Mutant High-Das RPG XXIII

Eron trommelte mit den Fingerspitzen geistesawesend auf dem Lenkrad herum während er darauf wartete, auf den Highway auffahren zu können. Für die Uhrzeit war erstaunlich viel auf den Straßen los und da die Räumfahrzeuge offensichtlich mal wieder versäumt hatten ihren Job zu tun, ging es nur im Schneckentempo voran. Den Schneeräumdienst und die anderen Autofahrer verfluchend trat Eron nach einigen Minuten des genervten Wartens auf das Gas und schlingerte, das Hupen der Mitfahrer ignorierend, auf den Highway.

„Wirklich? Oh...OH! Das ist ja genial!“ Leonie drückte ihm einen stürmischen Kuss auf und lehnte sich lachend wieder zurück. „Ich kann es nicht glauben! Das ist fantastisch, Kit, es ist...riesig! Im Vergleich zu unseren beiden Zimmern! Und die Kinder hätten sogar auch Platz! Es ist perfekt! Du bist perfekt!“ Leonie schmiegte sich etwas enger an ihn, hauchte ihm einen Kuss auf den Hals und schlang dabei ihre Arme um ihn.
„Ich muss Fotos davon machen und sie meinen Eltern schicken! Meine Mutter wird bestimmt erleichtert sein, zu sehen, dass wir uns kein kleines Zimmer teilen. Wer weiß, vielleicht geben sie uns Geld, um uns mehr zu unterstützen...ich hätte nichts dagegen“, fügte sie leiser hinzu.
Zwar gab es ein paar Möbel, aber um richtig gemütlich zu sein, mussten noch ein paar Sachen dazu.

Erleichtert, das war Kit jetzt. Und das nicht zu knapp. Ein bisschen weitere Unterstützung wäre sicher nicht schlecht, aber ausgerechnet von Seiten ihrer Eltern mochte er da nicht so ganz drauf hoffen. Dass Leos Eltern sich mit ihrer Beziehung abgefunden hatten, glaubte er nämlich nicht. Dass sie stillschweigen bewahrten lag sicher eher daran, dass sie Leo nicht in Schwierigkeiten bringen wollten. "Du bist perfekt. Unsere kleine Bude. Naja, wir feilen noch an ihr, dann wird sie sicher auch sehr schön", antwortete er seiner Frau. Und weil sie gerade so schön dicht stand, gab er ihr einen zärtlichen Kuss.

Inzwischen war die Mittagspause vorbei und die Schüler strömten aus der Mensa und in Richtung des Fahrstuhls. Caleb war etwas früher gegangen da er Sofia zu Tina zurück bringen musste und stand daher bereits in der Umkleidekabine und zerrte an der Uniform herum. Wie immer hatte er sich einen Platz ganz hinten gesucht damit niemand zufällig einen Blick auf seinen vernarbten Rücken werfen konnte und zog gerade den Anzug über Arme und Schultern als er die Tür hörte. Leise fluchend drehte er sich rasch mit dem Rücken zur Wand und zerrte an dem unnachgiebigen Leder während er einen finsteren Blick in Richtung Tür warf. Herein trat Javier, der Calebs Blick jedoch nicht erwiderte, sondern mit hochgezogenen Schultern und finsterem Blick die andere Ecke der Umkleide ansteuerte. Auch wenn er im Grunde wusste dass es nichts brachte, hatte er vorhin noch einmal versucht bei Aiden anzurufen. Nur um zu erfahren dass seine Handynummer inzwischen deaktiviert worden war. Innerlich fluchend stellte Javier die richtige Zahlenkombination an seinem Schrank ein und nahm dann die Uniform heraus. Er hoffte schon beinahe dass das Dangerroom-Training heute richtig hart werden würde, zumindest hätte er dann mal eine effektive Ablenkung...

