hatte, blieb aber nicht stehen, bis er halb an der Tür vorbei gerauscht war. Mit einer Hand hielt er sich am Türrahmen fest um sich zu bremsen und schwang sich dann in die Klasse. Heftig atmend sah er sich um und stellte dann verwirrt fest, dass der Unterricht noch gar nicht angefangen hatte. Dafür sah Aaron ihn verwundert an, der stand noch neben der Tür und wartete. Er war sich nur selbst nicht ganz sicher worauf. Er konnte ja schlecht Camille fragen, ob sie was von Kaya gehört hatte.. Neugierig sah er an Cooper vorbei, aber da war niemand anderes. "Wo hast du Tyra gelassen?", fragte er. Schließlich war Cooper doch zu ihr um sie zu holen, hatte Aaron zumindest gedacht. Das blöde Gesicht von Cooper brachte ihn dagegen fast zum lachen. "Sag bloß, du bist gar nicht da gewesen."
"Nein... Doch, natürlich war ich da.. Aber dann.." Cooper brach ab und lief Tomatenrot an, was Aaron ziemlich neugierig machte, was dann wohl gewesen war. "Ich hab vergessen, dass sie auch in den Unterricht sollte..", schloss sein Mitschüler dann etwas lahm und starrte auf seine Schuhspitzen.

„Da bist du ja wieder“ Shannon sah zu Vivian hinüber, die gleich nah Cooper durchs Klassenzimmer kam. „Geht es dir wieder besser?“ „Hm“, machte Vivian und nickte. Sie hatte vorhin zu Bree und Shannon gesagt, dass sie Krämpfe hätte und deswegen nicht zum Unterricht könnte. In Wahrheit war sie zu Mr. Valentine gegangen, um ihn die Sache mit Tyra zu erklären. Schweigend fiel Vivians Blick auf Bree, als sie bei den beiden stehen blieb. Dieses Mal würde sie nicht so einfach davonkommen… „Weißt du was?“, fragte Vivian und lächelte charmant. „Ja, ja, mir geht es viel besser, Shannon. Und weißt du wieso? Weil ich bei Mr. Valentine war, um aufzuklären, dass ihr beiden gelogen habt.“
Shannons Kiefer klappte hörbar zu und ihre Augen wurden riesig. Bree dagegen bekam einen verbissenen Blick, mit dem sie Vivian aus leicht zusammengekniffenen Augen taxierte.
„Du hast was gemacht?“, fragte sie gefährlich ruhig, aber das schüchterte Vivian nicht ein, nicht mehr. „Ich habe ihm erzählt, was wirklich passiert ist. Was du zu Tyra gesagt hast. Wenigstens einer von uns sollte es mal mit der Wahrheit versuchen und ein bisschen Rückgrat beweisen. Aber mir ist schon klar, dass du nicht diejenige bist – denn du bist die falscheste, missgünstigste Person, die ich je kennengelernt habe!“, schnaubte Vivian und sah dann zu Shannon. „Und du- du bist die Mitläuferin in Person! Lass dir mal anständige Eierstöcke, ein selbständiges Hirn und ein Gewissen wachsen, Shannon, du hast es bitter nötig.“ Und damit warf Vivian ihr Haar zurück und ging an den beiden Mädchen vorbei und steuerte einen freien Platz an, der möglichst weit von beiden entfernt war – der freie Platz neben Aaron. „Was dagegen, wenn ich mich zu dir setze?“, fragte sie ihn, wartete sein Nicken ab und nahm dann neben ihm Platz.

„Danke dir“, sagte Camille, als Kara ihr versicherte, sie würde es bei Kaya einmal versuchen. Das war gut, sehr gut! Die Blonde lächelte und hoffte im Stillen, dass Kara Erfolg haben würde. Vielleicht brauchte es einfach nur ein Gespräch mit der besten Freundin, damit Kaya ein bisschen klarer sah. - Ein bisschen seltsam war das hier aber schon, mit Kara. Camille konnte sie nicht daran erinnern, schon jemals abseits des Unterrichts so viel mit Kara gesprochen zu haben. Die
Ältere war immer eines dieser „coolen“ Mädchen gewesen, mit einem verdammten heißen Bruder, reichen Eltern, einem süßen Freund und immer in einer Gruppe von Leuten. Dass sie sich mit Kaya anfreunden würde, hätte sie auch nie gedacht… aber sie war froh drum.
„Bei euch beiden konnten aber auch nur zwei süße Kinder herauskommen. Wie g-“, fing Camille an, als die Sprache wieder auf die beiden Kinder kam. Dann kam aber wie aus dem Nichts Cooper herangerauscht und durch den Gang geschlittert. Ein wenig verblüfft blinzelte Camille ihm hinterher. Nur ein Sekundenbruchteil danach meldete sich die Schulglocke.
„Oh, ich sollte dann wohl auch mal rein. Danke dir nochmal, fürs Zuhören. Und viel Erfolg mit Kaya, ich drücke die Daumen!“, sagte Camille, legte kurz ihre Hand auf Karas Unterarm und verabschiedete sich anschließend. An der Tür zum Klassenzimmer blieb sie noch einmal stehen. „Wenn du magst, kannst du mir schreiben, wie es gelaufen ist“, raunte sie und betrat danach das Klassenzimmer. Ein wenig überrascht bekam sie die letzten Sätze von Vivian mit, die kurz darauf neben Aaron Platz nahm. Camille ging zu Erin hinüber und setzte sich zu ihr. „Was zum Henker habe ich verpasst?“, fragte sie flüsternd ihre Freundin.