"Ladies first." Als die Holztäfelung in der Wand verschwand und den Blick auf den Fahrstuhl freigab, forderte Gabriel Notion mit einer Handbewegung auf, als erstes einzutreten. Die Zeit zum Essen war letztendlich doch ein bisschen knapp gewesen, also hatte sich Gabriel lieber zurück gehalten und nur ein bisschen gegessen. Denn das Training mit einem vollen Magen betreiten zu wollen kam einem Selbstmordkommando gleich.

Alexei hatte Soraya einen Kuss gegeben und war dann kurz hinter Javier in die Umkleide gegangen. Dadurch bekam er noch mit, wie Caleb sich hektisch mit der Uniform abmühte. Soraya hätte ihn dafür geschlagen, ganz sicher, aber er konnte einfach nicht anders. Ein leicht hämisches Grinsen lag auf seinem Gesicht, als er an seinen Spind trat und gerade eben hörbar: "Schau mal wer da die schüchterne Prinzessin spielt", murmelte. Vielleicht spielte er deswegen mit dem Feuer, weil es in letzter Zeit zu gut gelaufen war, konnte ja nicht angehen, dass es keinen Stress in seinem Leben gab.

"Vielen Dank", antwortete Notion. Lächelnd trat sie in den Fahrstuhl und rückte zur Seite, damit Gabriel auch Platz hatte. "Was meinst du, was haben sie sich heute für uns ausgedacht?", fragte sie und klang jedenfalls teilweise aufgeregt. Es war das erste Mal seit ihrem Unfall, dass sie wieder vollkommen an dem Dangerroom teilnehmen durfte. Leider auch am Sportunterricht, der war hart gewesen, nach so langer Pause. Trotzdem freute sie sich darauf.

Wie erwartet waren Alexeis Worte wie Brandbeschleuniger, der in offenes Feuer gegossen wurde. "Ich kann mich nicht erinnern, dich um deine dämlichen Kommentare gebeten zu haben", fauchte Caleb gereizt und warf Alexei einen Blick zu, der jeden anderen wohl ängstlich hätte zusammenzucken lassen. "Zieh dich um und nerv mich nicht", fügte er knurrend hinzu und zog den Reißverschluss der Uniform nach oben, "wäre gesünder für dich."

"Puh, gute Frage." Gabriel dachte über Notions Frage nach während die Türen sich schlossen und der Fahrstuhl nach unten fuhr. "Ich denke mal dass wir wahrscheinlich Defensiv-Übungen machen werden", bemerkte er schließlich und trat aus dem Fahrstuhl, der sich inzwischen wieder geöffnet hatte, "bisher hat Wolverine uns noch mit Samthandschuhe angepackt, zumindest nach seinen Verhältnissen. Von mir aus kann das gerne noch so bleiben." Denn, wenn er ehrlich sein sollte, fürchtete er sich ein wenig vor den ersten Offensiv-Übungen. Wieder angreifen zu müssen.

Soraya kämpfte unterdessen in der Umkleide der Mädchen mit der Uniform. So sehr sie auch zog und zerrte, das Leder bewegte sich nur in Zentimeter-Schritten ihr Bein hinauf. Wenn das in dem Tempo weiterging, würde sie frühestens in einer Stunde in der Uniform sein...

Ja, dieses leichte Kribbeln im Bauch hatte er schon vermisst. Manchmal ging doch nichts über ein bisschen Adrenalin. "Klar, als würde ich immer tun, was gesund für mich ist", erwiderte Alexei deswegen auch wenig beeindruckt. Seine Klamotten landeten im Spind, dann fing er an sich in die (elendig) enge Uniform zu arbeiten.

"All zu lange wird er das wohl nicht mehr aushalten. Ich glaub er braucht die Befriedigung", antwortete Notion und schmunzelte Gabriel an. Dass sie da potentiell etwas peinliches gesagt hatte fiel ihr gar nicht auf. "Ehrlich gesagt, ich glaub ich kriege auch Angst, wenn er noch viel länger so nett und freundlich bleibt. Das ist doch nicht Wolverine dann. Hat ein bisschen was davon, dass die Welt nie wieder in Ordnung kommt."

"Stimmt, da hast du recht." Gabriel nickte und brachte sogar ein Lächeln zustande. Die Welt drehte sich weiter, die Zeit verging und wahrscheinlich würden irgendwann auch die schlimmsten Narben, ob physisch oder psychisch, verblassen. Irgendwie beruhigend. "Dann sehen wir uns ja gleich im Dangerroom", verabschiedete er sich mit einem Lächeln und einem Kopfnicken bei Notion als sie an der Umkleide der Mädchen vorbeikamen, "drück die Daumen dass es keine Übung im Dschungel wird, ich hasse das Klima!" Lachte, und steuerte dann seinerseit die Umkleiderkabine der Jungs an.

"Du solltest besser damit anfangen", bemerkte Caleb schnaubend und bedachte Alexei mit einem abschätzigen Blick, "nur weil ich 'n Kind hab heißt das nicht dass ich dich ab sofort mit Samthandschuhen anpacken. Ich werd dir im Training sowas von den Arsch aufreißen!" Sein Blick machte dabei deutlich dass er nicht scherzte, sondern jedes Wort ernst gemeint war.
In diese aufgeheizte Stimmung platzte Gabriel unbeabsichtigt hinein und räusperte sich verlegen als ihm die Anspannung auffiel. "Na, schon gespannt auf das Training?", fragte er nervös, wünschte sich aber im nächsten Moment schon, nichts gesagt zu haben. "Schon gespannt auf das Training? Was war das bitte für ein Quatsch?!"

"Bis gleich", antwortete Notion und wandte sich dann selbst der Umkleide zu. Auf den Dschungel konnte sie auch verzichten. Warm und Feucht war nicht ihre Welt, da mochte ihr Kreislauf nicht mitmachen, schon gar nicht, wenn dann auch noch gearbeitet werden sollte. Sie hoffte auf ein eher heimisches Klima und eher wenig gekletter. Während sie zu ihrem Spind ging lächelte sie die Anwesenden an.

Eine Drohung zu erkennen war nicht schwer, schon gar nicht wenn sie von Caleb kamen, das hieß aber nicht, dass Alexei jetzt den Schwanz einzog. Er drehte sich zu Caleb um und breitete die Arme leicht zur Seite aus. "Wenns dir nur um meinen Arsch geht, dann hättest du auch vorher mal was sagen können", sagte er in einem herausfordernden Tonfall, bevor er aber mehr sagen konnte platze Gabriel in den Raum. Eine Augenbraue hochgezogen schwieg er zu dem was Gabriel von sich gab und zog lieber den Reisverschluss seiner Uniform hoch.

"Hey Notion", begrüßte Soraya ihre Mitschülerin mit einem freundlichen Lächeln während sie weiterhin mit dem Anzug kämpfte, der sich noch immer dagegen wehrte, angezogen zu werden. "Ab heute wieder dabei?", erkundigte sie sich im Plauderton bei Notion und schaffte es zumindest, den Anzug schon einmal bis zur Hüfte hochzuziehen, "wird sicher spannend. Die letzen Male hatten wir viel Defensiv- und Gruppenbildungsübungen."

Caleb war herzlich egal was Gabriel da von sich gab, Alexeis Spruch hingegen nicht. "Kleiner Pisser", knurrte er und war im nächsten Moment schon in Angriffsposition, bereit, Alexei zu Boden zu reißen und auf ihn einzudreschen. Er kam jedoch nicht dazu: In dem Moment, in dem er vorstürmen wollte, schob sich etwas zwischen ihn und Alexei und stieß ihn zurück. Verdutzt hielt Caleb inne und stellte auf einen zweiten Blick fest, dass es sich bei diesem ominösem Etwas um einen Besenstiel handelte. An dem Ende, das nicht gegen die Wand gedrückt war, stand Javier und funkelte seine Mitschüler wütend an. "Spart euch das für den Dangerroom auf", fauchte er, "eure Egos werden die zwei Minuten ja wohl noch warten können!" Für gewöhnlich hätte er sich gehütet zwischen die beiden zu kommen, doch gerade waren sie ein dankbares Ventil für seine angestaute Frustration. Dennoch ließ er nach einigen Sekunden angespannten Schwiegens den Besen wieder sinken und stellte ihn in die Ecke zurück, in dem er vorher gestanden hatte. Überrascht und ein wenig ungläubig sah Gabriel seinem Mitschüler nach, sagte aber nichts und beeilte sich stattdessen, seine Uniform aus dem Schrank zu nehmen und reinzuschlüpfen. Offensichtlich lag heute Aggression in der Luft...

"Hab ich schon gehört", antwortete Notion nickend, mit einem fröhlichen Nicken. "Ich hoffe ich komm überhaupt noch irgendwie mit." Obwohl sie lachte, sah sie die Uniform doch recht zweifelnd an. Was nicht daran lag, dass sie fürchtete nicht mehr in sie rein zu passen. Insgesammt hatte sie eher ab- als zugenommen. Aber nur weil der Arzt sagte, dass sie ihren Körper wieder etwas fordern und belasten konnte hieß noch nicht, dass sie ihm auch glaubte. "Langsam bin ich doch etwas nervös, ich sollte vielleicht lieber schwänzen", fügte sie hinzu und warf ein nervöses Lächeln über ihre Schulter.

Alexei schnaubte und rieb sich über die Brust, als hätte Javier auch ihn mit dem Besenstil erwischt. Caleb war viel schlimmer geladen, als er es erwartet hatte. Da würde er wohl ärger mit Soraya kriegen, wenn sie hinterher aneinander gerieten. Naja, schlimmer als Caleb konnte sie ja wohl kaum reagieren. Oder? Da war Alexei sich plötzlich nicht mehr sicher. Mit einem etwas unguten Gefühl stieg er in seine Uniform und machte sich dann auf den Weg zum Trainingsraum.

"Ach, keine Sorge, das wird schon werden", sprach Soraya Notion Mut zu und bedachte sie mit einem aufmunternden Lächeln, ehe sie den Kampf mit ihrem Anzug wieder aufnahm. Zentimeter um Zentimeter kämpfte sie mit dem Leder, doch schließlich saß der Anzug da, wo er hingehörte. "Okay, ich merke gerade, dass ich an meinem Neujahrvorsatz mit der Fitness noch arbeiten muss", seufzte sie leise und zog den Reißverschluss nach oben, "na gut, solange nichts reißt oder aufplatzt..."

Gabriel folgte Alexei kurz darauf zum Dangerroom, während Caleb erst einmal zurückblieb. "Was zur Hölle war das grade für ne Nummer?", knurrte er Javier an, der sich inzwischen umgezogen hatte, "hältst du dich plötzlich für die große Nummer?"
Javier bedachte Caleb mit einem frostigen Blick, ehe er den Kopf schüttelte. "Nein, ich habe nur keinen Bock mehr, mir euren Kindergarten anzugucken", bemerkte er nüchtern und ignorierte die Vene, die auf Calebs Stirn pochte, "von mir aus könnt ihr euch im Dangerroom so viel auf die Fresse geben wie ihr wollt, aber hier ist es auch Flammenwände und Wassermassen eng genug." Eine leise Stimme in seinem Kopf fragte Javier unterdessen, ob er alle Tassen im Schrank hätte, so mit Caleb zu sprechen. Und tatsächlich, als er zu seinem Mitschüler hinüber sah, standen dessen Fäuste bereits lichterloh in Flammen. "Noch ein Wort", knurrte er, während die Flammen über seine Arme nach oben wanderten, und schließlich schien der gesunde Menschenverstand so langsam die Kontrolle zurück zu gewinnen. Er schluckte jede mögliche Erwiderung runter und steuerte stattdessen mit zügigen, aber nicht zu eiligen Schritten die Tür an und ließ Caleb einfach in der Umkleide zurück. Das würde wohl noch ein Nachspiel geben...

out: Sprung auf abends, zwischen Mitternacht und 1 Uhr

Reshma hatte noch lange mit ihrer Schwester geredet, geschwiegen und dann wieder geredet. Bis sie selbst so erschöpft von allem war, dass sie sich hinlegen wollte. Raven war gegangen, zähneknirschend und leise auf Eron schimpfend. Das hatte Reshma auch nicht gerade geholfen.
Bestimmt eine Stunde hatte sie sich in ihrem Bett hin und her gewälzt, ehe sie in einen leichten Schlaf gefallen war. Nur leider wachte sie von jeder Kleinigkeit auf, Fußgetrappel, dem Wind, der draußen durch die Bäume pfiff. Es war kurz vor halb Eins, vielleicht auch etwas später, als sie endlich wieder einnickte.

Eron hatte das Gefühl dass der Boden unter seinen Füßen schwankte, zumindest war es deutlich schwerer, geradeaus zu laufen als noch vor ein paar Stunden. Was nicht verwunderlich war wenn man bedachte, womit Eron die letzten Stunden verbracht hatte: Mit dem Ertränken seiner Sorgen in reichlich Alkohol. Wenn ihn jemand gefragte hätte, wie er zurück zur Schule gekommen war, er hätte es nicht sagen können. Ebenso wenig woher er eine 2 cm breite Platzwunde auf der rechten Wange hatte, und wo seine Jacke geblieben war. Doch das alles kümmerte Eron gerade sowieso nicht, er hatte einen Plan (oder so was Ähnliches) und war wild entschlossen. Also kämpfte er gegen den schwankenden Boden und seinen rumorenden Magen an und erreichte schließlich das Ziel. Mit all der restlichen Energie die er aufbringen konnte fing Eron schließlich an, gegen Reshmas Zimmertür zu hämmern. "Reshma? Reshma, bistu da Baby? Ich muss mit dir redn!"

Und das wars auch schon wieder mit ihrem Schlaf. Blinzelnd öffnete Reshma die Augen und lauschte dem Hämmern an ihrer Türe und Erons Stimme. Sie blieb einen Moment lang auf ihrem Bett regungslos liegen, ehe sie sich auf die Seite drehte und an den Rand des Bettes rutschte.
Sie nahm sich den Morgenmantel vom Stuhl, schlüpfte hinein und ging an die Tür.
„Eron, was zu-“ Sie verstummte, als sie ihn ansah. „Was ist passiert? Und was ist das für ein Geruch? Bist du betrunken?“
Reshma musterte ihn besorgt, legte eine Hand an sein Gesicht und schob es ein wenig zur Seite, sodass sie die Platzwunde an seiner Wange besser sehen konnte. Drinnen im Badezimmer hatte sie noch einen Erste-Hilfe-Kasten, weswegen sie ihre Tür gleich weiter aufzog.
„Komm herein... Wir reden drinnen“

Eron nickte und wankte dann ins Reshmas Zimmer. Doch anstatt sich auf ihr Bett oder den Sessel zu setzen, kniete er sich kurzerhand neben seiner (hoffentlich Noch-) Freundin hin und schlang die Arme um ihre Hüfte. "Baby, es tut mir leid", nuschelte er in ihr Nachthemd und sah dann mit blutunterlaufenen Augen zu ihr auf, "ich warn Arsch, das weiß ich! Bitte sei mir nicht böse." Er lehnte seinen Kopf gegen ihre Hüfte und sank leicht in sich zusammen als er sich mit den Händen haltsuchend auf dem Boden abstützte.

Die Tür war zu, nur sonderlich weiter kam Reshma nicht, da schlang Eron bereits seine Arme um ihre Hüfte. Etwas erschrocken und verwundert sah sie auf ihn hinab. Zusammen waren sie zwar schon öfters etwas Trinken gegangen, aber sie hatte ihn noch nie so blau erlebt.
„Eron“, fing sie an, seufzte und biss sich auf die Lippe. Irgendwie war ihr der betrunkene Eron ganz sympathisch. Ihr gefiel zumindest die Wendung seiner Ansichten. Doch sollte er ihr gleich auf den Boden kotzen, würde sie das womöglich anders sehen.
„Komm“, raunte sie, schlag ihre Arm um ihn, um ihn hochzuziehen. „Wir gehen erst einmal ins Bad und verarzten deine Wunde... Und ob ich dir noch böse bin, entscheide ich, wenn du wieder bei Verstand bist“

Eron wehrte sich, wenn auch nur halbherzig, gegen Reshmas Versuch ihn hochzuziehen. "Nein", nuschelte er und schüttelte entschlossen den Kopf, "ich muss das jetzt sagn! Dassis wichtig!" Er räusperte sich, setzte sich dann halbwegs vernünftig hin und ergriff Reshmas Hand. "Alssu mir das mit...mit der Schwangerschaft gesagt hast hab ich Panik bekommn", gestand er und in seinen glasigen Augen spiegelten sich seine Schuldgefühle deutlich wieder, "nich weil ich keine Babys mit dir haben will, das isses nicht." Er schüttelte erneut den Kopf und senkte dann den Blick. "Ich weiss nur nich ob ich ein guter Dad sein kann", sprach er schließlich das aus, was ihm sein heute Morgen auf dem Herzen lag, "ich mein, ich bau immer nur scheisse und...bin unreif." Er ließ die Arme, mit denen er eben noch wild gestikuliert hatte, kraftlos sinken. "Ich schaffs ja nich mal mitm Rauchn auftsuhören, wie soll ich n Kind großziehn?"

Unmerklich zuckten Reshmas Brauen nach oben, als Eron von seiner Panik sprach. Was er nicht sagte. Die hatte sie durchaus mitbekommen, geparrt mit dem Vorschlag, dass sie ja womöglich auch abtreiben könnte. Dennoch, etwas in seinem Blick ließ sie ihren Griff um ihn lockern und ihm schweigend zu hören.
Reshma ging langsam vor ihm in die Knie und legte ihm die Hände ans Gesicht, damit er sie ansah. „Erstens... ich bin mir sehr sicher, dass vor dir auch schon andere Raucher es geschafft haben, ein Kind großzuziehen. Das mit dem Rauchen bekommst du auch noch irgendwann in den Griff... Zweitens...ich liebe dich. So wie du bist. Mit der Scheiße, die du baust und egal wie unreif du bist, weil ich weiß, dass du ein wundervoller Mann bist. Und du wirst auch ein wundervoller Vater sein, wenn du dir selbst die Chance gibst“ Sie schluckte und hatte inzwischen nasse Augen.
„Ich brauche dich, Eron. Ich habe doch selbst Angst. Was weiß ich schon davon, was eine gute Mutter ist, nachdem meine ständige ihre Partner gewechselt und ihre eigene, kleine Tochter weggegeben hat...“

"Nein! Nein, nich weinen!" Erons Hand zitterte als er sie ausstreckte, dennoch schaffte er es, Reshma mit einer vorsichtigen Bewegung unter dem Auge entlang zu fahren und damit die Träne wegzustreichen. "Estut mir so leid", raunte er und spürte, wie sich in seiner Kehle ebenfalls ein Kloß bildete, "alles. Das mit deiner Mom und mit Raven und wir ich mich benommn hab. Alles." Er beugte sich vor und drückte Reshma einen kurzen Kuss auf die Lippen, wobei er sich erneut auf dem Fußboden abstützen musste um nicht zu sehr zu wanken. "Ich schwör, ich kriegs hin!", murmelte er und merkte nicht einmal, dass inzwischen auch ihm die Tränen über die schmutzige und teilweise blutverkrusteten Wangen liefen, "wenns sein muss, such ich mir n tsweitn Job, oder mach Überstundn. Alles was nötig is!"

Mit einem leisen Schluchzen sah Reshma ihn an, lächelte und schlang gleich darauf ihre Arme um ihn. Sie drückte ihn fest, auch wenn er gerade nicht sonderlich gut roch, was sie wiederum an die Platzwunde an seiner Wange erinnerte, die sie verarzten wollte.
„Wir schaffen das. Keiner von uns wird alleine sein. Und sicher kann dir dein Bruder Tipps geben“, sagte sie, als sie sich von ihm langsam löste und strich ihm zärtlich über das Gesicht.
„Lass uns alles weitere in Ruhe besprechen. Nicht heute. Und jetzt lass mich die Wunde an deiner Wange verarzten... und am besten gehst du danach duschen“, sagte sie, schniefte und gab ihm einen Kuss, bevor sie langsam aufstand. „Ich liebe dich, Eron. Aber noch so ein Gespräch wie heute Mittag und ich muss dich vielleicht umbringen“

Gut, den Spruch hatte er verdient. Eron sagte also nichts, sondern nickte nur stumm, ehe er einen Versuch startete, auf die Füße zu kommen. Er war schwieriger als gedacht, doch mit Reshmas Hilfe stand er schließlich (halbwegs stabil), und steuerte dann das Bad an. "Ich besser mich", gelobte er mit feierlicher Miene, zumindest mit der feierlichsten die er zustande bringen konnte, "aber ich warn dich vor: Kann sein dass ich noch mal daneben haue. Aber nie mehr so total. Versprochn!"

„Ich denke, damit kann ich arbeiten“, antwortete Reshma, einfach erleichtert, dass das ganze doch eine gute Wendung genommen hatte. Wenn auch auf ungewöhnliche Weise.
„Ich hoffe wirklich, dass du dich Morgen noch an alles erinnern kannst...“, murmelte leise, mehr zu sich selbst, als zu ihm. Behutsam setzte sie ihn auf der Toilette ab und holte ihren Erste-Hilfe-Kasten hervor.
„Ich müsste sogar eine Valium da haben. Oder noch was anderes, dass dir helfen könnte... Für das Spezialmittel gegen Kater meiner Mutter ist es leider zu spät“, sagte Reshma, während sie nebenher die Platzwunde verarztete.

"Isschon gut", nuschelte Eron und winkte ab, "darf eh keine Beruhigungsmittl nehmen. Und ich hab schon oft genug nen Kater gehabt um damit klartsukommn." Er sog scharf die Luft ein als Reshma die Wunde mit einer Jodtinktur betupfte, bemühte sich aber, still sitzen zu bleiben. Was im Detail bedeutete, dass er sich am Klodeckel festkrallte, die Augen fest auf einen unsichtbaren Punkt hinter Reshma gerichtet, und versuchte, nicht zu schwanken. "Hastu meine Jacke gesehen?"

Richtig. Beruhigungsmittel. Reshma blinzelte und tadelte sich stumm dafür, dass sie nicht daran gedacht hat. Wenigstens dachte Eron mit und das obwohl er gerade so gar nicht danach aussah. Und roch. Das würde Morgen ganz sicher einen hässlichen Kater geben.
„Deine Jacke? Nein. Vielleicht solltest du dich Morgen auf die Suche machen. Vielleicht hast du sie irgendwo liegen lassen. Da, wo du getrunken hast oder im Bus womöglich?“, sagte sie, lächelte ihn an und ließ ihre Hände sinken, als sie fertig war.
„Willst du hier schlafen? Bei mir?“